Ich denke, dass es weiterhin richtig ist, dass die Politisierung, die einen zu Aktivitäten bringt, über eine persönliche Betroffenheit zu erzielen ist, nicht darüber, dass man Unterricht in Politik bekommt. Wenn man sich anschaut, dass Jugendliche und junge Menschen sich politisch engagieren, wenn man das international betrachtet: Wo werden sie denn aktiv? Da setzen sie sich beispielweise anlässlich des Parkland-Massakers ein und gründen in
den USA eine beeindruckende innenpolitische Bewegung, bei der die Gallionsfigur Emma González ein ganz Jahr die prägendste politische Figur auf der gesellschaftlichen Linken ist. Sie setzen weltweit mit Fridays for Future etwas in die Tat um, was dem etablierten Politikbetrieb nicht nur zum Denken Anlass gibt, sondern wo, was ich noch nie erlebt habe, der Weltwirtschaftsgipfel in Davos jemanden einlädt, der kein Wirtschaftsführer und nicht jenseits der 60 ist. Ich glaube, dass politische Betroffenheit zu Engagement führt. Aber Politiker können ihre Meinung ändern. Die Damen, die das besonders vertreten und gesagt haben, Mensch Tschöpe, also wie du mit unseren Ideen umgegangen bist, das fanden wir nicht richtig, haben im besten Sinne unsere Lobby genutzt, haben mich weitergehend lobbyiert und gefragt, ob ich noch einmal nachdenken könnte. Ich habe länger mit denen gesprochen und je umfassender wir uns ausgetauscht haben, umso fester habe ich versprochen, dass ich nochmal nachdenke. Ich habe nachgedacht und ich glaube, dass die Idee, die sie haben, ergänzend zu dem, dass politisches Engagement über Betroffenheit funktioniert, doch richtig und gut ist. Wir müssen alles daran setzen, auch jenseits eines klassischen Politikbetriebes oder Politikunterrichts, bei dem es darum geht, die Grundzüge der Gewaltenteilung in Deutschland kennenzulernen und wie die Bundesversammlung gebildet wird, einen Freiraum einzuräumen, damit Jugendliche sich in der Schule zu selbst gewählten Themen politisch austauschen können, selbst Positionen erarbeiten und auch darum streiten. Es handelt sich hier um ein hervorragendes, ergänzendes Instrument.
Deshalb haben wir es geschafft, dass alle Fraktionen gemeinsam die Frage an den Senat gestellt haben. Der hat gesagt, er findet es im Prinzip richtig. Ich fand das, und das kann ich als Parlamentarier sagen, ein bisschen zu defensiv. Frau Bildungssenatorin, ich habe Verständnis für die Argumentation, dass das in die Schulautonomie eingreift, ich verstehe auch, dass an das Bildungssystem ganz viele Anforderungen gestellt werden. Ich würde mir wünschen, dass sich der Senat in der nächsten Legislaturperiode bei den Schulen sehr intensiv dafür einsetzt, dass es dort, wo es möglich ist, solche Angebote geben wird und dass sie die Teilnehmer für „Jugend im Parlament“ in die Vorbereitung einbinden. Ich glaube, das kann ein Schritt nach vorne sein. Ich danke nicht nur für die Debatte, sondern ich danke vor allen Dingen für das hinterher gehende lobbyieren, sie haben einen wesentlichen Teil des Politikbetriebes schon gesehen. Nicht die
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es richtig, dass es das Format „Jugend im Parlament“ gibt, damit Schülerinnen und Schüler die Bremische Bürgerschaft und unsere parlamentarischen Abläufe kennenlernen, denn die Bremische Bürgerschaft ist offen für alle, auch und gerade für junge Menschen. Wir sind auch für diese jungen Leute die Bremische Bürgerschaft und ich möchte noch einmal erwähnen, dass es ein Verdienst unseres Präsidenten Christian Weber war, dass dies so ist.
Ich werde zur Resolution der Jugendlichen zu Waffenexporten reden. Diese Resolution von „Jugend im Parlament“ fordert ein Verbot von Rüstungsexporten an die Regierungen, die die Menschenrechte verletzen oder an Kriegen beteiligt sind. Sie fordern von uns allen Abgeordneten einen stärkeren Einsatz für Abrüstung und Frieden und die Jugendlichen betonen zu Recht, dass Bremen ein wichtiger Teil der Rüstungsproduktion ist. Neben den Herstellern wie Rheinmetall und Lürssen, ist Bremen über die Häfen auch direkt am Export von Waffen und Munition beteiligt.
