Protokoll der Sitzung vom 20.06.2018

Das Oberverwaltungsgericht hat dazu auch bereits klargestellt, dass die spezifischen Zweckbedingungen an dieser Stelle verbindlich damit verbunden sind, hier Umweltbelange zu beachten – nur deshalb war überhaupt der Bau in einem Naturschutzgebiet erlaubt – und dass das, – ich zitiere – „den Kern des planfestgestellten Verfahrens betrifft.“ Das heißt, es gibt keine Möglichkeit, hier korrigierende Anträge vorzubringen oder das Verfahren zu ändern. Wir brauchen ein komplett neues Verfahren. Anders ist es überhaupt nicht denkbar.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Ja, dafür spre- chen wir uns ja aus.)

Das haben Sie auch so beschrieben. Sie sagen, wir machen ein neues Verfahren, aber auch dann wird sich neu die Frage stellen, wie wollen Sie denn begründen, in einem FFH-Gebiet einen solchen Bau durchzuführen? Denn hier war ganz klar auch die Aussage, wir werden an dieser Stelle nur Baurecht erhalten, wenn wir in der Abwägung Bebauung eines Naturschutzgebietes gegenüber dem Klimaschutzbedürfnis, nämlich der Energiewende, einen Ausgleich schaffen. Deshalb ist der Eingriff an dieser Stelle gerechtfertigt und nur so konnte überhaupt das Planfeststellungsverfahren des OTB bis zu diesem Punkt kommen. Es scheitert nun, weil gerade die Auslastung nicht in Aussicht steht und auch wegen anderer Punkte. Wir glauben nicht, dass eine solche neue Planung überhaupt Aussicht hätte, und wir glauben auch nicht, dass es richtig wäre, sie in einem Naturschutzgebiet in dieser Form durchzuführen.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Alternative ist nicht, entweder wir bauen jetzt den OTB so, wie er geplant ist, oder wir lassen es sein und lassen das ganze Gebiet frei stehen. Wir haben Planungen auch gerade für die Erschließung der Gewerbefläche vor Ort. An diesem Verfahren ändert sich ja nichts. Das Verfahren läuft ja voraus. Wir haben ein großes zusammenhängendes Gewerbegebiet, das weiterhin erschlossen wird und auch für Bremerhaven wichtige Impulse setzen kann und die Ansiedlung von Unternehmen ermöglichen soll.

Die Fraktion der CDU stellt infrage, wie hier der OTB weitergebaut werden kann – auch in Bremerhaven haben wir die Diskussion dort gerade. Ich finde es schon ein bisschen auffällig, dass man jetzt die Verlagerung des Schwerlasthafens offensichtlich vom Neustädter Hafen nach Bremerhaven schon einmal rhetorisch vorbereitet. Ich glaube, es

werden sich da auch viele Anhänger in der Fraktion der SPD für einen ähnlichen Vorschlag finden. Das wird natürlich niemand offen so sagen.

Grund für uns, diesen Antrag abzulehnen, bleibt aber nach wie vor: An dieser Stelle ist grundsätzlich kein anderer Hafen als ein Offshore-Hafen denkbar. Wir glauben außerdem, dass der Offshore-Hafen mittlerweile von der Entwicklung überholt wurde, was wir schade finden. Trotzdem muss man nun die Konsequenzen auch richtig ziehen und sagen, das Geld muss zwar in Bremerhaven bleiben, aber nicht für den Offshore-Hafen, wie er bis hierher geplant wurde, und erst recht nicht für einen Schwerlasthafen in einem Naturschutzgebiet. Wir werden Ihren Antrag daher ablehnen. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tsartilidis.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Es ist für einen Bremerhavener immer ganz interessant zu hören, was Bremerhaven braucht. Ich will einmal ein paar Gedanken dazu äußern, was Bremerhaven nicht braucht.

Wenn man in der siebten Klasse einer Bremerhavener Schule ist, dann nimmt man das Thema Klimawandel durch. Interessant beim Thema Klimawandel ist, wenn man sich die ganzen Klimakonferenzen anschaut, dann verändern sich die Ziele, dann wird einmal davon gesprochen, wir wollen im Jahr 2000 die Ziele von 1990 erreichen und so weiter. Das Interessante an einer Stadt wie Bremerhaven ist, dass sich Schüler, wenn man das dann mit ihnen diskutiert, darüber wundern, warum der Deich erhöht wird. Sie wundern sich darüber, welche Auswirkungen der Klimawandel hat, und sie wundern sich darüber, was die Politik eigentlich an der Stelle macht.

