Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Als nächster Redner hat das Wort die Abgeordnete Kohlrausch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ebenso wie lesen, schreiben und rechnen gehört schwimmen zu den Grundfertigkeiten, und offenbar sind sich hier alle einig, dass in Bremen dringender Handlungsbedarf besteht. Alle sehen die Notwendigkeit eines Konzepts zur Optimierung der Schwimmausbildung im Lande Bremen.

Es ist viel zu spät, wenn viele Kinder erst durch den Unterricht in der Grundschule mit dem Element Wasser vertraut werden. Die Wassergewöhnung gehört in den Rahmen der frühkindlichen Bildung.

(Beifall FDP - Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Wasser ist kein Element!)

Der zurzeit in Bremen praktizierte Schwimmunterricht in der Jahrgangsstufe drei reicht nicht aus, um die vorhandenen Defizite aufzufangen.

In dem gestern vorgelegten Antrag greift die Koalition die Forderungen der CDU und der FDP auf. Einig sind die vier Fraktionen bei Bestrebungen zur Fortbildung von Schwimmlehrkräften, beim Ausweis der Schwimmfähigkeit nach Stufe vier, beim stärkeren Ausbau von Schulen und Schwimmvereinen. Vor allem zum letzten Punkt äußert sich die gemeinsame Erklärung des Bremer Schwimmgipfels und stellt ein Maßnahmenbündel zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit dar.

Wir hätten uns gewünscht, und wir wünschen uns, dass der von der CDU und von der FDP eingebrachte Antrag, der weiter geht als der Antrag der Koalition, breite Zustimmung findet.

(Beifall FDP, CDU)

Der Antrag der Koalition ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, es bleiben aber viele Fragen offen. Wie soll das Netzwerk Schwimmausbildung für das Land Bremen konkret aussehen? Wie sollen die genannten Ziele erreicht werden, und ab wann

sollen die neuen Maßnahmen greifen? Vor allem: Wie soll die Bereitstellung von Wasserflächen bei dem jetzigen Bäderkonzept klappen?

Wir Freien Demokraten fordern konkrete Aussagen und Handlungen! Der Antrag der Koalition ist unbefriedigend. Unser Antrag geht viel weiter.

(Beifall FDP, CDU)

Sieben Unterpunkte finden sich nicht im Antrag, und diese sind wichtig für die Erreichung der gewünschten Ziele, der Kollege Herr Lübke hat dazu im Einzelnen Stellung genommen. Wir sehen Politik und Bildungsinstitutionen in der Verantwortung und nicht nur die Eltern. Inhaltlich sind wir uns offensichtlich einig. Aus diesem Grund hoffe ich auf breite Zustimmung für den Antrag der CDU und der FDP.

(Beifall FDP)

Trotzdem werden wir dem Antrag der Koalition auch zustimmen, obwohl er für uns unbefriedigend ist. Es ist wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung, und man sollte einen ersten Schritt machen. Es darf aber nicht nur ein erster Schritt sein.

(Beifall FDP - Abgeordnete Grotheer [SPD]: Ohne einen ersten Schritt folgt auch kein weiterer, Frau Kohlrausch! Aber der erste Schritt muss erst einmal gegangen werden!)

Ja, aber ein erster Schritt sollte auch nur ein erster Schritt vor weiteren Schritten sein! Wir hätten lieber die Taube auf dem Dach als nur den Spatz in der Hand, und ich hoffe, dass wir eines Tages die Taube bekommen. - Danke!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Rosenkötter.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Menschen, kleine Menschen wie große Menschen, müssen schwimmen können. Zu viele Menschen - Kinder, Heranwachsende und Erwachsene - können nicht schwimmen. Die Konsequenz daraus: Die Aufgabe muss intensiv und intensiver angegangen werden.

Die erste Aufgabe ist die grundsätzliche Verbesserung der Schwimmfähigkeit unserer Kinder. Wir müssen feststellen, dass schwimmen zu lernen noch vor einigen Jahren ganz selbstverständlich

eine Aufgabe war, die in den Familien wahrgenommen wurde. Zumindest der Besuch von Freibädern oder Badeseen und die Wassergewöhnung gehörten zum sommerlichen familiären Freizeitvergnügen. Das ist aus ganz unterschiedlichen Gründen heute anders. Darauf muss reagiert werden.

