Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deshalb sage ich für meine Fraktion:Aus diesem Grunde sind die 1,4 % – nicht die 2,87 %, die im neuen Mikrozensus enthalten sind – richtig und notwendig.

Dann haben wir eine kleine Reform der Altersversorgung. Über die grundlegende Reform der Altersversorgung reden wir noch.Was ist diese kleine Reform? Dies ist eine Übertragung der Regelungen der Altersversorgung der Beamten, weil wir uns bisher weitgehend nach dem Beamtenrecht gerichtet haben, auf die Versorgung der Abgeordneten. Da ist es unstrittig, die Absenkung der Höchstgrenze von 75 % auf 71,75 % vorzunehmen. Es ist klar, dass die jährliche Steigerungsrate von 3 auf 2,75 % gesenkt wird. In der Konsequenz muss das heißen, dass die Dauer der Zugehörigkeit zum Parlament, mit der man die Höchstversorgung erreicht, jetzt geändert werden muss.Aus diesem Grunde fangen wir mit einem niedrigen Satz an. Das ist alles in sich logisch.

Jetzt kommt ein Problem, das Herr Kollege Kaufmann so hoch ansiedelt. Das ist die Frage, wie man die Dauer der Zugehörigkeit zum Parlament berechnet.Wenn wir schon sagen, wir wollen die Regelungen des Beamtenrechtes und der Rentenversicherung übertragen, dann gehört dazu selbstverständlich auch die tagesgenaue Ermittlung der Zugehörigkeit zum Parlament.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Worin liegt da ein Privileg? Kann mir jemand, auch von der Fraktion der GRÜNEN,erklären,warum Kolleginnen und Kollegen, die vom ersten bis zum letzten Tag Abgeordnete in der Wahlperiode von 1987 bis 1991 waren, trotzdem, wenn sie damals begonnen haben, keine vier Jahre anerkannt bekommen, weil ihre Rechtsstellung erst nach dem Termin der Wahl begonnen hat? Das kann doch niemand erklären.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Jetzt geht es um die Übergangsregelung.Bei den Beamten ist es so, dass die Übergangsregelung bedeutet: Wenn jemand in den Ruhestand tritt, dann werden die jährlichen Besoldungssteigerungen abgefangen durch die Reduzierung der Versorgungshöhe. Das geschieht in acht Stufen. Wir haben im Änderungsantrag klargestellt, dass diese Übergangsregelung nur für Abgeordnete gilt, die schon ausgeschieden sind. Diese Klarstellung war notwendig. Sonst steht in dem Änderungsantrag nichts, aber auch gar nichts drin.

Wir sind für die aktiven Abgeordneten weiter gegangen. Für denjenigen, der demnächst ausscheidet, ist von einem Tag zum anderen die Absenkung in dieser Größenordnung Fakt. Das ist der Unterschied, im Übrigen auch zu dem Gesetzentwurf betreffend die Ministerbezüge, in dem auch für aktive Minister die Übergangsregelung gilt. Das heißt, wir gehen an dieser Stelle weiter als die Regelung in der Beamtenversorgung, um das klar und deutlich zu sagen.

Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Diese Änderung der Altersversorgung ist ein erster Schritt, in dem wir die Übernahme der Regelungen des Beamtenrechtes umgesetzt haben. Ich sage für meine Fraktion klar:Wir sind für die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission, die die Altersversorgung der Abgeordneten insgesamt auf den Prüfstand stellt.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Dies kann deswegen nur ein erster Schritt sein. Aber lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam gehen, den wir jetzt mit diesem Abgeordnetengesetz machen wollen.

Herr Kollege Kaufmann, ich glaube nicht, dass das ein Thema ist, mit dem man sich außerhalb populistischer Erwägungen wirklich profilieren kann.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Das kann man garantiert nicht. Wir sollten auch bei diesem Thema, auch dann, wenn wir zu Einzelheiten unterschiedlicher Meinung sind – das können wir sein, das ist das gute Recht –, nicht mit Argumenten nach der Devise: „Da hätte etwas verschleiert werden sollen“ in die Debatte eingreifen. Das muss ich zum Schluss noch einmal deutlich zurückweisen. Hier lagen die Fakten auf dem Tisch.

