Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

Jetzt lasse ich über den Antrag des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau mit der DrucksachenNummer 19/2113 abstimmen.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von den Berichten des Ausschusses für die Gleichstellung der Frau, Drucksachen 19/2044, 19/2097 und 19/2113, von den Mitteilungen des Senats, Drucksachen 19/1742, 19/1910 und 19/1988, und von der Antwort des Senats, Drucksache 19/1989, auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP Kenntnis.

Pflegenotstand verhindern – Personalbemessung und Ausbildungsinitiative jetzt! Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 26. März 2019 (Neufassung der Drucksache 19/1850 vom 27. September 2018) (Drucksache 19/2122)

Dazu als Vertreterin des Senats Senatorin Prof. Dr. Quante-Brandt.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt zwei Anlässe für unseren Antrag. Wir haben uns mit dem Personalbestand in den bremischen Krankenhäusern auseinandergesetzt und wir haben uns mit dem Personalbedarf in der Zukunft in den bremischen Krankenhäusern auseinandergesetzt. Ich will zum Personalbestand und der aktuellen Situation nicht ausführlich Stellung nehmen, vielleicht nur insoweit, als dass mittlerweile klar ist, dass der Personalbestand auch bei der GeNo so ist, dass eine Grippewelle dazu führt, dass Operationen verschoben und Betten gesperrt werden müssen, und dass die Arbeitsbedingungen dergestalt sind, dass ein ganzer Teil von Schwestern und Pflegern aus ihrem Beruf fliehen.

Wir finden, das ist eine Situation, die man unmittelbar und dringend ändern muss und die auf jeden Fall so nicht bleiben kann.

(Beifall DIE LINKE)

Gesundheitsberufe, Monitoring und Bedarfsvoraussetzungen für den Fachkräftebedarf in ausgewählten Gesundheitsberufen im Land Bremen. Das ist ein ziemlich langer Titel.

(Abgeordnete Dehne [SPD]: Darin steckt auch viel Inhalt!)

Das ist völlig richtig. Das ist eine Studie, bei der ich das allererste Mal denke, dass diese Menschen gemacht haben, die wissen, wovon sie schreiben, und die wissen, was sie wollen, und das ist alles nachvollziehbar und plausibel. Sie machen nämlich Folgendes: Sie haben in allen möglichen Bereichen nach den Pflegekräften gefragt, in der Altenpflege, Gesundheitspflege, bei den Hebammen, in der Physiotherapie. Wie viele Kräfte habt ihr? Wie viele Kräfte braucht ihr? Sie kamen 2015 und 2016, als die meisten Befragungen stattgefunden haben, zu dem Ergebnis, dass schon zu dem Zeitpunkt 11 977 Kräfte arbeiten, also knapp 12 000, aber dass damals schon eine Lücke von 276 Kräften zu verzeichnen war.

Jetzt kann man sagen, 276 liegt nicht in solch einem Bereich, dass man sich Sorgen machen würde. Es spiegelt aber wider, was ich eingangs sagte, dass die Personalsituation in diesem Bereich knapp ist. Dann hat man gefragt: Was wird ungefähr im Jahr 2035 sein? Man kann aufgrund demografischer Voraussetzungen sagen, wenn wir heute eine bestimmte Anzahl Menschen haben, die Pflege brauchen, werden wir im Jahre 2035 mehr haben. Sie kommen zu dem Schluss, dass man 2035 nicht 12 000, sondern eher 13 500 Kräfte braucht. Da kann man auch sagen: Das sind zehn Prozent mehr, das werden wir schon irgendwie hinbekommen, wir müssen nur genug junge Leute anwerben.

Sie haben aber noch etwas Kluges gemacht. Sie haben gefragt, wie viele Leute wir eigentlich in Bremen in diesem Bereich ausbilden und wie viele Leute dann in diesem Beruf bleiben. Dann haben sie festgestellt, wenn wir so weitermachen, wie es jetzt ist, und so viele Leute in dem Beruf bleiben,

wie wir jetzt ausbilden, dann verlieren wir Fachkräfte in diesem Bereich schneller, als sie dazukommen, und sie haben eine Lücke von ungefähr etwas über 3 000 Fachkräften im Jahre 2035 ausgemacht. Das ist übrigens nicht mehr so lange, es sind noch 15 Jahre, und es wird so sein, dass dann ungefähr jeder vierte Platz fehlt.

Ich finde, es ist Zeit, darüber nachzudenken, und wir werben in unserem Antrag unter anderem dafür, dass wir unmittelbar die Ausbildungskapazitäten in Bremen verdoppeln, weil sich mittlerweile nach dieser Studie die Fachkräftelücke schon auf ungefähr 1000 erhöht hat, und das können wir nicht zulassen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dehne.

