Ja, natürlich ist es der Dezember, Herr Dr. Buhlert, das wissen wir doch alle. Das ist ja schon einmal ein tolles Signal, sich ein Jahr Zeit zu lassen, nachdem die Enquete ohnehin schon häppchenweise Sachen nach außen getragen hat und die Kommission vor zwei Monaten ihre Arbeit abgeschlossen hat. Dann zu sagen, wir brauchen ein Jahr, um das zu evaluieren, das halten wir für ziemlich arm. Das ist ein ziemliches Trauerspiel.
Wir haben zum Beispiel in unserem Antrag Juni 2022 angepeilt. Selbstverständlich wären wir Ihnen entgegengekommen. Wir hätten auch noch über den Juli oder Anfang August sprechen kön
nen, aber für uns ist klar, dass das im Sommer geschehen muss und nicht im Winter. An dem Tempo sehen wir ja schon einmal, wo Ihre Prioritäten liegen: Es gibt keine. Dann können Sie gern in einigen Jahren den zukünftigen Generationen erklären, wieso Sie das verschlafen haben.
Dann gibt es weitere Punkte, zum Beispiel Punkt 3e. Mir ist übrigens aufgefallen, dass in Ihrer neueren Version die Nummerierung fehlt. Sie fordern den Senat auf darzulegen, an welchen Punkten von der Kommission vorgeschlagene Maßnahmen durch alternative Maßnahmen mit gleicher Wirksamkeit ersetzt werden können. Dann frage ich mich: Was für Alternativen? Genau aus dem Grund haben wir doch die Enquetekommission eingesetzt,
weil es keine Alternativen gab. Dann singen Sie hier, Herr Dr. Sieling, ein Loblied auf den Senat der vergangenen Dekade. Dann frage ich mich: Wenn der Senat so schlau war, wo sind denn die PV-Anlagen?
Eine im letzten Jahr, fünf in den letzten fünf Jahren. Was ist denn mit der energetischen Gebäudesanierung? Da ist nichts passiert. Alles ist ins Stocken geraten. Noch besser: Wenn der Senat so schlau war, warum hat er dann bei der Berechnung der Klimaziele das Stahlwerk immer außen vor gelassen?
Auch beim Hinweis auf die Bundesregierung und die EU im Antrag der Koalition haben wir die Sorge, dass hier schon für die nächsten Monate eine Ausrede vorbereitet wird, denn es ist natürlich einfach zu sagen, wir fordern den Bund und die EU auf, das und das umzusetzen. So kann man die Schuld schön von sich weisen, und in einigen Monaten sagen: Ja, Bremen wollte doch, aber der böse Bund oder die böse EU. Schuld auf andere zu schieben ist eigentlich laut Enquete-Abschlussbericht gar nicht möglich, weil wir Maßnahmen präsentiert haben, die umzusetzen, Bremen auch in der Lage ist.
Erklären Sie sich bitte, liebe Koalition: Woran stören Sie sich bei unserem Antrag? Weil der Antrag von der CDU kommt? Passt es nicht, dass die Opposition den besseren Antrag auf den Tisch legt? Denn, wie gesagt, es ist komisch: Im „Weser-Kurier“ konnte ich lesen, dass einige Koalitionäre diesen Antrag tatsächlich begrüßen.
Wir als CDU-Fraktion stehen für eine Umsetzung des Enqueteberichts ohne Wenn und Aber. Das ist sehr bedauerlich und wird dem Endbericht nicht gerecht, wenn Sie Ihren Antrag in der Form, wie Sie ihn aktuell präsentieren, einbringen.
Ich will auch die Sondervoten nicht außen vor lassen. Dr. Sieling hat fairerweise auch eingestanden, dass es auch viele Bereiche gab, die die SPD nicht wollte. So war es auch mit einigen Bereichen, die wir als CDU nicht akzeptieren konnten. Ich nenne einmal ein Beispiel: generelles Tempo 30. Denn es ist so, bei der Debatte ging es gar nicht mehr um CO2-Einsparungen, denn die konnte nämlich kein Experte in diesem Zusammenhang belegen. Es wurde lediglich mit der Verkehrssicherheit argumentiert. Diese Argumentation ist definitiv legitim. Nur in einem Ausschuss, der dafür eingesetzt wurde, CO2 zu sparen, ist das nicht das richtige Mittel.
Auch die Auswirkungen auf den ÖPNV wurden nicht berücksichtigt. Auch die Verlangsamung des ÖPNV, des Warenverkehrs für die Wirtschaft wurden direkt herausgelassen.
Wir als Logistikstandort können uns so etwas einfach nicht erlauben. Auch beim ÖPNV sind wir anderer Meinung. Ein attraktiver ÖPNV ist völlig richtig, da sind wir an der Stelle einer Meinung, aber ein ticketloser ÖPNV ist einfach nur eine Forderung aus dem Koalitionsvertrag.
