Und in Bremen? In Bremen steigen die Preise für Nutzerinnen und Nutzer, während auf politischer Ebene zumindest immer beteuert wird, man möchte eigentlich schon etwas für den Verkehrsverbund tun. Nur real passiert derzeit leider gar nichts.
Was ist also die Hauptbotschaft dieser Aktuellen Stunde? Die Hauptbotschaft ist, dass der öffentliche Nahverkehr keine weiteren inhaltsleeren Versprechen braucht, sondern mehr Mittel.
Diese Mittel werden nicht nur gebraucht, um Preissteigerungen abzuwenden, sondern diese Mittel werden auch gebraucht, um den Nahverkehr zukunftsgerichtet aufzustellen, Investitionen zu ermöglichen und damit auch eine ökologische und soziale Verkehrswende zu schaffen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ausdrücklich unterstreichen, was Dr. Joachim Lohse in dem taz-Interview gesagt hat, dass man einem System, nämlich dem System öffentlicher Nahverkehr nicht Geld entziehen kann und darf, wenn man gleichzeitig mehr Leistung möchte.
Ich habe gestern auch bei der Debatte, die ich unter anderem mit Herrn Rupp hatte, der jetzt – Wo ist er denn? – gar nicht im Raum ist. Er hat die Frage aufgeworfen, ob wir, wenn wir mehr Geld haben, tatsächlich in die Infrastruktur investieren werden, oder ob wir nicht noch ein paar Jahre warten müssen, weil wir ein paar andere Sachen vielleicht dringender erledigen müssen. Das habe ich sehr wohl gehört. Deswegen wird es, glaube ich, auf den Schwur ankommen. Jetzt werden große Reden gehalten, nach den Wahlen wird es auf den Schwur ankommen, was tatsächlich umgesetzt wird.
Wir Grünen sind dabei ganz eindeutig. Wir haben ganz klar gesagt, dass wir deutlich mehr Geld in das System ÖPNV investieren wollen. Dafür brauchen wir Verbündete.
Wir sind nicht allein auf der Welt. Wir wollen sowohl in Preissenkungen investieren als auch in die Qualität, weil nur beides geht. Es ist auch vollkommen klar: Nur Preise zu senken und zu glauben, die Verkehrswende gelinge alleine dadurch, wird nicht funktionieren.
Es kann eigentlich keine Überraschung sein, dass der VBN irgendwann Probleme bekommt, wenn man nicht mehr Geld in das System investiert, was
wir im Rahmen des Haushalts nicht getan haben. Wir haben geltende Verträge mit denen, das ist vollkommen klar. Diese beinhalten Fristen. Es ist logisch, dass die dann auch irgendwie sehen müssen, wie sie klarkommen. Die BSAG ist ja nicht allein in diesem VBN, sondern der VBN ist eine Solidargemeinschaft von verschiedenen Verkehrsbetrieben. Natürlich müssen diese sehen, wenn dem System aufgrund der Teuerung faktisch Mittel entzogen werden, wie sie dann zurechtkommen.
Es ist auch ein klares Zeichen gewesen, dass das Einzelticket und die Viererkarte nicht erhöht worden sind. Was sowohl in Ihrer Pressemitteilung falsch ist wie auch in dem, was gerade gesagt worden ist: Der Preis des Schülerinnen- und Schülertickets ist nicht erhöht worden. Es steht aber fälschlicherweise sowohl in dem Antrag zur Aktuellen Stunde als auch in der Pressemitteilung.
Das ist aber auch nicht das Wesentliche. Ich glaube, das Wesentliche ist, dass wir uns darüber verständigen müssen – egal wer nach den Wahlen miteinander entscheidet, wie das Geld verteilt wird. Wir Grüne sind eindeutig dafür, dass mehr Geld, deutlich mehr Geld in das System ÖPNV fließen muss.
Nun haben Sie schöne Beispiele aus anderen Städten genannt, was die alles machen. Ich finde, das StadtTicket in Bremen ist für eine Kommune oder für ein Land, das immer noch in Haushaltsnotlage ist, etwas, das sich andere Kommunen, die das nicht haben, nicht leisten. Ich finde, dass wir auch eine ganze Menge gemacht haben. Nicht alles das, was ich mir gewünscht habe. Wir haben diese Abgabe von Führerscheinen für Senioren auf den Weg gebracht, womit die Senioren ein halbes Jahr frei fahren können. Wir haben in der letzten Bürgerschaftssitzung darüber diskutiert, wie wir das Jobticket ausweiten können, und wollen es auch auf kleinere Betriebe ausweiten.
