Cindi Tuncel
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Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Seminare zur interkulturellen Fortbildung bei der Polizei waren in den vergangenen zwei Jahren geplant?
Zweitens: Wie viele wurden aus welchen Gründen letztlich nicht durchgeführt?
Drittens: Mit welchen Maßnahmen will der Senat die Teilnahmequoten an Fortbildungsseminaren zur interkulturellen Kompetenz weiter steigern?
Herr Staatsrat, wie viele Seminare sind in 2019 geplant?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es richtig, dass es das Format „Jugend im Parlament“ gibt, damit Schülerinnen und Schüler die Bremische Bürgerschaft und unsere parlamentarischen Abläufe kennenlernen, denn die Bremische Bürgerschaft ist offen für alle, auch und gerade für junge Menschen. Wir sind auch für diese jungen Leute die Bremische Bürgerschaft und ich möchte noch einmal erwähnen, dass es ein Verdienst unseres Präsidenten Christian Weber war, dass dies so ist.
Ich werde zur Resolution der Jugendlichen zu Waffenexporten reden. Diese Resolution von „Jugend im Parlament“ fordert ein Verbot von Rüstungsexporten an die Regierungen, die die Menschenrechte verletzen oder an Kriegen beteiligt sind. Sie fordern von uns allen Abgeordneten einen stärkeren Einsatz für Abrüstung und Frieden und die Jugendlichen betonen zu Recht, dass Bremen ein wichtiger Teil der Rüstungsproduktion ist. Neben den Herstellern wie Rheinmetall und Lürssen, ist Bremen über die Häfen auch direkt am Export von Waffen und Munition beteiligt.
Meine Damen und Herren, am Dienstag veröffentlichten verschiedene Redaktionen eine große Recherche zum Krieg im Jemen. Zur Erinnerung, der Jemen-Krieg ist aktuell die schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt, wie die UNO festgestellt hat. Insbesondere Kinder und andere Zivilisten sind betroffen. Dort kämpft eine Militärallianz von SaudiArabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gegen Milizen, die dem Iran nahestehen. SaudiArabien und die Emirate werden vom Westen unterstützt, zum Beispiel von den USA und Großbritannien. Leider bekommt der Jemen-Krieg relativ wenig öffentliche Beachtung, obwohl dort von beiden Seiten und auch mit deutschen Waffen massive Kriegsverbrechen begangen werden. Die Recherche hat jedenfalls belegt, dass Kriegsschiffe der Bremer Lürssen-Werft sehr wohl vor der Küste des Jemen eingesetzt werden. Es geht um Minenräumschiffe und um Raketenboote, die in den vergangenen Jahren an die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft worden sind. Satellitenbilder, die den Einsatz der in Deutschland produzierten Kriegsschiffe
beweisen, finden Sie auf der Webseite des Magazins „Stern“.
Die Bundesregierung hat Einsätze deutscher Kriegswaffen im Jemen bisher immer geleugnet. Im Koalitionsvertrag steht, dass die Große Koalition keine weiteren Exporte in Länder genehmigen werde, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Beides ist offensichtlich unwahr gewesen. Daran muss ganz schnell etwas geändert werden. Jegliche Beteiligung und Waffenlieferung an Konfliktparteien im Jemen sind ein Verstoß gegen das Völkerrecht und die Menschenrechte, meine Damen und Herren.
Ein weiteres Beispiel in dem deutsche Kriegswaffen völkerrechtswidrig gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden, sind die kurdischen Gebiete in Nordsyrien, Rojava. Dort kämpfen dschihadistische Söldner zusammen mit der türkischen Armee ausgerechnet gegen diejenigen, die die Hauptlast im Kampf gegen den IS getragen haben. Und mit dabei sind immer auch Leopard 2-Panzer aus Deutschland, die im Jahre 2005 unter der rot-grünen Bundesregierung an Erdogan geliefert worden sind. Es gibt Videos, in denen Al-Qaida-Kämpfer salafistische Terrorparolen rufen und direkt daneben sieht man deutsche Leopard 2-Panzer. Das ist eigentlich unglaublich, aber leider traurige Realität.
Meine Damen und Herren, keine einzige deutsche Waffe darf mehr an das Erdogan-Regime geliefert werden. Das Erdogan-Regime greift Anti-IS-Kämpfer an, das Erdogan-Regime sperrt gewählte Politikerinnen und Politiker ein und inhaftiert wahllos Journalisten. Das Erdogan-Regime schickt Spione nach Europa um Oppositionelle auszuforschen. Erdogan sperrt Oppositionelle jahrelang in Isolationshaft ein, was von Menschenrechtsorganisationen zu Recht als Folter bezeichnet wird. Meine Solidarität gilt derzeit auch den kurdischen Aktivistinnen und Aktivisten, die aktuell gegen diese Haftbedingungen protestieren.
Zum Schluss möchte ich sagen, die Jugendlichen von „Jugend im Parlament“ haben Recht: Stoppen wir endlich die Waffenexporte an Kriegsverbrecher und Diktatoren. Dafür braucht es ein gesetzliches Verbot, keine unverbindlichen Richtlinien wie es sie aktuell gibt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der FDP machen sich Gedanken über die Verbesserung der Schwimmfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler.
Sie machen einen Vorschlag, der auf den ersten Blick einen gewissen Charme hat. Offene Gewässer gehören in Bremen und im Umland zur natürlichen Umgebung. An den Badeseen gehen viele Schülerinnen und Schüler schwimmen. Das ist nicht ungefährlich, wie die Badeunfälle in diesem Sommer erneut gezeigt haben. Warum sollte man das Schwimmen in Badeseen nicht im Rahmen des Schwimmunterrichts trainieren?
Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass der Antrag der Fraktion der FDP nicht durchdacht ist. Führen wir uns einmal die heutige Organisation des Schwimmunterrichts vor Augen. Der Unterricht wird in der dritten Klasse erteilt. Es wird geprüft, ihn in die zweite Klasse zu verlegen. Vor Beginn des Schwimmunterrichts kann eine größere Zahl der Grundschulkinder nicht schwimmen. Nach Abschluss des Schwimmunterrichts können sich immerhin dreiviertel der Schülerinnen und Schüler über Wasser halten. Sicher schwimmen können viele von ihnen aber immer noch nicht.
Mit diesen Kindern sollen nun Lehrerinnen und Lehrer an den Badesee fahren und dort das Schwimmen unter erschwerten Bedingungen trainieren. Wenn Sie sich das einmal konkret vorstellen, dann erkennen Sie sofort, dass es hier große organisatorische und sicherheitsrelevante Probleme gibt, lieber Kollege. Das fängt bei simplen Sachen wie dem Wetter an. Wenn es kalt ist und regnet, fällt der Badeseeunterricht schon einmal aus. Das geht also nur zu günstigen Gelegenheiten, die für die Unterrichtsplanung schwer vorherzusehen sind.
Dann geht es weiter mit Umkleidekabinen, Toiletten und Duschen. Nicht alle Kinder ziehen sich bedenkenlos auf der Liegewiese um. Es setzt sich fort mit der Wassergewöhnung, manche Kinder werden ins Wasser springen und gleich einmal schauen, wie weit sie kommen, andere werden sich vor der undurchsichtigen Wasserfläche fürchten oder ekeln oder es ist ihnen zu kalt, sie gehen also nicht hinein. Stellen Sie sich diese Situation einmal für die aufsichtführende Lehrerin oder den aufsichtführenden Lehrer vor, die 25 Kinder anzuleiten und auch abzusichern haben.
Das ist ein Albtraum, meine Damen und Herren! Das ist unglaublich, sehr geehrter Herr Kollege Zenner. Ich glaube, Sie waren zwei Jahre lang Präsident des Landessportbundes und die Fraktion der FDP hatte am Dienstag einen Antrag zur Kultur eingebracht. Man hat gesagt, dass Sie da nicht oft auftauchen, aber ich hätte von einem Sportexperten, was Schwimmen angeht, schon einen anderen Antrag erwartet.
Wenn es um Schwimmunterricht geht, dann benötigen Nichtschwimmer den Beckenrand oder eine Leine zum Festhalten. Das gibt es auch nicht am
Badesee. Die Schwimmlehrerin, der Schwimmlehrer müssen neben den Schülerinnen und Schülern hergehen können, machen Sie das mal auf einem unebenen Untergrund. Richtiger Schwimmunterricht entfällt also. Schließlich wird es unwahrscheinlich schwer werden, in so einer Situation den Überblick zu behalten, um der Aufsichtspflicht Genüge zu tun. Eigentlich müssten die Lehrerinnen und Lehrer ständig in Angst leben, dass eines dieser Kinder gerade untergegangen ist, was sie aber aufgrund des trüben Wassers gar nicht wahrnehmen können. Aus diesen praktischen Gründen kann der Vorschlag der Fraktion der FDP nicht funktionieren, meine Damen und Herren!
Es ist alleine aus Gründen der Aufsichtspflicht völlig ausgeschlossen, dass zwei Aufsichtspersonen eine ganze Klasse von Grundschulkindern am Badesee sichern und im Auge behalten können, ganz zu schweigen davon, ob unter solchen Bedingungen gezielter Schwimmunterricht möglich sein wird. Denkbar wäre, dass man in der Mittelstufe mit Schülerinnen und Schülern, die bereits mindestens das Bronzeabzeichen haben, im Rahmen eines Ausflugs auch einmal einen Badesee aufsucht. Das könnte Sinn machen. Darüber kann man vielleicht weiter nachdenken.
Aber die Idee, die Badeseen im Rahmen des Schwimmunterrichts an den Grundschulen zu integrieren, ist leider aus unserer Sicht undurchführbar und nicht zu verantworten, meine Damen und Herren!
