Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Beifall bei der FDP)

Ich muss Ihnen an dieser Stelle sagen: Damit wird man der Diskussion nicht gerecht.

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas mehr Ruhe für Herrn Posch.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Herr Boddenberg, ich habe mitbekommen, dass Sie zugehört haben. Dann hat es auch den richtigen Adressaten getroffen. – Ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Kollege Siebel ist jetzt nicht da.

(Mark Weinmeister (CDU): Doch, da ist er!)

Entschuldigung. – Herr Kollege Siebel, Sie haben – –

(Mark Weinmeister (CDU): Der hört nicht zu!)

Dann sage ich es für die anderen. – Der Kollege Siebel hat zu Recht auf einen Punkt hingewiesen, nämlich die Frage der verfassungsrechtlichen Problematik der Abgabe. Ich glaube, dass auch diese Frage einer erneuten Prüfung unterzogen werden muss. Diese verfassungsrechtliche Frage ist nicht vor dem Hintergrund der Zusammenführung unterschiedlicher Kommunikationsträger intensiv diskutiert worden.

(Michael Siebel (SPD): Sie ist offen!)

Es ist ein Novum, und es ist eine technologische Entwicklung, die in der Weise vonstatten gegangen ist, dass wir jetzt – wie Sie zu Recht geschrieben haben – davon ausgehen, dass wir den Zusammenschluss unterschiedlicher Kommunikationsmöglichkeiten auf einem Medium haben. Insofern gebe ich Ihnen völlig recht, dass es da ein Problem gibt. Ich meine, dass wir die Frage einer Abgabe, in welcher Form auch immer,diskutieren müssen.Wir hatten in der FDP-Fraktion gefragt: Sollen wir dieses Thema überhaupt thematisieren, weil wir noch keinen exakt durchdachten Lösungsvorschlag haben? – Die verfassungsrechtliche Problematik nehme ich ernst.Wir müssen die neue technologische Entwicklung in die Diskussion einführen, und vielleicht gibt es dann Lösungen.

Zum Schluss will ich noch eine Bemerkung machen. Alle drei Fraktionen haben sich im Gegensatz zu dem Vertreter der Landesregierung dazu bekannt, dass es sich lohnt, angesichts der technologischen Entwicklung über alternative Finanzierungsformen nachzudenken. Insofern stelle ich fest, dass die Landesregierung eine andere Position vertritt, als sie die medienpolitischen Sprecher in dieser Frage für ihre jeweilige Fraktion dargestellt haben. Deswegen noch einmal: Die Diskussion ist nicht zu Ende. Ich glaube, dass eine zwingende Notwendigkeit besteht – Herr Siebel, da sind wir uns sicherlich einig –,

(Michael Siebel (SPD): Das können wir machen!)

über diese Frage noch einmal nachzudenken. Wenn ich die öffentlichen Äußerungen nehme, so hat der Hauptgeschäftsführer von BITKOM gerade heute wieder gesagt: Die Aufrechterhaltung des Gebührenrechts wird dieser Angelegenheit nicht gerecht.– Das sind keine Damen und Herren, die aus dem Bauch heraus argumentieren, sondern solche, die in der Materie stecken.

(Michael Siebel (SPD): So ist es!)

Deswegen meine ich, wir sollten über den Tag hinaus die Bereitschaft zu erkennen geben, darüber zu diskutieren. Ich nehme sie von den Sprechern der Fraktionen des Hessischen Landtages jedenfalls so entgegen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vielen Dank, Herr Posch. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es war vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der FDP betreffend keine Rundfunkgebührenpflicht für InternetPCs an den Hauptausschuss zu überweisen. Es gab den Vorschlag von Herrn Hahn, dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, über diesen Antrag direkt und gleich abzustimmen. Nach § 85 Geschäftsordnung – Reihenfolge der Abstimmung – muss ich zunächst über die Überweisung abstimmen lassen.

Wer für die Überweisung dieses Antrages an den Hauptausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CDU geschlossen und, wenn ich richtig sehe, die SPD. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Rücknahme der Rundfunkgebühr auf InternetPCs – ebenfalls Überweisung an den Hauptausschuss?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Abstimmung!)