Wir sind – schon sehr weitgehend – im Gespräch mit der Handelskammer, ein Auszubildendenticket in Bremen zu etablieren und dabei auch ganz klar auf die Betriebe zu setzen und sie dort Verantwortung übernehmen. Ich sage auch, bestimmte Sachen haben wir nicht geschafft. Die CDU sagt dann ja immer mantramäßig: Unter uns ist noch ordentlich Beton geflossen und die Infrastruktur verbessert worden.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir manche Sachen schneller fertiggestellt hätten. Bei der Querspange Ost sind wir ein ganzes Stück weitergekommen. Bei den Linien 1 und 8 aus verschiedenen Gründen, die ich jetzt hier nicht näher darlegen möchte, sind wir leider nicht so sehr weitergekommen. Ich ärgere mich persönlich darüber, weil das ein Antrag von Andreas Kottisch und mir war, dass wir das mit dem Haltepunkt Technologiepark nicht entschlossener geschafft haben.
Insgesamt gesehen, glaube ich aber, dass wir eine Menge an dem Thema gearbeitet haben. Was wir jedoch nicht geschafft haben bei all den Herausforderungen, die wir im Haushalt haben, insgesamt mehr Geld in das System Infrastruktur zu investieren. Das ist immer wieder gesagt worden. Natürlich nehmen die Schlaglöcher in diesem Bundesland zu. Natürlich haben wir nicht die Mittel, die wir brauchen, um eine wirksame Verkehrswende tatsächlich einzuleiten, obwohl alle gern davon reden.
Das ist vollkommen klar, dem System Verkehr ist Geld entzogen worden, und wir werden nach den Wahlen darüber reden müssen, auch aus Not, weil diese Infrastruktur verrottet, dass wir mehr Geld in dieses System investieren wollen.
Ich möchte einmal betrachten, was die unterschiedlichen Parteien ansonsten vorschlagen. Das Schülerinnen- und Schülerticket ist erwähnt worden. Schülerinnen und Schüler sollen kostenfrei fahren. Dafür habe ich Sympathie, das wäre aber nicht dasjenige, was ich priorisieren würde. Ob das sozialpolitisch, wie das manche andeuten, wirklich eine zielführende Maßnahme ist, würde ich sogar ganz ausdrücklich bezweifeln. Das habe ich sowohl der LINKEN als auch der SPD gesagt: Wenn ihr sozialpolitisch etwas bewegen wollt, dann müsst ihr das StadtTicket preislich halbieren oder kostenlos machen. Das wäre konsequente Sozialpolitik. Ein vergünstigtes Schülerinnen- und Schülerticket wird eher Leute treffen wie meine Kinder zum Beispiel, sodass ich mich freue, wenn die nichts bezahlen müssen, aber sozialpolitisch wäre das nicht wirksam.
Die CDU kritisiert den mangelnden Ausbau des ÖPNV. Sie haben ein sehr interessantes Papier zur Innenstadt erstellt, wie ich finde, in dem Sie Ideen wie einen kostenlosen ÖPNV aufwerfen, die ich wirklich sehr interessant finde. Aber wohin Sie mit dem Tarifsystem ganz genau wollen, habe ich bis
her nicht lesen können. Dazu gab es nur vage Andeutungen. Ich freue mich sehr auf diesen ausstehenden Beitrag.
Zur FDP: Das war gestern für mich ein schlimmer Tag, weil ich mitbekommen habe, dass die Anschlussfähigkeit der FDP in Verkehrsfragen mit allen Fraktionen hier im Haus nicht mehr vorhanden ist.
Das finde ich ganz schlimm. Sie proklamieren das kostenfreie Parken in der Innenstadt. Dass das Unsinn ist, glaube ich, hat fast jeder in dieser Stadt begriffen. Dass Sie dann aber im Gegenzug den Antrag „Mit dem Rad zur Arbeit fahren“, den alle hier gut fanden, dumm fanden, hat mich wirklich gewundert. Ich finde es wichtig, dass Parteien, die diese Stadt zusammen verkehrspolitisch gestalten wollen, miteinander anschlussfähig sind. Diese Anschlussfähigkeit sehe ich mit der FDP nicht.