Der Senat hat das mit der Einberufung eines sogenannten Schwimmgipfels im Sommer 2017 auch getan. Die zuständigen Ressorts Sport, Bildung und Gesundheit, die Bädergesellschaften, der Magistrat Bremerhaven sowie die Vereine und Verbände im Schwimmbereich, die DLRG und auch der Landessportbund haben ein. Interesse daran, dass schwimmen und schwimmen lernen weiterentwickelt werden, und sie haben das in einer gemeinsamen Erklärung deutlich gemacht sowie Überlegungen für konkrete Maßnahmen erarbeitet. Dass die Verbände sich hier auch bisher schon und weiterhin stark und intensiv engagieren, verdient Anerkennung und Dank!

(Beifall SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zu den einzelnen Anträgen! Das Thema ist uns, der SPDFraktion, zu wichtig, als dass wir den Antrag der CDU und FDP einfach nur ablehnen. Es gibt Punkte, deren Zielrichtung gut ist.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Dann stim- men Sie doch einfach einmal zu! Das ist doch die Alternative, oder?)

Ich werde gleich noch darauf kommen!

Gleichwohl sind dort Punkte aufgeführt, die wir sehr kritisch sehen oder schlicht für unrealistisch halten. Wir hätten uns sicherlich gewünscht, dass Sie, die CDU, in der Debatte über Bäderkonzepte, auch Finanzierungen und Ressourcen dafür deutlich machen. Das wäre mein Interesse.

Wenn hier von der Kollegin von der FDP gesagt wird, zurzeit fehlten die Ressourcen: Ja, und deswegen ist es, glaube ich, an einigen Stellen auch unrealistisch, wie Sie Ihre Forderungen zum jetzigen Zeitpunkt stellen!

(Beifall SPD -Zuruf Abgeordneter Strohmann [CDU] -Abgeordnete Grotheer [SPD]: Nun hören Sie doch erst einmal zu! Sie erklärt es doch gerade! -Abgeordneter Strohmann [CDU]: Sie hat ja auch keine Alternativen! -Unruhe)

Frau Kollegin Rosenkötter, Sie haben das Wort!

Herr Strohmann, wenn ich einmal diesen Gedanken zu Ende führen könnte, der Ihnen vielleicht deutlich macht, dass einer der Punkte, die Sie dort aufgeführt haben, nicht zum Erfolg führen kann! Sie schreiben dort, es solle für Kinder unter sechs Jahren freien Eintritt geben. Ich glaube, das ist durchaus etwas, das auch realistisch umzusetzen ist, nur, was hilft es? Diese Kinder werden nicht allein und ohne ihre Eltern in die Bäder gehen können. Das heißt, damit haben Sie überhaupt nichts erreicht, und damit haben Sie genau die Familien ausgeschlossen, die wir auch ganz besonders im Blick haben. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen wollen,

(Beifall SPD -Abgeordneter Strohmann [CDU]: Das ist Schwachsinn!)

dass alle Kinder schwimmen lernen, und nein, das ist kein Schwachsinn, das ist die Realität.

(Zuruf Abgeordneter Strohmann [CDU])

Herr Kollege Strohmann!

Genau an den Punkten soll es ansetzen, dass Kurse und Angebote außerhalb der Schule erweitert werden, um Kinder und Eltern früher einzubeziehen. Das Thema Wassergewöhnung soll möglichst vor dem Schulschwimmunterricht stattfinden, um so Zeit und Raum für das sichere Schwimmen zu schaffen.

Es wird interessant sein, wie sich die Erfahrungen in Bremerhaven darstellen. Dort wird zurzeit versucht, im Rahmen von kompaktem Blockunterricht schwimmen zu lehren. Fachleute halten übrigens das Vorziehen, wie es auch eine Ihrer Forderungen ist, von Schwimmen auf die erste Klasse der Grundschule für nicht sach- und fachgerecht. Allerdings kann man überlegen, ob eine Verlegung in das zweite Halbjahr der zweiten Klasse und das erste Halbjahr der dritten Klasse erfolgt, um dann Zeit für diejenigen zu haben, die es noch nicht können, und das zweite Halbjahr des dritten Jahrgangs zu nutzen.

Unser besonderes Augenmerk liegt ganz zweifellos bei den Kindern. Gleichwohl, dass mittlerweile zu viele Erwachsene, aus welchen Gründen auch immer, nicht schwimmen können, stellt absolut ein Problem dar. Oft kommen leider bei Heranwachsenden und Erwachsenen zu mangelnder

Schwimmfähigkeit auch noch Wagemut, Übermut, Alkohol oder Überschätzung hinzu. Deshalb ist es gut, dass Schwimmvereine und der LSB im Erwachsenenbereich besonders aktiv sind.

