Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Es gibt auch andere Kollegen. Herr Schmitt, da ist der Oberbürgermeister der Stadt Darmstadt. Er sagt: Ich bin gegen diesen Regionalkreis,weil er dazu führt,dass die lokale Identität der einzelnen Kommunen bei diesem Modell verloren geht.

(Beifall bei der CDU – Axel Wintermeyer (CDU): Recht hat er! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Herr Walter, was ich nicht in Ordnung finde: Sie sollten nicht einfach behaupten, dass wir nicht Schritt halten.

(Norbert Schmitt (SPD): Alles Ablenkungsmanöver!)

Wir haben an vielen Stellen eine Reihe von Aufgaben zu lösen. Es sagt niemand, dass das, was wir jetzt im Bereich der Wirtschaftsförderung mit der Marketingunternehmung Frankfurt/Rhein-Main GmbH haben, schon der Weisheit letzter Schluss und schon alles abgearbeitet ist. Wir werden das doch ins Verhältnis setzen dürfen: 15 Mitarbeiter dort gegen einige hundert Mitarbeiter anderer Regionen, die sich international aufstellen.

(Jürgen Walter (SPD): Und Frankfurt als Konkurrent – das ist das Problem!)

Aber es gibt immerhin die ersten guten Anzeichen,dass es eine gemeinsame Erkenntnis gibt – das ist wichtig –, dass die Arbeit einer solchen GmbH dringend notwendig, ja überfällig war.Wir hatten im Jahre 2005 und im Jahre 2006 erste konkrete Erfolge. Sie schwadronieren weiter über virtuelle Gebilde der Zukunft. Ich behaupte, Sie würden in 30 Jahren noch nicht einen Schritt weitergekommen sein.

(Zurufe des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen: Lassen Sie es, die Region herunterzureden. Helfen Sie uns und den Kommunen dabei, dass wir mit diesem gemeinsamen Instrument, das wir dort haben, große Schritte weiterkommen.

(Zuruf des Abg. Michael Siebel (SPD))

Letzte Bemerkung. Herr Walter, weil Sie das immer wieder anführen: Nicht Frankfurt und nicht Rhein-Main haben im Bereich des Arbeitsmarktes ein Problem.

(Michael Siebel (SPD): Sondern die CDU!)

Die Bundesrepublik Deutschland hat nach wie vor Probleme auf dem Arbeitsmarkt im internationalen Vergleich des Wirtschaftswachstums.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, dort liegen das zentrale Thema und die zentrale Aufgabe der Zukunft.Wir müssen schneller werden. Daran hindern uns viele politische Entscheidungen. Daran hindern uns Strukturen, die wir verändern müssen, damit wir schneller werden können. Und wir müssen flexibler werden.

(Zurufe von der SPD)

Andere Märkte sind „schneller“ geworden. Andere Märkte sind so aufgestellt, dass sie schnellen Veränderungen standhalten können. Die Tatsache, dass die Delegationsreise einen kurzen Zwischenstopp in Shanghai hatte, um von dort mit einem Vehikel, das in Deutschland erfunden und konstruiert worden ist, zum Flughafen zu fahren, aber in China und nicht in Deutschland fährt, spricht Bände. Als uns das Projekt vorgestellt wurde, ging ein Handyton durch die Runde, in dem ein Ruf eines Hahns

beim morgendlichen Aufstehen ertönte – nicht dieses Hahns, sondern desjenigen, der auf dem Misthaufen sitzt.

(Heiterkeit und Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe dazu nur die Bemerkung gemacht: Wach auf, Deutschland. – Meine Damen und Herren, andere sind schneller als wir. Sie sind besser, weil sie schneller, wenn auch nicht grundsätzlich besser sind.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Herr Kollege Boddenberg, die Redezeit ist abgelaufen.

Wenn wir uns das Ganze einmal anschauen – ein allerletzter Satz, Herr Präsident –, dass hier die Behauptung aufgestellt wird, das Rhein-Main-Gebiet sei schlechter als andere Regionen aufgestellt, dann empfehle ich Ihnen einmal die Lektüre – –

(Jürgen Walter (SPD): Das sagen Sie doch selbst!)

Nein. Ich habe gesagt, die Bundesrepublik sei schlecht aufgestellt. Das ist ein großer Unterschied. – Ich empfehle Ihnen dann die Lektüre der verschiedenen Gutachten des Jahres 2005 und des Jahres 2006, die uns auf Rang sieben setzen, was die Lebensqualität anbelangt,

Herr Boddenberg, Sie müssen zum Schluss kommen.

oder ob das die „Wirtschaftswoche“ im Herbst letzten Jahres war, die uns auf Platz zwei innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sieht. Meine Damen und Herren, hören Sie auf, den Standort schlechtzureden, und helfen Sie uns dabei, diesen Standort voranzubringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Boddenberg. – Das Wort hat Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die Titel der Aktuellen Stunden hereinflattern, ist manchmal Textexegese angesagt. So ging es uns auch bei dieser Aktuellen Stunde. Allein der Titel „Kochs Standortmarketing für die Rhein-Main-Region“: Gibt es ein Konzept der Hessischen Landesregierung für die Rhein-Main-Region?

