Anfänglich war das Projekt mit Baukosten in Höhe von 161 Millionen Euro - nicht mit 171 Millionen Euro - veranschlagt worden, und bei der ersten Planung wurde das Bauwerk mit Kosten in Höhe von 171 Millionen Euro taxiert. Im Jahr 2014 waren es dann schon 180 Millionen Euro. Die letzte Kostenprognose datiert vom März 2017 und geht auf eine Anfrage der Bürger in Wut in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung zurück. Oberbürgermeister Melf Grantz musste seinerzeit zusätzliche Mehrkosten von 3,5 Millionen Euro einräumen.
Vor einigen Wochen wollte sich der Sprecher des zuständigen Bausenators auf Nachfrage der Presse zu den mutmaßlichen Gesamtkosten schon gar nicht mehr äußern. Man ahnt jetzt auch, warum, denn nun erfahren wir vom Senat, dass die Baukosten in Summe um weitere 12,4 Millionen Euro auf insgesamt mehr als 192 Millionen Euro ansteigen sollen. So war zumindest der Stand zum 30. Juni 2017. Das sind 12 Prozent mehr als ursprünglich, wohlgemerkt nur für die Baukosten, geplant. Wegen der Projektverzögerung sind aber auch die Planungskosten explodiert, und zwar um 7,6 Millionen Euro, was einem Anstieg von 26,5 Prozent gegenüber der Ausgangskalkulation entspricht.
In Summe schlägt das Projekt, Stand Sommer letzten Jahres, also mit knapp 216 Millionen Euro zu Buche. Das Ende der Fahnenstange dürfte damit aber noch nicht erreicht sein, denn je länger sich die Fertigstellung des Megaprojekts verzögert, desto kostspieliger wird es. Ich wage die Prognose, dass der Hafentunnel am Ende des Tages teurer sein wird als angenommen, und ich gehe von einer Gesamtsumme von 230 Millionen Euro aus. Er wäre dann ein Drittel teurer als veranschlagt.
Wie man angesichts dieser Entwicklung noch die Wirtschaftlichkeit des Projekts unterstellen kann, die ja von Anfang fragwürdig war, ist zumindest uns ein Rätsel.
Zu Schadensersatzzahlungen an die Anwohner der Cherbourger Straße aufgrund von Beschädigungen ihrer Grundstücke und Häuser durch den Baubetrieb habe ich von meinen Vorrednern heute überhaupt nichts gehört. Mittlerweile liegen zahlreiche Beschwerden von Betroffenen vor, die Beschädigungen an ihrem Eigentum geltend machen. Einige dieser Beschwerden werden mit Sicherheit erst in kostspieligen Gerichtsverfahren zu klären sein. Diese Kosten sind ebenfalls noch nicht in die Mehrkosten eingerechnet.
Zweifelhaft ist auch, ob der Betrieb des Hafentunnels tatsächlich 2020 und damit ein Jahr später als geplant aufgenommen werden kann. Die Erfahrungen der jüngsten Zeit mit anderen Großbaustellen mahnen zur Vorsicht. Sollte der Hafentunnel nicht bis spätestens 31. Dezember 2020 fertiggestellt sein, drohen millionenschwere Rückzahlungen an den Verein Hafenanbindung Bremerhaven e. V., der den Finanzierungsanteil der Hafenwirtschaft an den Baukosten in Höhe von 15 Millionen Euro sicherstellt. Das so gerissene Finanzierungsloch
müsste dann auch durch die öffentliche Hand gestopft werden, was die Kosten für den Steuerzahler weiter erhöhte.
Der Hafentunnel droht, wenn natürlich auch in kleinerem Maßstab, zu einem ähnlichen Desaster zu werden wie der Hauptstadtflughafen BER in Berlin. Auch dieser wird immer teurer und nie fertig.
Mit dem Millionengrab Hafentunnel hat sich Bremen seinen eigenen BER geschaffen, zulasten der Steuerzahler sowie der Pendler und der Anwohner der Cherbourger Straße, die jahrelang Baulärm und Verkehrsbehinderungen über sich ergehen lassen müssen.
Wir Bürger in Wut hatten uns, wie der eine oder andere hier sicherlich noch weiß, bereits vor Beginn der Projektierung des Tunnels für die Nordumgehung über niedersächsisches Gebiet als bessere Lösung für die Anbindung des Überseehafens und der hafennahen Gewerbegebiete an der Autobahn 27 ausgesprochen - besser deshalb, weil preiswerter, weniger belastend für die Anwohner und vor allem nachhaltiger. Schon in der Planungsphase war absehbar, dass bei gleichbleibendem Wachstum des über den Überseehafen abgewickelten Güterumschlags die Kapazität des Hafentunnels bereits in weniger als 30 Jahren nicht mehr ausreichen wird, um dem gestiegenen Verkehrsaufkommen entgegenzutreten. Dann wird man wohl oder übel gezwungen sein, erneut Millionen von Euro in die Hand zu nehmen, um am Ende doch noch die Nordumgehung zu realisieren.