Ich bin gespannt, was jetzt mit dem ÖPNV passiert, was Sie uns dazu heute vorschlagen, weil es bisher auch immer so war, dass Linienverlängerungen, günstigere Tarife et cetera Forderungen waren, die nicht auf Ihrer Agenda standen. Ich habe eine große Nähe zu vielem, was DIE LINKE schon vorgeschlagen hat. Auch der Modellversuch kostenloser ÖPNV hat meine Sympathie. Darin sind gute Ideen und ernsthaftes Auseinandersetzen, damit die Verkehrswende tatsächlich funktionieren kann. Dass ich im Detail eine andere Meinung vertrete, ist bekannt, aber ich glaube, auf dieser Basis kann man auf jeden Fall gut streiten, und das macht mir auch sehr viel Spaß.
Ich möchte kurz erklären, was wir Grünen eigentlich wollen. Wir haben am Wochenende ein Programm verabschiedet, sogar einstimmig. Also haben wir auch einstimmig beschlossen, dass wir ein 365-Euro-Ticket wie in Wien befürworten, gleichzeitig mit einer Qualitätssteigerung. Es soll auch eine soziale Komponente enthalten, ist also nicht so, dass nicht beachtet wird, dass das StadtTicket eigentliche eine gute Sache ist. Jetzt kann man sagen, das ist abwegig. Klar, aber in Wien hat das funktioniert. Das heißt, wir schlagen ein Modell vor, das real funktioniert. Ich muss sagen, das funktioniert auch deshalb, weil man Verkehr als Gesamtsystem betrachtet. Natürlich kann man nicht nur Geld in den ÖPNV investieren und ohne auf die anderen Verkehrsarten zu schauen. Wir sagen ganz klar, der Rad- und Fußverkehr muss gefördert werden, weil es nicht Sinn einer Verkehrswende
ist, dass die Leute, weil es so schön günstig ist, vom Radfahren und vom zu Fuß gehen auf den ÖPNV umsteigen.
Sehr wohl ist es aber unser Ziel, dass wir weniger Autos in dieser Stadt haben wollen und dass die Menschen durch gute Anreize, durch gute Angebote vom Auto in den ÖPNV umsteigen sollen.
Wir wissen, dass das nicht so leicht geht, weil das ziemlich teuer sein wird und weil ich noch nicht ganz sehe, welche Verbündeten wir haben werden, aber wir werden dieses Ziel anstreben.
Ganz klar sind die Aspekte, die Nelson Janßen auch angesprochen hat. Das StadtTicket, finde ich auch, für 38,90 Euro zu teuer. Das sollte mindestens auf Sozialhilfeniveau sinken, wenn nicht sogar noch niedriger. Das, finde ich, ist in dieser Form kein gutes Angebot. Zum Schülerinnen- und Schülerticket hatten mich auch einmal zwei Elternpaare angeschrieben, die aus Berlin nach Bremen kamen und völlig entsetzt waren, dass es in Berlin halb so teuer ist. Natürlich ist das Schülerinnen- und Schülerticket viel zu teuer hier. Daran müssen wir arbeiten. Am Auszubildendenticket arbeiten wir schon. Wir finden wichtig, dass Auszubildende zumindest mit Studentinnen und Studenten gleichgesetzt werden. Das reicht aber nicht allein, weil es, glaube ich, auch erforderlich ist, dass Qualitätsverbesserungen erfolgen. Die Menschen werden nicht umsteigen, wenn die Straßenbahnen so voll sind wie eine Ölsardinenpackung, sondern sie werden umsteigen, wenn das Angebot gut ist. Sie werden fahren, weil es einen Haltepunkt an der Uni gibt. Sie werden fahren, weil die Takte besser sind.
Darin müssen wir genauso investieren. Das wird eine Menge Geld sein. Ich bin gespannt, wie wir damit weiter umgehen. Ich sehe auch, dass es dazu Verbündete gibt, die über dieses System ÖPNV nachdenken, die ich vorher so noch nicht gesehen habe, die FDP, wie gesagt, bisher nicht. Die Handelskammer ist in diesem Bereich sehr viel weiter. Ich habe dieses Papier, das die Handelskammer herausgegeben hat, sehr aufmerksam gelesen. Sie haben kostenlosen ÖPNV in der Innenstadt vorgeschlagen, auf einem Ring, der kostenfrei betrieben werden soll. Es stellt sich zwar die Frage, wo das Geld herkommt, aber zumindest denken sie darüber nach, dass der ÖPNV einen Beitrag leisten kann, dass wir den Weg zu einer autofreien Innenstadt gehen können. Das lese ich aus diesem Papier überraschenderweise auch heraus.