Deswegen wird meine Fraktion der Änderung des Abgeordnetengesetzes in der vorgelegten Fassung zustimmen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kahl. – Für die FDP-Fraktion hat ihre Geschäftsführerin, Frau Beer, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion trägt diesen Änderungsantrag im Hinblick auf die hessische Abgeordnetenentschädigung mit. Es ist schon sehr viel gesagt worden zur Anhebung der Diäten, gerade durch den Kollegen Lortz und jetzt auch wieder durch den Kollegen Kahl. Auch wir halten es für vertretbar, die Diätensteigerung um 1,4 % vorzunehmen, gerade im Hinblick darauf, dass der transparente und anhand objektiver Zahlen ermittelte Wert von 2,87 % um mehr als die Hälfte unterschritten wird. Mit Rücksicht auf die momentane Haushaltslage ist es sicherlich gerechtfertigt, hier eine solche Abänderung vorzunehmen.Wir bewegen uns damit quasi auf einer Kompromisslinie zwischen der Position, an dem System festzuhalten, und der Position, eine komplette Nullrunde einzulegen, wie von den GRÜNEN gefordert.

Uns als FDP-Fraktion ist vor allem wichtig, dass das System an sich erhalten bleibt, weil es, durch eine Expertenkommission gefunden, wirklich ein sehr transparentes, nachvollziehbares und objektives Verfahren darstellt, um die Höhe der Abgeordnetendiäten in diesem Hause festzulegen. Das ist schon betont worden.

Wir sind in einem zweiten Punkt zum jetzigen Zeitpunkt – das betone ich ausdrücklich – damit einverstanden, im Rahmen des bestehenden, an das Beamtenrecht angelehnten Systems erste Änderungen vorzunehmen. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir die Änderungen im Hinblick auf die Altersversorgung, die im Beamtenrecht

stattgefunden haben, auf die Abgeordnetenversorgung übertragen. Da ist es auch in unseren Augen angemessen, nach einer tagweisen Abrechnung der Mitgliedschaft in diesem Hause vorzugehen. Was für alle anderen Rentensysteme, für alle anderen Sozialversicherungssysteme gilt, das soll auch für Abgeordnete gelten. Da sind Abgeordnete keine Menschen zweiter Klasse.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,ich möchte an dieser Stelle allerdings noch einmal betonen – wir haben mit diesen Vorschlägen schon mehrfach in die Diskussion eingegriffen –: Nach Meinung der FDP befinden wir uns nach wie vor im falschen System, was die Altersversorgung anbelangt. Ich glaube, das ist auch gerade bei der Diskussion um die Abgeordnetendiäten und ihre Höhe das, was die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande zu Recht – das unterstreiche ich: zu Recht – aufregt.

Das sind nämlich das System und vor allem die Höhe der Altersversorgung von Politikerinnen und Politikern. In keinem Rentenversicherungssystem und keinem Sozialversicherungssystem dieses Landes ist es möglich, nach so kurzer Zeit der Zugehörigkeit zu solch einem System eine so hohe Altersversorgung auf Lebenszeit zu erhalten. Ich rede jetzt gar nicht darüber, ob diese Altersversorgung erst mit 60 Jahren oder schon mit 55 Jahren ausgezahlt wird.Auch das ist ein Punkt, der in unseren Augen zu kritisieren ist. Ich rede vielmehr von der Höhe – roundabout 1.800 c - der Rente, die nach sechsjähriger Mitgliedschaft in diesem Hause erworben wird. Diese Tatsache wird in der Bevölkerung zu Recht nicht verstanden, weil man nach sechs Jahren in keiner anderen Anlageform – ob Rentenversicherung, Lebensversicherung, Immobilie oder vielleicht ein besonders geschickt angelegtes Wertpapierdepot – eine so hohe lebenslange Altersversorgung erarbeiten kann.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen hat Ihnen meine Fraktion vorgeschlagen, das System der Altersversorgung der Politikerinnen und Politiker – damit meinen wir sowohl die Abgeordneten dieses Hauses als auch die Regierungsmitglieder und die kommunalen Wahlbeamten – grundlegend zu reformieren. Wir müssen nämlich darüber sprechen, ob unsere Diäten angemessen und hoch genug sind, um den Politikerinnen und Politikern aufzuerlegen, privat und eigenverantwortlich für ihr Alter vorzusorgen, wie es jeder Selbstständige in dieser Republik tut.