Ich komme zum Schluss! Diese Aktivitäten müssen auch weiter unterstützt werden.

Wir erwarten von den zuständigen Ressorts bis Ende September ein Konzept. Bei der Erstellung müssen die Unterzeichner der Erklärung von Beginn an mit einbezogen werden. Ich werbe um Zustimmung zu unserem Antrag, weil er deutlich macht, dass wir hier an allen Interesse haben, an Kindern, Heranwachsenden, Erwachsenen und allen, die bisher nicht schwimmen können! - Vielen Dank!

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Ganz schön am Schwimmen, nicht?)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Mustafa Öztürk.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade auf dem Weg hierher den Zwischenruf gehört. „Ganz schön am Schwimmen!“ Nein, in der Tat nicht, Herr Kollege, wir sind uns hier im Haus alle einig, wie wichtig das Erlernen des Schwimmens ist, von klein auf bis ganz groß. Wir kennen alle die Zahlen von unsicheren Schwimmern, von Nichtschwimmern, von Menschen, die nicht in einem Badesee schwimmen können, von Menschen, die keine 50-Meter-Bahn mehrfach schaffen, all diese Probleme sind bekannt, im Kleinkindbereich ganz besonders der Zugang und die Wassergewöhnung.

Meine Kollegin Frau Rosenkötter hat es eben schon einmal erwähnt, einige Punkte in Ihrem Antrag sind nicht falsch, das haben wir auch nie behauptet. Der Weg zum Ziel ist doch am Ende des Tages entscheidend. Sie haben gewisse Punkte in Ihrem Antrag, die wir nicht mittragen können. Wir versuchen uns darauf zu fokussieren – und ich möchte noch einmal einen Appell richten, vor allem an die sportpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der einzelnen Fraktionen –, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen.

Wir haben gerade ein Novum in der Landesregierung, dass drei Senatorinnen, die Senatorin für Soziales und Sport, die Senatorin für Kinder und Bildung und die Senatorin für Gesundheit, mit allen

relevanten Akteurinnen und Akteuren eine gemeinsame Erklärung für diesen Bereich vorgelegt haben, mit der ein Maßnahmenbündel als erster Aufschlag vorgelegt worden ist. Das gilt es zu unterstützen, das begrüßen wir einerseits.

Andererseits stehen das erste Mal ganz konkrete Forderungen darin, aber auch ein Eingeständnis, dass man in dem Bereich Defizite hat. Um die Bildungssenatorin zu zitieren, ihr ist bewusst – und das sagt sie in der Erklärung ganz deutlich –, dass es nicht mehr fruchtet, wenn man Kindern ab der dritten Jahrgangsstufe schwimmen beibringt, und es viel früher anfangen muss. Es steht zwar nicht in unserem Antrag, aber wir Grüne können uns vorstellen, dass KiTa Bremen und auch die evangelische Kirche vielleicht einmal ein pädagogisches Konzept zum Erlernen des Schwimmens auflegen könnten. All diese Maßnahmen werden überlegt, das ist das eine.

Herr Kollege Strohmann, weil sie immer wieder dazwischengerufen haben, als meine Kollegin Frau Rosenkötter gesprochen hat: Jetzt muss man doch an die Ernsthaftigkeit appellieren. Es gibt dieses Paradebeispiel, Sie fordern kostenloses Schwimmen für Kinder. Wir Grüne finden auch, das ist richtig, und mit Sicherheit werden wir auch bei der SPD ganz viele finden, die das nicht anders sehen, aber diese Kinder, diese ganz kleinen Knirpse, werden nicht allein ins Schwimmbad gehen, ins Wasser springen unter Anleitung der engagierten Bademeister oder der Schwimmsportvereine. Die Eltern müssen dabei sein, das begrüßen wir.

Jetzt stellt sich die Frage, wie wir das schaffen, und das steht konkret in unserem Antrag: Sozial gestaffelt eine Berechnung herzuleiten, wie man das organisieren kann, damit es fruchtet, aber so, wie Sie hier vorangehen und einfach plakativ fordern, dass kommt zwar toll bei den Menschen draußen an, alle jubeln, aber Sie alle wissen, wie schwierig das in der Tat umzusetzen ist!