Auch Abstimmung darüber. – Wer für Überweisung auch dieses Antrages an den Hauptausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, SPD.Wer ist dagegen? – FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch dieser Antrag an den Hauptausschuss überwiesen.

Meine Damen und Herren, nachdem wir diese Abstimmung erledigt haben, komme ich zu Tagesordnungspunkt 8:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Drittes Gesetz zur Änderung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes – Drucks. 16/5941 –

Frau Ministerin,ich darf davon ausgehen,dass Sie das Gesetz einbringen werden. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin durchaus bereit, dieses Gesetz namens der Landesregierung einzubringen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist notwendig und entspricht dem, was die Landesregierung versprochen hat, nach dem Gesetz vor fünf Jahren in einer zweiten Runde eine weitere Verbesserung in der Ersatzschulfinanzierung vorzunehmen.Wir haben dies vor fünf Jahren getan, indem wir zum einen die Ersatzschulen immer dort mitgenommen haben, wo wir allgemeinbildende Schulen stärker fördern. Daraus ist eine sehr intensive zusätzliche Finanzierung geworden.Wir haben im Gesetz die Rückkehr zur Finanzierung von 75 % der Personalkosten beschlossen und damit eine Erhöhung um 2,5 Prozentpunkte nach der Kürzung der alten Koalition von 1996 vorgenommen.

Nun werden wir in einer weiteren Novelle weitere Quellen zur Ersatzschulfinanzierung hinzufügen bzw. erweitern. Darum übernehmen wir durch diese Novelle des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes die Verantwortung dafür, dass das Land Hessen in einer verantwortbaren Art und Weise das Freiheitsgebot von Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz, nämlich die Freiheit der Gründung von Privatschulen, gewährleistet und dieses insbesondere auch durch die damit verbundene Förderung des Staates gewährleistet, damit solche Privatschulen finanziert werden können, ohne zu unzumutbaren Elternbeiträgen zu führen, die selbstverständlich auch erforderlich sind.

Meine Damen und Herren, das hat – in Zahlen betrachtet – dazu geführt, und zwar in den drei Bestandteilen, die ich genannt habe, dass wir 1999 Istausgaben in Höhe von 123,8 Millionen c hatten und in diesem Jahr bei 164,3 Millionen c angekommen sind, damit durch den Ablauf der allgemeinen Steigerungen des Landeshaushaltes und durch die Verbesserung der Finanzierung der Ersatzschulen eine Steigerung von insgesamt 33 % hatten.Jetzt kommen wir wiederum zu einer weiteren Stärkung, die sich auf etwa 10 Millionen c beziffern lässt, die zusätzlich aus dem erwachsen, was der neue Gesetzentwurf vorsieht.

Dieser Gesetzentwurf hat in der Regierungsanhörung eine relativ breite Zustimmung gefunden, selbstverständlich auch Wünsche einer weiteren Ausdehnung – es wäre von privaten Schulträgern fast unverantwortlich, dies nicht zu wünschen –, bei einer grundsätzlichen Bemerkung, dass das Berechnungssystem in der Substanz noch stärker auf den Prüfstand kommen muss. Das wissen wir. Wir wissen, dass das Berechnungssystem seit 1972 im Wesentlichen unverändert ist. Wir wissen, dass Veränderungen entsprechend der Kostenentwicklung im öffentlichen Bereich notwendig sind. Wir wissen allerdings auch, dass es dazu einer Übergangszeit bedarf; denn wir haben auch die Verantwortung, den Privatschulen Planungssicherheit zu geben.

Es wird zwischen dem alten und einem neuen Finanzierungsmodell einen Graben geben, für den die richtigen Brücken zu suchen sind. Wir wissen, dass wir dafür noch bessere Voraussetzungen aus dem Berechnungssystem haben,das wir mit SAP haben.SAP gibt uns entsprechend der Personalkostenberechnung die ersten wichtigen Hinweise dafür, wie eine Ersatzschulfinanzierung in Zukunft auf einem neuen Berechnungssystem fußen kann. Aber die Fehlerquellen sind im Moment noch so, dass wir die

möglichen Leistungsschwankungen, die daraus entstehen können, noch für zwei bis drei Jahre beobachten und kalkulieren müssen. Dann werden wir mit einem neuen Berechnungsmodell die aktuellen kommunalen Schulträgerkosten in diesem Bereich abbilden müssen. Das werden wir machen, sobald diese Berechnungen verlässlich sind.

