Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich diese Debatte anschaut, dann merkt man, dass die Zeit darüber hinweggegangen ist. Die Anfrage datiert von März/April diesen Jahres, und die Erwartungen, die damit verbunden waren, nämlich, dass wir hier eine massive Sicherheitslage bekommen, haben sich offensichtlich nicht erfüllt, nicht bewahrheitet. Ich habe dieses Thema längst abgehakt.

Wir haben, und das finde ich sehr schön, dass Sie das heute auch in dieser Deutlichkeit gesagt haben, die Situation immer im Griff gehabt. Die Polizei hat vernünftig gehandelt, sie hat deeskalierend gewirkt, und viele Dinge, die in anderen Städten passiert sind, kennen wir in Bremen nicht. Wir haben in diesem Punkt alles richtig gemacht.

(Abgeordneter Senkal [SPD]: Wieder einmal!)

Aber zu dieser Naivität in der Überschrift, mit der man sagt, dass wir fremde Konflikte fern halten sollten, da muss ich die Frage stellen: In welcher globalisierten Welt leben wir eigentlich?

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Wir kennen alle die Bilder im Fernsehen: Wenn die türkische Armee in Afrin einmarschiert, und das mit deutschen Panzern und hier dagegen demonstriert wird, dann würde ich sogar mitgehen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich würde auch demonstrieren, wenn ich sehe, dass die israelische Armee am Grenzzaun Dutzende von Palästinensern einfach hinrichtet. Auch dafür habe ich kein Verständnis. Ich kann alle diejenigen verstehen, die das zum Anlass nehmen, um hier auch sehr deutlich ihre Meinung zu sagen.

(Unruhe – Abgeordneter Eckhoff [CDU]: Ein sehr einseitige Darstellung!)

Wir leben in einer Ordnung, in der das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht nur für Deutsche gilt, sondern es ist auch so, dass das ein Recht ist, das alle Menschen in dieser Stadt und in diesem Land haben.

(Abgeordnete Ahrens [CDU]: Können Sie das mit Fakten belegen?)

Dieses Recht kennt natürlich auch seine Grenzen.

(Beifall SPD)

Deswegen werden alle Veranstaltungen mit klaren Auflagen verbunden. Es gibt bestimmte Transparente, bestimmte Parolen und Bilder, die nicht gezeigt werden dürfen. Wenn es dennoch vorkommt, geht die Polizei konsequent vor, das heißt, sie knüppelt diese Veranstaltung nicht nieder,

(Abgeordneter Hinners [CDU]: Das macht sie doch sowieso nicht!)

sondern sie versucht herauszufinden, wer diese Transparente getragen hat. Gegen diese Person wird dann nach dem Vereinsgesetz ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das ist angemessen und trägt zur Deeskalation der Situation bei. Insofern brauchen wir uns überhaupt keinen Nachhilfeunterricht geben zu lassen. Wenn man das Ganze zusammenzieht: Dieses Thema ist im Grunde genommen erledigt. Dass man es heute noch einmal aufruft, ist überflüssig. Deswegen beende ich an dieser Stelle auch diese Debatte. – Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Herr Senator, würden Sie noch eine Frage des Kollegen Hinners zulassen?

Ja, auch das noch.

Herr Kollege Hinners, Sie haben das Wort.

Wollen wir uns weiterhin respektvoll gegenübertreten, Herr Senator?

(Beifall CDU)

Erstens würde ich Sie gern fragen, was es aus Ihrem Munde heißt, zu sagen, die Polizei knüppelt da niemanden nieder?

(Abgeordnete Ahrens [CDU]: Das ist eine Frech- heit! Als wenn sie das je täte!)

Das ist die Alternative: Wenn man unbedingt versuchen will, dieses eine Transparent aus einer Gruppe von tausend Demonstranten herauszuholen, ist man besser beraten, sich diesen Täter nach der Demonstration vorzunehmen, und nicht, gegen die gesamte Demonstration vorzugehen.

Das ist ganz banales Wissen in der Polizei. Sie übersteigern etwas. Als wenn die Polizei permanent in irgendeiner Form oder irgendwo in Deutschland irgendwelche Leute niederknüppelt.

(Beifall CDU, FDP – Unruhe)

Herr Senator, würden Sie eine weitere Frage des Kollegen Hinners zulassen?

Nein, es reicht, glaube ich.

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 19/1750 Kenntnis.

Reichtum gerechter verteilen – Vermögenssteuer als Millionärssteuer wieder erheben Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 30. Mai 2017 (Drucksache 19/1081)

Wir verbinden hiermit

Reichtum gerechter verteilen – Vermögenssteuer als Millionärssteuer wieder erheben Bericht und Antrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses vom 5. Juni 2018 (Drucksache 19/1694)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Strehl.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat der Berichterstatter des Haushalts- und Finanzausschusses, Herr Eckhoff, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf mich ganz herzlich bei den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses bedanken, die sich in einer sehr sachorientierten Art und Weise mit dem Antrag beschäftigt haben. Der Haushalts- und Finanzausschuss hat sich nach Überweisung am 20. September des letzten Jahres in den Sitzungen am 3. November 2017, 1. Dezember 2017, 16. Februar 2018 und 1. Juni 2018 mit der Thematik beschäftigt. Insbesondere möchte ich an dieser Stelle die Anhörung hervorheben, die wir durchgeführt haben. Das alles haben wir in dem Bericht niedergelegt, ich will das nicht alles wiederholen. Ich möchte noch einmal sagen, dass das eine sehr großartige Anhörung war, dass wir verschiedenste Experten aus ganz Deutschland zu Gast hatten und dass wir uns sehr intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt haben.