Herr Kollege Zenner, Sie haben ein Netzwerk erwähnt. Ich glaube, wenn Sie mit diesem Netzwerk, das Sie in Ihrem Antrag erwähnen, gesprochen hätten, mit den Leuten, dann hätten die sofort gesagt: Herr Zenner, das ist nicht möglich, das können wir nicht leisten und das ist nicht realisierbar. Das haben Sie aber, glaube ich, nicht gemacht. Deshalb ist aus meiner Sicht der Antrag beinahe fahrlässig, meine Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion der FDP, deshalb rate ich Ihnen, ziehen Sie diesen Antrag zurück. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und jetzt auch die FDP greifen mit ihrem Antrag ein wichtiges Thema auf. Schwimmen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung, ein toller Sport, und es kann im Unglücksfall auch Leben retten, wenn man schwimmen kann. Daher ist ein guter und erfolgreicher Schwimmunterricht eine wichtige Aufgabe der Grundschule.
Um hierüber Genaueres zu erfahren, hatten wir im letzten Juni eine Berichtsbitte zum Schwimmunterricht an die Bildungsdeputation gerichtet. Die Antwort ergab immerhin, dass im Schuljahr 2015/2016 in allen dritten Bremer Grundschulklassen der Schwimmunterricht durchgeführt wurde. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft hat in ihrer Umfrage im Jahr 2017 festgestellt, dass in vielen Kommunen gar kein Schwimmunterricht mehr erteilt werden kann, weil die kommunalen Schwimmbäder geschlossen worden sind. So schlimm steht es um Bremen zum Glück noch nicht. Trotzdem ist die Situation in Bremen nicht befriedigend.
Darauf komme ich noch zurück.
Laut Bildungsbehörde hatte etwa die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler zu Beginn der dritten Klasse bereits Schwimmkenntnisse. Nach Abschluss der dritten Klasse hatten gut drei Viertel der Schülerinnen und Schüler das „Seepferdchen“ erreicht. Ein knappes Viertel konnte immer noch nicht schwimmen, meine Damen und Herren!
Allerdings bedeutet auch das „Seepferdchen“ – mein Kollege Herr Lübke hat es gesagt – nur, dass sich ein Kind sicher über eine Strecke von 25 Metern über Wasser halten kann. Sicher schwimmen kann es deshalb nicht. Daher unterstützen wir die Forderung aus dem Antrag der CDU und der FDP, dass das weiter gehende Bronzeabzeichen als Ziel des Schwimmunterrichts gewählt werden soll.
Die Bildungsbehörde weist in ihrer Antwort darauf hin, dass immer größere Anstrengungen nötig sind, um wenigstens drei Viertel der Schulkinder zu den basalen Schwimmkenntnissen des „Seepferdchens“ zu führen. Als Gründe werden die zunehmend geringeren Vorkenntnisse und die zunehmende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler angeführt. Daher müssen Kinder mehr Gelegenheit bekommen, um mit Schwimmbädern in Kontakt zu kommen. Hier enthält der Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP einige gute Anregungen, die frühkindliche Förderung des Planschens und Schwimmens bereits in den Kitas, die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schulen und Schwimmvereinen im Rahmen der Ganztagsschulen und der freie Eintritt für Kinder bis sechs Jahren für Kinder in Schwimmbäder. Ich sehe es im Gegensatz zur Koalition als sehr wichtig an, dass das ermöglicht wird.
In diesem Zusammenhang erinnere ich an unseren leider abgelehnten Antrag, einen Ferienpass einzuführen. Dieser hätte auch älteren Bremer Schülerinnen und Schülern einen vergünstigten Eintritt für die Bremer Schwimmbäder ermöglicht.
Das wäre besonders wichtig, um erworbene basale Schwimmkenntnisse zu vertiefen und auszubauen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition,
darüber könnten Sie vielleicht auch noch einmal nachdenken!
Jedenfalls halten wir einige Vorschläge für sehr überlegenswert. Daher werden wir dem Antrag der CDU und der FDP zustimmen.
Wir sehen allerdings auch eine Reihe von Problemen, die die Situation in den nächsten Jahren deutlich schwieriger machen werden. Hier sind in naher Zukunft Anstrengungen geboten, die über das hinausgehen, was wir heute behandeln. Wie wir wissen, erleben wir in Bremen eine deutliche Zunahme der Anzahl von Kindern im Grundschulalter. Bremenweit wird bis zum Jahr 2025 eine Steigerung von 18,8 Prozent vorhergesagt. Das sind rund 800 Kinder pro Jahrgang mehr! Wir brauchen für sie nicht nur mehr Schulen, mehr Lehrerinnen und Lehrer und mehr Sporthallen, wir brauchen auch mehr Platz im Schwimmbad.
Hier sieht es in Bremen, gerade bei Hallenbädern, nicht gut aus. Im Vergleich zu anderen Städten vergleichbarer Größenordnung hat Bremen ein unterdurchschnittliches Platzangebot, welches überdurchschnittlich häufig genutzt wird. Wie die Befragung zum Sportentwicklungsplan ergeben hat, beurteilen vier Fünftel aller Bremerinnen und Bremer die Versorgung mit Hallenbädern als nicht zufriedenstellend. Das ist ein weit unterdurchschnittlicher Wert. Zwei Drittel der Schwimmsportvereine beurteilen die verfügbare Kapazität im Hallenbad als nicht ausreichend. So weit die aktuelle Lage, meine Damen und Herren, und sie ist nicht gut, überhaupt nicht!
Zu diesen heute schon rappelvollen Schwimmbädern kommt jetzt noch ein großer Schwung zusätzlicher Kinder, die Schwimmunterricht bekommen sollen, und gleichzeitig wollen wir fördern, dass Kinder und Jugendliche – Herr Präsident, ich komme gleich zum Schluss! – am besten mit ihren Eltern schwimmen gehen und so früh wie möglich an die Wassergewöhnung herangeführt werden. Da wir aber keine Flächen zur Verfügung haben, bedeutet das, dass sie vor geschlossenen Hallen stehen werden. Aus diesem Grund – ein letzter Satz! – ist zusätzlich zu dem Bäderkonzept, das jetzt beschlossen worden ist, weiterhin das Unibad zu erhalten. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute unseren Antrag vom September 2016, der sich auf die islamistischen Anschläge in Würzburg und Ansbach sowie auf den rechtsextremen Terroranschlag eines AfD-Anhängers in München bezogen hat.
Erfreulicherweise hat die Innendeputation empfohlen, den Antrag anzunehmen, deshalb konzentriere ich mich auf die Forderungspunkte, wie sie mehrheitlich unterstützt werden.
Es sollte endlich eine Evaluation der bestehenden Präventionsprojekte zu Radikalisierung und Salafismus geben. Außerdem soll es um die notwendige Beratungskapazität zur Radikalisierungsprävention gehen, insbesondere in den Gefängnissen, das ist überfällig, meine Damen und Herren!
Noch immer fehlt ein abgestimmtes und ausfinanziertes Konzept, wie die einzelnen Ressorts und Einrichtungen mit sich radikalisierenden salafistischen Jugendlichen umgehen sollen. Ich kenne Lehrkräfte in Schulen, die auf ein solches Konzept dringend warten, die extrem verunsichert sind, wie sie mit jugendlichen Salafisten umzugehen haben. Das ist eine Herausforderung, auf die auch das Landesinstitut für Schule neue Antworten finden muss. Das ist der erste Punkt.
Im Antrag findet sich des Weiteren die Forderung, eine Kooperation mit den Hochschulforschungsprojekten zu den Hintergründen islamistischer Radikalisierung aufzulegen. Auch das ist wichtig, weil es, abgesehen von einigen Fallstudien, kaum systematische Analysen hierzu gibt. Wir wissen immer noch relativ wenig über die sozialen, psychosozialen und ideologischen Zusammenhänge, die
junge Menschen für den IS ansprechbar machen. Letzte Woche wurde zum Beispiel die erst 17-jährige Linda W. aus dem sächsischen Pulsnitz von einem irakischen Gericht zu sechs Jahren Haft verurteilt, weil sie sich dem IS in Mossul angeschlossen hatte. Linda W. aus Pulsnitz ist eine von vielen Konvertierten deutscher Abstammung, aufgewachsen in einer Kleinstadt in der Lausitz. Es gibt in Pulsnitz, anders als in Bremen, keine salafistische Szene. Es gibt eine einzige religiöse Einrichtung, das ist eine christliche Kirche. Viele Experten sagen auch, dass es jungen Konvertiten in erster Linie gar nicht um eine radikale Religionsauslegung geht, sondern um Anerkennung und verletztes Selbstwertgefühl. Wir müssen uns deshalb als Gesellschaft fragen, was eigentlich falsch läuft, wenn sich junge Leute wie Linda W. auf den Weg machen nach Syrien oder in den Irak.
Dafür halte ich auch wissenschaftliche Studien für wichtig. Wichtig ist aber auch, das steht ebenfalls in dem Antrag, dass es keinen Generalverdacht um antimuslimischen Rassismus geben darf.
Rassisten wie die AfD-Führungsebene wünschen sich Terroranschläge herbei, oder sie erfinden sie direkt selbst, weil sie daraus politisches Kapital schlagen wollen. Durch Stigmatisierung und Ausgrenzung verschafft man Salafistengruppierungen aber sogar noch mehr Zulauf. Das zeigt sich besonders deutlich in Frankreich und Belgien. Deshalb muss man in dieser Frage einen offenen Dialog mit den muslimischen Gemeinden führen, und zwar auf der klaren Grundlage, dass Aufrufe zur Gewalt und zur Herabwürdigung anders oder nicht Gläubiger absolut indiskutabel sind, meine Damen und Herren!