Selbst die Experten haben gesagt, dass der ÖPNV, der ticketlos ist, nicht zu einer Attraktivität beiträgt, und trotz Widersprüche der Experten haben Sie dem zugestimmt.
Wir können auch das Thema autofreie Innenstadt nehmen, das sowohl für Bremen als auch Bremerhaven umgesetzt werden soll. Allerdings hat niemand in der Koalition sich getraut auszusprechen, was eigentlich die räumliche Präzisierung sein soll. Es wurde gesprochen vom Hauptbahnhof bis zur Westerstraße in der Neustadt, aber andere Himmelsrichtungen wurden komplett ausgelassen, ob es jetzt von der Kunsthalle bis zum Kellogg-Gelände geht, weiß niemand. Gerade dadurch, dass diese Präzisierung nicht erfolgt ist, konnten wir das selbstverständlich nicht mittragen, denn das offen zu lassen, halten wir für gefährlich, denn das verunsichert die Bewohner und das verunsichert auch Gewerbe, das sich ansiedeln will.
Als CDU-Fraktion haben wir uns auch für eine autoarme Stadt ausgesprochen, auch für Teilbereiche, die tatsächlich autofrei sein könnten. Das Prinzip „Dichtmachen und den Menschen sagen, seht doch selbst zu, wie ihr hinkommt“ ist aber falsch. Wir müssen es ermöglichen, dass alle Menschen auch überall hinkommen.
Völlig schräg ist auch das Sondervotum der SPD. Das hat Herr Dr. Sieling hier vorn benannt. Es geht um die Reduzierung der Kfz. Dann frage ich mich: Wie passt das mit Ihrer autofreien Innenstadt zusammen? Sie verdrängen die Autos aus der Innenstadt, erhöhen den Verkehrs- und Parkdruck in Bereichen, die ohnehin unter massivem Druck leiden, und ich spreche hier nur einige Viertel an, zum Beispiel Findorff, Schwachhausen, teilweise die Neustadt oder das Viertel. Das kann nicht funktionieren, das ist auch unlogisch. Gleichzeitig fordert die SPD außerhalb der Enquetekommission 120 Ladestationen für jedes Quartier. Dann frage ich mich: Ist die Innenstadt jetzt kein Quartier mehr? Wozu brauchen wir dann 120 Ladestationen, wenn es da theoretisch keine Autos mehr gibt? Das ist auch unlogisch.
Noch schöner ist das Sondervotum der SPD zum Thema Verkehr. Es hat mich schon sehr gewundert, was man da findet. Auf Seite 300 zum Beispiel finden Sie eine Grafik, und das zieht sich durch den ganzen Bericht, dass die Grafik in der Fußnote auf eigene Berechnungen ohne Bezugspunkt basiert. Ich frage mich schon, wenn ich jetzt die Bibliothek besuche und ein Buch suche, das „Eigene Berechnungen“ heißt, ob ich dazu etwas finden werde. Wahrscheinlich nicht. Das ist wirklich ein Niveau, das mich bei Ihrem Sondervotum sehr irritiert hat.
Es muss trotz allem vorangehen. Wir haben uns in der Kommission auch Gedanken über Kontrollmechanismen gemacht, und es ist auch unser Ziel, einen nicht ständigen Ausschuss, also einen Ausschuss zur Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission ins Leben zu rufen, der die Umsetzung der Maßnahmen auch monitort. Dazu wird die CDU-Fraktion in den kommenden Wochen auch einen Antrag einbringen.
Ich werde in diesem Teil der Debatte nicht auf die Finanzierung eingehen. Das ist ein weiteres Kapitel, bei dem sich die Geister scheiden. Für uns als CDU-Fraktion ist es völlig unverständlich, wie Sie nach dem Gutachten von Herrn Professor Wieland zu dem Ergebnis kommen, die Schuldenbremse aufzuweichen. Denn wenn Sie die Vorschläge aus dem Gutachten gegenüberstellen, dann ist der überwiegende Teil so mächtig und zeigt Möglichkeiten, ohne diesen Schritt machen zu müssen. Dazu aber später.
Ich werbe für den Antrag der CDU-Fraktion. Er ist kurz und bündig, er ist ein klares Bekenntnis zu der Enquetekommission, und er ist ein klares Bekenntnis zu den Ergebnissen der Enquetekommission und des Abschlussberichtes.
Ihren Antrag, den können wir in dieser Form so nicht mittragen, das haben wir Ihnen bereits mitgeteilt.
Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen, die Dr. Carsten Sieling genannt hat: die Prioritäten. Es ist leicht, über Prioritäten zu reden, wenn man sich an der Stelle die Rosinen herauspickt, so nenne ich das, und wenn man sich Hintertüren offenlässt. Das ist aber nicht der Geist des Abschlussberichtes.
