Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Zu Frage drei: Die Mitgliedsstaaten tauschen untereinander die Informationen aus, die zur Verhinderung einer doppelten Stimmabgabe notwendig sind. Hierfür übermittelt der Wohnsitzmitgliedsstaat dem Herkunftsmitgliedsstaat rechtzeitig vor jeder Wahl die Informationen über dessen Staatsangehörige, die in das Wählerverzeichnis eingetragen wurden oder die eine Kandidatur eingereicht haben. Der Herkunftsmitgliedsstaat trifft gemäß seinen Rechtsvorschriften die geeigneten Maßnahmen, um die doppelte Stimmabgabe und die doppelte Kandidatur seiner Staatsangehörigen zu verhindern.

Erhält der Bundeswahlleiter Mitteilungen anderer EU-Mitgliedsstaaten über die Eintragung eines Deutschen in ein dortiges Wählerverzeichnis, so unterrichtet er die Gemeinde, in der der Wahlberechtigte vor seinem Fortzug zuletzt wohnhaft oder sonst gewöhnlich aufhältig war; die Gemeindebehörde hat einen Antrag des betreffenden Deutschen auf Eintragung in das Wählerverzeichnis abzulehnen oder ihn aus dem Wählerverzeichnis zu streichen. In Bezug auf wahlberechtigte Unionsbürger übermittelt die Gemeindebehörde dem

Bundeswahlleiter die erforderlichen Informationen, die der Bundeswahlleiter sodann dem Herkunftsmitgliedsstaat übermittelt.

Unionsbürger mit Wohnung oder sonstigem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland werden zudem erstmalig nur auf förmlichen Antrag und nur nach Abgabe einer Versicherung an Eides statt in das Wählerverzeichnis eingetragen. Die betreffenden Unionsbürger haben unter anderem an Eides statt zu versichern, dass sie das aktive Wahlrecht nur in der Bundesrepublik Deutschland ausüben werden.

Darüber hinaus sollen sämtliche Wahlberechtigten, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, in der Wahlbenachrichtigung darüber belehrt werden, dass jeder Wahlberechtigte sein Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben kann. – So weit die Antwort des Senats!

Herr Abgeordneter Remkes, haben Sie eine Zusatzfrage?

Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage betrifft Ungeklärte Mordfälle im Land Bremen. Die Anfrage trägt die Unterschrift des Abgeordneten Timke und Gruppe BIW.

Bitte, Herr Kollege Timke!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Seit wann werden ungeklärte Mordfälle im Land Bremen erfasst und wie viele solcher Fälle waren zum Stichtag 31. Juli 2018 aktenkundig (bitte getrennt nach Bremen und Bremerhaven aus- weisen) ?

Zweitens: Wie viele bis dahin ungeklärte Mordfälle konnten im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 31. Juli 2018 aufgeklärt werden und wie viele Mitarbeiter welcher Behörden sind mit der Bearbeitung solcher „Cold Cases“ regelmäßig befasst?

Drittens: Wie viele Personen werden derzeit im Zusammenhang mit Mordfällen im Land Bremen per Haftbefehl gesucht und wie viele dieser Tatverdächtigen haben sich nach den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden ins Ausland abgesetzt?

Die Anfrage wird beantwortet von Staatsrat Ehmke.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfragen wie folgt:

Zu Frage eins: Bei der Polizei Bremen werden seit Beginn der 1960er-Jahre ungeklärte vollendete und versuchte Tötungsdelikte sowie Fälle von Langzeitvermissten erfasst, bei denen der Verdacht eines Tötungsdelikts besteht. Insgesamt waren zum Stichtag 31. Juli 2018 62 Fälle aktenkundig, davon 33 Mordfälle.

Bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven werden ungeklärte Tötungsdelikte erfasst, die seit 1980 in der Stadt Bremerhaven registriert worden sind. Insgesamt waren zum Stichtag 31. Juli 2018 neun Fälle aktenkundig, davon acht Mordfälle.

Zu Frage zwei: Bei der Polizei Bremen wurden in dem erfragten Zeitraum zwei „Cold Cases“ aufgeklärt. Bei der Ortspolizeibehörde Bremerhaven wurden keine der benannten Taten im erfragten Zeitraum aufgeklärt.

