21. Entwicklung des Studiengangs Soziale Arbeit Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 9. März 2018
22. Organspenden rückläufig – Wie steht es um die Transplantationsbeauftragten an Bremens Kliniken? Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. März 2018
23. Wie bewährt sich die Ambulantisierung stationärer Wohnangebote in der Behindertenhilfe und der Altenpflege? Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. März 2018
24. Wie viel Geld gibt Bremen pro unbegleiteten minderjährigen Ausländer aus? Kleine Anfrage der Fraktion der CDU vom 13. März 2018
1. Mitteilung des Senats über die vom Senat beschlossene Mitantragstellung zur Bundesratsinitiative „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföGÄndG)“ sowie „Entschließung des Bundesrates zu weiteren Verbesserungen im Ausbildungsförderungsrecht – Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG)“ des Landes Berlin Mitteilung des Senats vom 13. März 2018 (Drucksache 19/1587)
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Abgeordnete Birgit Bergmann mit Wirkung vom 5. März 2018 aus der Fraktion der CDU ausgetreten und am darauffolgenden Tag in die Fraktion der FDP eingetreten ist.
Für die Aktuelle Stunde ist von der Abgeordneten Vogt und Fraktion DIE LINKE folgendes Thema beantragt worden:
2018 hat die dänische Firma Toms bekannt gegeben: Der Bremer Standort von Hachez wird – nach fast 130 Jahren! – geschlossen. 240 Beschäftigte sind betroffen. Die Produktion wird nach Polen verlagert.
Schauen wir uns die Historie an! Toms hatte Hachez im Jahr 2012 übernommen. Bereits im Jahr 2015 wurden 70 Jobs in der Verpackung nach Polen verlegt. Bis 2020 soll der Rest folgen.
Das Beunruhigende ist: Hachez ist kein Einzelfall. Er reiht sich ein in eine lange Reihe von Schließungen und Stellenabbau. Im Oktober 2016 hat Kellogg bekannt gegeben, den Standort mit 200 Beschäftigten zu schließen. Im Sommer 2016 erklärte Coca-Cola die Schließung des Werks in Hemelingen; mehr als 300 Arbeitsplätze in Bremen gingen verloren. 2012 schloss Könecke den Standort Sebaldsbrück; 470 Beschäftigte hat es den Job gekostet. Mondelez hat kräftig Stellen abgebaut, seit 2004 circa 600. 2013 kündigte Beck‘s beziehungsweis InBev an, 151 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Produktion zu kündigen. Wir beantragten damals eine Aktuelle Stunde. Die Kündigungen konnten zwar gewerkschaftlich verhindert werden, die Stellen wurden trotzdem peu à peu abgebaut. In Bremerhaven ist vor ein paar Wochen die Deutsche See verkauft worden. Wir können also davon ausgehen, dass Hachez nicht die letzte Firma war.
Alle Beispiele, die ich soeben erwähnt habe, fallen in die Sparte Nahrung und Genuss. Seit 2016, seit zwei Jahren also, sind in diesem Bereich in Bremen und in Bremerhaven 1 500 Arbeitsplätze verloren gegangen. Mit Jacobs, Beck’s und Hachez sind es klassische Bremer Traditionsfirmen.
Wir sind der Meinung, dass einem das Sorge machen muss. Es wirft die Frage auf: Wird in Bremen und Bremerhaven genug für die Nahrungs- und Genussmittelbranche getan? Ist das alles normal? Kann man da nichts machen? Oder spiegelt sich in der langen Kette von Arbeitsplatzverlusten auch ein Versagen der Wirtschaftspolitik des Senats wider?
In allen Fällen ähnelt sich das Muster: Erst werden Eigentumsverhältnisse internationalisiert. Der Betrieb wird verkauft. In einer ersten Runde werden Arbeitsplätze gestrichen, meist in der Verwaltung oder der Verpackung; das läuft dann unter dem Label „Umstrukturierung und Synergien“. Im Laufe der Zeit werden auch Produktionsmengen verlagert. Am Ende steht oft der große Knall – wie jetzt
bei Hachez –, wenn die letzten Jobs ins Ausland oder ins Umland verschwinden und der gesamte Standort dichtgemacht wird. Es gibt zwar ein ähnliches Muster in der Elektroindustrie und im Maschinenbau – im Moment betrifft es in Bremen Mdex oder Bosch –, aber der Bereich Nahrung und Genuss ragt heraus. „buten un binnen“ hat unlängst schon getitelt: „Lebensmittelbranche kehrt Bremen den Rücken“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das wäre fatal, weil Nahrung und Genuss in Bremen und Bremerhaven ein sehr wichtiger Sektor ist.
Im verarbeitenden Gewerbe ist es die zweitgrößte Branche nach dem Fahrzeugbau. In Bremerhaven ist übrigens die Standortfrage der Nahrungsmittelindustrie von enormer Bedeutung, nachdem fehlende oder zögerliche politische Entscheidungen dort bereits den Offshore-Boom zum Erliegen gebracht haben.