In den vergangenen Monaten hat sich in diesem Kontext vor allem Diyanet, die AKP-Regierungsbehörde für religiöse Angelegenheiten, die für die DITIB-Gemeinde in Deutschland zuständig ist, mit sehr fragwürdigen Predigen hervorgetan. Auch das muss man offen kritisieren.
Der letzte Punkt Integrationsarbeit! Sie findet dezentral in Quartieren statt. Im Antrag wird deshalb die Forderung erhoben, dass insbesondere Frauen- und Jugendprojekte mit Migrationshintergrund verstärkt und verstetigt werden sollten. Es gibt in
Bremen und Bremerhaven so viele engagierte Menschen, Vereine und Einrichtungen, die ein Enormes im Bereich Integration und solidarisches Zusammenleben leisten. Viele von ihnen müssen sich jedes Jahr von Projektantrag zu Projektantrag hangeln. An dieser Stelle, einerseits mein Dank an diese Menschen, andererseits der Hinweis, dass man etablierte Projekte auch vernünftig finanzieren und verlässlich absichern sollte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Kein Problem, Herr Präsident, es geht ja um Diskriminierung und Männer mit Migrationshintergrund!
Ich weiß jetzt aber nicht, ob der Kollege mit Migrationshintergrund nicht richtig lesen kann, weil er irgendwie Probleme hatte oder - -. Nein, Scherz beiseite! Natürlich kann das passieren, Herr Präsident! Das kann passieren.
Also, die Große Anfrage spricht ein sehr wichtiges Thema an, und ja: Welche Perspektiven haben junge Männer mit Migrationshintergrund in Bremen und Bremerhaven? Es ist notwendig und gut, dass wir uns in der Bürgerschaft mit diesem Thema beschäftigen. Junge Menschen mit Migrationshintergrund machen einen beachtlichen Teil der gesamten Menge junger Menschen in Bremen aus, und etwa die Hälfte davon ist männlich. Wenn sich deren Perspektiven systematisch von anderen jungen Menschen unterscheiden, zum Beispiel von jungen Deutschen ohne Migrationshintergrund,
dann ist das sehr relevant, meine Damen und Herren.
Allerdings beschäftigt sich die Anfrage nur mit einem wichtigen Teilbereich der gesamten Fragestellung, nämlich der Frage nach den besonderen Diskriminierungserfahrungen junger Männer mit Migrationshintergrund und deren Hilfesystem, das sie dafür in Anspruch nehmen können. Die Antworten des Senats bleiben notgedrungen recht allgemein: Es gibt bundesweite Untersuchungen, die klar zeigen, dass junge Männer mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche und in der Freizeit häufig Diskriminierungserfahrungen machen, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es in Bremen nicht so ist. Da hätten wir gern noch mehr erfahren: Welche Diskriminierungen finden da genau statt? Wie häufig sind sie? Wovon sind sie abhängig? Welchen Einfluss haben sie auf die Perspektiven junger Männer mit Migrationshintergrund? Leider ist danach nicht gefragt worden, und das sollten wir vertiefen, liebe Frau Müller.
Eigenständige Dokumentationen für Bremen soll demnächst die Betroffenenberatung soliport für Betroffene von rechter Gewalt erstellen, darunter könnten auch Diskriminierungserfahrungen fallen. Sie dürfen aber nur einen geringen Teil der Beratung von soliport ausmachen. Interessant ist der Hinweis auf das Bremische Gaststättengesetz, in dem wir im Jahr 2015 einen Passus beschlossen haben, der ethnische Diskriminierung verbietet. Nach wie vor ist es eine absolut gängige Erfahrung junger Männer mit Migrationshintergrund, in Diskotheken in Bremen rein aufgrund ihres ausländischen Aussehens abgewiesen zu werden. Trotzdem gab es in diesem Bereich nur eine Anzeige, die auch noch abgewiesen wurde. Offensichtlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir also in der Bürgerschaft ein gut gemeintes Gesetz beschlossen, das jedoch ein völlig zahnloser Tiger ist.
Da ich also sagen und behaupten kann, dass ich in diesem Bereich mehr Erfahrung habe, weil ich da seit 13 Jahren auch arbeite, kann ich genau zu diesem Punkt sagen, dass ich vor Kurzem in meiner Bürgersprechstunde drei oder vier junge Männer mit Migrationshintergrund zu Besuch hatte, die eine Liste hatten, auf der mindestens 30 Namen von jungen Leuten mit Migrationshintergrund standen, die hier in Bremen in Diskotheken abgewiesen wurden. Liebe Kolleginnen und Kollegen,
da sollten wir uns dann noch genauer überlegen, wie wir das verhindern können.
Tatsächlich gibt es eine fast verwirrend große Anzahl von Beratungseinrichtungen, an die sich auch junge Männer mit Migrationshintergrund wegen Diskriminierung wenden können. Es gibt auch wichtige Bemühungen, der Diskriminierung in verschiedenen Bereichen entgegenzuwirken, zum Beispiel im Sport. In Bremen gibt es auch kulturelle und sportliche Angebote, die kostenfrei sind, allerdings gibt es praktisch kein Angebot, das sich speziell um junge Männer mit Migrationshintergrund kümmert. Liebe Frau Grönert, ich sehe es anders: Wenn es Probleme gibt, wenn sie diskriminiert oder benachteiligt werden, dann bin ich auch der Meinung, dass wir uns speziell auch um diese Gruppe kümmern sollten.
Außerdem gehören zur Perspektive für junge Männer mit Migrationshintergrund noch weitere Fragen, die über Diskriminierungserfahrungen hinausgehen: Wie steht es mit ihrem Bildungserfolg, mit ihrem Erfolg in der Berufsausbildung oder im Studium? Hier sollten wir in Zukunft noch genauer hinschauen und uns intensiver damit beschäftigen. Es ist ein sehr wichtiges Thema, das Sie hier eingebracht haben. Ich hoffe, dass wir dann auch gemeinsam konkrete Angebote machen können und den jungen Leuten so schnell wie möglich ermöglichen, sich in Bremen zu integrieren und weiter auch an der Gesellschaft teilzuhaben. - Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kollegin Görgü-Philipp! Wenn Sie unsere Anträge genauer gelesen hätten, hätten Sie gemerkt, dass es nicht „Wünsch dir was“ ist, sondern dass wir uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt und auch vorgeschlagen haben, wie es gegenfinanziert werden kann. Das möchte ich vorab sagen.
Lieber Kollege Klaus Möhle, beim letzten Mal ist es uns gemeinsam gelungen, was die offene Jugendarbeit angeht, wirklich etwas zu bewegen. In diesem Jahr haben Sie recht mit Ihrer Vermutung, dass ich der Meinung bin, es ist zu wenig. Die bereitstehenden Mittel im Rahmenkonzept offene Jugendarbeit sind viel zu gering, um den bestehenden und weiter zunehmenden Bedarf an Jugendarbeit auskömmlich zu finanzieren. Als Folge der Unterfinanzierung gibt es leider in allen Stadtteilen bzw. Ortsteilen nicht mehr Jugendzentren. Die existierenden Jugendzentren müssen fortlaufend Abstriche bei der Betreuung der Jugendlichen machen und/oder können keine angemessene Entlohnung sicherstellen. Sowohl der Jugendhilfeausschuss, in dem alle Sozialpolitiker vertreten sind, als auch die Beirätekonferenz haben eine Erhöhung der Mittel für dringend notwendig befunden.
Deshalb haben wir beantragt, für die nächsten zwei Jahre 2,4 Millionen Euro zusätzlich in diesem Bereich auszugeben.
Hinzu kommt, dass in der letzten Zeit sehr viele Geflüchtete die Jugendzentren besuchen. Diese haben einen ganz besonderen Bedarf an Betreuung und Beratung. Auch das ist enorm. Deshalb sind wir der Meinung, dass wir für diese Personengruppe in den nächsten beiden Jahren jeweils 600 000 Euro zusätzlich in die Hand nehmen müssen, um das zu bewältigen, was da auf die Jugendzentren zukommt.
Es ist ein großer Bereich. Ich springe jetzt.
Wir haben im August 2016 hier in der Bürgerschaft einen Antrag gestellt, um ein Aufnahmeprogramm für traumatisierte Frauen aufzulegen. Dieser Antrag ist in die Deputation verwiesen worden. In der Deputation haben wir beraten. Wir wollten 50 Frauen die Teilnahme an diesem Programm ermöglichen. In der Beratung hat sich herausgestellt, dass es Bremen eventuell schafft, 20 Frauen nach Bremen zu holen, um sie zu unterstützen. Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, um 20 Frauen, die Opfer von Daesh geworden sind, nach Bremen zu holen, sie in der Therapie zu unterstützen, Ihnen Möglichkeiten zu geben, sich zu integrieren.
Zum Sport. Das, was die Kollegin von den Grünen gesagt hat, sehe ich genauso. Die Übungsleiterinnen und Übungsleiter leisten in Bremen seit Jahrzehnten hervorragende Arbeit. Wir hatten auch diesbezüglich einen Antrag gestellt. Ich finde es richtig gut, dass Sie unseren Antrag übernommen haben. Der Ansatz wird erhöht. Das ist super.
Leider sieht es in anderen Sportbereichen, beispielsweise hinsichtlich der Sportanlagen, nicht so gut aus. Viele Hallen und viele Plätze sind so marode, dass man sie gar nicht mehr nutzen kann. Aus diesem Grund ist es uns wichtig, auch in diesem Bereich viel Geld in die Hand zu nehmen. Auch der Landessportbund ist der Meinung, dass das, was wir beantragt haben, nämlich jeweils 1 Million Euro für 2018 und 2019, dringend gebraucht wird.