Es gibt bei der Polizei Bremen sowie der Ortspolizeibehörde Bremerhaven keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die sich fortwährend und ausschließlich mit den „Cold Cases“ befassen. Dies gilt auch für die Staatsanwaltschaft sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven.

„Cold Cases“ werden, sobald dienstliche Belange dies zulassen, immer wieder in Bezug auf neue Ermittlungsansätze überprüft.

Zu Frage drei: Mit Stand vom 20. November 2018 sind von der Polizei Bremen acht Personen wegen Mordes zur Festnahme ausgeschrieben.

In zwei Fällen handelt es sich um Untersuchungshaftbefehle. Die Tatverdächtigen konnten bisher nicht festgenommen werden. Möglicherweise haben sie sich in das Ausland abgesetzt. Nähere Erkenntnisse hierzu liegen nicht vor.

In sechs Fällen handelt es sich um Vollstreckungshaftbefehle, da die Personen nach der Festnahme und Verurteilung aus der Haft in ihre Heimatländer abgeschoben wurden. Die Haftbefehle werden bei einer möglichen Wiedereinreise vollstreckt. Im Sinne der Anfrage handelt es sich somit nicht um ein Absetzen in das Ausland.

Seitens der Ortspolizeibehörde Bremerhaven besteht kein entsprechendes Fahndungsersuchen. – So weit die Antwort des Senats!

Herr Timke, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, die Bundesländer Hamburg, Thüringen, Berlin und Schleswig-Holstein haben jeweils Sonderkommissionen Altfälle mit dem Namen Soko Altfälle gebildet, die alle Altfälle noch einmal durchsehen. Dadurch konnten in der Vergangenheit schon vereinzelt in jedem Bundesland ungeklärte Mordfälle aufgeklärt werden. Warum gibt es eine solche Sonderkommission nicht in Bremen?

Das ist am Ende eine Entscheidung, die sich im Verhältnis der offenen Fälle zu den vorhandenen Ressourcen befindet und der Notwendigkeit. Wir haben darauf hingewiesen, dass diese Fälle durchaus immer wieder bearbeitet werden. Das hat nicht nur zu der Aufklärung von zwei Fällen geführt, sondern das ist auch regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung, dass immer wieder einzelne dieser Fälle aufgerufen werden.

Man kann durchaus darüber nachdenken, ich glaube allerdings, dass für eine dauerhafte Einrichtung einer solchen Einheit Bremen und die Zahl der Fälle zu klein wären. Man kann sicherlich darüber nachdenken, ob sich temporär eine Organisationseinheit einmal damit befasst, noch einmal alles aufzurollen. Das ist aber immer in Ansehung und im Verhältnis zu den gerade laufenden aktuellen Ermittlungen zu werten. Es ist richtig, dass auch heute immer noch, wenn man sich die alten Fälle anschaut, vor allem auch im Zusammenhang mit verbesserter Technik, man neue Ermittlungsansätze findet und vereinzelt Ermittlungserfolge erzielt.

Im Verhältnis zu den dann angeschauten Zahlen ist es immer noch die deutliche Minderheit von Fällen, die dadurch aufgeklärt werden. Während es bei aktuellen Vorkommnissen gerade darauf ankommt, schnell und konsequent den vorhandenen Spuren nachzugehen. In dem Zusammenhang ist es eine Prioritätenentscheidung, was schaut man sich wie an. Ich würde es nicht gänzlich ausschließen, dass man zu bestimmten Zeiten und für einen bestimmten Zeitraum noch einmal in einer Aktion, in einer Sondermaßnahme sagt, jetzt schauen wir uns die offenen Fälle noch einmal alle an. Dauerhaft sehe ich momentan keine Notwendigkeit für eine solche Einrichtung.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, Sie haben gesagt, die Zahl der Fälle ist in Bremen nicht so hoch. Ich finde, 62 Taten, von denen 33 schon als Mord gewertet werden können, schon sehr hoch. Zumal ein Fall, wenn man ihn neu aufrollt, auch einige Zeit dauert. Das heißt, wenn dort zehn oder 15 Beamte an diesen Fällen arbeiten würden, bräuchten sie jetzt schon Jahre, um alle Fälle noch einmal aufzurollen und alle Fälle noch einmal durchzugehen. Von daher frage ich Sie, worauf warten Sie eigentlich? Warum wird, anders als in anderen Bundesländern, hier nicht eine Sonderkommission Altfälle eingerichtet?