Wenn man sich diese ganze Genese der Diskussion über das Klima anschaut, dann stellt man fest, es sind immense Zeitabläufe, bis dieses Thema bei irgendjemandem angekommen ist, bis es zu Beschlüssen kommt, und es dauert wahrscheinlich tatsächlich bis in die Zukunft an, dass Länder wie Deutschland in der Lage sind, diese Klimaziele, die sich das Land selbst gesetzt hat, auch zu erreichen. Es ist traurig genug, dass wir noch nicht einmal die Hälfte von dem erreichen, was wir uns vorgenommen haben. Vor dem Hintergrund wird auch die

zeitliche Dimension und die Wichtigkeit eines solchen OTB klar. Ich würde sogar vermuten, dass die Wichtigkeit in Zukunft noch zunimmt.

(Beifall SPD)

Ein weiterer Punkt ist, wir haben in Bremerhaven zu wenige Industriearbeitsplätze. Herr Kastendiek, Sie haben es richtig gesagt, natürlich ist uns die Wertschöpfung am Standort Bremerhaven tatsächlich wichtig. Wir können sehr gut Ladung verschiffen, darin sind wir gut und schnell, aber tatsächlich wollen wir etwas mit den Gütern, die wir verschiffen, machen und so weiter. Wenn man vor diesem Hintergrund akzeptiert, dass der Klimawandel eine weitere Herausforderung sein wird, die auch noch wachsen wird, glaube ich, wird auch die Notwendigkeit der Offshore-Technologie weiter wachsen. Es werden sich auch, wie wir in den letzten Reden immer wieder gesagt haben, die politischen Rahmenbedingungen für die Notwendigkeit verändern, in Bremerhaven weiter auszubauen, und das vor dem Hintergrund, nicht nur Industriearbeitsplätze zu schaffen, sondern wir sind auch mit einer Hochschule ausgestattet, die in die Richtung forscht, wir haben Institute. Wir sind an der Stelle gut ausgestattet, das heißt, es wäre für uns ein wichtiges Cluster, an das wir weiterhin glauben.

(Beifall SPD)

Wenn ich mir Ihren Antrag jetzt genauer anschaue, dann habe ich so ein bisschen das Gefühl, es ist wie beim Boxen: Ich täusche links an, aber rechts schlage ich dann doch zu. Auf der einen Seite sagen Sie, wie wichtig dieser OTB ist, Sie sagen dem Senator – ich glaube, das müssen Sie ihm gar nicht sagen, denn er tut es permanent –, er müsse alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um weiter zu organisieren, dass dieser OTB auch kommt. An dieser Stelle muss ich sagen, solche Anträge oder Äußerungen, wie von Teilen Ihrer FRAKTION DER CDU-Parteifreunde, führen eher dazu, dass das Ziel OTB konterkariert wird. Sie haben mittlerweile nach dem Neustädter Hafen auch mit diesem Antrag in der Hafenpolitik ein Stück weit den Ruf, dass Sie ein bisschen unzuverlässig sind, und ich glaube, das auch nicht ganz zu Unrecht,

(Beifall SPD – Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Aber Ihre Freunde sind super!)

denn Sie nehmen Betrieben Perspektive und sprechen ihnen auch ab, eine Wichtigkeit zu haben.

Die Frage nach den Alternativen hat mein Kollege von der Fraktion Die LINKE ordentlich dargestellt. Wie soll das denn laufen, jetzt einmal ganz praktisch? Wenn das Gericht zwei Vorgänge hat, dann wartet es doch ab, bis der weiter gehende Vorgang abgeklärt ist. Wir würden jetzt ein neues Verfahren starten. Ich bin kein Jurist, aber ich würde erst einmal abwarten und sagen: Da läuft doch gerade etwas. Bevor wir über ein neues Planfeststellungsverfahren entscheiden, warten wir erst einmal, was an anderer Stelle entschieden wird! Abgesehen davon, was glauben Sie denn, wie der BUND darauf reagieren wird, wenn wir jetzt auf einmal sagen, wir nehmen einen Schwerlasthafen ohne die ganze Komponente Klimaschutz und nachhaltige Energie? Glauben Sie, es wird realistisch sein, dass dann Gerichte sagen, ja, jetzt ist es etwas ganz anderes, jetzt stimmen wir der Sache zu?

(Abgeordneter Kastendiek [FRAKTION DER CDU]: Der klagt weiter wie bisher!)