Mein Resümee – und ich glaube, daran werden sich alle messen lassen müssen – ist: Der ÖPNV und der Umweltverbund brauchen erst einmal weitaus mehr Mittel, um die Infrastruktur zu reparieren, die sich in keinem guten Zustand mehr befindet, aber auch, um das, was die meisten hier politisch zumindest immer wieder sagen, eine Verkehrswende glaubhaft zu gestalten. Das funktioniert wirklich nur, wenn es die entsprechenden Mittel gibt.
Das bedeutet für mich auch Umverteilung. Das heißt, es tut auch ein bisschen weh. Es ist völlig klar, wenn wir mehr Geld und mehr Flächen aufwenden wollen, dass irgendjemand weniger Geld und weniger Flächen haben wird. Wir haben das am Herdentorsteinweg gesehen. Dort hat es noch nicht richtig wehgetan. Dort sind ein paar Autoparkplätze und eine Abbiegerspur weggefallen und mehr Flächen für den Fuß- und für den Radverkehr hinzugekommen. Es wird aber wehtun. Wenn es um Parkgebühren geht, schreien schon einige auf, wenn es nur um eine Anhebung in Höhe von 40 Prozent in zwölf Jahren geht. Wir brauchen aber sehr viel mehr Umverteilung.
Das System Verkehr ist völlig ungerecht finanziert. Nach der Studie der Universität Kassel, die dürften viele kennen, bekommen der Autoverkehr in Bremen 156 Euro, der Radverkehr 9,32 Euro und der öffentliche Nahverkehr immer noch deutlich unter 100 Euro.
Sie können nachher etwas dazu sagen, dann werde ich gern noch einmal darauf antworten. Das heißt, wir brauchen eine Umverteilung im Verkehr. Wir brauchen auch ein Thema, das, glaube ich, neben der ÖPNV-Finanzierung auch ganz deutlich auf der Tagesordnung ist: Wir müssen uns um Parkraum kümmern. Ist es sinnvoll, dass an den meisten Stellen in der Stadt kostenlos geparkt werden kann und dass öffentlicher Raum verschwendet wird? Diese Frage müssen wir uns stellen, dafür müssen wir Mehrheiten in dieser Stadt finden.
Deshalb, glaube ich, gilt immer wieder der Satz: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Ich glaube, das Denken muss die Richtung wechseln, wenn wir eine Verkehrswende tatsächlich wirksam gestalten und umsetzen wollen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gestern schon in der Stadtbürgerschaft über viel Mobilität und ihre einzelnen Facetten diskutiert. Die Idee eines bezahlbaren oder sogar kostenlosen ÖPNV ist wirklich nicht neu. Schon seit den 1970er Jahren, also in der Zeit, als noch die autogerechte Stadt im Vordergrund aller Planungen stand, war dies der angedachte Ansatz.
So wünschenswert zum Beispiel ein kostenfreier ÖPNV vielleicht auch wäre, realistisch ist er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, jedoch ein bezahlbarer, wie ihn auch in dieser Aktuellen Stunde die Fraktion DIE LINKE fordert. Die SPD hat sich dieses Ziel auch gesetzt.
„Die autogerechte Stadt ist ebenso ein Leitbild der Vergangenheit, wie die Vorstellung, das Auto könne völlig aus der Stadt verbannt werden. Mobilität kann nicht durch Restriktionen erreicht werden, sondern vor allem mit verbesserten Angeboten eines attraktiven ÖPNV und einer einladenden Tarifpolitik.“ Zum Beispiel hatte Wien die Idee eines 365 Euro-Tickets, wie eben Herr Saxe auch schon angeführt hat. Das heißt einen Euro pro Tag und Person. Es gibt aber natürlich auch noch viele weitere Ideen, wie man einen attraktiven ÖPNV in unserer Stadt umsetzen kann. Für viele Städte ist im Rahmen der hohen Schadstoffbelastungen und gegebenenfalls sogar Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wichtiger denn je, den ÖPNV attraktiv und kostengünstig zu gestalten.
Bremen hat auch bereits jetzt einen grundsätzlich attraktiven Nahverkehr. Natürlich sind auch weiterhin immer bessere Anbindungen, bessere Taktzeiten notwendig. JobTicket, SemesterTicket und unter anderem das Sozialticket sind hier deutlich besser aufgestellt als in anderen Kommunen. Übrigens führt, wie auch Herr Janßen schon gesagt hat, die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft am 29. November 2018 eine öffentliche Anhörung zur Preis- und Ticketstruktur des ÖPNV in Bremen durch.