Trotz der wohlbegründeten Bedenken von Kritikern hielten die Verantwortlichen vor allem in Bremerhaven stur an dem Prestigeobjekt fest und wollten sich mit dem Hafentunnel einmal mehr ein steinernes Denkmal setzen. Dies ist ein verantwortungsloser Umgang mit den Steuergeldern der Bürger. - Vielen Dank!
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich auf der Besuchertribüne eine alevitische Frauengruppe begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!
Erstens sieht die Landeshaushaltsordnung nicht vor, dass man nicht mit größere Reserven plant. Vielleicht sagen Sie noch, dass keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung notwendig gewesen wäre. Der Rechnungshof hat in seinem Sonderbericht - 2013 war das, glaube ich - ganz klar festgestellt, dass dieser Tunnel so, wie er geplant ist, nicht wirtschaftlich ist, dass die Berechnungen alle nicht entsprechend sind und der Senat die Verantwortung trägt, dies neu zu bewerten.
Das war nicht der Fall, und jetzt haben wir - wenn ich das einmal so sagen darf - den Salat: weitere Kostensteigerungen, die in keiner Weise das rechtfertigen, was der Tunnel eigentlich leisten sollte, ganz zu schweigen davon, dass wir später, wenn er dann fertig ist, teurere Instandsetzungskosten als bei einer Straße haben.
Zweitens hat Herr Kastendiek gefragt, warum ich jetzt dafür bin, dass der Tunnel fertig wird. Ja, weil er doch da ist, weil die Baustelle vorhanden ist, weil die Menschen belastet sind! Die Verkehrsführung ist belastet, die Anwohner sind belastet. Es gibt jetzt keinen Weg mehr zurück. Nur weil wir von Anfang an dagegen waren oder eine andere Alternative vorgeschlagen haben - das ist ja die Wahrheit -, ist es doch keine vernünftige Haltung, zu sagen: Wir hören jetzt damit auf. Das ist doch Quatsch, Herr Kastendiek. Das können Sie doch nicht ernsthaft als Knoten im Gehirn darstellen. Das erschließt sich mir also nicht.
Herr Saxe, Sie sind auf die letzte Frage, auf die Verzögerung, auf die Baukosten, die Fertigstellung und auf die Hafenwirtschaft eingegangen. Sie haben gesagt, der Tunnel muss im Jahr 2020 fertig werden, damit die Hafenwirtschaft ihren Beitrag dazu leistet. Das habe ich auch gesagt. Dann haben Sie gesagt, es stehe aber in der Vereinbarung, dass die Hafenwirtschaft bereit sei, darüber zu sprechen. Nein, das steht nicht darin. Der Senat hat geantwortet - ich habe das noch einmal mitgebracht , die drei Vertragsparteien hätten die Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen, und dies werde auch
wahrgenommen. Das ist alles, was zu dieser Vertragsklausel in der Antwort steht. Das heißt für mich nicht, dass die Hafenwirtschaft sagt: Scheißegal, wann der- -
Entschuldigung, Frau Präsidentin! - Ganz egal, wann der Tunnel fertig wird, die Hafenwirtschaft wird - -
Ich nehme das zurück. Ich wollte sagen, dass die Hafenwirtschaft wohl nicht sagen wird: Ganz egal, wann der Tunnel fertig wird, wir zahlen; kein Problem!
Das ist - da pflichte ich Herrn Kastendiek bei - auch ein gutes Beispiel für die schlampige Art der Beantwortung unserer Fragen. Was will uns dieser Satz - die drei Vertragsparteien hätten die Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen, und dies werde auch wahrgenommen - eigentlich sagen? Vielleicht können Sie uns das noch einmal erläutern. Darüber würde ich mich freuen. Insgesamt bin ich durch diese Antwort nicht wirklich schlau geworden.
