Protokoll der Sitzung vom 10.05.2017

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht auch darum, durch das gezielte Essensangebot die Geschmackssinne der Kinder in die richtige Richtung zu lenken. Oft werden die Geschmackssinne durch Essen mit künstlichen Aromastoffen, Geschmacksverstärkern oder irgendwelchen anderen Zusatzstoffen regelrecht versaut und den Kindern zum Beispiel Joghurt mit einer Himbeere auf dem Etikett als Himbeerjoghurt angedreht, obwohl nicht eine echte Himbeere im Spiel ist. Das erledigen Pilzkulturen auf Zedernholz

oder irgendwelche Späne. Dem gilt es entgegenzuwirken, und dabei kann das EU-Programm mithelfen.

Das neue und erweiterte EU-Programm für Schulobst und Gemüse ermöglicht die Teilnahme Bremens ohne die bisher notwendige Kofinanzierung von 25 Prozent. Das war damals - und das habe ich einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Grünen entnommen -, ein Grund, nicht daran teilzunehmen, weil es der Haushalt nicht hergegeben hat. Wenn ich alles richtig verstanden habe, dann ist jetzt keine Kofinanzierung mehr notwendig.

Wenn man das EU-Programm vollständig ausschöpft, dann geht es jedes Jahr um einen Betrag von 300 000 Euro für Obst, Gemüse und Milch für die Schülerinnen und Schüler in Bremen. Das sollten wir nicht verfallen lassen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Bremen kann es sich auch als Haushaltsnotlageland nicht leisten, diese Summe nicht abzurufen.

Das Programm ist im Übrigen auch einem Marktförderprogramm für die Landwirtschaft im Rahmen der gemeinschaftlichen Agrarpolitik, der sogenannten GAB, angeschlossen. Hier bietet sich eine Chance für die Landwirtschaft. Wenn es nach mir geht, sollen natürlich möglichst Landwirte aus der Region zum Zuge kommen und davon profitieren. Das kann man vielleicht mit einer geschickten Beschaffung und einem entsprechenden Einkauf lenken.

Wenn sich die Erzeugerbetriebe in der Region befinden, also nicht weit entfernt liegen, dann ist es auch einfacher möglich, dass die Kinder zu den Höfen fahren - das habe ich hier bereits mehrfach erzählt, das ist mir ein Herzensanliegen -, um dort zu lernen und zu erleben, wie die Lebensmittel erzeugt werden und welche Leistung die Landwirte mit ihrer Arbeit erbringen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Sie werden erleben, dass eine Gurke am Strauch wächst, aber nicht im Supermarkt im Glas gedeiht, und sie werden erleben, wie man mit den Tieren umgeht. Das führt vielleicht zu einer Wertschätzung und Würdigung der Arbeit der Landwirte. Es kann außerdem ein Mittel gegen das Mobbing der Kinder der Landwirte in der Schule sein. Vor Kurzem stand ein großer Artikel im „Weser-Kurier“, der mich sehr geschockt hat. Es werden Kinder gemobbt, weil ihre Eltern Landwirte sind. Das geht überhaupt nicht.

Landtag 3216 43. Sitzung/10.05.17

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen - Abg. Frau Böschen [SPD]: Das geht überhaupt nicht, das Kin- der gemobbt werden!)

In den letzten Jahren nehmen bereits viele Schulen im Lande Bremen an diesem Programm teil. Das freut mich. Vielleicht können durch die Neustrukturierung des Programms noch mehr Schülerinnen und Schüler in den Genuss kommen. Wenn es nach mir geht und wenn man es richtig organisiert, dann können vielleicht auch Schulen in sozialen Brennpunkten bevorzugt werden. Das muss dann aber von den zuständigen Leuten gemanagt werden.

