Die Folge dieser Realität, die ich eben beschrieben habe, ist natürlich, dass immer wieder, wenn auch ausnahmsweise, Kinder überraschend vorzeitig nach Hause geschickt wurden und Eltern sich nicht immer darauf verlassen konnten, dass sich die Kinder am Vormittag von Stunde eins bis sechs in den Schulen aufhalten.
Meine Damen und Herren, mit der Konzeption unserer Kultusministerin wird künftig in den Klassen 1 bis 10 kein Kind in Hessen vorzeitig nach Hause geschickt werden.
Wir werden nach Stundenplan verlässliche Unterrichtszeiten zwischen der ersten und der sechsten Stunde einrichten. Das bedeutet Betreuung der Schüler von der ersten Fehlstunde an, und es bedeutet Fachunterricht ab dem dritten Tag. Ich will etwas hinzufügen, weil von der Opposition immer behauptet wird,wir würden sparen.Ich habe dies bereits mit einer sehr deutlichen Zahl widerlegt. Ich nenne eine zweite Zahl: Die rot-grüne Regierung hat im Jahr 1998 Vertretungsmittel in der Größenordnung von 5,7 Millionen c vorgesehen. Diese Landesregierung
hat die Vertretungsmittel von 5,7 Millionen c pro Jahr mit Zustimmung des Landtags auf 42 Millionen c pro Jahr gesteigert. Das ist eine Versiebenfachung der bisherigen Mittel.
Sie wissen, diese Mittel sind aufgeteilt in 30 Millionen c für die Schulen direkt und 12 Millionen c für die Staatlichen Schulämter, insbesondere für langfristigen Vertretungsunterricht.
Deshalb bedeutet das von der Kultusministerin angeordnete Vertretungskonzept in allen Schulen, dass künftig – ich habe es bereits angesprochen – Wander- und Studientage gebündelt werden, dass feste Konferenztage eingerichtet werden und dass es einen Pool von Vertretungskräften gibt. Dieser Pool enthält Lehrkräfte in Elternzeit, pensionierte Lehrkräfte, Lehramtsstudierende höherer Semester, Lehramtsreferendare und im Ausnahmefall auch erfahrene Eltern. Warum eigentlich nicht? Ich sage, es ist immer noch besser, wenn ein erfahrener Vater oder eine erfahrene Mutter im absoluten Ausnahmefall – das ist im unteren Promillebereich – die Kinder in einer Klasse in einer Schule betreut, als dass die Kinder nach Hause geschickt werden. Das ist die Lebenswirklichkeit, die wir für vernünftig halten.
Meine Damen und Herren, ich will etwas zur Konstruktion sagen, dass die Kultusministerin dieses Geld im großen Teil zunächst einmal den Schulen vor Ort zuweist. Das bedeutet mehr Eigenverantwortung vor Ort. Das ist Ausdruck unseres Subsidiaritätsprinzips. Wir sagen, dass die kleinere Einheit vor Ort ihre eigenen Interessen besser wahrnehmen und auch organisieren kann als etwa eine fernab vom Ort des Geschehens befindliche Zentralbehörde. Das ist eine Lebensweisheit, die in allen Bereichen gilt, natürlich auch im Schulwesen.
Deshalb ist dieses Konzept nicht zu kritisieren.Es ist in jeder Beziehung vernünftig. Es gibt mehr Geld, es gibt eine bessere Organisation, und dies führt zu dem Ergebnis, dass Kinder nicht mehr nach Hause geschickt werden. Was ist eigentlich dagegen einzuwenden? Deshalb ist es natürlich umso überraschender, dass nicht nur die Opposition, sondern insbesondere auch die GEW mit aller Macht versuchen, dieses im Interesse der Eltern und Kinder vernünftige Konzept zu sabotieren.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und der Philologenverband und auch der Verband Bildung und Erziehung!)
Meine Damen und Herren, mit generalstabsmäßiger Kampagne versucht die GEW, dieses vernünftige Konzept der Landesregierung zu durchkreuzen.
Ich will etwas hinzufügen, weil auch das von der Opposition immer wieder angesprochen wird: Ohne diesen GEW-Sabotageversuch hätte es keiner weiteren Gesetzesänderung bedurft.
Welcher vernünftige Mensch kommt auf die Idee, ein solch vernünftiges Konzept zu sabotieren, zu torpedieren?
Meine Damen und Herren,ich finde die GEW-Kampagne schon ziemlich unverfroren. Es gibt eine 34 Seiten dicke Handreichung der GEW, wie man verhindern kann, dass ausgefallener Unterricht beseitigt wird. Das muss man sich einmal überlegen.In dieser Handreichung steht unter anderem – man könnte stundenlang vorlesen –:
an ihrer Steuerpolitik, die die Kapitalgesellschaften und große Vermögen schont, hartnäckig festhält,
sieht sie die Lösung in der Verbilligung der pädagogischen Arbeit, um die Lücke zwischen Versprechungen und Realität nicht noch größer werden zu lassen.
So steht es auf Seite 6 dieser Handreichungen. Das ist nicht Politik für die Schule, das ist nicht Politik für mehr Unterricht, das ist nicht Politik für die Schüler, sondern das ist reine Ideologie.
(Norbert Schmitt (SPD): Das ist Meinungsfreiheit! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sagt der Oberideologe!)
Natürlich ist es Meinungsfreiheit. Ich darf aber im Rahmen meiner Meinungsfreiheit auch sagen, dass es Unsinn und unverantwortlich ist, was die GEW hier vorträgt.
Meine Damen und Herren, da gibt es ausdrückliche Aufrufe der GEW – wörtlich –: „Wir glauben, dass gegen die Unterrichtsgarantie ein breiter Widerstand organisiert werden kann.“ – Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wie kann man als Vertreter der Lehrerschaft eigentlich einen Widerstand gegen die Unterrichtsgarantie organisieren wollen?
Sie haben völlig Recht, Herr Abg. Kartmann. Das sind die Spätfolgen von 68. Aber die laufen langsam aus. Deshalb bin ich insofern ziemlich beruhigt.
Meine Damen und Herren, dann sprechen die GEW-Vertreter davon, dass sie mögliche Widerstandsformen ausloten wollen. Sie sagen wörtlich:
Meine Damen und Herren, das hört sich fast an wie Klassenkampf, und Klassenkampf hat in unseren hessischen Schulen nichts zu suchen. Das muss klar und deutlich gesagt werden.
Ich könnte noch stundenlang weiter zitieren. Es gibt inzwischen sogar Formulare, die die GEW entwickelt und flächendeckend verteilt hat, damit möglichst an jeder der 2.000 hessischen Schulen von vornherein die Unterrichtsvertretung verhindert werden kann.
Meine Damen und Herren, es ist klar und deutlich: Die GEW plant einen Missbrauch von Mitbestimmungsrechten. Sie will den Schülern den ihnen zustehenden Unterricht vorenthalten.
Zu keinem anderen Schluss kann man kommen, wenn man sich dieses Pamphlet von Seite 1 bis Seite 34 durchliest.
... allerdings sollten die jeweils verantwortlichen Gremien und die Schulleitung die Minimierung von Unterrichtsausfall nicht zum alles dominierenden Entscheidungskriterium machen.
Meine Damen und Herren, das ist unvorstellbar. Ich könnte Ihnen hiervon noch weitere Dutzend Zitate vortragen.
Deshalb fordere ich auf diesem Podium die GEW in Hessen auf, endlich ihre Kampagne, endlich ihre Torpedierung der Beseitigung von Unterrichtsausfall einzustellen.