Protokoll der Sitzung vom 09.05.2019

Zu unserem Antrag noch kurz Folgendes: Wir wollen das, was heute schon freiwillig möglich ist, also Ersatzfreiheitsstrafen abzuarbeiten und die Geldstrafe hinfällig werden zu lassen, dies wollen wir verpflichtend machen. Wir haben in Bremen freiwillige Arbeitsmöglichkeiten durch den Hoppenbank e. V. und die Brücke

(Glocke)

und dies wollen wir verstärken, und zwar weiterhin ausbauen und über diese Einrichtungen mehr Personal und auch mehr Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, dass die Betroffenen die Möglichkeit haben, über diese Arbeitsmaßnahmen nicht nur ihre Geldstrafe abzuarbeiten, sondern hierdurch auch in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukommen

(Glocke)

Und es kommt letztlich – –.

(Beifall FDP)

Das ist unser entscheidendes Petitum und nicht Zwangsarbeit, das liegt völlig neben der Sache, das ist populistisch. Wenn man sich das Wort des ehemaligen Leiters der Justizvollzugsanstalt Bremen, Herrn Dr. Bauer,

(Glocke)

noch einmal vor Augen hält – das ist mein letzter Satz –: Es kommt darauf an, wie die Gefangenen angesprochen werden. Wenn man ihnen gleich sagt, du brauchst nicht arbeiten, dann arbeitet man nicht, aber wenn man ihnen die Möglichkeit und die Perspektive eröffnet, dass sie etwas für sich selbst tun können, dann werden sie diese Arbeitsangebote auch annehmen. – Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat die Abgeordnete Frau Dogan das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viele Redebeiträge meiner Kolleginnen und Kollegen haben inhaltlich ganz viel Richtiges, wobei ich dem Antrag der Fraktion der FDP nicht zustimmen kann. Ich sehe genauso wie Herr Janßen, dass er verfassungsrechtlich problematisch ist. Ich möchte mich bei allen Mitgliedern des Rechtsausschusses für die sehr interessante Anhörung bedanken. Uns alle eint, dass wir viel mehr vermeiden wollen, dass Ersatzfreiheitsstrafen ausgesprochen werden. Ich möchte noch einmal betonen, dass es um Menschen geht. Es hat mich ehrlich gesagt, Herr Zenner, ich schätze Sie sehr, gestört, dass Sie sagen, wir haben sehr viele Beratungszentren, in denen diesen Menschen, die Schulden haben, die Drogenprobleme haben, geholfen wird. Ja, das stimmt, und dann haben Sie gesagt, sie haben selbst Schuld, wenn sie das nicht in Anspruch nehmen. Wir wissen und wir haben es in der Anhörung auch noch einmal gehört, dass das wirklich die Menschen sind, die Suchtprobleme haben, die extrem von Armut gefährdet sind, die psychische Probleme haben. Wir wissen auch, dass es für diese Menschen besonders schwer ist, sich mit rechtlichen Fragen auseinanderzusetzen. Deswegen ist es richtig gewesen, dass wir uns in dieser Legislaturperiode, und, Herrn Janßen, nicht nur aufgrund ihres Antrages, sondern mehrmals mit dem Thema Ersatzfreiheitsstrafen beschäftigt haben. Ich möchte nur daran erinnern, dass wir als Koalition zum Beispiel das StadtTicket Extra ausgeweitet haben,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

weil wir jemanden im Rechtsausschuss hatten, der uns noch einmal deutlich gemacht hat, dass es in dieser Gruppe, der es so schlecht geht, noch mehr Menschen gibt, die daran ein Interesse haben, damit sie nicht in diese Schleife kommen und gleich nachdem sie entlassen sind, durch Erschleichen von Leistungen, indem sie ohne Fahrkarte in die Straßenbahn einsteigen, wieder in dieselbe Falle laufen. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass wir das machen konnten. Ich bin auch Herrn Staatsrat Schulz dankbar, dass das Justizressort das aufgenommen und unterstützt hat, und auf jeden Fall finde ich es richtig gut, Herr Janßen, dass Sie noch einmal deutlich gemacht haben, dass der Antrag von uns als Koalition in die richtige Richtung geht.