Es war auch richtig, dass in den letzten Jahren ein bisschen Geld für den Bereich der Integration zur
Verfügung gestellt worden ist. Aus unserer Sicht reicht das aber nicht aus, um die Geflüchteten, die hier angekommen sind, zu integrieren. Auch die Sportvereine, die hervorragende Arbeit in diesem Bereich leisten und ein großer Partner sind, müssen diesbezüglich weiter unterstützt werden. Wir müssen, um die Integration intensiver zu unterstützen, mehr Geld in die Hand nehmen. Daher haben wir für 2018 und für 2019 jeweils 100 000 Euro zusätzlich beantragt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen vor allen Dingen der Koalition, wir sollten hier vorne nicht nur davon reden. Es sind kleine Summen. Wir können gemeinsam etwas bewegen. Überlegen Sie es sich noch einmal. Es sind gute Anträge, sehr durchdachte Anträge. Vielleicht können wir noch das eine oder andere gemeinsam für die Vereine in Bremen hinbekommen. - Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 16. April ist das geschehen, was zu befürchten war: Der türkische Präsident Erdogan konnte ein Evet, ein Ja, zum Referendum verkünden, das offizielle Ergebnis lautete 51 zu 49 Prozent. Ob die Mehrheit wirklich eine Mehrheit war, darf man bezweifeln. Die Wahlbeobachter der OSZE und des Europarats haben viele Verstöße gemeldet, am Wahltag sind bis zu drei Millionen ungestempelte Stimmzettel nachträglich zugelassen worden. Das kann das Ergebnis gekippt haben, der Unterschied zwischen Ja und Nein betrug nur eine Million Stimmen.
Die Opposition hat eine Überprüfung des Ergebnisses beantragt, die Regierung weigert sich. Allein das zeigt, wie es um die Demokratie
Landtag 3307 44. Sitzung/11.05.17
in der Türkei heute bestellt ist, meine Damen und Herren.
Die Volksabstimmung fand unter Bedingungen statt, die das Gegenteil von fair sind. Die freie Presse ist massiv unterdrückt, Parlamentarier der Opposition sitzen im Gefängnis, und es wurde eine Stimmung der Angst und des Fanatismus aufgebaut mit der von Erdogan ausgegebenen Formel, wer nicht für Ja stimmt, steht auf der Seite von Terroristen und Kriminellen. Es zeigt die Stärke des demokratischen Willens in der türkischen Bevölkerung, dass trotzdem beinahe die Hälfte der Türkinnen und Türken gegen das Referendum gestimmt hat.
In Istanbul, Ankara und Izmir hat die Mehrheit mit Nein gestimmt, mit Hayir. Ich möchte von dieser Stelle aus all denen meinen höchsten Respekt ausdrücken, die trotz Gewalt und Unterdrückung den Mut hatten, Nein zu sagen zum Referendum, das heißt, Ja zur Demokratie.
Das Land ist tief gespalten. Der Wille, die Demokratie zu verteidigen, ist durch das Referendum eher gestärkt worden. Die Gegenseite, die auf ein autoritäres Ein-Mann-Regime setzt, verfügt allerdings über das Militär, die Polizei und den Ausnahmezustand. Sie werden diese Macht einsetzen, und sie machen es auch.
Erdogan hat klargemacht, dass es kein Signal zur Versöhnung geben wird. Es hat nach dem Referendum keine zehn Tage gedauert, bis türkische Militärjets in der Luft waren, sie bombardierten Stellungen der kurdischen und jesidischen Miliz in Nordsyrien und im Nordirak. Erdogan hat wiederholt, dass er die Todesstrafe einführen will. Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel sitzt weiterhin in Haft, genau wie all die anderen Journalisten, Politiker, Wissenschaftler und Demokraten, die nichts anderes getan haben, als Kritik zu äußern. Die Türkei entfernt sich nach dem Referendum mit großer Geschwindigkeit von der Demokratie und von der Europäischen Union. Es kann in dieser Situation kein „Weiter so“ geben, meine Damen und Herren.
Die einzige Chance, die die demokratische Opposition in der Türkei derzeit hat, liegt in der internationalen Solidarität, und deshalb ist die internationale Reaktion so wichtig. Diejenigen, die unter höchstem persönlichem Risiko für die
Demokratie in der Türkei kämpfen, dürfen wir jetzt nicht alleinlassen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Beitrittsverhandlungen zur EU müssen jetzt offiziell ausgesetzt werden, es muss deutlich werden, dass der Weg in den Ein-Mann-Staat ein Weg in die Isolation, in die Isolierung ist. Es darf keine widersprüchlichen Signale aus Deutschland und aus der EU an Erdogan geben, heute ein bisschen Kritik, und morgen wieder finanzielle Unterstützung. In Brüssel liegen 4,5 Milliarden Euro Wirtschaftshilfen für die Türkei bereit. Würde dieses Geld ausgezahlt, dann wäre das praktisch eine Prämie für Menschenrechtsverletzungen, deshalb darf das nicht passieren.
Gerade wir in Bremen sind sehr eng mit der Türkei verbunden. Natürlich schockiert es mich deshalb, dass so viele in Deutschland für das Referendum gestimmt haben, und über das, was da genau passiert ist, müssen wir reden. Das Referendum hat deutlich gemacht, dass eine Hälfte der Bevölkerung in der Türkei ganz nah an Europa ist, im besten Sinne, sie hat nur nicht die Macht. Ich finde es wichtig, dass wir das sehen. Es gibt in der Türkei die Entfernung von Europa, aber es gibt in der Opposition dazu auch die Annäherung. Wenn wir dieser Seite, der demokratischen Seite, helfen wollen, dann müssen wir Farbe bekennen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Farbe bekennen heißt: Wir fordern die Freilassung derer, die aus politischen Gründen im Gefängnis sind.
Wir kritisieren die Missachtung der Menschenrechte, beenden die Tätigkeit des türkischen Geheimdienstes in Deutschland und setzen die Beitrittsverhandlungen aus.
Mit der demokratischen Seite in der Türkei können wir sie fortsetzen, mit Erdogan geht das nicht. Das ist unser Signal. Das beantragen wir mit unserem gemeinsamen Antrag mit den Kollegen der FDP, denn das schulden wir aus meiner Sicht der demokratischen Seite in der Türkei. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Landtag 3308 44. Sitzung/11.05.17
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Kollege Herr Dr. Buhlert hat ja einiges gesagt, das möchte ich nicht wiederholen.
Sie haben alle den Führungsstil von Herrn Erdogan zur Kenntnis nehmen müssen. Inzwischen ist es so, dass in letzter Zeit über 7 000 Menschen aus der Türkei in Deutschland Asyl beantragt haben, überwiegend handelt es sich um Akademikerinnen und Akademiker und Demokratinnen und Demokraten. Deshalb, liebe Frau Kollegin Dr. Müller, habe ich hier in meinem ersten Redebeitrag auch nicht gesagt, dass man mit der Opposition nicht reden sollte. Wenn Sie genau hingehört haben, dann habe ich gesagt, es sei wichtig, dass wir die, die sich trotz allem für die Demokratie eingesetzt haben - es waren knapp 50 Prozent -, unterstützen und einfach auch einmal einen Schlussstrich unter Erdogan ziehen und zu ihm sagen, du bist ein Diktator, aber kein Demokrat, und so geht es nicht weiter. Mit Ihren Darlegungen zu den Finanzen haben Sie nicht ganz recht. In den Jahren 2016 und
2017 sind 2,2 Milliarden Euro zugewiesen und inzwischen 750 Millionen Euro an die Türkei überwiesen worden.
Ich hoffe, dass das Geld bei den Projekten ankommen ist, für die es gedacht gewesen ist. Erdogan hat vor Kurzem EU-Kommissaren das Recht verwehrt, Projekte zu kontrollieren, die in der Türkei von der EU unterstützt werden.
Ganz, ganz tragisch und dramatisch ist es auch, dass inzwischen fast 40 Akademikerinnen und Akademiker Selbstmord begangen haben, weil sie ihre Arbeitsstelle verloren haben. Nach dem Referendum passiert es tagtäglich, dass immer wieder Menschen entlassen und inhaftiert werden. Davor darf man die Augen hier nicht verschließen!
In Bremen und in Deutschland - und das ist auch schon angesprochen worden - haben, glaube ich, über 400 000 Menschen für das Referendum gestimmt. Es leben 1,4 Millionen türkischstämmige Menschen in Deutschland. Sie hätten wählen dürfen. Man muss immer wieder sagen, die meisten sind nicht wählen gegangen, aber diejenigen, die gewählt haben, haben zu 63 Prozent für Erdogan gestimmt. Wir müssen hier in Bremen, aber auch in Deutschland genau hinschauen, was in den vergangenen Jahrzehnten bei der Integration dieser Menschen, die in Deutschland leben, die hier geboren worden sind, die hier aufgewachsen sind, schiefgelaufen ist. Das Stichwort DITIB ist mehrfach gefallen. Wir müssen auch in Bremen noch einmal hinterfragen, mit wem wir in diesem Bereich zusammenarbeiten und was wir tun können, um die Menschen, die aus der Türkei zu uns gekommen sind, endlich zu integrieren, damit sie sich für und nicht gegen die Demokratie einsetzen.
Liebe Frau Kollegin Grotheer, es ist richtig, wir haben uns sehr gewünscht, dass wir den Antrag vor dem Referendum debattieren. Es ist uns leider nicht gelungen. Wenn man es gewollt hätte, dann hätten wir den Antrag hier debattieren können, aber die Koalition hat sich anders entschieden. Es hat sich leider Gottes - -.
Landtag 3316 44. Sitzung/11.05.17
Wie gesagt, wenn Sie es gewollt hätten, dann hätten wir uns einigen können, den Antrag zu debattieren. Stimmen Sie mir da zu oder nicht?