Sehr geehrte Frau Senatorin, nein.

(Heiterkeit)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein bisschen spät, trotzdem ist es natürlich richtig und wichtig, dass wir uns heute mit dem Thema Pflege beschäftigen.

Die SPD setzt sich seit Jahren für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege ein. Herr Kollege Erlanson hat ja auch sehr deutlich gemacht, warum das so wichtig ist. Weil wir natürlich in ganz vielen Bereichen einen Fachkräftemangel haben, und der ist auch in der Pflege angekommen.

In den vergangenen zehn Jahren haben wir uns hier in Bremen gemeinsam mit den Gewerkschaften auf unterschiedlichen Ebenen, auch im Parlament und im Bundesrat, mit Personalbemessungsregelungen beschäftigt, und wir haben auch für die Fälle Finanzierung von Tarifsteigerungen durch die Krankenkassen mobilisiert. Vielfältige Aktivitäten waren erfolgreich und sind auch jetzt in diverse Gesetze zur Verbesserung der Pflege gemündet. Das können wir uns ja auf Bundesebene im Moment anschauen. Was wir in Bremen im Bereich der Pflege erleben, das ist ja nichts, was nur Bremen betrifft, sondern das ist natürlich etwas, das in der ganzen Republik so oder ganz ähnlich vorherrscht.

Auf Bundesebene gab es in letzter Zeit richtig Bewegung. Wir haben für die Unterstützung für Pflegebedürftige und deren Angehörige jetzt das Pflegestärkungsgesetz verabschiedet. Auch zur Pflegeausbildung wurde etwas auf politischer Ebene gemacht, nämlich das Pflegeberufereformgesetz. Wir haben im Bereich Pflegestellen – nämlich Pflegestellen auch schaffen, das ist ja auch ein Punkt, den Sie gerade angesprochen haben – das Sofortprogramm Pflege aufgelegt, des Weiteren für die Besetzung von Pflegestellen die Konzertierte Aktion Pflege und für Pflegestandards die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung.

Es ist auf Bundesebene also viel passiert und das wird sich natürlich auch auf Bremen positiv auswirken. Sie gehen in Ihrem Antrag – dazu haben Sie, Herr Rupp, gerade noch nicht so ganz viel gesagt – auch auf das Volksbegehren ein, das jetzt in diesem Bereich stattfindet. Da hat der Senat und haben auch wir neulich als gesundheitspolitische Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen mit den Initiatoren gesprochen, haben uns da mit dem Anliegen befasst. Auch in dem Bereich muss man sagen, auf Bremer Ebene kann man natürlich etwas tun, allerdings ist aus der Sicht der Fraktion der SPD da das meiste doch auf Bundesebene zu regeln, damit wir hier nicht zu einer Insellösung kommen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Vor wenigen Monaten erst haben Bundestag und Bundesrat das Pflegepersonalstärkungsgesetz verabschiedet und damit werden bundesweit gültige Regelungen zur Personalbemessung, zu Personaluntergrenzen und auch zur Finanzierung von Ausbildung festgelegt. Ich muss einmal ganz ehrlich sagen: Das, was mit diesem Gesetz geschafft wurde, ist ein richtiger Meilenstein. Die Pflege am Bett wird aus den Fallpauschalen, aus den DRGs herausgenommen und wird gesondert vergütet. Damit holen wir die Pflege am Bett aus der Ökonomisierung heraus.

(Beifall CDU)

Wir holen sie auch aus dem Wettbewerb um Kostensenkung heraus und das ist genau richtig so.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch das Pflegestellenförderprogramm wird fortgesetzt und ausgebaut. Jede zusätzliche Pflegekraft, die jetzt in einem Krankenhaus eingestellt

wird, gilt als wirtschaftlich und muss von den Krankenkassen zu 100 Prozent bezahlt werden, auch das ist richtig positiv.

Diese Regelungen setzen das Ziel des Koalitionsvertrages zwischen SPD und CDU/CSU auf Bundesebene um, die Pflege spürbar zu verbessern, die Arbeitssituation zu verbessern und dadurch natürlich auch die Pflegequalität für die Patienten und Patientinnen zu verbessern, die Arbeitsbedingungen attraktiv zu machen und dadurch auch mehr Nachwuchs zu gewinnen, denn natürlich ist das besonders wichtig.

Das ist ein wesentlicher Schritt hin zur Verbesserung und zu einer verbindlichen, somit am Pflegebedarf orientierten Pflegepersonalbemessung, darauf sind Sie ja gerade auch schon eingegangen.