Ich verstehe das immer so schlecht, aber Sie können ja gern eine Frage stellen!

(Zuruf Abgeordneter Kastendiek [FRAKTION DER CDU])

Nein, ich verstehe das akustisch einfach ein bisschen schlecht, wenn Sie immer so hineinrufen!

Die Situation ist also: Uns liegt ein Antrag vor, und leider bestätigt sich das, was ich vor einer gewissen Zeit schon gesagt habe: Sie gehen so ein wenig schrittweise vor, von Antrag zu Antrag distanzieren Sie sich immer weiter von einem wichtigen Strukturprojekt für die Stadt Bremerhaven und für das Land Bremen. Ich glaube, dieser Antrag ist ein Beweis dafür, dass Sie alles Mögliche im Sinn haben, aber nicht eine nachhaltige Wirtschafts- und Hafenpolitik für den Standort Bremerhaven. – Vielen Dank!

(Beifall SPD – Abgeordneter Röwekamp [FRAK- TION DER CDU]: Wenn Sie auf uns gehört hätten, wäre das Ganze schon längst fertig.)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Timke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU legt uns heute einen Antrag vor, mit dem der Senat einerseits aufgefordert wird, alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um den planfestgestellten Bau des

Offshore-Terminals in Bremerhaven zügig umzusetzen. Andererseits soll der Senat im Rahmen einer Machbarkeitsstudie prüfen, inwieweit ein neues Planfeststellungsverfahren für den Bau eines allgemeinen Schwerlastterminals möglich ist. Beide Forderungen halten wir Bürger in Wut für falsch, und deshalb werden wir dem Antrag auch in Gänze unsere Zustimmung verweigern. Ich möchte auf beide Forderungen einmal gesondert eingehen.

Dass die Fraktion der CDU den Senat auffordert, den OTB gegebenenfalls bis zur letzten Instanz gerichtlich durchzusetzen, zeigt einmal mehr, dass die Union alle wichtigen wirtschaftlichen und finanziellen Argumente, die gegen den Bau des Terminals sprechen, schlichtweg ignoriert. Die Fraktion der CDU nimmt mit dem vorliegenden Antrag einfach nicht zur Kenntnis, dass das Offshore-Terminal viel zu spät geplant wurde, die Rentabilität des steuergeldfinanzierten Großprojekts nach wie vor äußerst fraglich ist und andere Städte in Deutschland und Europa bereits verladefähige Terminals vorhalten, die damit im direkten Wettbewerb um die begrenzten Anlagekapazitäten stehen. Spätestens seit der Ankündigung von Siemens im Jahr 2015, die Antriebsgondeln für Windkraftanlagen nicht in Bremerhaven, sondern direkt vor unserer Haustür in Cuxhaven bauen und verschiffen zu lassen, muss doch dem letzten wirtschaftlich denkenden Abgeordneten in diesem Haus klar geworden sein, dass ein Offshore-Terminal in Bremerhaven, das aufgrund der anhängigen Klagen nicht vor 2022, 2023, 2024, 2025 betriebsbereit wäre, eine Totgeburt ist.

Der Einzige, der das in der Fraktion der CDU offenbar erkannt und das Offshore-Terminal am Samstag leise kritisiert hat, war Herr Neuhoff, der zukünftige Bürgermeister in Bremerhaven, der hier heute anwesend ist. Er hat in einem Interview mit der „Nordsee-Zeitung“ berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Offshore-Terminals geäußert. Das fand ich sehr mutig, –

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Man kann sich seine Freunde so auch suchen!)

das zeugte aber auch von politischem und wirtschaftlichem Sachverstand. In der Fraktion der Fraktion der CDU allgemein ist da wenig Einsicht zu erwarten, –

(Zuruf Abgeordnete Ahrens [Fraktion der CDU])

denn sonst wäre der heutige Antrag nicht vorgelegt und debattiert worden, schon gar nicht vor dem Hintergrund, dass man den OTB auch gegebenenfalls bis zur letzten juristischen Instanz durchpeitschen möchte.

Nun zur zweiten Forderung in dem Antrag, mit dem die Fraktion der CDU eine Machbarkeitsstudie zur Planung eines Schwerlastterminals erreichen möchte! Das Oberverwaltungsgericht Bremen hatte bereits im Frühjahr 2017 entschieden, dass eine reine Umwidmung des Offshore-Terminals zu einem allgemeinen Schwerlasthafen nicht möglich wäre, weil das gegen Planungsrecht verstoßen würde. Deshalb wäre der Bau eines reinen Schwerlasthafens nur mit einem neuen Planfeststellungsverfahren möglich. Genau hierfür fordert die Fraktion der CDU nun eine Machbarkeitsstudie.

