Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das meiste, was meine vier Vorredner gesagt haben, halte ich für richtig. Man muss zwar den üblichen Theaterdonner abziehen, aber ich glaube schon, dass ein Justizminister schlecht beraten wäre, wenn er sich dagegen wehren würde, wenn gesagt wird, es muss etwas für die Staatsanwaltschaften getan werden.Wie das geschieht, wie das am klügsten geschieht, darüber können wir kräftig diskutieren.
Zunächst gilt es festzustellen – das hat mich gefreut –,dass die hessischen Staatsanwaltschaften trotz enormer Belastung ihre Aufgabe bewältigen und einen Beitrag zur Sicherheit in diesem Land leisten. Deswegen will ich zu Beginn meines Beitrags ein herzliches Dankeschön an die Adresse der hessischen Staatsanwälte und der hessischen Amtsanwälte sagen, weil das, was sie geleistet haben, wirklich beachtlich ist.
Ich will die nüchternen Zahlen nennen, denn sie sagen auch etwas darüber aus,wie schwierig die Situation ist und ob die Sicherheit in unserem Land an dieser Stelle tatsächlich gefährdet ist. Die Zahl der Eingänge bei den Staatsanwaltschaften gegen bekannte oder verdächtige Täter belief sich im Jahr 2002 auf 147.404. Im Jahre 2005 waren es 167.946. Die Zahl der Eingänge bei den Amtsanwälten belief sich auf 166.438 im Jahre 2002 und auf 186.315 im Jahre 2005. Erledigt haben die Staatsanwälte im Jahr 2002 151.000 und im Jahr 2005 169.000 Fälle.
Ich könnte Sie mit diesen Zahlen weiterhin drangsalieren, möchte Ihnen aber nur die daraus zu folgernde Logik darstellen. Zum Jahresende 2002 hatten wir 37.000 unerledigte Fälle. Zum Jahresende 2005 waren es 32.000. Trotz Mehreingängen im Umfang von rund 20.000 Fällen waren am Ende des Jahres 5.000 erledigte, also nicht mehr vorhandene, Fälle mehr zu verzeichnen. Bei den Amtsanwälten ist das Gleiche festzustellen: Auch dort eine Reduzierung der Bestände am Ende des Jahres 2005 im Vergleich zum Jahresende 2002 um 10 %. Zu keinem Zeitpunkt war also die Zahl der unerledigten Fälle geringer als jetzt. Das ist ein Ergebnis der „Operation sichere Zukunft“ und die Antwort auf Ihre angebliche Besorgnis, dass wir an dieser Stelle große Probleme hätten.
Die durchschnittliche Dauer der Verfahren betrug im Jahre 2002 3,6 Monate und im Jahr 2005 2,7 Monate. Es ist also eine Beschleunigung um fast 30 % eingetreten. Bei den Amtsanwälten dauerten die Verfahren im Jahre 2002 2,8 Monate und im Jahr 2005 1,8 Monate: fast eine Halbierung der Ermittlungszeiten. Das sind beachtliche Zahlen. Wenn Sie außerdem überlegen, dass es 250.000 Verfahren gegen unbekannte Täter gibt, sehen Sie, welche gewaltigen Leistungen von den hessischen Staatsanwälten und Amtsanwälten erbracht werden. Ich finde, das sollten wir gemeinsam feststellen.
Ich glaube auch, dass es nicht ganz unberechtigt ist, darüber nachzudenken, wie es dazu gekommen ist. Jawohl, das hat etwas mit der Tüchtigkeit und mit der Einsatzbereitschaft der Staatsanwälte und Amtsanwälte zu tun. Das sollte man an erster Stelle nennen.
Es hat aber vielleicht auch etwas mit der Arbeitszeitverlängerung zu tun. Es hat vielleicht auch etwas mit der Optimierung der Organisationsabläufe zu tun. Auch hier habe ich kein Problem, Sympathie für das zu empfinden, was Frau Beer dazu gesagt hat. Wir versuchen, die Abläufe zu optimieren. Es ist in den letzen Jahren sehr viel geschehen.Auch die Staatsanwälte arbeiten mit und überlegen, wo es noch Möglichkeiten der Spezialisierung gibt und wo es sinnvoll ist, Schwerpunktdezernate einzurichten.Der Gesprächsfaden ist hier so eng,dass wir,wenn wir gemeinsam etwas erkennen, was man optimieren könnte, das auch tun werden.