Herr Timke, Sie verdrehen jetzt aber hier die Tatsachen. Ich habe nicht gesagt, dass sich keiner diese Fälle anschaut, sondern Sie haben die Frage gestellt, sollte man eine extra Soko dafür bilden, um sich diese Fälle anzuschauen. Wir haben gesagt, die Polizei schaut sich diese Fälle nach dienstlichen Möglichkeiten immer dann, wenn es neue Erkenntnisse, neue Ansätze gibt, an. Sie stellen hier eine Behauptung in den Raum, die nicht zutreffend ist, nämlich, dass sich kein Mensch für diese Fälle interessieren würde. Das weise ich ausdrücklich zurück.

(Beifall SPD)

Die Frage ist eine rein organisatorische, hält man es für sinnvoll Polizeibeamte ausschließlich mit der Aufarbeitung dieser alten Fälle zu betreuen. Sie unterstellen ja jetzt auch, dass man in allen diesen 62 oder 33 Fällen neue Ansätze hat. Die Wahrheit wird sein, dass man in einer Vielzahl der Fälle auch keine neuen Ansätze feststellt, sondern feststellt, dass die Aktenlage so ist, dass der Vorgang ausermittelt ist, dass sich bis dahin nichts Neues ergeben hat und dass deshalb keine neuen Ermittlungen anzustellen sind.

Wenn man diese Fälle ins Verhältnis zu dem Ermittlungsaufkommen der Polizei insgesamt setzt, ist meine These, dass für circa 60 Fälle, die in 60 Jahren angefallen sind, also circa ein Fall pro Jahr, dass wir dafür eine Sonderkommission einsetzen und dauerhaft durchführen, auch wenn die sich diese 60 Fälle einmal angeschaut haben, es kommen ja nicht jedes Jahr 60 Fälle hinzu, halte ich für eine falsche Organisationsentscheidung. Ich habe gesagt, ob man temporär eine solche Einheit noch einmal bildet, wenn das das derzeitige Ermittlungsaufkommen gerade zulässt, um sich diese Fälle in einer konzertierten Aktion noch einmal anzuschauen, habe ich nicht ausgeschlossen. Wir warten nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt, nicht auf

den 62. Fall oder den 67. Fall, sondern es ist schlicht und ergreifend eine Frage, wie die Polizei ihre Ermittlungen an der Stelle organisiert. Es geht nicht darum, dass sich dafür heute keiner interessiert, es geht nicht darum, dass man in Mordfällen nicht ermittelt. Es geht ausschließlich um die Frage, wie man diesen Ermittlungsprozess bei der Polizei organisatorisch strukturiert.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wie stellt sich die Personalsituation bei der Kriminalpolizei Bremen dar? Sind alle Stellen bei der Kriminalpolizei Bremen besetzt?

Herr Timke, Sie wissen genauso gut wie ich, dass nicht alle Stellen bei der Kriminalpolizei in Bremen besetzt sind. Sie tun jetzt so, als hätten Sie ein Geheimnis aufgedeckt. Das ist ja nicht nur Gegenstand der ständigen Presseberichterstattung, wir haben auch in der Deputation mehrfach darüber gesprochen. Wir unternehmen alle Anstrengungen, um diesen Fehlbedarf an Stellen durch extreme Ausbildungsanstrengungen aufzufüllen. Im K33, das für Kapitaldelikte und Morddelikte zuständig ist, sind 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diese Form der Kriminalitätsbekämpfung zuständig, mit der Betreuung von Tötungsdelikten sind zwölf, mit der Betreuung von Vermisstendelikten sind 1,5 Mitarbeiter zuständig und bei der Staatsanwaltschaft sind es Anteile bei den Kapitaldezernenten, die sich mit dieser Fragestellung befassen.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? Herr Staatsrat, eine weitere Zusatzfrage von dem Abgeordneten Hinners. – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, sind denn alle Spuren, die von diesen circa 60 Taten aus der Vergangenheit bekannt sind, nicht nur gesichert, sondern auch entsprechend ausgewertet worden? Ich denke da besonders an die DNA-Spuren und die Möglichkeiten der immer besser werdenden Auswertung dieser DNA-Spuren. Die KTU hat ja auch personelle und sonstige Probleme. In solchen schwerwiegenden Fällen sollten alle Spuren auch entsprechend ausgewertet sein.