Ich habe jetzt vernommen - und das freut mich sehr -, das Bremen bereits an dem Projekt teilnimmt und dass die ersten Briefe bereits den Schulen zugeschickt worden sind, in denen die Schulen informiert und gebeten worden sind, sich zu bewerben. Das finde ich richtig gut. Dieses Vorgehen entspricht unserem Antrag. Er ist deshalb aber nicht unnötig, denn es geht auch um die Folgejahre nach 2017/2018.

Ein Bürgerschaftsbeschluss kann auch jene beflügeln, die das Programm umsetzen müssen, mit noch mehr Verve, Einsatz und Leidenschaft tätig zu werden. - Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Acar.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Jahr 2008 hat die EU das Schulobstprogramm aufgelegt. Es ging damals nicht nur um gesunde Ernährung, sondern auch um das Ziel, die europäische Agrarindustrie zu unterstützen.

Zu der Zeit war das Programm in Deutschland durchaus umstritten. Das Obst wurde umsonst zur Verfügung gestellt, aber der Verwaltungsaufwand war enorm groß und sollte durch die Länder finanziert werden. Die EU-Subvention für das Obst stand in keinem Verhältnis zu den Kosten des Verwaltungsaufwands. Um jährlich circa 130 000 Euro zu bekommen, hätte Bremen fast 83 000 Euro für die Abrechnung und dieBürokratie aufwenden müssen. Im ersten Jahr wären es sogar 167 000 Euro gewesen. Die Verwaltungskosten hätten also die Zuschüsse in den ersten drei Jahren aufgezehrt. Bremen hat genau deshalb im Jahr 2010 ein eigenes Schulobstprogramm aufgelegt.

(Beifall SPD, Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Schuljahr 2014/2015 ist Bremen gemeinsam mit Niedersachsen doch in das Schulobstprogramm eingestiegen. Zuletzt wurde seitens der EU-Kommission beschlossen, die europäischen Programme zur Verteilung von Obst, Gemüse und Milch zu einem neuen EU-Schulprogramm zusammenzulegen. Nach wie vor sind es die Länder, die über eine Beteiligung entscheiden. Da im kommenden Schuljahr der Kofinanzierungsanteil durch die Länder komplett entfällt, ist das Programm jetzt weitaus attraktiver geworden. Meine Damen und Herren, das Schulobstprogramm richtet sich jetzt nicht nur ausschließlich an die Grundschulen, sondern auch an die Kitas, und das ist auch gut so.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Kitas und die Schulen sind für die Zubereitung der Obst- und Gemüseportionen vor Ort zuständig und müssen entsprechend ausgestattet sein. Außerdem sind sie verpflichtet, ein pädagogisches Begleitprogramm durchzuführen.

Natürlich hat die gesunde Ernährung für die SPDFraktion einen hohen Stellenwert, denn auch in Deutschland sind auffällig viele Heranwachsende zu dick. Nach dem Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und des Robert KochInstituts sind derzeit rund 15 Prozent aller Drei- bis Siebzehnjährigen übergewichtig, jedes zweite bis dritte Kind ist davon stark übergewichtig. Das sind mehr als 1 Million Kinder. Deshalb wollen wir auch, dass jedes Kind einen Zugang zu einer ausgewogenen Ernährung bekommt. Es ist kinderleicht, wenn man jung ist, etwas zu lernen, zum Beispiel über gesundes Essen. Wir freuen uns doch alle darüber, wenn unsere Kinder eine Alternative zu den vielen verführerischen Angeboten des Fast Foods, der Süßigkeiten und der Getränke mit viel Fett und Zucker bekommen.

Manche Kinder lernen das auch schon zu Hause, aber nicht alle haben diese Chance. Es ist deswegen gut und richtig, wenn die Schulen - hier vor allem die Grundschulen - und die Kitas ihren Bildungsauftrag wahrnehmen. Deshalb unterstützen wir die Umsetzung von Programmen der Europäischen Union zur ausgewogeneren Ernährung an Schulen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Neben dem Angebot von Obst, Gemüse und Milch spielen für uns die begleitenden pädagogischen Maßnahmen eine wichtige Rolle. Wir freuen uns sehr, dass diese gute Idee fortgeführt und ausgebaut wird.