Wir hätten es vereinbaren können. Wir hätten in jedem Fall darüber debattieren können. Wir haben auch unsere Zusage eingehalten, eine Neufassung vorzulegen. Das haben wir gemacht. Es ist so, solange sich die Situation in der Türkei nicht ändert, solange Menschen verfolgt werden, Menschen ins Gefängnis gesteckt werden, Menschen umgebracht werden, müssen wir als Demokraten vor allem den Menschen, die unsere Unterstützung brauchen, die Hoffnung in uns setzen, immer wieder Signale senden und sagen, wir sind für euch da, wir vergessen euch nicht, wir unterstützen euch. Deshalb werden wir immer und immer wieder, wenn es sein muss, hier Anträge einbringen. Das ist auch unser gutes Recht!
Zu dem CDU-Antrag! Die Ziffern 1 und 3 finden wir gut, wir stimmen ihnen zu, und deshalb beantrage ich getrennte Abstimmung. Immerhin ist es so, dass es vor dem Referendum kein Zeichen seitens der CDU gegeben hat und dass Sie jetzt einen Antrag eingebracht haben. Das finde ich gut. Vielleicht gelingt es uns hier in der Bürgerschaft irgendwann einmal, einen gemeinsam Antrag zum Thema Türkei zu formulieren und zu beschließen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Spitzensportförderung und Breitensportförderung müssen im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Ich frage mich immer, ob wir nicht zuerst einmal die Sportstätten ordentlich instand halten und den Schulsport richtig fördern können, bevor wir über Olympiamedaillen reden.
Umgekehrt ist es aber auch nicht fair, wenn gute Leute international nicht mithalten können, weil sie nicht richtig unterstützt werden. Das demotiviert und ist dann auch schlecht für den Breitensport.
Deshalb ist es super, dass wir in Bremen wenigstens einen Bundesstützpunkt haben, nämlich den Bundesstützpunkt für Rhythmische Sportgymnastik. Das ist wichtig für Bremen, das ist wichtig für die Sportlerinnen, und das muss auch so bleiben.
Bremen ist nach wie vor bei der Verteilung der Olympiastützpunkte und der Bundesstützpunkte benachteiligt. Deshalb kann es uns nicht kaltlassen, wenn der Bundesminister die Zahl der Stützpunkte reduziert. Er hat da bekanntlich einen ganz anderen Zugang. Er sieht sich im Fernsehen die Olympiade an. Wenn die deutschen Athleten 42 Medaillen schaffen, dann sagt er, das muss ein Drittel mehr werden. Fünfter im Medaillenspiegel zu sein, reicht der Bundesregierung nicht. Das ist der Zugang.
Deshalb krempelt die Bundesregierung die Spitzensportförderung um, wie meine Vorredner auch schon gesagt haben. Statt 19 soll es nur noch 13 Olympiastützpunkte und statt 204 nur noch 165 Bundesstützpunkte geben. Das Geld soll auf die Sportarten konzentriert werden, bei denen man die höchsten Medaillenchancen hat. Es gibt ein Exzellenzcluster, das stark gefördert wird, ein Potenzialcluster, das nicht so toll gefördert wird, und ein „Restecluster“, das tendenziell nichts mehr bekommt. Es soll ein Computer-Programm „PotAS“ geben, das in Zukunft ausrechnet, wo Deutschland Medaillenchancen hat. Dahin soll dann das Geld gehen. So ist der Plan!
Da kommt dann die Frage des Dopings ins Spiel. Die Ringer sagen zu Recht: Wie sollen wir in einer Sportart Goldmedaillen holen, in der ohne Doping nichts geht? Wir hatten eine Bronzemedaille in Rio. Das ist toll für uns. Wir sollen aber aus der Spitzensportförderung herausfallen, weil dem Innenminister das nicht reicht. – Deshalb ist es richtig, wenn im Bürgerschaftsantrag steht, es kann nur um die Chancen in einem fairen Wettbewerb gehen und nicht um den blanken Medaillenspiegel.
Wir als LINKE sehen das ganze Konzept einer reinen Medaillenfixierung in der Sportförderung kritisch. Ob eine Sportart gefördert wird, darf nicht nur von der Medaillenfrage abhängen. Es muss genauso darum gehen, wie viele Leute diesen Sport machen, wie viele gute Frauen und Männer wir da haben, auch wenn es vielleicht nicht für Medaillen reicht. Allein die Frage der Stützpunkte entscheidet oft darüber, ob sich eine junge Sportlerin oder ein junger Sportler zwischen Sport und Studium entscheiden muss, oder ob beides geht. Sportpolitik muss vor allem faire und gute Bedingungen für Sportlerinnen und Sportler und den Nachwuchs schaffen und darf nicht in erster Linie die optimale Zahl der Medaillen im Blick haben.
Das sind sehr konkrete Fragen. Vor zwei Jahren hat es großer Anstrengungen bedurft, damit die Förderung von „Jugend trainiert für Olympia“ nicht ganz gestrichen wurde. Das sind 700 000 Euro, und das ist wirklich Breitensport. Gleichzeitig gibt der Bund jährlich 12 Millionen Euro für die beiden Sportforschungsinstitute aus, um Hightech-Verfahren, bessere Bobkufen oder den Superhelm für Skispringer, zu konstruieren. Der Bund sagt im Sportbericht der Bundesregierung – und da hat er wahrscheinlich recht –, ohne diese Hightech-Verfahren hätte man die Hälfte der Medaillen in Rio nicht bekommen.
Das ist natürlich eine schwierige Entwicklung. Klar, Doping ist unfair, keine Frage! Dass man in vielen Sportarten keine Medaillenchancen mehr hat, wenn man nicht aus einem Land kommt, das sich diese Hightech-Ausgaben leisten kann, ist aber auch nicht fair.
Talent, Training und Motivation reichen schon lange nicht mehr aus. Letztlich ist das Doping eben auch ein Kind der Medaillenfixierung. Man wird das eine ohne das andere nicht abschaffen können. Vielleicht kann ja aus dem Dopingskandal um den McLaren-Report eine Haltung entstehen, sodass man sich sagt: Klar, Sport ist auch Wettkampf, und man möchte gewinnen! Das ist aber nicht das einzige Ziel, und es ist nicht das, woran ein Land seine Sportförderung hauptsächlich ausrichten sollte. Ein Land sollte seine Sportförderung daran ausrichten, dass möglichst viele Sportlerinnen und Sportler zu guten und fairen Bedingungen und mit guter Unterstützung Sport machen können und Spaß daran haben. Das ist das Ziel. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Gäs te, liebe Kolleginnen und Kollegen! 83 Jugendliche aus Bremen und Bremerhaven nahmen zwischen dem 26. und 30. September 2016 an Jugend im Parlament teil, 77 aus Bremen und sechs aus Bremerhaven.
Jugend im Parlament ist ein wichtiges Element der Jugendpartizipation im Land Bremen. Es bedarf aber weiterer Schritte, um diese Partizipation noch wirkungsvoller zu gestalten. Deshalb ist es auch eine Forderung der Jugendlichen im Parlament, die Kompetenzen und das Budget der Jugendbeiräte auszuweiten.
Ein echtes Jugendparlament, das von der Bremischen Bürgerschaft einbezogen wird! Wenn man sich an schaut, wie viele Jugendbeiräte wir in den vergan genen Jahren in wie vielen Stadtteilen gehabt haben oder noch haben und wie wir sie unterstützt haben, dann haben wir tatsächlich einen Nachholbedarf.
Wenn es unser aller Anspruch ist, Jugendlichen ein Mitspracherecht in Bremen und Bremerhaven zu geben, dann bedeutet das, dass wir die Beschlüsse von Jugend im Parlament ernst nehmen und sie in unsere politischen Entscheidungen mit einbeziehen.
Für unsere Fraktion kann ich sagen, dass wir die Beschlüsse unterstützen und sie auch als konkrete Handlungsaufträge für unsere politische Arbeit an sehen. Beispiele, bei denen wir mit den Beschlüssen
übereinstimmten, sind folgende – es ist mir wichtig, sie noch einmal aufzuzählen, weil hier wirklich sehr viel Arbeit investiert worden ist –: keine Waffenex porte in Kriegsgebiete und Staaten, die nicht die UN-Menschenrechtskonventionen unterschrieben haben – das hat meine Kollegin vorhin ebenfalls ge sagt – und längeres gemeinsames Lernen mit weniger Konkurrenz und Leistungsdruck.
Folgende weitere Beschlüsse wurden gefasst: Schaf fung weiterer Klassenzüge zur besseren Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen,
ein größerer Praxisbezug in den Schulen durch mehr Praktika, Abschaffung des Sanktionsregimes von Hartz IV und Umwandlung in eine sanktionsfreie Mindestsicherung,
Einführung der Vermögenssteuer, Anhebung der Erbschaftssteuer und Erhöhung des Einkommens steuerspitzensatzes!
Die Jugendlichen haben einen sehr klaren Blick auf das, was sie von ihrer Zukunft und der Gesellschaft erwarten: weniger Ellenbogengesellschaft und Leis tungsdruck, mehr Gemeinschaft und Solidarität, weniger Krieg und Profite für einen kleinen Teil der Bevölkerung und mehr sehr soziale Gerechtigkeit für die große Mehrheit der Bevölkerung.
Zu diesen Ideen stehen wir als LINKE und freuen uns darauf, zusammen mit den Jugendlichen diesen Ideen weiterzuentwickeln und für sie zu kämpfen. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch andere Teile der Bremischen Bürgerschaft dazu durchringen können, die Beschlüsse ernst zu nehmen und die Beschlüsse nicht nur als unverbindliche Wünsche einer Demo kratiesimulation zu sehen.
Die Reden meiner Kollegen stimmen mich sehr positiv, und deshalb ist mir noch einmal wichtig zu sagen, unter den 83 Jugendlichen, die am Jugendparlament teilgenommen haben, waren zwei Neubremer. Einer von ihnen war Ahmet aus Afghanistan. Für ihn war es ganz wichtig, und er hat dazu beigetragen, dass Waffenexporte über Bremen zum Thema geworden sind.