Meine Damen und Herren, am Dienstag veröffentlichten verschiedene Redaktionen eine große Recherche zum Krieg im Jemen. Zur Erinnerung, der Jemen-Krieg ist aktuell die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt, wie die UNO festgestellt hat. Insbesondere Kinder und andere Zivilisten sind betroffen. Dort kämpft eine Militärallianz von SaudiArabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegen Milizen, die dem Iran nahestehen. SaudiArabien und die Emirate werden vom Westen unterstützt, zum Beispiel von den USA und Großbritannien. Leider bekommt der Jemen-Krieg relativ wenig öffentliche Beachtung, obwohl dort von beiden Seiten und auch mit deutschen Waffen massive Kriegsverbrechen begangen werden. Die Recherche hat jedenfalls belegt, dass Kriegsschiffe der Bremer Lürssen-Werft sehr wohl vor der Küste des Jemen eingesetzt werden. Es geht um Minenräumschiffe und um Raketenboote, die in den vergangenen Jahren an die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft worden sind. Satellitenbilder, die den Einsatz der in Deutschland produzierten Kriegsschiffe
Die Bundesregierung hat Einsätze deutscher Kriegswaffen im Jemen bisher immer geleugnet. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Große Koalition keine weiteren Exporte in Länder genehmigen werde, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Beides ist offensichtlich unwahr gewesen. Daran muss ganz schnell etwas geändert werden. Jegliche Beteiligung und Waffenlieferung an Konfliktparteien im Jemen sind ein Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte, meine Damen und Herren.
Ein weiteres Beispiel in dem deutsche Kriegswaffen völkerrechtswidrig gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden, sind die kurdischen Gebiete in Nordsyrien, Rojava. Dort kämpfen dschihadistische Söldner zusammen mit der türkischen Armee ausgerechnet gegen diejenigen, die die Hauptlast im Kampf gegen den IS getragen haben. Und mit dabei sind immer auch Leopard 2-Panzer aus Deutschland, die im Jahre 2005 unter der rot-grünen Bundesregierung an Erdogan geliefert worden sind. Es gibt Videos, in denen Al-Qaida-Kämpfer salafistische Terrorparolen rufen und direkt daneben sieht man deutsche Leopard 2-Panzer. Das ist eigentlich unglaublich, aber leider traurige Realität.
Meine Damen und Herren, keine einzige deutsche Waffe darf mehr an das Erdogan-Regime geliefert werden. Das Erdogan-Regime greift Anti-IS-Kämpfer an, das Erdogan-Regime sperrt gewählte Politikerinnen und Politiker ein und inhaftiert wahllos Journalisten. Das Erdogan-Regime schickt Spione nach Europa um Oppositionelle auszuforschen. Erdogan sperrt Oppositionelle jahrelang in Isolationshaft ein, was von Menschenrechtsorganisationen zu Recht als Folter bezeichnet wird. Meine Solidarität gilt derzeit auch den kurdischen Aktivistinnen und Aktivisten, die aktuell gegen diese Haftbedingungen protestieren.
Zum Schluss möchte ich sagen, die Jugendlichen von „Jugend im Parlament“ haben Recht: Stoppen wir endlich die Waffenexporte an Kriegsverbrecher und Diktatoren. Dafür braucht es ein gesetzliches Verbot, keine unverbindlichen Richtlinien wie es sie aktuell gibt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Einige von uns haben selbst an einer Aktuellen Stunde bei „Jugend im Parlament“ teilgenommen. Ich war bei der Aktuellen Stunde zum kostenlosen ÖPNV. Wir haben da sehr kontrovers mit den Jugendlichen diskutiert. Mein Eindruck war, dass die Jugend an Politik interessiert ist, dass sie sehr engagiert ist, das sieht man an diesen Fridays for Future-Demonstrationen für mehr Klimaschutz. Wir hatten selbst eine Veranstaltung zum Thema „Mehr Demokratie in der Schule“, daran haben viele Jugendliche teilgenommen. Ich kann sagen, dass wir die Anregung übernommen haben. Das zeigt einfach, dass Jugendliche ganz engagiert sind. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen, das macht Hoffnung für die Zukunft und ich sage, weiter so, meine Damen und Herren!
„Jugend im Parlament“ hat sich dieses Jahr sehr gesellschaftsrelevante Themen ausgesucht. Wir haben ja einige schon gehört, Bildung, Demokratie, Kinderarmut – das haben wir vorhin auch in der Debatte schon diskutiert –, aber gerade auch der ganze Komplex rund um Umweltfragen, nämlich die Vermeidung von Plastikmüll und auch grüne Infrastrukturen, darauf möchte ich jetzt eingehen.