Herr Abgeordneter, ihre Meinung teile ich. Ich gehe davon aus, dass die Tatspuren, soweit sie erkennbar und auswertbar sind, auch ausgewertet worden sind.

Es macht trotzdem Sinn, dort immer wieder hineinzuschauen, weil das Material, das vorhanden ist, durch neue Untersuchungsmethoden manchmal Untersuchungen zulässt, die bei dem letzten Mal noch nicht möglich waren. Es ist ja nicht bei dem Material überall ein Zettel hinterlegt, wenn sich der technische Fortschritt wie auch immer gestaltet, dann könnte man, im Moment können wir noch nicht.

Von dieser Last, da immer wieder darauf zu schauen und das Ganze nach neuen Möglichkeiten zu überprüfen, macht man sich nicht frei. Dazu gehört auch, dass man sorgsam beobachtet, was in den anderen Bundesländern, insbesondere bei dem Bundeskriminalamt, geschieht, welche neuen Entwicklungstechniken, welche neuen Ermittlungserfolge treten dort auf, die es einem ermöglichen, zu sagen, unter dieser Perspektive schauen wir uns die alten Fälle noch einmal an. Dann kann man über bestimmte Aktivitäten noch einmal nachdenken, wenn man tatsächlich feststellt, dass eine neue Technik neue Ermittlungsansätze zulässt. Es wäre dann auch sinnvoll, sich alle alten Fälle noch einmal anzuschauen.

Möglicherweise wissen die Kolleginnen und Kollegen vom K33 auch, da gibt es zwar einen neuen Ermittlungsansatz, aber die Spur, die man dafür bräuchte, haben wir sowieso nicht bei den Unterlagen. Deshalb macht es bei uns gerade keinen Sinn, unter diesen Gesichtspunkten sich die Fälle noch einmal anzuschauen.

Diese Fälle werden nie weggelegt, sondern sie werden immer wieder angeschaut. Es ist auch immer wieder die Ausnahme, gerade bei Fällen, die 70 oder 60 Jahre alt sind. Die Wahrscheinlichkeit, einen Täter zu ermitteln, steigt nicht, nicht weil die Spuren älter werden, sondern weil die Täter und Tatverdächtigen auch mitaltern mit den Fällen und irgendwann gibt es eine abnehmende biologische Wahrscheinlichkeit, dass der Täter noch ermittelt und dann einer Verurteilung zugeführt werden kann. Es lohnt trotzdem, immer einmal wieder sich die Fälle anzuschauen.

Herr Kollege Hinners, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, was halten Sie von der Idee, die in einigen angelsächsischen Ländern praktiziert wird, qualifizierte pensionierte Kriminalbeamte für solche Fälle einzusetzen, um das Aktenstudium noch einmal durchzuführen, Recherchen durchzuführen und so weiter?

Herr Abgeordneter, wenn Sie mir zusagen, dass wir gemeinsam mit dem Personalrat der Polizei noch einmal darüber sprechen. Die haben nämlich eine sehr restriktive Auffassung, was den Einsatz von pensionierten Beamten für Ermittlungen anbelangt, insbesondere was die zeitlichen Verwendungsmöglichkeiten dieser Kolleginnen und Kollegen betrifft. Dann können wir gern darüber sprechen. Ich halte den Ansatz, qualifiziertes Fachpersonal dort einzusetzen, wo wir es gut gebrauchen können, wo die Kolleginnen und Kollegen auch eine sinnvolle Tätigkeit erfüllen können, grundsätzlich für sinnvoll. Wir tun das auch an anderer Stelle. Ich bin gern dazu bereit, eine solche Überlegung mit der Polizei Bremen noch einmal zu erörtern und zu schauen, ob zumindest für die erste Sichtung und qualifizierte Einschätzung und Aufbereitung der Vorgänge, das Sinn machen kann.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die fünfte Anfrage steht unter dem Betreff „Entlastung der Gerichte durch Onlinegerichtsverfahren“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Hamann, Tschöpe und Fraktion der SPD.