Ich bin aber der Meinung, wir laufen in ein finanzielles Risiko, und deswegen müssen wir alles tun, damit der Tunnel tatsächlich im Januar 2020 eröffnet wird und nicht noch weitere Kostensteigerungen dazukommen. - Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die derzeitige Anbindung der Überseehäfen in Bremerhaven an das Fernstraßennetz ist aufgrund der bestehenden Engpässe im Verlauf der Cherbourger Straße zur A 27 aus unserer Sicht unzureichend. Die Bedeutung von leistungsfähigen Hafenhinterlandanbindungen wird beispielsweise ausdrücklich im Nationalen Hafenkonzept für die
See- und Binnenhäfen, aber auch im Bundesverkehrswegeplan hervorgehoben. Somit stellt sich die Beseitigung dieser Engpässe für uns als Aufgabe von sehr großer Bedeutung dar. Auch aus Gründen der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist eine konkurrenzfähige Hinterlandanbindung der Überseehäfen dringend erforderlich.
Soweit ich weiß, ist dieses Projekt zu Zeiten der Großen Koalition hierhergeholt worden. Daran möchte ich an dieser Stelle noch einmal erinnern.
Wir gehen davon aus, dass mit dem Hafentunnel in der Cherbourger Straße die Erreichbarkeit des Hafens für den Güterverkehr maßgeblich verbessert wird und gleichzeitig die Menschen entlang der Straße vom Verkehrslärm und weiteren Luftschadstoffen entlastet werden.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit kurz die Dimensionen des Projekts verdeutlichen. Der Tunnel ist immerhin über 1,8 Kilometer lang und hat eine Breite von bis zu knapp 20 Metern. Daraus wird die Dimension dieses Großprojekts mit all den damit einhergehenden Herausforderungen für alle am Bau und an der Planung Beteiligten deutlich.
Die Grundlage des Projekts sind die Senatsbeschlüsse und die sich daraus ergebenden Vereinbarungen aus den Jahren 2012 und 2014. Darin sind die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und auch Rollen geregelt und die finanziellen Anteile der beteiligten Akteure festgelegt. Als Vertragspartner und Auftraggeber der Baufirmen tritt die Seestadt Bremerhaven auf. Sie hat die Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung, die BIS, mit der Projektsteuerung beauftragt. Diese hat die Ausschreibungen und Vergaben gemacht. Sie ist vor Ort auf der Baustelle, macht die Bauleitung, und die BIS prüft auch eingehende Rechnungen und Nachträge.
Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr ist selbst Bewilligungsstelle für die Mittel des Bundes und für die Landesmittel, für die vom Land finanzierten Anteile des Baus und für die Planung. In diesem Zusammenhang haben wir auch die Aufgaben des Kostencontrollings mit übernommen. Wir unterstützen den Magistrat der Seestadt Bremerhaven im Rahmen dieses Kostencontrollings. Aufgrund der zurzeit zu beobachtenden Steigerungen und der damit verbundenen Auswirkungen auf den Haushalt der Freien Hansestadt Bremen werden
Wir schauen wirklich sehr genau hin, denn eines ist klar: Der Bau läuft, und das Projekt muss zu Ende gebracht werden. Die Kostensteigerungen und die Bauverzögerungen bewegen sich allerdings aus meiner Sicht für ein Projekt dieser Größenordnung nach wie vor im Rahmen. Sie sind gut begründet und auch nachvollziehbar. Insofern halte ich Vergleiche zu Projekten wie dem BER in Berlin für nicht angemessen.
Trotzdem nehmen wir natürlich die aktuelle Kostenentwicklung sehr ernst. Maßnahmen zur Verstärkung des Controllings und zur Vermeidung von weiteren Kostensteigerungen werden mit den beteiligten Ressorts abgestimmt. Wir erarbeiten gerade eine Senatsvorlage und haben natürlich auch die Aufgabe, die Gesamtfinanzierung sicherzustellen.
Was die Gründe für die Verzögerungen angeht, so sind als ein wichtiges Beispiel die technischen Änderungen zu nennen - auch wir haben auf sie hingewiesen -, für die der Planfeststellungsbeschluss noch einmal geändert werden musste, des Weiteren das Problem mit der Abdichtung einer Baugrube. Auch das ist aus meiner Sicht gut begründet. So etwas kann bei solch komplexen Bedingungen wie dort vor Ort passieren. Ansonsten haben wir es auch mit der Nachbarschaft, mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, und mit komplexen Aufgabenstellungen im Baustellenmanagement zu tun.
Vielleicht noch folgender kurze Hinweis: Es gibt einige Punkte, die mit der ARGE, die die Bauausführung macht, durchaus strittig sind. Mit öffentlichen Diskussionen über genau solche strittigen Punkte muss man manchmal ein bisschen zurückhaltend sein.
Meine Damen und Herren, wir wollen diese Baumaßnahme zügig und möglichst ohne weitere Überraschungen und Kostensteigerungen gemeinsam mit allen Partnern zu Ende und zu einem Erfolg bringen. - Vielen Dank!