Dass wir uns in der neuen Legislaturperiode alle dafür einsetzen werden, wie wir das weiterhin verringern können. Das bringt unserem Haushalt nichts, da stimme ich Ihnen zu, aber in erster Linie bringt das den Menschen nichts, die wegen einer Geldstrafe verurteilt worden sind und eine Freiheitsstrafe bekommen haben.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich mich bei allen im Rechtsausschuss für die konstruktiven Diskussionen bedanken, die wir dort in den vier Jahren geführt haben. Insbesondere möchte ich mich ganz herzlich bei meiner Vorsitzenden, Frau Sascha Aulepp, für die wirklich sehr neutrale, sehr gute und sehr fachliche Zusammenarbeit bedanken, sowie für die Unterstützung von unserem Profi Herrn Weiß, der uns immer sehr gut beigestanden hat. Ich möchte auch ganz herzlich Herrn Staatsrat Schulz meinen Dank aussprechen, wie ich erfahren habe, ist das Ihre letzte Landtagssitzung. Danke dafür, dass Sie, seitdem Sie Staatsrat geworden sind, vieles für die Justiz in die Wege geleitet haben und Diskussionen im Rechtsausschuss angeregt haben, um die Justiz zu stärken. Ich glaube, es sind gute Entscheidungen, die die rot-grüne Koalition in den letzten Jahren gemeinsam mit den Mitgliedern des Rechtsausschusses getroffen hat, und dass es ganz wichtig ist, dass wir eine starke Justiz haben. Ich freue mich auf eine neue Legislaturperiode, vielleicht mit ganz vielen Gesichtern aus dieser Wahlperiode. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Yazici.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe dem bisher Gesagten inhaltlich eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Wir sind uns alle einig, dass Menschen, die zu einer Geldstrafe verurteilt worden sind, eigentlich nicht ins Gefängnis gehören. Da sind wir uns alle einig. Das war ja auch der Ausgangspunkt für uns, das als Auftrag zu sehen und das in den Rechtsausschuss mitzunehmen. Dort haben wir das Thema sehr ausgiebig und sehr intensiv mit einer Anhörung von Experten bearbeitet, die sich dazu eingelassen haben.

Wir haben auch hier in der Bürgerschaft dazu debattiert und unsere Positionen sind ausgetauscht. Ich möchte Ihnen noch einmal der Förmlichkeit

halber sagen, dass wir die Anträge ablehnen, den der Koalition und auch der FDP. Unsere Begründungen dazu liegen vor. Wir müssen aber auch weiter an diesem Thema festhalten, denn es ist, wie schon eingangs gesagt, ein zutiefst unbefriedigendes Gefühl, dass Menschen, die im Kern aus Not in diese Situation gekommen sind, im Gefängnis landen. Wir brauchen noch bessere, passgenaue Hilfemöglichkeiten für diese Menschen, damit sie erst gar nicht in die Situation kommen. Bremen ist da – das muss man sagen – vorbildlich aufgestellt.

Das StadtTicket ist in der Tat ein sehr gutes Instrument und wir begrüßen, dass es weiter ausgebaut worden ist. Hier muss man weitere Anstrengungen unternehmen. Da haben Sie auch die Fraktion der CDU an Ihrer Seite, wenn es darum geht, diesen Menschen Hilfestellungen an die Hand zu geben, aber an dem Instrument der Ersatzfreiheitsstrafen halten wir weiterhin fest.

Da heute der Tag des Dankes ist und des Abschiedes und so weiter, möchte auch ich mich ganz herzlich bedanken, vor allem bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Rechtsausschuss und bei meiner geschätzten Kollegin Frau Aulepp als Vorsitzende unseres Rechtsausschusses. Der Rechtsausschuss hat stets sachlich getagt. Der Rechtsausschuss hat immer fair getagt.

Dann möchte ich mich auch bei Herrn Staatsrat Schulz bedanken, der noch einmal eine andere Perspektive in den Rechtsausschuss gebracht hat, die ich sehr begrüße, und ich möchte mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen hier im hohen Hause bedanken und würde mich sehr freuen, wenn ich und wenn Sie und so viele Gesichter wie möglich auch das nächste Mal nach dem 26. Mai hier sind. Auch Sie, Herr Senkal. – Bis dahin, danke schön, auf Wiedersehen!

Als nächste Rednerin erhält die Abgeordnete Frau Aulepp das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Zenner, verabschiedet wurde ich nicht. Bislang wurde mir nur gedankt.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns als Fraktion der SPD ist klar: Menschen, die zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, gehören nicht ins Gefängnis. Punkt.

(Beifall SPD)

Es ist auch unsere Überzeugung, dass die beste Kriminalprävention in ganz vielen Fällen sozialpolitisches Handeln ist, das heißt, die Betroffenen brauchen Hilfestellung, Beratung und Unterstützung und keine Sanktionen

(Beifall SPD)

und das möglichst schon zu Beginn eines Strafverfahrens, das heißt, wenn es mit dem Ermitteln losgeht, was da ermittelt wird, dass da auch die persönlichen Verhältnisse ermittelt werden, dass da genau hingesehen wird, insbesondere auch bei der Wahl der angemessenen Rechtsfolge. Dafür muss man die Betroffenen, die Menschen, um die es geht, sehen und sich mit denen beschäftigen. Deshalb ist das so problematisch mit den Strafbefehlen, die eine Geldstrafe verhängen und am Ende in eine Ersatzfreiheitsstrafe umgewandelt werden. Wir sind davon überzeugt, dass Hilfestellung, Beratung und Unterstützung die Inhaftierung wegen einer Ersatzfreiheitsstrafe grundlegend vermeiden kann. Deswegen muss daran weiter gearbeitet werden, obwohl ich natürlich gern das Lob der Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition entgegennehme, dass wir in Bremen mit einem rot-grünen Senat und einem sozialdemokratischem Justizsenator vorbildlich sind.