Das heißt, in dem Gesetzentwurf sind im Wesentlichen drei Veränderungen vorgesehen. Erstens. Die Ersatzschulen erhalten für jeden Schüler einen Pro-Kopf-Investitionskostenanteil. Die Berechnung der Beihilfesätze an sich wird nicht verändert. Zweitens. Der Gastschulbeitrag wird von 50 % auf 75 % erhöht. Drittens. Die dreijährige Wartefrist wird für verlässliche Schulträger aufgehoben, die lediglich eine bereits bestehende Ersatzschule um eine weitere Schulform ergänzen wollen.

Ich will das in wenigen Sätzen erläutern. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 1995 darf die Einrichtung der privaten Schulen nicht hinter der der öffentlichen Schulen zurückstehen. Das bedeutet, dass der Staat die Kosten der privaten Ersatzschulen für die Beschaffung des erforderlichen Schulraums und auch für die sächliche Ausstattung nicht unberücksichtigt lassen kann. Deswegen soll mit dem neuen § 3 des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes ein Beitrag zur Finanzierung der Investitionskosten geleistet werden.

Wir wollen diesen Investitionskostenanteil nicht in Form einer Pauschale einrechnen, sondern – nach dem Muster des Gastschulbeitrags – auf der Grundlage eines ProKopf-Betrags für die Schülerinnen und Schüler, der sich, wiederum den Gastschulbeiträgen entsprechend, nach den Schulformen differenziert darstellt.

Das bedeutet, dass wir diese Beträge entsprechend den Ergebnissen der Regierungsanhörung in den Gesetzentwurf übernommen haben.Damit machen wir sie noch verlässlicher, als es in einer Verordnung der Fall wäre.Wir sehen für allgemeinbildende Schulen einen Festbetrag von 110 c vor, für berufliche Schulen in Vollzeitform einen Betrag von 120 c, für berufliche Teilzeitschulen in den unterschiedlichen Stufen einen Betrag zwischen 30 c und 50 c und für die Förderschulen einen Betrag von 230 c. Diese Beträge sind angemessen. Die Finanzierung orientiert sich auch an den Kosten für die öffentlichen Schulen.

Darüber hinaus übernimmt das Land weiterhin die Finanzierung von Kosten, die bei der Qualitätssicherung, bei der Schulverwaltung, bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern und bei der Lehrplanentwicklung entstehen. Das bleibt davon völlig unberührt.

Der zweite Änderungssachverhalt ist, dass wir die Gastschulbeiträge erhöhen wollen. Schon jetzt sind die kommunalen Schulträger verpflichtet, den privaten Schulträgern einen Beitrag zu den Sachkosten – zurzeit in Höhe von 50 % – für jeden Schüler und jede Schülerin zu zahlen. Ich denke, aus dem, wie wir die Privatschulen insgesamt fördern, und aus dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts, die Privatschulen mit einem Betrag in angemessener Höhe zu unterstützen, ergibt sich auch die Notwendigkeit, eine Anpassung des Beitrags für die Sachkosten an die Prozentzahl vorzunehmen, die wir bei den Personalkosten ansetzen.

Daher schlagen wir in diesem Gesetzentwurf vor, dass der Gastschulbeitrag von 50 % auf 75 % angehoben wird. Dies entspricht dem Regelbeihilfesatz bei den Personalkosten. Damit kommen die Schulträger ihrer eigenständigen Verpflichtung zur Zahlung der Sachkosten in einer, wie wir denken, dem Beschluss des Bundesverfassungsge

richts entsprechenden Höhe nach. Dies wird nach wie vor dem Wohnsitz entsprechend geregelt. Dort, wo die Schülerinnen und Schüler zu einem bestimmten Stichtag wohnen, entsteht die Verpflichtung.