(Beifall SPD)

Landtag 3217 43. Sitzung/10.05.17

Meine Damen und Herren, dieser Antrag unterstützt noch einmal den ausdrücklichen Wunsch der Bremischen Bürgerschaft, die gesunde Ernährung der Kinder zu fördern. Dafür sind die Bewerbungsunterlagen bereits zur Prüfung eingereicht worden. Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dann sollten wir vielleicht beim Thema gesunde Ernährung selbst mit gutem Beispiel vorangehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen - Zurufe SPD: Genau!)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kohlrausch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine gesunde Ernährung ist gerade für Kinder besonders wichtig. Das Wachstum und die Entwicklung werden von der Ernährung eines Kindes maßgeblich beeinflusst. Vor allem aber auch für die Zeit des Unterrichts kann die Ernährung von Schülerinnen und Schülern einen direkten Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit und somit auch auf die Lernerfolge haben.

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

Das Programm für Schulobst, Gemüse und Milch kann auch den circa elf Prozent übergewichtigen und teilweise sogar unter Adipositas leidenden Kindern in Bremen helfen, auf eine gesündere und ausgewogenere Ernährung umzustellen, denn in den ersten zehn Lebensjahren wird die Grundlage für die späteren Essgewohnheiten gelegt.

Dass das Programm ab dem nächsten Schuljahr nicht mehr vom Land kofinanziert werden muss, verschafft hoffentlich noch mehr Schulen in Bremen und Bremerhaven die Möglichkeit, daran teilzunehmen. Ich persönlich finde aber auch die begleitenden pädagogischen Maßnahmen sehr wichtig.

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

So können Kinder einen verantwortungsbewussten Umgang mit Lebensmitteln lernen, der der Verschwendung dieser entgegenwirken kann. An Ganztagsschulen ist dies besonders gut möglich, vor allem dann, wenn dort selbst gekocht wird. Aus langjähriger Erfahrung weiß ich, dass Kinder hier wichtige Erfahrungen sammeln können.

An meiner ehemaligen Schule war der Speiseplan regelmäßig Thema im Schülerrat. Ich denke gern an engagierte Erstklässler zurück, die mit uns über die Schwerpunkte der Menüs diskutierten.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Ich habe es gehasst, dieses ewige Genörgel! - Heiterkeit)

Wie an vielen Schulen, war auch bei uns eine ausgewogene Ernährung ein wichtiger Bestandteil des Leitbildes der Schule. So bereitet einmal im Jahr eine Klassenstufe ein gesundes Frühstück für die ganze Schule, und dabei wurden auch Produkte aus dem Schulgarten verwendet. Wir als Freie Demokraten können den hier eingebrachten Antrag vollumfänglich unterstützen, und wir hoffen, dass sich künftig möglichst viele Schulen für eine Förderung bewerben,

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

denn derzeit sind es nur 26 Schulen in Bremen und Bremerhaven, die daran teilnehmen.

Es ist wichtig, dass das Verfahren möglichst unbürokratisch geregelt ist, um das Programm für die Schulen attraktiv zu machen.

(Beifall FDP)

Wenn hier heute beschlossen wird, an den Schulen offensiv dafür zu werben, dass sie sich um eine Teilnahme an diesem Programm bewerben, so empfehle ich, begleitend den Schulen Hilfe beim Stellen der Anträge anzubieten. Ich hoffe, dass der Bericht, den wir dann erwarten, auch der Deputation für Gesundheit vorgelegt werden wird.

(Beifall FDP)

Wir Freien Demokraten hoffen, dass sich viele Bremer Schulen sich an dem Programm beteiligen werden und dass eines Tages alle Familien mit heranwachsenden Kindern hiervon profitieren und ihnen die Bedeutung der gesunden Ernährung zur Selbstverständlichkeit wird. - Danke!

(Beifall FDP, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.