Andererseits braucht es – und deswegen werden wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen –, das ist auch meine Überzeugung als Jugendrichterin, ein klares Signal, dass rechtswidriges Verhalten Konsequenzen hat, damit das Strafrecht kein stumpfes Schwert ist. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns an dieser Stelle. Deswegen haben wir ganz konkrete Vorschläge zur Verbesserung gemacht, die dankenswerterweise von Herrn Janßen schon ausführlich dargestellt und auch ausführlich gelobt worden sind. Vielen Dank!

Auf Ebene des Bundesrechts sind die Justizministerkonferenz und der Bundesrat die handelnden Akteure, auf bremischer Ebene ist das Feld der Akteurinnen und Akteure breiter aufgestellt. Polizei, soziale Dienste, freie Träger, Staatsanwaltschaft und natürlich auch Richterinnen und Richter. Das fängt bei der Höhe der Geldstrafe an, geht über die Verbesserung der Angebote zu Hilfe und Unterstützung bis zur Frage der Änderung bundesrechtlicher Vorschriften bei der Frage der Verhängung und Abänderung von Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen.

(Glocke)

Meine Damen und Herren, würden Sie bitte der Abgeordneten zuhören! Das wäre ganz nett. Vielen Dank!

Ich bin auch gleich am Schluss. Dass das ein bisschen ausführlicher mit den Maßnahmen ist – –. Die sehen Sie alle im Antrag. Ich will die nicht im Einzelnen begründen. Ich möchte Sie alle bitten, dass Sie dem Antrag des Rechtsausschusses zustimmen. Wir werden die Anträge der Fraktionen der FDP und DIE LINKE ablehnen und damit bin ich schon am Ende. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält Herr Staatsrat Schulz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Für den Senat kann ich sagen: Sollte dieser Antrag die Mehrheit im Hause finden, ist der Weg deutlich vorgeschrieben. Wir sind aufgefordert, uns auf Bundesebene für eine rechtliche Novellierung der Regelung zur Ersatzfreiheitsstrafe einzusetzen. Aber – und das muss ich nun einmal auch sagen – wir werden auch – und das steht ja in diesem Antrag – die Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz dabei auswerten müssen. Ersparen Sie es mir angesichts der sich dem Ende nähernden Sitzung, hier ein paar rechtstheorethische Ausführungen zum Instrument der Ersatzfreiheitsstrafe zu machen. Der Senat hat einen Auftrag, der wahrscheinlich gleich so beschlossen wird, und diesen Auftrag wird er abarbeiten und ich denke, dass darüber noch viele wichtige Diskussionen geführt werden.

Ich kann nur für die Justizverwaltung sagen, dass sich der Rechtsausschuss mit diesem Thema nicht leichtfertig auseinandergesetzt hat. Das war eine sehr interessante Anhörung, die dort durchgeführt worden ist, und wir werden das abarbeiten. Wichtig ist – und das ist hier ja schon gesagt worden –: In Bremen wird schon seit Jahren ein sehr ausdifferenziertes Angebot zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen angeboten. Das führt uns dazu, dass wir wieder mit denjenigen, die hier immer so umschrieben werden, ins Gespräch kommen, damit sie nicht erneut straffällig werden.

Dazu gehört nun einmal auch das StadtTicket Extra. An dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen: Es ist allseits gelobt worden. Ich kann mich

aber erinnern, als wir die Beratung und Beschlussfassung dazu im Rechtsausschuss hatten, gab es auch eine mediale Begleitung, die ungefähr so aussah: Man muss sich nur häufig genug strafbar machen, dann bekommt man noch ein StadtTicket Extra, und das wäre doch der falsche Weg. Zum Glück wird das von der Mehrheit hier in der Bürgerschaft nicht so gesehen.

Das ist der kurze Beitrag des Senats dazu. Ich muss sagen, ich habe mich über die lobende Erwähnung der Justizverwaltung gefreut, ich werde das meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitergeben und es hat mir Spaß gemacht mit Ihnen. – Vielen Dank!

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/1520 abstimmen.

Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE, Abgeordneter Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos], Abgeordnete Wendland [par- teilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!