Es ist für ihn auch wichtig gewesen, dass ich der Bürgerschaft berichten soll, dass er als junger Mann
aus Afghanistan glücklich und froh ist, dass aus Bre men keine Afghanen nach Afghanistan abgeschoben werden, weil dort Krieg herrscht. – Danke für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anfrage schafft zumindest einen detaillierten Überblick über die Sportstätten in Bremen und ihren Sanierungsbedarf. Sanierungsbedarfe gibt es an allen Ecken. Ich habe mir die Mühe gemacht und bin die letzten Wochen unterwegs gewesen und habe mir einige Sportanlagen und Hallen angeschaut. Vorweg muss man fairerweise sagen, dass einiges geschehen ist. Einigen Vereinen sind Kunstrasenplätze zur Verfügung gestellt worden, und die eine oder andere Halle hat etwas mehr Licht bekommen. Aber ich habe unter anderem gesehen, dass Laufbahnen zugewachsen sind, dass man Tribünen nur noch entfernt als Tribünen erkennen kann, dass Bänke morsch sind, dass es Hallen gibt, in denen ich entdeckt habe, dass es nur einen Schalter für zwei Kabinen gibt. Es ist wirklich – Frau Rosenkötter sagte es – noch eine Menge zu tun. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, finde ich, auch wenn die Antworten des Senats nicht unbedingt erhellend sind, war das eine gute Initiative von Ihnen.
Die Sportvereine und die Initiativen, die die Sportstätten in Bremen und Bremerhaven nutzen, sind darauf angewiesen, dass sie die Hallen, Bäder und Plätze verlässlich nutzen können, damit sie ihren wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben nachkommen können. Diese Aufgaben sind nicht nur Bewegung und Spaß am Sport, sondern es geht vor allem auch um soziale Kompetenzen, um Fairness und nicht zuletzt um Integration. Auch ich möchte von hier aus noch einmal darauf hinweisen, was die Sportvereine im vergangenen Jahr, als die Flüchtlinge in den Hallen untergebracht worden sind, für eine hervorragende Arbeit geleistet haben. Ich möchte mich auch von hier aus bei allen Vereinen bedanken.
Rechnet man die Sanierungsbedarfe bei den ungedeckten Sportstätten zusammen, die der Senat in der Antwort auf die Anfrage ausweist, so kommen hier circa 15,5 Millionen Euro zusammen. In den nächsten fünf Jahren müssen diese Sanierungen durchgeführt werden, um den Sportbetrieb nicht zu gefährden. Ob das mit den Haushaltsansätzen machbar ist, bleibt wenigstens zu bezweifeln. Der Senat stellt etwa bei zwei Kunstrasenplätzen zwingenden Handlungsbedarf fest. Das heißt, es muss unmittelbar spätestens innerhalb eines Jahres saniert werden. Gleichzeitig soll aber laut Senat kurz- und mittelfristig nur ein Platz pro Jahr saniert werden. Damit sind Probleme vorprogrammiert.
Wie schon eingangs erwähnt, sind diese Sportstätten wichtig für alle Menschen, die in Bremen leben. Wir brauchen diese Hallen auch, damit Sport als Integrationsfaktor seine Wirkung entfalten kann. Hier muss endlich einmal nachgesteuert werden.
Die Bäder in Bremen brauchen nicht nur Sanierung, sondern auch einen Ausbau. Das Bäderkonzept ist unterfinanziert. Wir haben in den Haushaltsverhandlungen einen Antrag eingereicht, der 3 Millionen Euro für die Umsetzung des Bäderkonzeptes gefordert hat. Im Moment scheint die Umsetzung weitgehend auf Eis zu liegen beziehungsweise nur noch in einer sehr abgespeckten Version angestrebt zu werden. Das ist gerade vor dem Hintergrund, dass Kinder zunehmend nicht mehr Schwimmen lernen und der Zugang zu Wasserzeiten für schulischen Schwimmunterricht zunehmend schwieriger wird, ein Problem. Die Stadtteile brauchen ihre Bäder mit einem vielfältigen Angebot, das auf die Bedarfe und besonderen Lagen in den Stadtteilen abgestimmt ist. Bisher sieht es leider, wie so oft in Bremen, maximal nach einer Verwaltung der Mängel aus.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, bin ich in diesem Bereich aktiv, und meine andere Hauptarbeit erfolgt auch in diesem Bereich. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren war es so, dass sehr viele Menschen kaum noch die Möglichkeit haben, schwimmen zu lernen. Ich musste gestern lesen, dass die Bremer Bäder jetzt ab 1. Januar wieder die Preise erhöhen. Ich bin gespannt und erwarte auch – am 20. Dezember haben wir noch eine Sportdeputationssitzung – die Zahlen dazu, warum dies so ist. Laut meiner Information ist es so, dass Bremen, was den Eintritt für das Schwimmen betrifft, bundesweit eine der teuersten Städte ist. Das kann und darf nicht angehen!
Deshalb werde ich dort noch einmal genau hinhören, und ich hoffe, dass wir auch die Zahlen bekommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Senatorin, Sie haben gerade gesagt, mit den Hallen habe das sehr gut geklappt. Das habe ich eben auch erwähnt. Eine Halle stand ja vorher auch einem Sportverein zur Verfügung. Nachdem die Flüchtlinge dort untergebracht worden sind, soll sie ihm jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Wir hatten auch in der Sportdeputation darüber gesprochen. Das ist die Halle in der Vahr. Haben Sie dazu in der Zwischenzeit mit den Leuten gesprochen, und wie sieht es aus? Wird diese Halle wieder dem Verein zur Verfügung gestellt?
Wir fragen den Senat:
Erstens. Treffen Medienberichte zu, dass bei der unter anderem im Bundesland Bremen eingesetzten Software „BAföG 21“ die zum 1. August 2016 gülti gen BAföG-Sätze noch nicht eingearbeitet sind und derzeit BAföG-Ansprüche händisch nachberechnet werden müssen?
Zweitens. Wie viele Anträge sind von dieser Soft warepanne im Landesamt für Ausbildungsförderung sowie im Amt für Ausbildungsförderung beim Stu dentenwerk betroffen, und um welchen Zeitraum verzögern sich wegen der Panne Berechnung und Auszahlung?
Drittens. Wie stellt der Senat sicher, dass Erstantrag stellerinnen und Erstantragsteller von ihrem Recht erfahren, bei schleppender Antragsbearbeitung einen
Vorschuss nach Paragraf 51 Absatz 2 BAföG bean tragen zu können?
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Militärputsch in einem europäischen Land ist ein schreckliches Ereignis. Es erinnert uns daran, dass die Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, dass sie bedroht ist, dass es Kräfte gibt, die sie abschaffen wollen. Wir alle sind froh, dass der Militärputsch in der Türkei gescheitert ist.
Dem Versuch von Teilen der Armee, die Macht in der Türkei an sich zu reißen, ist eine Absage erteilt worden. Wir begrüßen das.
Ich finde es gut, dass ein Satz unseres Antrages in den Antrag der CDU, der Koalitionsfraktionen und der FDP aufgenommen worden ist, wenn auch nur in der Begründung. Es ist der zweite Satz – ich zitiere –:
„Mit der Abwehr des Militärputsches vom 15. Juli und der breiten Ablehnung des Putschversuchs auch
durch die parlamentarische Opposition und die Zi vilgesellschaft sind die Voraussetzungen gestärkt worden, die fatale Tradition einer Ausschaltung der Demokratie durch das Militär und einer angemaß ten Position des Militärs als vermeintliches oberstes Verfassungsorgan zu durchbrechen.“
Ich würde es gut finden, wenn die Bürgerschaft diesen Satz so beschließen würde. Das ist der notwendige Einstieg in die Kritik dessen, was seit der Abwehr des Putschversuchs abgewehrt wurde. Dass die Bür gerschaft die Abwehr des Putsches begrüßt, fehlt im Beschlussteil Ihres Antrags. Das ist nicht gut, denn diesen Satz möchten alle in der Türkei hören, bevor man sich weiter mit der Situation auseinandersetzt. In Ihrem Antrag steht – Kollege Dr. vom Bruch hat das eben noch einmal gesagt –:
„Militärputsche waren noch nie eine angemessene Reaktion auf politische Probleme und haben politische Fragen noch nie in demokratisch-rechtsstaatlichem Sinne gelöst.“
Das ist in der Form allerdings nicht richtig. 1974 beseitigte ein Militärputsch, die Nelkenrevolution, das faschistische Regime in Portugal und stellte nach fast 50 Jahren die Demokratie wieder her. Selbst die Konrad-Adenauer-Stiftung sieht das so. Die deut sche Verfassung bekennt sich ausdrücklich zum Widerstandsrecht gegen Versuche, die demokratische Ordnung zu beseitigen. Deshalb schließen wir in die Geschichte des Widerstands gegen den NS auch den Versuch eines militärischen Aufstandes durch den Kreis um Stauffenberg ein.
Die fatale Tradition der Militärputsche in der Türkei hat mit solchen Motiven aber überhaupt nichts zu tun. Bei einem Militärputsch in der Türkei hieß es immer: Es geht gegen die Demokratie, gegen die Parteien, gegen die Arbeiterschaft, gegen die Bevölkerung. – Die drei Militärputsche seit 1960 hatten jedes Mal Massenverhaftungen, Folter und Hinrichtungen zur Folge. Deshalb war es keine Frage, dass die gesam te politische Opposition über alle Parteien hinweg geschlossen gegen den Putschversuch war. Umso bestürzter sind wir, dass die Abwehr des Putsches nahtlos in eine Entwicklung übergegangen ist, die selbst einen Anschlag auf die Demokratie darstellt, meine Damen und Herren.