Hier jetzt den Kohleausstieg zu benennen, den wir sogar letzte Woche noch in der Deputation reportmäßig bekommen haben – –. Der ist doch ohnehin schon vom Tisch. Dazu hat die Enquetekommission nichts beigetragen. Stahlwerk ja, das ist richtig, aber jetzt hier so zu tun, als ob die Regierung der Vergangenheit in weiser Voraussicht alles dafür getan hätte, das Stahlwerk zu transformieren – –. Das ist nicht der Fall, denn der wesentliche Input, der diesen Prozess beschleunigt hat, kam aus der Enquetekommission. Das lässt sich nicht leugnen, der Input kam von den Experten. Das wurde auch dadurch offenbart, dass teilweise in der Sitzung die Staatsräte, die teilgenommen haben, gegenseitig manchmal gar nicht wussten, was der andere
macht, vor allem in Bezug auf das Stahlwerk, vor allem in Bezug auf Genehmigungsverfahren, in Bezug auf die Stromtrassen, die benötigt werden für die grüne Energie, die wir brauchen, um grünen Wasserstoff vor Ort herzustellen.
Es ist richtig: Bremerhaven spielt eine zentrale Rolle. Bremerhaven wurde in den Prozess auch stark eingebunden. Die meisten Maßnahmen sind auch auf Bremerhaven anwendbar, und der Hafen spielt eine wichtige Rolle. Bremerhaven zu einem Wasserstoffstandort auszubauen, das ist extrem wichtig. Es ist auch richtig, an die Investitionen zu denken. Wir als CDU-Fraktion sagen aber: Nutzen Sie diese Chance! Das Ganze kann ein großes Konjunkturpaket für diese Stadt sein. Nutzen Sie die Chance, um private Gelder zu akquirieren. Die Möglichkeiten wurden uns aufgezeigt. Sie wurden uns deutlich aufgezeigt.
Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir das richtig anpacken, wenn wir das ambitioniert anpacken, dann werden wir das schaffen. Dann wird es uns in Bremen in den nächsten Jahren sehr gut gehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleg:innen! Diese Enquetekommission hat ein beachtliches Werk hervorgebracht, vielleicht die stärkste Klimastrategie aller Bundesländer. Diese Strategie ist aber nur dann ein Erfolg, wenn sie jetzt auch umgesetzt wird. Ich glaube, die Gefahr, dass der Bericht in der Schublade landet, ist gebannt. Es gibt aber die Gefahr, dass der Bericht zerstückelt wird oder dass er in der politischen Umsetzung, im politischen Geschäft nicht den nötigen Stellenwert erhält.
Sie sagen SPD, ich bin mir jetzt unsicher bei Ihnen, ob für Sie der ganze Bericht gilt, oder ob an einzelnen Stellen, Tempo 30 oder so, dann doch nicht? Das können Sie ja gleich noch einmal erklären. Für uns ist klar: Diese Klimastrategie gilt! Sie ist unsere beste Chance, die Klimakrise zu bekämpfen, und wir werden alles dafür tun, sie auch in der Umsetzung zu einem Erfolg zu machen.
Diese erste Bremer Enquetekommission war ein besonderer Prozess, was im Wesen einer Enquetekommission liegt, also der Verbindung von Wissenschaft und Politik. Es ist eben kein rein politisches Gremium, in dem wie in Koalitionsverhandlungen Programme nebeneinandergelegt und ausgehandelt werden. Es ist auch kein rein wissenschaftliches Gremium, in dem eine Strategie aufgeschrieben wird, die vielleicht die optimale Strategie, aber dann politisch nicht durchsetzbar ist. Sondern es ist eine Kombination, in der auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse politische Verabredungen getroffen werden, und dieses Ergebnis kann sich sehen lassen. Was wir beschlossen haben, dürfte wohl die ambitionierteste politisch verständigte und, wie schon genannt, durchgerechnete Klimastrategie aller Bundesländer sein.
Das gilt nicht nur für das Zieljahr der Klimaneutralität, 2038, sondern auch für die Maßnahmen, gerade in den Bereichen Energie, Gebäudewärme und im Industriesektor. Man kann man sich wahrscheinlich nicht viele Maßnahmen vorstellen, die man über das, was wir als Empfehlungen im Enquetebericht aufgeschrieben haben, noch hinaus hätte fordern sollen. Das ist ein toller gemeinsamer Erfolg.
Hinter diesem Erfolg steht eine ganze Reihe von Menschen, denen ich hier auch noch einmal danken möchte: Den Sachverständigen, die unsere klimapolitische Debatte in Bremen auf ein ganz neues Niveau gehoben haben und die weit mehr für diese Enquete geleistet haben, als wir uns das hätten wünschen oder erwarten können.