Natürlich hat das in entscheidender Weise auch etwas mit der Entwicklung der IT zu tun. Da ist es zu einer Revolution gekommen. Ich muss rückblickend sagen:Als ich vor 15 Jahren aufgehört habe, als Rechtsanwalt zu arbeiten, und Landrat wurde, ist man als Anwalt mit einer gewissen Arroganz zu den Staatsanwaltschaften und zu den Gerichten gegangen,weil man quasi in die Büro-Steinzeit zurückging. Da war alles noch mit Zählkarten, mit Aktenschwänzen und ähnlichen Dingen ausgestattet. Man war zwar höflich, weil Arroganz recht ungeschickt ist, wenn man etwas vom Staatsanwalt oder vom Richter haben will, aber man hat sich gedacht: Mein Gott, kein Wunder, dass das alles so lange dauert.
Das hat sich dramatisch geändert. Die Staatsanwaltschaften arbeiten inzwischen auf Augenhöhe mit den Anwälten. In vielen Bereichen ist Hessen wieder einmal führend unter den Bundesländern, was die entsprechende Software betrifft. Auch das hat etwas damit zu tun, dass die dramatisch hohe Belastung bisher so erfolgreich bewältigt worden ist.
Ich komme zum letzten Satz. – Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch zukünftig auf die Anforderungen reagieren müssen. Deswegen habe ich ganz bewusst die Eingreifreserve aufgesucht und den Mitarbeitern gesagt, dass ihre Arbeitsleistung, die besonders bemerkenswert ist und uns an vielen Stellen hilft, so beachtlich ist, dass es sinnvoll ist,
im Interesse der Justizpolitik in Hessen diesen Bereich auszubauen. Das wird nicht bedeuten, dass wir Staatsanwaltsstellen abziehen,sondern dass wir z.B.für diesen Bereich und an anderen Stellen, wo es ebenfalls sinnvoll ist, zusätzliche Stellen schaffen werden, wenn wir das im Rahmen des Haushaltsplans 2007 zu diskutieren und zu entscheiden haben.
Es ist vereinbart, die beiden Anträge dem Rechtsausschuss zu überweisen. – Kein Widerspruch, dann machen wir das so.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Modellwettbewerb „Unser Dorf soll ölfrei werden“ – Drucks. 16/5628 –
Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Biomasse – heraus aus dem Dorf, rein in die Region – Drucks. 16/5721 –
Die Redezeit beträgt maximal fünf Minuten pro Fraktion. – Das Wort hat Herr Kollege Dietz für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei reduzierter Redezeit wollen wir das möglichst zügig abhandeln. Es ist auch nicht gerade erquickend, bei großer Hitze beispielsweise über das Thema Abwärmenutzung zu reden.
Die Biogasanlagen, um die es in unserem Antrag geht, arbeiten in Deutschland – und anderswo – im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieträgern unter schwierigen Rahmenbedingungen. Zum einen ist der Kapitalaufwand, gemessen an dem, was hinten an Energie herauskommt, sehr, sehr hoch. Zum anderen wäre eine solche Anlage ohne das Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Regel nicht mit Gewinn betreibbar.
Die Abwärmenutzung erbringt immerhin 60 % der vorhandenen Energie, sie muss daher sichergestellt werden. Die Transportwürdigkeit der Substrate – das, was vorne hineinkommt –, ob das Flüssigmist, Mais oder Ganzpflanzensilage ist, ist gering. Das heißt, die Anlagen müssen in der Nähe der Anbauregionen stehen. Eine Ausnahme bildet Getreide. Das könnte man um die halbe Welt transportieren, und es würde sich leider immer noch rentieren.
Beim Einsatz von Biogasanlagen gibt es schon heute einen Kampf um Flächen, weil die Wirtschaftlichkeit von Mais beim Einsatz in Biogasanlagen derzeit höher ist, als wenn man ihn in Kuhmägen steckt. Ich erwarte bzw. befürchte, wenn sich die Deckungsbeiträge für Feldfrüchte, für Getreide verändern, wenn man Getreide zur Wärmeerzeugung nutzt, wenn die Preise auf das Doppelte steigen, dass dann die vorhandenen Biogasanlagen in fünf, sechs oder sieben Jahren stehend k.o. sind, weil sich
Der Betrieb dieser Anlagen ist hochkompliziert. Man muss viel über die Mikrobiologie wissen. Das weiß nicht jeder. Die Landesregierung hat reagiert und Kurse eingerichtet, damit künftige Betreiber das lernen können.