40 000 Menschen wurden seit dem Putsch verhaftet. 20 000 sitzen noch immer im Gefängnis. Viele Inhaf tierte sind verschwunden. Die Angehörigen wissen nicht, wo sie sind. 80 000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst wurden entlassen oder suspendiert. Die tür kische Regierung plant, 38 000 Strafgefangene zu entlassen, um Platz für diejenigen zu schaffen, die
sie jetzt einsperrt. Amnesty International hat Berichte dokumentiert, wonach es zu Folterungen und Miss handlungen gekommen ist.
Das Besondere am Putschversuch vom 15. Juli ist, dass das Vorgehen gegen mutmaßliche Mittäter schon begann, bevor der Putsch überhaupt stattfand. Die Regierung hatte bereits vor dem Putsch schwarze Listen von Leuten, die sie entfernen und verhaften wollte. Das ist inzwischen offen zugegeben worden. Genau diese Listen sind sofort abgearbeitet worden. Erdoğan selbst hat den Putschversuch unmittelbar danach als Geschenk Gottes bezeichnet, weil er ihm einen willkommenen Vorwand verschafft, um noch brutaler gegen seine politischen Gegner vorzugehen und die Macht der AKP auszubauen.
Dieses Vorgehen – die Massenverhaftungen, die Massenentlassungen, das Verbot von Zeitungen und TV-Sendern, das gezielte Ausschalten von Richtern, Staatsanwälten und Journalisten – hat deshalb nichts mit irgendeiner Überreaktion zu tun, lieber Kollege Dr. vom Bruch. Es ist das Abarbeiten eines politischen Planes, beschleunigt durch die günstige Gelegenheit. Die Idee, die türkische Regierung hätte sich in etwas hineingesteigert und werde bald zur Besinnung kom men, ist völlig falsch. Sie verkennt, dass die Verletzung von Demokratie und Menschenrechten, die jetzt schon massenhaft geschieht, die Fortsetzung dessen ist, was vor dem Putschversuch schon geschehen ist, nur in einer neuen Größenordnung.
Mit dem Ausruf des Notstandes regiert Staatspräsident Erdoğan ohne das Parlament per Dekret. Das ist ge nau das Modell, das er mit seiner Verfassungsreform dauerhaft etablieren möchte: ein Präsidialsystem mit unumschränkter Machtfülle! Es hat im Januar großes Aufsehen erregt, als Erdoğan selbst zur Illustration eines solchen Systems auf Hitlerdeutschland verwie sen hat, meine Damen und Herren.
Es ist doch völlig klar: Eine Regierung, die am Parla ment vorbei per Notverordnung regiert – das kennen wir aus der Endphase der Weimarer Republik – ist niemals die Verteidigung der Demokratie, sondern immer der Einstieg in ihre schleichende Aushöhlung und schließlich in ihre Abschaffung. Kein Parlament auf der Welt darf so etwas gut finden, meine Damen und Herren.
Ich habe mich gefreut, als ich den Antrag der CDU gesehen habe. Darin gibt es Dinge, die wir anders sehen. Dazu komme ich noch. Die Kritik an dem, was derzeit in der Türkei geschieht, fand ich sehr klar und engagiert. Ich finde, Sie haben das in Ihrer Rede hervorragend gemacht, lieber Kollege. Deshalb finde ich es außerordentlich bedauerlich, wie die Formulierungen in diesem Antrag reihenweise durch den Beitrag der Koalition weichgespült worden sind. Ursprünglich hieß es darin:
„Der Putschversuch … und die darauf folgenden Reaktionen der amtierenden Regierung sind der vorläufige Höhepunkt einer anhaltenden Entwick lung, die die demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen des Landes infrage stellt.“
Daraus ist jetzt geworden:
„Der Putschversuch … und die darauf folgenden Reaktionen der amtierenden Regierung sind mit großer Sorgfalt zu beobachten. Demokratische und rechtsstaatliche Strukturen des Landes müssen jetzt gestärkt werden.“
Das heißt, aus einer klaren und kritischen Bewertung sind jetzt bloße Sorgenfalten geworden. Aus der Gefährdung der Demokratie ist die wohlmeinende Aufforderung geworden, sie zu stärken. Das ist eine Formulierung, die denjenigen, die gerade den Weg in der Türkei zu einem autoritären Regime einschlagen, bestimmt nicht wehtut.
Liebe Kollegin, das ist kein Quatsch! Ich habe die Anträge nebeneinander gelegt.
Im zweiten Absatz hieß es ursprünglich:
„Massenentlassungen, Verhaftungen … sind nicht die Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaatlich keit, sondern weisen den Weg in totalitäre politische Strukturen und die … Herrschaft Einzelner …“
Auch davon sind nur die Sorgenfalten übriggeblie ben. Das geht so weit, dass die Reaktionen auf den Putschversuch nicht mehr überzogen sind, sondern nur noch „für uns überzogen wirken“.
Ich weiß nicht, wen man mit einer solchen Weichspül diplomatie beeindrucken möchte. Erdoğan und seine AKP sind es jedenfalls nicht. Es sieht für mich danach aus, dass man sich nicht mit denen anlegen möchte, die auch in Deutschland und in Bremen dem Weg in den totalen Erdoğan-Staat zujubeln. Anders kann ich mir das nicht erklären, meine Damen und Herren.
Wir sind für eine möglichst breite Beschlussfassung der Bürgerschaft zu diesem Thema. Wenn die De mokratie in einem Land gefährdet ist, muss man sich als Parlament dazu verhalten. Man sollte das so gemeinsam wie möglich tun. Deshalb werden wir als LINKE den Nummern 1 bis 5 Ihres Antrags zustim men. Wir halten unseren eigenen Entschließungsan trag nach wie vor für kürzer, klarer und besser. Wir stimmen aber auch den ersten fünf Nummern Ihres Antrags zu. Wir hätten aber gern, dass der Fehler in Nummer 3 korrigiert wird. Da steht jetzt, dass die
unabhängigen Wirkungsmöglichkeiten der Medien mit der Demokratie unvereinbar sind. – Das muss man sprachlich ändern.
Nicht zustimmen werden wir den Nummern 6 und 7. Da gehen unsere Auffassungen dann doch aus einander. Ich weiß nicht, woher die Sorge um eine politische Isolierung der Türkei kommt. Das Regime Erdoğan versöhnt sich außenpolitisch gerade mit Moskau, mit Teheran und sogar mit Assad.
Ich komme gleich zum Schluss! – Zur segensreichen Rolle der Türkei bei der Bekämpfung des interna tionalen Terrorismus verweise ich auf die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage im Bundestag, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich finde auch nicht, dass oberstes Ziel für uns ein möglichst stabiler, geschlossener und handlungsfä higer türkischer Staat ist. Vor allem aber kann man keine Flüchtlinge in ein Land zurückschicken, in dem rechtliche Willkür herrscht. Man darf sich nicht auf eine Perspektive nach dem Motto einlassen: Nach Europa kommt ihr eh nicht. Deals in der Flüchtlings politik machen wir aber gern mit euch.
Das oberste Ziel für mich ist, dass wir die demokra tischen Kräfte und die Zivilgesellschaft in der Türkei unterstützen. Das können wir nicht, wenn sich die Bundeskanzlerin wieder freundlich mit Erdoğan fotografieren lässt und Verträge mit ihm schließt, während auf der Straße Menschen verhaftet werden.
Zu Nummer 7: Ich habe auch kein Verständnis für diejenigen hier in Bremen, die einer undemokratischen und autoritären Entwicklung der Türkei zujubeln. Die Anteilnahme hat teilweise Formen angenommen, die man klar zurückweisen muss. Ich erwarte von türki schen Vereinen und Verbänden in Bremen, dass sie sich zur Demokratie bekennen. Es ist eine Sache, die AKP zu wählen. Es ist aber eine andere Sache, auf die Straße zu gehen, um ein noch schärferes Vorge hen gegen die Opposition in der Türkei zu fordern. Dafür kann ich kein Verständnis aufbringen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bürgerschaft darf dafür auch kein Verständnis haben. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Dr. Müller! Ich bin fassungslos. Ich musste mich wirklich zusammenreißen. Es ist nicht meine Art. Ich bin eigentlich ein ruhiger Mensch. Das, was Sie hier gesagt haben und wie Sie sich vor allem zu Flüchtlin gen geäußert haben, ist wirklich sehr traurig. In dem Land sind gerade 400 000 Menschen auf der Flucht. Liebe Frau Kollegin, Sie kennen sich in dem Bereich auch ganz gut aus. In den letzten Tagen sind über 1 700 Asylanträge von Menschen aus der Türkei in Deutschland gestellt worden.
Ich bekomme Anrufe, weil Verwandte in der Türkei abgeholt werden und nicht wissen, wie es weitergeht. Sie leben in Stadteilen von Istanbul, in denen Ale viten leben. Sie haben wirklich Angst, umgebracht zu werden.
Sie sagen: Augen zu und durch. Wir haben keinen anderen Plan, also sollen die Flüchtlinge zusehen, wie sie klarkommen.
Wir werden dieses Regime weiter mit Geldern finan zieren und unterstützen.
Ich lebe seit 32 Jahren hier in Bremen. Es ist sehr traurig, was ich nach dem Putsch mitbekomme und wie es den Menschen mit türkischen Wurzeln in Bremen geht. Das ist wirklich sehr traurig.
Nach dem Putsch wurde ein Bericht in „buten un bin nen“ gezeigt. Zum ersten Mal, seit ich in Deutschland lebe, habe ich gesehen, dass Menschen ihr Gesicht nicht gezeigt haben, weil sie Angst hatten, dass ihre Verwandten in der Türkei darunter leiden würden. Das ist schon sehr traurig. Wir dürfen jetzt nicht die Augen verschließen und so tun, als habe das mit Bremen und Deutschland überhaupt nichts zu tun.