(Beifall bei der FDP)

Da bin ich dann auch recht selbstbewusst, was die Höhe der Diäten betrifft. Lassen Sie uns 200 oder 300 c drauflegen. Dann ist aber jeder von uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, selbst dafür verantwortlich, in welcher Art und Weise auch immer – ob über eine Rentenversicherung,ein Versorgungswerk, über Immobilien, Wertpapiere oder was auch immer – für den Lebensabend vorzusorgen. Die Zeiten der Mitgliedschaft der Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause sind sehr unterschiedlich.Von daher gibt es auch ganz verschiedene Zeiträume, die entsprechend abgedeckt werden müssen.

Ich halte es – das sage ich ganz deutlich – für nicht gerechtfertigt, im Grunde genommen schon durch eine sechsjährige Mitgliedschaft in diesem Hause eine Vollversorgung im Alter zu erlangen. Das ist, seien Sie bitte ehrlich, bei Bezügen in Höhe von 1.800 c der Fall. Fast könnte man ketzerisch sagen,es gab Kolleginnen und Kollegen, die diesem Hause mit einem geringeren Aktivein

kommen angehörten, als sie nachher im Alter kassiert haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns deshalb über eine grundlegende Reform der Altersversorgung reden. Seien wir da durchaus selbstbewusst im Hinblick auf die Höhe der Diäten. Ich glaube, viele Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause werden sich wundern, dass die Diäten gar nicht so weit angehoben werden müssten, um eine eigenständige ausreichende private Altersversorgung zu erlangen. Ich habe mir einmal von einer Versicherungsgesellschaft verschiedene Tarife durchrechnen lassen. Da ist man mit ein paar Hundert Euro durchaus in einem finanziellen Bereich, der den Lebensabend gut abdeckt.

Deswegen gilt es,jetzt einen ersten Schritt zu tun,aber das System sollte grundlegend reformiert werden. Dazu möchte Sie meine Fraktion aufrufen. Ich habe die Hoffnung, dass wir Sie im Laufe dieser Legislaturperiode davon überzeugen können, diese Reform wirklich anzugehen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Norbert Kart- mann (CDU))

Vielen Dank, Frau Beer. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Gemäß der Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/336, abstimmen. Wer für den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.Wer ist dagegen? – Das sind die CDUFraktion, die SPD-Fraktion und die FDP-Fraktion.

Ich lasse nun über folgende Beschlussempfehlung abstimmen: Der Ältestenrat empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 16/312 in zweiter Lesung anzunehmen. – Wer für diese Beschlussempfehlung stimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP.Wer ist dagegen? – Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen und damit zum Gesetz erhoben.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jetzt kommt die persönliche Erklärung der GRÜNEN, wohin sie spenden!)

Herr Hahn, es liegt mir zur Stunde kein Wunsch auf Abgabe einer persönlichen Erklärung vor.

(Heiterkeit)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend Gütesiegel Meisterprüfung muss erhalten bleiben! – Drucks. 16/56 –

Dazu rufe ich außerdem Tagesordnungspunkt 13 und Tagesordnungspunkt 38 auf.

Das Wort hat für den Antragsteller, die CDU-Fraktion, der Abg. Reif.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte um etwas mehr Ruhe und Aufmerksamkeit bitten, damit Herr Reif entsprechendes Gehör finden kann.

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Er setzt sich schon durch!)

Es geht hier nicht darum, sich durchzusetzen und lauter als die anderen zu sein, sondern es geht darum, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man aufeinander hört.

(Beifall)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das deutsche Handwerk gilt weltweit als ein einzigartiges Qualitäts- und Gütesiegel der deutschen Wirtschaft, um das uns alle beneiden. Wir würden vonseiten der Politik einen sehr großen, nicht wieder gutzumachenden Fehler begehen, wenn wir dieses einzigartige Güteund Qualitätssiegel infrage stellen, aushöhlen oder gar bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln würden.

Beim deutschen Handwerk handelt es sich um weit mehr als um eine x-beliebige Gruppe von Betrieben, die von irgendwelchen Managern mit irgendwelchen Arbeitnehmern für ein paar Monate oder Jahre hier oder dort an irgendeinem Standort geführt werden. Es handelt sich beim deutschen Handwerk vielmehr um eine ganze Lebenswelt, um ein eigenes Selbstverständnis, um Familienbetriebe, deren Inhaber oftmals ein sehr hohes persönliches Risiko tragen, um gewachsene Ausbildungskulturen und um Qualitätsverpflichtungen, die aus Verantwortungsgefühl eingegangen werden.Diese Qualitäten haben wir in Deutschland nicht im Übermaß, deshalb sollten wir sorgfältig mit dem Handwerk umgehen.

(Beifall bei der CDU)