Deshalb möchte ich mich bei den Experten auch noch einmal namentlich bedanken. Die Positionen können Sie im schriftlichen Bericht nachlesen. Zu Gast waren Dr. Axel Troost, Dr. Katja Rietzler, Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué, Dr. Michael Balke, Ralf Thesing und Prof. Dr. Achim Truger. Den Teilnehmern im Nachhinein noch einmal herzlichen Dank. Bei allen politisch unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Thema wurde in dieser Anhörung sehr fundiert und sachorientiert über dieses Thema diskutiert.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP)

Das ist durchaus einen Applaus wert. Es ist nicht selbstverständlich, dass die bundesweit anerkannten Experten nach Bremen kommen und sich Zeit

nehmen, um sich mit uns, die wir nur einen bedingten Einfluss auf die Ausgestaltung einer solchen Steuer haben, darüber auseinanderzusetzen. Mehrheitlich ist im Ausschuss eine Neufassung verabredet worden, die Sie in dem Bericht als Anlage finden. Die bis dahin noch sehr konkreten Vorstellungen der Fraktion DIE LINKE sind aus dem Antrag herausgenommen worden, und die Fraktionen DIE LINKE, SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich auf zwei Punkte verständigt: Im Bundesrat gemeinsam mit anderen Bundesländern eine Initiative zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer zu starten und der Bürgerschaft binnen sechs Monaten darüber zu berichten. Voran ging die grundsätzliche Aussage, dass die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer erfolgen soll. Dagegen gestimmt haben die Fraktionen der CDU, der FDP und die Gruppe Bürger in Wut.

Ich glaube, dass uns dieses Thema noch weiter beschäftigen wird. Ich glaube aber nicht, dass es innerhalb von sechs Monaten erledigt sein wird. Insofern können wir uns auf die weiteren Debatten, die wir zu diesem Thema auch gleich noch einmal in einer Kurzdebatte führen, freuen. Es ist ganz wichtig, dass wir, und das möchte ich bei allen politischen Unterschiedlichkeiten sagen, in einer offenen Diskussion wirklich erreichen müssen, den Menschen mitzugeben, dass wir alles tun, damit es eine Steuergerechtigkeit in diesem Lande gibt und dass das von der großen Mehrzahl der Steuerzahler auch tatsächlich so empfunden wird. Wenn wir in diesem Sinne mit unserer Diskussion und unserer Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss einen kleinen Beitrag dazu beitragen konnten, dann war das ein guter Prozess, den wir organisiert haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann bestätigen, dass das ein Prozess war, bei dem in der Tat Für und Wider, sachliche Argumente, sehr intensiv ausgetauscht worden sind. Es war zumindest für uns als Fraktion DIE LINKE wichtig, dass wir unsere Position in dieser Debatte präzisieren konnten. Wir haben diesen Antrag „Reichtum gerechter verteilen – Vermögenssteuer als Millionärssteuer wieder erheben“, nicht, wie uns oft unterstellt wird, aus irgendeiner Form von Geiz oder weil wir Menschen ihren Reichtum nicht gönnen, gestellt, sondern weil wir feststellen müssen, dass es 2017 in

Deutschland ein Privatvermögen von 5,8 Billionen Euro, nur an Bargeld, Wertpapieren und Ähnlichem, gab. In diesen 5,8 Billionen Euro sind keine Immobilien enthalten.

Das ist an sich nur begrenzt ein Problem. Ein Problem wird es aus zwei Gründen: Erstens, an diesem Reichtum partizipieren relativ wenig relativ stark. Ein Prozent der Haushalte, ungefähr 400 000, besitzen ein Drittel dieses Privatvermögens. Die untere Hälfte, also die, die weniger reich sind als der Durchschnitt, haben nur 6,2 Prozent dieses Vermögens. Das ist noch nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem ist, dass wir einen Prozess haben, bei dem sowohl die Konzentration des Reichtums als auch die Höhe der Privatvermögen steigt und die Anzahl der Menschen, die daran nicht partizipieren, sondern von Armut betroffen oder in Bezug auf Armut gefährdet sind, ebenso steigt. Das ist Ungleichheit. Ich möchte den Verfassungsrichter Wolfgang Böckenförde zitieren: „Der Ausgleich der gesellschaftlichen Ungleichheiten ist Kernaufgabe des demokratischen und sozialen Rechtsstaats und damit verfassungsrechtlich geboten.“