Nun taucht an dieser Stelle das Stichwort Konnexität auf. Das Land ist bereit – wie dies später in eine Gesamtrechnung bezüglich der Konnexität einzubringen ist, wird noch zu bewerten sein –, den Betrag, der durch den Investitionskostenanteil entsteht, aus dem Landeshaushalt zu bezahlen. Dies ist in dem Haushaltsentwurf so verankert.

Ich will allerdings darauf hinweisen, dass es sich sowohl bei dem Investitionskostenzuschuss als auch bei dem Gastschulbeitrag um Sachverhalte handelt, bei denen es eine originäre Finanzierungspflicht des Schulträgers gibt, nämlich dann, wenn es um die äußere Schulverwaltung geht.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, darauf muss hingewiesen werden, insbesondere wenn es darum geht, auch entsprechend Art. 137 Abs. 6 der Hessischen Verfassung – er ist inzwischen geändert worden – zu bewerten, ob hier ein Sachverhalt auftritt, bei dem die Konnexität berührt wird.

Ich sage Ihnen, es geht hier nicht darum, dass sich das Land auf Kosten der Kommunen finanziell entlastet. Das Land bleibt bei seiner Grundfinanzierung, die im Zweifelsfall Jahr für Jahr steigt. Wir weisen den Kommunen auch keine neue Aufgabe zu, sondern die äußere Schulverwaltung, was den Schulbau und die sächlichen Kosten betrifft,gehört gemäß der Definition zu den Aufgaben des Staates.Auf diesem Gebiet ist das eine Aufgabe der Kommune.

Das heißt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 handelt davon, dass der Staat in seiner jeweiligen Funktion dafür zuständig ist, einen Investitionskostenanteil zu zahlen. Diese Bemerkung habe ich nur für den Fall gemacht,dass dort Verrechnungsabsichten ausgesprochen werden sollten. Wir haben hier eine Verpflichtung der Kommunen.

Drittens. Die Wartefrist für die Träger soll nun gelockert werden, allerdings nicht in der Weise, dass wir die Wartefrist grundsätzlich aufweichen, sondern indem wir deutlich machen, dass wir bei einer Schule, die bereits ihren festen Platz hat und ein pädagogisches Konzept vorweisen kann, das sich in Abgrenzung zu dem der kommunalen und privaten Schulen vor Ort bewähren konnte, von einer weiteren Genehmigungsfrist absehen, wenn der alten Schule eine neue Schulform angegliedert werden soll.

Das ergänzt die Bestimmung aus der vergangenen Gesetzesnovelle, wonach wir die Fristen von bis zu acht oder neun Jahren einheitlich auf drei Jahre verkürzt haben.Wir sind Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes gerecht geworden, indem wir dort eine vergleichsweise überschaubare Wartefrist eingeführt haben. Das heißt, wir sorgen dafür, dass Ersatzschulen weiterhin gegründet werden können. Es würde in der Tat Art. 7 des Grundgesetzes widersprechen, wenn wir dort eine Sperre aufbauten. Deswegen soll es dort, wo sich ein pädagogisches Modell bereits bewährt hat, eine solche Öffnungsklausel geben.

Zusammenfassend: Die Landesregierung bekennt sich auch in finanziell schwierigen Zeiten zur Partnerschaft mit den privaten Schulträgern. Wir wollen die Gründung freier Schulen ausdrücklich fördern. Im Unterschied zu früheren Zeiten werden diese Schulen nicht mehr stiefmütterlich behandelt, sondern ganz bewusst aktiv geför

dert – auch in ihrer Anregungsfunktion für die staatlichen Schulen; denn sie geben mit pädagogischen Programmen Anregungen für die Organisation, für die Inhalte und für die Strukturen des staatlichen Schulwesens.

Wir orientieren uns mit dem Blick auf eine gerechte Finanzhilfe an den Aufwendungen für die öffentlichen Schulen.Wir wissen, dass wir auf dieser Grundlage weiter überprüfen und mit neuen Berechnungsmodalitäten zu einer Novellierung und einer Anpassung an die tatsächlichen Gegebenheiten kommen müssen. Wir halten unsere Zusage einer zusätzlichen Unterstützung der Ersatzschulen ein. Wir werden das Finanzvolumen der Ersatzschulen um fast 10 Millionen c erhöhen. Das ist eine Erhöhung um 6,1 % im nächsten Schuljahr.