Plastik hat in der Umwelt nichts zu suchen. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Es sterben jedes Jahr über eine Million Seevögel, über 100 000 Meeressäuger an Plastik im Meer. Wir haben nicht nur große Plastikreste, Plastiktüten dort, sondern auch Mikroplastik und das findet man inzwischen selbst in hohen Konzentrationen im Wasser in der Arktis, und ich finde, das ist Wahnsinn. Es gehört nicht dahin und Plastik, die Produktion, verbraucht Energie, verbraucht auch Ressourcen. Das heißt, Plastikmüll sollte vermieden werden. Ich selbst habe mir vorgenommen, die nächsten Wochen einfach einmal Plastikfasten zu machen, zu schauen, wie man das vermeiden kann. Das wird bestimmt auch nicht so ganz einfach sein.
Aber man kann natürlich auch Plastik aus der Umwelt entfernen. Es gibt Projekte dazu, ich werbe jetzt hier für „4ocean“, bei denen man, wenn man Geld spendet, dazu beiträgt, dass Plastik auch aus dem Meer wieder herausgefischt wird.
Die Forderung der Resolutionen ist deswegen auch: Mehrweg statt Einweg. Eine Forderung war, mehr Wasserauffüllstationen in öffentlichen Einrichtungen in Bremen zu installieren. Bremen gehört bisher schon zu den Refill-Städten, das heißt, man kann mit seiner Wasserflasche an bestimmte Stationen gehen, man findet sie im Internet auf einer Karte, und bekommt dann gratis Wasser. Es wird ein Förderprogramm dafür gefordert, ich glaube, es bedarf vor allen Dingen noch mehr Marketing. Wir haben in der Bürgerschaft Diskussionen um öffentliche Trinkbrunnen gehabt, aber ich glaube, wenn sich einfach noch mehr Einrichtungen bereit erklären, ihren Wasserhahn freizugeben, damit sich jeder dort etwas zu trinken holen kann, dann ist man dem Problem ein ganzes Stück entgegengekommen.
Es wird – und das finde ich sehr richtig – eine geringere Anzahl an Kunststoffen in den Verpackungen gefordert. Das ist das, was Experten schon lange fordern, nämlich Sortenreinheit für ein besseres Recycling. Ich habe irgendwann einmal gelernt, dass man ein Bobby-Car nicht einfach entsorgen und recyceln kann, weil das aus bis zu 30 verschiedenen Kunststoffen, also Verbundstoffen, besteht. Deswegen ist es richtig, sich auf weniger Kunststoffe zu beschränken. Generell, glaube ich, müsste die ganze Verpackungsverordnung auch einmal novelliert werden, nämlich dass man auch generell weniger Produkte in Plastik einpackt. Mir ist es bis heute unverständlich, warum Zeitschriften zum Beispiel in Plastik eingepackt werden sollen. Darauf kann man wirklich gut verzichten.
Es wird eine Plastiksteuer gefordert. Ich wette, wenn wir das hier diskutieren, wird es sehr kontrovers debattiert werden. Bündnis 90/Die Grünen finden es richtig, eine Plastiksteuer auf Plastikwegwerfprodukte zu erheben, damit es einen Anreiz gibt, auf solche Wegwerfprodukte zu verzichten. Die EU – Deutschland hat da ein Veto eingelegt – hat Deutschland aufgefordert, noch einmal darüber nachzudenken, dieser Plastiksteuer das Startsignal zu geben.
Es wird auch gefordert, kein Mikroplastik in Kosmetika einzusetzen. Das ist etwas, das die Bürgerschaft auf jeden Fall befürwortet. Wir haben in der Bürgerschaft am 10. November 2015 dazu einen Antrag beschlossen, in dem wir den Senat aufgefordert haben, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Mikroplastik nicht in Kosmetika gehört. Was viele aber nicht wissen – und das ist ein
echtes Problem von Mikroplastik auch in unserem Abwasser –: Alles, was wir an synthetischen Textilien haben, also der gute, alte Fleecepulli, wenn das gewaschen wird, gelangt Mikroplastik ins Abwasser. Es ist schwierig, das herauszubekommen, und auch das nehmen die Jugendlichen in ihrer Resolution auf und fordern, dass man auch bei den Klärwerken schaut, wie man das Mikroplastik aus dem Wasser herausholen kann. Wir diskutieren in Bremen auch mit „hanseWasser“ über eine vierte Reinigungsstufe.