Ich möchte niemanden diffamieren, liebe Kollegin Grotheer! Die Lobbyvereine und dieses Regime haben bis in die Parlamente Unterstützung und Einfluss. Wir müssen nach dem Putsch genau hinsehen und überlegen, mit wem wir in einen Dialog treten, mit wem wir nicht in einen Dialog gehen,
welche Verträge wir abgeschlossen haben und welche nicht. Am 22. Juli 2016 wurde in 900 DITIB-Moscheen eine Predigt gehalten. Eigentlich sollte es um Religion gehen. Es war Regierungspropaganda in allen 900 Moscheen, auch hier in Bremen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Deshalb ist es wichtig, die Augen nicht zu verschließen.
Deshalb ist es wichtig, genau hinzusehen und nicht nach dem Motto zu verfahren: Augen zu und durch!
Das ist unglaublich! Ich habe vergessen, einen Zettel mitzunehmen. Im Antrag der CDU stand aus meiner Sicht eigentlich alles, was wichtig ist. Wenn man sich ansieht, wie weichgespült der Antrag nun ist – ich wiederhole: weichgespült! –, dann können Sie sich noch zwanzigmal hierherstellen und mir erzählen, dass es keinen Einfluss bestimmter Lobbyvereine der AKP gab. Glauben Sie mir, sie sind schon bei Ihnen.
Machen Sie die Augen auf und passen Sie auf, damit wir hier in Bremen keine Probleme bekommen!
Ein junger Mensch hat vor Kurzem den Bremer Medien ein Interview gegeben. Danach wurde er bedroht. Leute, Kollegen und Fraktionen, seht nach dem Putsch genau hin! Herr Kollege Dr. vom Bruch hat erwähnt, in Gelsenkirchen ist das schon passiert. Wir hoffen nicht, dass so etwas auch in Bremen passiert. Wir müssen genauer hinschauen, wenn wir Verträge mit bestimmten Verbänden abgeschlossen haben. Wir müssen diese Verbände dazu auffordern, sich endlich zur Demokratie zu bekennen und nicht so zu tun, als hätten sie keinen Einfluss. Ich bitte Sie: Wachen Sie auf und unterstützen die Menschen, die sich für Demokratie und Menschenrechte in der Türkei einsetzen!
Lassen Sie nicht zu, dass die Menschen aus Deutsch land, die dieses Regime unterstützen, weiterhin dafür sorgen, dass es den Menschen in der Türkei schlecht geht und dass Menschen hier in Deutschland Angst haben, weil sie eine bestimmte Herkunft haben! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da ich per sönlich angesprochen worden bin, möchte ich mich noch einmal dazu äußern. Ich finde es gut, dass wir zumindest die ersten fünf Punkte gemeinsam verab schieden werden. Die Positionen sind klar.
Frau Dr. Müller, sollte ich Sie persönlich verletzt ha ben – Sie haben von einer Frechheit gesprochen –, dann war das nicht meine Absicht. Es ist mir wichtig, dass ich das öffentlich sage. Ich schätze Ihre Arbeit. Trotzdem ist es mir wichtig – das wiederhole ich –, dass wir gemeinsam in Bremen miteinander hinschauen, wie es hier aussieht,
mit wem wir zusammenarbeiten, wie dieser Dialog anders organisiert werden kann und wie wir gemein sam dazu beitragen können, dass es den Menschen in der Türkei besser geht und wir hier miteinander klarkommen. Das ist mir wichtig. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Welche finanziellen Mittel will der Senat in den kommenden zwei Jahren für das „Präventionskonzept gegen religiös begründeten Extremismus und Islamfeindlichkeit“ bereitstellen, und wie viele Stellen für Beratungsangebote könnten damit geschaffen werden?
Zweitens: In welchem konkreten Umfang sollen in den kommenden zwei Jahren Bundesmittel für entsprechende Projekte im Land Bremen eingesetzt werden?
Drittens: Ist damit aus Sicht des Senats eine bedarfsgerechte Finanzierung von wichtigen präventiven Projekten im Bereich religiöser Radikalisierung und Salafismus sichergestellt?
Frau Senatorin, Sie haben gesagt, Sie werden sich um Bundesmittel bewerben. 250 000 Euro, sagten Sie, stehen zur Verfügung. Wie viel wird Bremen beantragen?
Werden die beiden Projekte von Schura und VAJA, parallel arbeiten, oder gibt es Schnittpunkte, wo sich sie austauschen und miteinander arbeiten werden?
Frau Senatorin, können Sie sagen, wie viele Menschen im vergangenen Jahr Beratungsangebote von kitab in Anspruch genommen haben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Zenner, vorweg: Die Bundesjugendspiele haben aus meiner Sicht nicht so viel mit Sportunterricht in der Schule zu tun. Auch Sport wird benotet, und deshalb wollte ich das vorweg sagen. Es gibt ja extra Sportunterricht.
Grundsätzlich ist es wichtig, dass Kinder sich bewegen und Spaß am gemeinsamen Sport haben oder entwickeln. In einer Gesellschaft, in der viel Lebenszeit im Sitzen verbracht wird, ist ein sportlicher Ausgleich auch im Sinne der gesundheitlichen Prävention wünschenswert und geboten. Dass die Bundesjugendspiele das geeignete Mittel sind, um Kindern den Spaß an Bewegung zu vermitteln, ist für uns allerdings fraglich. Wir sehen, dass die Teilnahmebereitschaft mit zunehmendem Alter immer weiter abnimmt, gerade bei den Mädchen. Einen Wettbewerb mit Teilnahmeverpflichtung gibt es sonst im Schulalltag nicht; Vorlese- oder Mathematikwettbewerbe etwa sind freiwillig, Kollege Lübke. Nur die Bundesjugendspiele sind verpflichtend.
Kritisch ist auch, dass den Kindern am Ende der Bundesjugendspiele schriftlich in Form der drei Urkunden attestiert wird, wer gut und wer schlecht ist. Das hat dann nichts mehr damit zu tun, dass die Kinder Sport und Bewegung mit positiven Dingen wie Spaß und Ausgleich verbinden, sondern damit, wer eine Ehrenurkunde mit der schönen Unterschrift des Bundespräsidenten und wer nur eine schnöde Teilnehmerurkunde ausgehändigt bekommt.
Außerdem sind die Bundesjugendspiele häufig vor allem Ansteh- und Wartespiele. Ich kann mich noch daran erinnern: Wenn wir gesprungen sind, mussten wir eine halbe Stunde warten, um dann beim Werfen dranzukommen. Der eigentliche Anteil des Sports an diesem Vormittag sind nur ein paar Minuten. Deshalb ist da nicht viel mit Sport.
Vielleicht ist es an der Zeit, die Bundesjugendspiele grundsätzlich infrage zu stellen, um über neue Konzepte der Sportvermittlung nachzudenken. Bedenkenswert wären zum Beispiel integrative Formen wie Mannschaftswettbewerbe mit gemischten Teams und Schulsportfeste, bei denen die Schülerinnen und Schüler die Wahl haben, welche Sportarten sie gerne ausüben möchten. Dies würde das Gemeinschaftsgefühl stärken, weil die Schülerinnen und Schüler nicht vereinzelt gegeneinander antreten, sondern sich gegenseitig in Teams unterstützen. Außerdem würden so auch die Wartezeiten verkürzt, und die Zeit des tatsächlichen Sporttreibens würde verlängert werden. Deshalb sind für uns die Bundesjugendspiele veraltet, und wir werden den Antrag ablehnen.
Ich hoffe, wir werden es in den Schulen in diesem Jahr gemeinsam hinbekommen, neue Formen zu finden, damit die Kinder noch mehr Sport haben, an die wichtigen Sportarten herankommen und die Möglichkeit bekommen, wirklich vernünftig unterstützt zu werden, um Sport zu treiben. – Danke für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ich glaube, ich spreche für alle hier im Raum, wenn ich sage: Wir sind erschüttert über den Anschlag am 17. Februar 2016 in Ankara.
Was derzeit in der Türkei geschieht, ist dramatisch. Die türkische Armee hat begonnen, Stellungen der YPG auf syrischem Gebiet zu beschießen. Wir stehen wirklich nur einen Fußbreit davon entfernt, dass die Türkei mit Bodentruppen in den syrischen Krieg eingreift, mit völlig unabsehbaren Folgen!
Während der Ausgangssperre im Osten der Türkei zwischen August und Dezember 2015 sind 162 Menschen getötet worden, darunter 29 Frauen, 32 Kinder, 24 Senioren. Das sind die Zahlen der Menschenrechtsstiftung der Türkei. Amnesty International schreibt: „Die Ausgangssperren setzen das Leben von Zehntausenden Menschen aufs Spiel und fangen an, kollektiver Bestrafung zu gleichen.“ Die Menschen in den kurdischen Gebieten können nicht einmal ihre Toten bergen.
Für viele in Bremen und Bremerhaven sind diese Vorgänge besonders nah. Hier leben 25 000 Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit. Einwohnerinnen und Einwohner mit türkischem oder kurdischem Hintergrund sind die größte Gruppe mit Migrationshintergrund. Wir sind mit der Türkei eng verbunden, über die Arbeit des Rates für Migration, über die Arbeit der muslimischen Gemeinden, über die Städtepartnerschaft. In Bremen kann man Türkisch als Leistungskurs belegen. All das zeigt: Die Türkei gehört zu Europa, und die Türkei gehört zu Bremen.
Der ehemalige türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz, der mir politisch bestimmt nicht nahesteht, hat einmal gesagt: Der Weg der Türkei nach Europa führt über Diyarbakir. Dieser Satz hat sich heute auf unheimliche Weise bestätigt.