Natürlich merken wir, dass die Arbeitsbelastung enorm hoch ist und – das haben Sie gerade auch schon angesprochen – viele gar nicht mehr in Vollzeit in der Pflege arbeiten, sondern nach kurzer Zeit oft schon ihre Arbeitsstunden reduzieren, weil sie sagen, die Arbeitsbelastungen seien im Moment so hoch, dass man das nicht aushalten könne. Darum hat sich der Senat im Gesetzgebungsverfahren auch noch einmal mit Bundesratsinitiativen eingesetzt und hat gesagt, wir brauchen ein zweites Maß für Qualität jenseits der Untergrenze, nämlich nicht nur orientiert an dem, was gerade ist, sondern orientiert am Soll. Der Senat hat sich auch stark gemacht für Personalgrenzen bei den Hebammen. Das ist nicht alles mit einer Mehrheit versehen worden. Einiges konnte da leider nicht mit ins Gesetzgebungsverfahren hineinkommen, gleichwohl denke ich, dass wir hier richtig zu Verbesserungen kommen werden, und das wird man auch in Bremen spüren.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss! Wir glauben, dass dieser Antrag zu kurz greift, dass wir vor allen Dingen durch die Änderungen auf Bundesebene einen echten Schritt vorankommen, dass sich das hier auch in Bremen zeigen wird. Wir werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bensch.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist immer wieder gut und sinnvoll, wenn wir im Parlament über die Verbesserung der Pflege sprechen. Wir alle haben das Interesse, dass Pflege attraktiver wird, dass nicht nur die Kliniken des GeNo-Klinikverbundes Bremen, sondern auch die ambulanten Dienste, die Pflegeheime, alle Orte, an denen täglich Pflege geleistet wird, gestärkt werden. Ich glaube, das eint uns und ist auch in den Wortbeiträgen von Stephanie Dehne deutlich geworden.

Meine Damen und Herren, wir haben eine Bundesgesetzgebung, eine Kompetenz auf Bundesebene.

(Abgeordnete Leonidakis [DIE LINKE]: Die ist aber unzureichend!)

Stichwort DRGs und Stichwort Personal: Es muss in diesem Hause einfach einmal gewürdigt werden, dass die derzeitige Große Koalition von CDU/CSU und SPD richtig gute Arbeit leistet, das hat Frau Dehne gesagt. Es geht noch weiter, im Sommer erwartet uns die nächste sogenannte Konzertierte Aktion Pflege, bei der der Bundesminister für Gesundheit Spahn, die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Giffey und der Bundesminister für Arbeit und Soziales Heil weitere konkrete Schritte vorlegen werden. Das ist das Richtige: Nicht wie Sie an Stellen zu skandalisieren, an denen schon längst kein Skandal mehr ist, sondern sich konkret an die Arbeit zu machen, um die Bedingungen der Pflege zu verbessern.

(Beifall CDU)

Was die Rolle Bremens angeht, auch über den 26. Mai hinaus: Ich erinnere nur an die Debatten der letzten Jahre, wenn wir die Haushalte aufgestellt haben. Wir sind in der Pflicht, egal wer regiert, künftig die Kliniken im Lande Bremen mehr in Richtung bedarfsgerechte Investitionen zu unterstützen, denn wenn ein kaufmännischer Direktor eines Klinikums nicht die Höhe der Investitionsmittel bekommt, die er braucht, bleibt ihm nichts anderes übrig, als an Personal oder Material zu sparen. Wir wissen alle aufgrund der Kennzahlen, die uns vorliegen, dass dann leider an Personal gespart wird. Es ist die Aufgabe Bremens, nach und nach durch erhöhte, bedarfsgerechte Investitionen die Kliniken aktiv dabei zu unterstützen, dass sie gar nicht mehr auf die Idee kommen, an Personal zu sparen.

Das Dritte ist – und das geht in Richtung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer –: Gelebte Betriebsvereinbarungen auszunutzen, nämlich die Bedingungen der Arbeit attraktiver zu gestalten. Es gibt nicht nur schlechte Beispiele, es gibt richtig viele gute Beispiele, auch in den Städten Bremerhaven und Bremen, von denen man sagen kann: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Personal- und Betriebsräte, kaufmännische Direktoren arbeiten wirklich gut zusammen und sorgen dafür, dass es attraktive Arbeitsbedingungen gibt. Auch ich arbeite in der Pflege, ich bin bei einem attraktiven Arbeitgeber, wir haben einen niedrigen Krankenstand, wir haben eine gute Fachkraftquote. Warum? Nicht weil da irgendetwas im Lande Bremen nicht stimmt, sondern weil sich der Mix einfach als gut erweist, die Arbeitsbedingungen vor Ort gut sind. Dementsprechend haben wir kaum eine Personalfluktuation.