In der Lebensmittelbranche wie auch im Fahrzeugbau – das muss man fairerweise sagen – sind in der Summe überall Arbeitsplätze verloren gegangen, aber in der Lebensmittelbranche erheblich schneller. Zwischen 2008 und 2016 ist ein Viertel der Arbeitsplätze verschwunden. Das ist ein rasantes Tempo.
Deswegen fragen wir heute: Widmet die Wirtschaftspolitik im Land Bremen dem genug Aufmerksamkeit? Wir sind der Meinung: Nein, das tut sie nicht, das tut der Senat nicht. Sie lassen einfach eine ganze Branche, so würde ich es sagen, kalt verhungern. Die Lebensmittelbranche ist nämlich nicht Bestandteil der sogenannten Clusterstrategie des Senats. Die Strategie beschränkt sich auf die vier Cluster Luft- und Raumfahrt, Windenergie, Maritime Wirtschaft und, seit 2016, Automotive. Andere Sektoren, die für das Land hoch wichtig sind, fehlen: die Gesundheitswirtschaft, die wissensintensiven Dienstleistungen, die Nahrungsmittelindustrie.
Das hat nebenbei übrigens den Effekt, dass die Wirtschaftsförderung im Land Bremen fast ausschließlich Männer-Arbeitsplätze subventioniert oder sich darum kümmert; denn diese dominieren in diesen vier Branchen.
Jahr 2008 wurde die Wirtschaftsförderung reformiert und auf einen Bruchteil, nämlich 10 Prozent des ursprünglichen Volumens, zusammengestrichen. Das IAW spricht in seiner Auswertung denn auch von einer drastischen Verringerung der Effekte: weniger Fördermittel, weniger Förderfälle, weniger Beschäftigungseffekte. – Wir haben deswegen genau zu diesem Bereich eine Große Anfrage eingereicht.
Die Wirtschaftsförderung – das ist nämlich die Ursache – kettet sich im Land Bremen nahezu vollständig an die GRW-Mittel. Das sind Fördermittel des Bundes, die sich ausschließlich an Exportbranchen richten. Einzelhandel und Gesundheitswirtschaft sind von der Förderung explizit ausgenommen.
Angesichts dessen fragen wir uns natürlich: Hat das Land Einflussmöglichkeiten? – Ja, natürlich, hat es. Wenn man sich andere Bundesländer anschaut, zum Beispiel einen Blick nach Bayern wagt, dann kann man sehen, dass dort die Einseitigkeit der sogenannten GRW-Förderung dadurch ausgeglichen wird, dass eigene Programme aus Landesmitteln danebengesetzt werden. Bayern hat zum Beispiel ein eigenständiges regionales Förderprogramm für die gewerbliche Wirtschaft, das komplett – komplett! – aus Landesmitteln finanziert wird und deswegen völlig unabhängig ist von den Bedingungen, die der Bund für die Gewährung von Fördermitteln dem Land aufoktroyiert. Der Bund hat Negativlisten, schreibt also vor, was gefördert werden darf.
Da andere Bundesländer das machen, frage ich mich: Warum ist das in Bremen nicht möglich? Warum kann ein kommunaler Bürgermeister im Umland so viel mehr für seinen Wirtschaftsstandort tun, als es in Bremen der Fall ist?
An dieser Stelle muss ich auch sagen, dass es kein anderes Bundesland gibt, das die Zuschussförderung so weitgehend eingeschränkt hat wie das Bundesland Bremen.
Es stimmt, dass den Unternehmensgründungen in letzter Zeit höhere Aufmerksamkeit zuteilwurde. Über das STARTHAUS haben wir schon diskutiert. Auch die Aufbaubank macht einen guten Job.
Gründerszene. Aber dort gibt es die Masse der Arbeitsplätze. Auch um deren Zukunft müssen wir kämpfen. Um deren Zukunft müsste eigentlich auch der Senat kämpfen.
Gerade bei kleinen und mittleren Betrieben im Land Bremen gibt es Aufholbedarf bei der Digitalisierung. Aber es fehlt ein Förderprogramm, das solche Herausforderungen annimmt und darauf Antworten findet. Es wird viel über stadtteilbezogene Wirtschaftsförderung geredet. Wenn man sich Hamburg anschaut – dort läuft einiges besser –, dann sieht man, dass jedes der sieben Bezirksämter in Hamburg ein Zentrum für Wirtschaftsförderung im Stadtteil hat. Bremen hat eine solche Struktur nicht. Ich frage mich, warum nicht. Davon geredet wird immer, aber es wird nicht konkret gehandelt.
Die FDP fragte nach der Ankündigung der Standortschließung von Hachez schnell: Was macht eigentlich der Wirtschaftssenator? – Diese Frage finde ich berechtigt. Ich bin allerdings nicht der Meinung, liebe Kollegen und Kolleginnen von der FDP, man könne mit dem Zauberstab winken und dann werde der Stellenabbau gestoppt.