Es wird auch auf Umweltschadstoffe bei der Verkehrsbelastung eingegangen. Ich glaube, wir sind uns mit den Jugendlichen einig, dass man mehr für den Fahrradverkehr machen muss und den ÖPNV zumindest für Kinder und Jugendliche sowie Auszubildende vergünstigen sollte.
Und ich glaube, wir sind auch alle einig, dass wir in vielen Straßen das Tempo von 50 auf 30 reduzieren wollen. Also, alles richtige Forderungen. Ich freue mich, dass „Jugend im Parlament“ hier ausgiebig auch zu den Umweltproblemen debattiert hat. Denn was wir heute entscheiden, das hat Auswirkungen auf unser Morgen. – Herzlichen Dank dafür!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von dem Bericht des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft Kenntnis.
Bericht zur Haushaltslage der Freien Hansestadt Bremen gemäß § 3 Absatz 2 des Stabilitätsratsgesetzes – Stabilitätsbericht 2018 Mitteilung des Senats vom 25. September 2018 (Drucksache 19/1839)
Sanierungsbericht der Freien Hansestadt Bremen vom September 2018 Mitteilung des Senats vom 25. September 2018 (Drucksache 19/1840
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf meine Initiative debattieren wir heute den Stabilitätsbericht und Sanierungsbericht, den Bremen regelmäßig nach Berlin schicken und dort vertreten muss.
Es geht bei beiden Dingen zunächst und ausschließlich um die Haushaltssituation Bremens und die Frage, hat Bremen noch eine extreme Haushaltsnotlage oder nicht. Es gibt dafür Kriterien, ein so genanntes Finanzierungsaldo. Einfach gesagt: Ist das Ergebnis von Einnahmen weniger Ausgaben positiv oder negativ? Es geht um eine Kreditfinanzierungsquote, das heißt, wie viel von den Ausgaben muss kreditfinanziert werden. Das wird 2020 null sein. Es geht um eine so genannte Zinssteuerquote, das heißt, wieviel Prozent machen die Zinsen an den so genannten Primärausgaben aus, und es geht um die Prokopfverschuldung, die in den Jahren von 2010 bis 2020 tatsächlich von 26 000 auf ungefähr 30 000 Euro gestiegen ist. Zwei von vier Kriterien entwickeln sich bis 2020 voraussichtlich ganz gut. Auf dem Papier ist die Haushaltsentwicklung Bremens aus unterschiedlichen Gründen, die wir anderswo diskutiert haben, seit 2010 deutlich besser geworden, als wir es jemals vermutet hätten. Es scheint also alles in Ordnung.
Die interessante Frage ist, wie definiert man Stabilität. Wir haben auf dem Papier mit Sicherheit spätestens ab 2020 eine buchhalterische, eine haushaltspolitische Stabilität. Reicht eine solche Betrachtung? Deswegen wollte ich das gern hier diskutieren. Diese Form von Betrachtung streut ein Stück Sand in die Augen. Sie vermittelt einen Zustand, bei dem außer den Zahlen, die man anschaut längst nicht alles in Ordnung ist. Sie vermittelt kein Gefühl dafür, ob wir eine gesellschaftliche und soziale Stabilität haben. Meiner Meinung nach könnte man einen solchen Stabilitätsbericht, wenn man ihn etwas weiter fasst und auch die Konsequenzen von Haushaltspolitik in der Gesellschaft
abbildet, um bestimmte Kriterien erweitern. Anbieten tut sich die Armutsgefährdungsquote. Wir hatten heute die Debatte: 2010 waren es 21 Prozent, 2017 23 Prozent – andere Zahlen liegen nicht vor –. Bei den unter 18-jährigen ist die Quote von 31 Prozent auf 35 Prozent gestiegen, bei Alleinerziehenden von 38 Prozent auf sage und schreibe 65 Prozent. Das ist ein Kriterium, das nicht unbedingt Stabilität vermittelt.
Ein weiteres Kriterium wären unter Umständen die Sozialleistungen pro Kopf. Da haben wir 2010 ungefähr 1 130 Euro pro Kopf, 2020 sind es prognostiziert 1 700 Euro pro Kopf. Das ist eine deutliche Steigerung weit über die Inflation hinaus (möglich- erweise sind darin Kosten für Geflüchtete, aber das macht keine Unterschied, wenn wir solche Sozial- leistungen bezahlen müssen, ist das ein Indiz dafür, wie der soziale Zustand ist).