Auch diesen Punkt werden die Bürger in Wut ablehnen, denn man macht mit dieser Forderung nach unserer Auffassung den zweiten vor dem ersten Schritt. Zunächst, liebe Fraktion der CDU, sollte man nach unserer Auffassung eruieren, ob ausreichend Bedarf für ein Schwerlastterminal besteht, denn das ist nun ein entscheidendes Kriterium für die Frage nach der Wirtschaftlichkeit eines solchen Großprojekts. Erst danach kann man sich doch darüber unterhalten, ob und wie man das Planfeststellungsverfahren gestaltet.

(Zuruf Abgeordneter Dr. Buhlert [FDP])

Sie wollen die Prüfung nun vorwegnehmen, ohne bereits eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchgeführt zu haben, und machen damit denselben Fehler wie die rot-grüne Landesregierung seinerzeit bei der Planung des OTB.

Die Fraktion der CDU behauptet in ihrer Antragsbegründung, dass ein solches Schwerlastterminal die Seestadt für – ich zitiere – „Unternehmensansiedlung aus dem schweren Maschinen- und Anlagebau attraktiv“ machen würde. Da stelle ich mir die Frage, woher nehmen Sie überhaupt diese Erkenntnis? Das ist doch zunächst einmal eine Vermutung der Fraktion der CDU. Mit den in Bremerhaven bereits ansässigen Firmen dürfte sich ein solches Schwerlastterminal wirtschaftlich nicht betreiben lassen, weil der Bedarf einfach zu gering ist. Also müssten tatsächlich neue Unternehmen gewonnen werden, die sich wegen des neuen Terminals in Bremerhaven ansiedeln wollen.

(Abgeordneter Kastendiek [Fraktion der CDU]: Das wollen Sie aber nicht, oder wie?)

Warten Sie einmal! Die Seestadt ist in den letzten Jahren aber leider nicht sehr erfolgreich bei den Bemühungen gewesen, große namhafte Firmen für Bremerhaven zu werben, –

(Abgeordneter Kastendiek [Fraktion der CDU]: Weil kein Terminal da ist!)

trotz Hafenanbindung, was gerade für exportorientierte Unternehmen ein wichtiger USP ist. Also ist doch die zentrale Frage, Herr Kastendiek, wie groß das Potenzial von Unternehmen aus der fraglichen Branche ist, die nach Bremerhaven kommen würden, wenn es solch ein Terminal gäbe. Man darf nicht vergessen, dass gerade die Standortverlagerungen von Industriebetrieben hohe Kosten aufweisen. Darüber hinaus müsste auch erst einmal berechnet werden, welches zusätzliche Steueraufkommen zu erwarten wäre, sollten sich die Prognosen zur Neuansiedlung von Firmen bewahrheiten.

(Glocke)

Erst auf Basis dieser Daten wäre eine Kosten-Nutzen-Analyse möglich, die als Grundlage für die Projektentscheidung unerlässlich ist. Diese Hausaufgaben müssten erst einmal gemacht werden, bevor man sich mit der Machbarkeitsstudie zum Planfeststellungsverfahren für ein neues Großprojekt befassen würde. Herr Präsident, ich komme zum Schluss!

Meine Damen und Herren, es ist aus Sicht der Gruppe Bürger in Wut einfach derzeit nicht absehbar, dass sich genug Unternehmen finden werden, die wegen dieser Anlage ihren Standort nach Bremerhaven verlegen wollen. Nur mit den vorhandenen Firmen vor Ort rentiert sich so ein großer Bau aber eben nicht.

Im Übrigen sind Bedarfsprognosen für einen mehrere Jahre in die Zukunft gerichteten Zeitpunkt ausgelegt, und so lang dürfte auch die Realisierung des Schwerlastterminals dauern, das wird dann natürlich schwierig. Niemand weiß beispielsweise, wie sich die wirtschaftliche Lage dann darstellt oder ob es bis dahin weitere Hafenstandorte gibt, die ein solches Terminal anbieten.

(Glocke)

Deshalb ist der Antrag aus unserer Sicht nicht zielführend, zumal sich das hoch verschuldete Bundesland Bremen ein weiteres millionenschweres Subventionsgrab nicht mehr leisten kann. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!