Für uns ergibt sich die Verpflichtung, aus politischer Sicht das zu tun, was möglich ist, um zum einen die Kosten zu senken und zum anderen die Erlöse zu steigern. Es gibt auf dem Eichhof einen Versuch mit einer Mikrogasturbine. Dieser „Motor“ ist preiswerter zu betreiben, er ist weniger anfällig. Er ist preiswerter in der Unterhaltung, und man wird sehen, ob der Nachteil, dass der elektrische Wirkungsgrad geringer ist, unter dem Strich Vor- oder Nachteile für die Biogasanlagen bringt.
Biogasanlagen sollten möglichst dort stehen, wo die Wärmenutzung stattfindet. Deswegen ist es wichtig, dass man das Gas dorthin bringt, wo die Wärme genutzt wird, sei es über eine eigenen Leitung oder, wie wir es uns vorstellen, über vorhandene Erdgasleitungen bzw. Bezirke einer Erdgasleitung. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass das Biogas aufbereitet und in Form eines Mischgases zur Verwendung eingesetzt wird.
Dann müssen aber auch alle angeschlossenen Verbraucher auf diese neue Qualität eingestellt werden.Da gibt es Probleme bei der Gasaufbereitung. In der Regel sind die Anlagen heute für Riesenmengen ausgelegt, aber nicht für kleine Mengen, und es gibt Probleme, die Verbraucher auf dieses Mischgas einzustellen.
Wir erwarten uns, dass bei diesem schon laufenden Pilotprojekt auf dem Eichhof Fragen zur Machbarkeit, zu den Anforderungen an die Gasleitung,zu der kostengünstigen Gasreinigung und dazu, wie Mischgas in praxisüblichen Mengen eingesetzt werden kann, geklärt werden.
Noch ein paar Worte zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Unser Dorf soll ölfrei werden“.
Es ist eine Möglichkeit, mit Blockheizkraftwerken etwas für die Umwelt zu tun, für den Klimaschutz, aber auch wenn die Ölpreise weltweit steigen, Entwicklungshilfe dort zu leisten, wo die Menschen arm sind, und wenig zu beißen haben.
Das Stichwort ist hier Nahwärmenetz. Wer das Netz hat, hat die Macht. Das gilt auch für die großen Netze.Wer das Netz hat, entscheidet, was eingespeist wird. Wir möchten das nicht auf kleine oder kleinste Dörfer beschränkt sehen, sondern das lässt sich an vielen Orten beginnen. Das muss nicht von Anfang an ein Netz sein, das sofort vollständig ist, sondern dass kann auch ein Stern sein. Ich denke an die Schulen in der BIOREGIO Holz, wo schon heute Holzhackschnitzel eingesetzt werden. Von dort könnten die Nachbarn mit versorgt werden.Wenn sich ein solches Netz entwickelt, könnten noch andere Komponenten zugeschaltet werden. Ich denke, das Ziel ist klar: Kohle, Erdöl, Erdgas aus der Verwendung zu verdrängen. Dem müssen unsere Anstrengungen gelten.
An dem Beispiel Bioenergiedorf Jühnde wird deutlich: Man braucht immer eine Kernmannschaft vor Ort,die das machen will, die die Nachbarn überzeugt und die Klinken putzt. In Jühnde hat das immerhin sechs, acht Jahre gedauert. Das braucht also Zeit. Gut Ding braucht halt Weile.
Ich komme zum Schluss und stelle fest, dass wir marktkonform vorgehen müssen Die Beispiele zeigen, dass sich die Dorfbewohner selbst organisieren. Sie müssen unsere Hilfe und unsere Unterstützung zum Nutzen der Umwelt, der Verbraucher, der Land- und Forstwirtschaft erhalten. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Biogas zum Durchbruch verhelfen“, ist ein interessanter Titel. Aber wenn wir Bilanz ziehen: Dieser Minister zieht seit drei Jahren mit derselben Rede durchs Land und sagt: Wir wollen 15 % aus erneuerbaren Energien. – Jetzt kommt die CDU-Fraktion und sagt: Ja, wir müssen aktiv werden bei der verstärkten Nutzung. – Herr Dietz, da fragt man sich, wer dieses Land seit sieben Jahren regiert, wer seit sieben Jahren die Gelegenheit hat, das umzusetzen.
Immerhin ist es schon ein Fortschritt, dass Sie erkennen, dass es in Hessen nicht sehr optimal läuft. Denn wenn wir einmal gucken: Sie haben bei den erneuerbaren Energien in sieben Jahren immerhin eine Steigerung um 2 % erreicht. Wenn man das einmal hochrechnet: Herr Dietzel, Sie brauchen noch 35 Jahre – ob Sie das noch erleben, weiß ich nicht –,bis wir bei dem 15-%-Ziel angelangt sind.