(Heiterkeit des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Gibt es ein Konzept von Herrn Koch? Gibt es ein Konzept von Herrn Rhiel? – Ich habe darüber in diesem Hause noch nie etwas gehört. Das, was wir heute Morgen zum Thema Standortmarketing in der ersten Aktuellen Stunde gehört haben, war wohl bodenlos, wenn die Hessische Landesregierung die Arbeit von Hunderten Werbeagenturen im Rhein-Main-Gebiet für minderwertig erklärt. Wenn das Ihre Standortförderung ist,dann frage ich mich, was wir hier betreiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Als Nächstes frage ich mich,ob es eine Standortförderung von Rhein-Main ist, wenn der Hessische Ministerpräsident durch die Weltgeschichte fliegt und in China die Geschichte vom staufreien Hessen erzählt, dass nämlich die 6 Millionen Hessen in neun Jahren ihre Probleme mit ihrem Ballungsraum von 600.000 Menschen in Frankfurt im Griff haben wollen. Ich bin beeindruckt gewesen. Ich nehme an, die Chinesen auch.

Der nächste Versuch war der von Herrn Koch, als blauer Umweltengel durch China zu fliegen. Das finde ich schon äußerst erstaunlich, weil ich glaube, wenn man Frau Hammann nachts wecken und fragen würde:„Was haben wir in den letzten Jahren hier über Umweltpolitik gehört, Umweltpolitik als Investitionshemmnis, Umweltpolitik als Hemmschuh wirtschaftlicher Entwicklung?“, dann kann sie drei Stunden lang am Stück reden, was diese Hessische Landesregierung zum Thema Umweltpolitik und wirtschaftliche Entwicklung von sich gibt.

Jetzt nach China zu ziehen und doppelzüngig zu verkünden, das wären neue wirtschaftliche Chancen, das sollte man sich im Zeichen des Internets sehr gut überlegen, wo das alles nachzulesen ist, was Sie und die CDU-Fraktion zu diesem Punkt zu sagen haben. Man sollte es an diesem Punkt den Leuten überlassen, für Wirtschaftspolitik und Umweltpolitik zu werben, die sich seit Jahrzehnten trotz und gegen Ihren Widerstand auf diesem Gebiet engagiert und investiert haben. Wenn die Chinesen eines nicht leiden können, dann ist es Doppelzüngigkeit.Von daher hat Ihr Auftritt in diese Richtung in China eher geschadet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Daß diese Hessische Landesregierung kein Konzept zur wirtschaftlichen Entwicklung des Rhein-Main-Gebiet hat, ist das eigentlich Dramatische. Herr Boddenberg, Sie haben eben selber nichts dazu beitragen können.Tatenlos sieht die Landesregierung zu, wie die Arbeitsplätze im Bankensektor abgebaut werden. Tatenlos sehen Sie zu, wie seit Jahren die Wirtschaftskraft stagniert, und wollen sich dann mit den bedeutenden Wirtschaftsräumen dieser Welt vergleichen.

(Michael Boddenberg (CDU): Wir haben uns mit sieben Jahren Rot-Grün auseinander zu setzen, haben Sie das vergessen?)

Herr Boddenberg, es ist schon sehr bezeichnend, wenn Sie dann den Begriff Lebensqualität zitieren. Den finde ich zwar sehr nett, aber es geht an diesem Punkt um Wirtschaftswachstum und Wirtschaftskraft. Von daher waren es reine Ausflüchte, die Sie an dieser Stelle benutzt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist das Thema für Hessen und das Rhein-Main-Gebiet.

(Michael Boddenberg (CDU): Der Herr Präsident hat mich unterbrochen!)

Wenn Sie an dieser Stelle das Ballungsraumgesetz nehmen, muss ich dem Kollegen Walter fast widersprechen, weil wir das anders sehen. Wir sagen: Die Dringlichkeitsfeststellung der Hessische Landesregierung hat im Grunde genommen den Prozess nicht einmal gefördert, den es in der Region schon gab. Die Kollegen Grandke und Banzer waren lange daran am Werken.

Um diesen Prozess zu beschleunigen,brauchte es die Hessische Landesregierung gar nicht.Sie haben damals bei einem Prozess die Dringlichkeit erklärt, als der schon längst im Gange war. Sie haben gehofft, Sie könnten sich da wieder einmal etwas an Ihre Brust heften, um die Untätigkeit von Ihnen an diesem Punkt zu kaschieren.

Die Themen Frankfurt/Rhein-Main GmbH und „International Marketing of the Region“ und die Frage, ob Frankfurt dort ausschert,sehen wir allerdings auch etwas anders als die Kollegen von den Sozialdemokraten. Denn wenn die Stadt Frankfurt an dieser Organisation mit 39,5 % beteiligt ist, wenn in dieser Organisation acht Mitarbeiter unter der Führung von Frankfurt tätig sind und Frankfurt mit keinem Wort angekündigt hat,diese Organisation verlassen zu wollen, dann frage ich mich: Wo, bitte schön, schert Frankfurt aus?

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Ein seltenes Vergnügen, Beifall von dieser Seite.

Wenn die Stadt Frankfurt hoffte, hier Personal einsparen zu können, jetzt aber feststellen muss, dass sie natürlich trotzdem eigene Wirtschaftsförderung betreiben muss, dann sehen wir das nicht als eine Bankrotterklärung für die Frankfurt/Rhein-Main GmbH; sondern hier hat sich ein Kämmerer geäußert, der hoffte, Gelder sparen zu können. Diese öffentliche Äußerung war ohne Zweifel sehr ungeschickt.

An dieser Stelle muss man zwischen dem Standortmarketing, das für eine gesamte Region stattfindet, und der Wirtschaftsförderung, die eine Stadt betreibt, unterscheiden.

(Beifall der Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Jörg-Uwe Hahn (FDP))