Herr Grüttner, ich habe Ihre sibyllinische Äußerung zur Kenntnis genommen, dass mit zunehmender Digitalisierung die Möglichkeit punktgenauer Werbung bestehe. Das ist mit Sicherheit richtig. Sie haben die Frage offen gelassen, wie denn dann eine Novellierung aussehen sollte. Es könnte, wenn im Zuge der Digitalisierung die Werbung im Rundfunk völlig anders gestaltet wird, durchaus sein, dass sich das Volumen des Werbemarkts völlig anders verteilt und sich deshalb die Frage einer gesetzlichen Änderung nicht mehr stellt. Auf diesen Zeitpunkt wollten wir aber eigentlich nicht abstellen.Uns geht es darum, neue Werbemöglichkeiten zu eröffnen. Insbesondere in strukturschwächeren Räumen besteht dafür ein Bedarf. Die Wirtschaft hat mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bedarf besteht, nicht landesweit, sondern regional zu werben.
Herr Staatsminister Grüttner, der zweite Punkt betrifft den § 57, den Sie eben angesprochen haben. Ich komme hier zu anderen Schlussfolgerungen. Ich will das aber nur problematisieren.Wir müssen das in der Anhörung eingehender besprechen.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Mittel für die Aufsichtsfunktionen nicht gedeckelt werden; denn das ist die originäre Aufgabe einer Medienanstalt. Über die eine oder andere dieser Aufsichtsaufgaben haben wir in der Vergangenheit hier bereits gesprochen.Allerdings wissen wir, dass es zwei weitere Aufgaben gibt. Eine davon ist die Wahrnehmung der Medienkompetenz. Die Medienkompetenz ist primär bei den offenen Kanälen angesiedelt. Es handelt sich hier um nicht kommerzielle lokale Hörfunkprogramme. Ich halte es nicht für vernünftig, hier die Mittel zu deckeln und damit der Anstaltsversammlung die Aufgabe zu übertragen, die Schließung offener Kanäle zu verfügen.
Das ist nämlich Feigheit vor dem Feind.Wenn Sie wollen, dass offene Kanäle zugemacht werden, dann erwarte ich von der Landesregierung, dass sie sich medienpolitisch
Die Entscheidung, offene Kanäle als Bürgerfernsehen einzuführen und als Mittel der Medienkompetenz in dieser Debatte zu manifestieren und zu etablieren, war eine Leitentscheidung, die der Gesetzgeber seinerzeit getroffen hat. Wenn Sie eine andere Leitentscheidung treffen wollen, dann müssen Sie das in das Gesetz hineinschreiben, aber Sie dürfen nicht nach dem Motto handeln: „Die da unten mögen mal bitte entscheiden, dann haben wir nichts damit zu tun,und die Beschwerdebriefe müssen andere beantworten“. Das halte ich für falsch.
Auf einen weiteren Punkt sind Sie leider nicht eingegangen, Herr Grüttner. Sie nehmen für den Bereich Medienkompetenz und Standortmarketing einerseits und Förderung der technischen Infrastruktur andererseits eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 vor. Dabei geht es um fast 4 Millionen c. Das heißt, die eine Hälfte ist für die Medienkompetenz, die offenen Kanäle in abgespeckter Form, für die NKLs gedacht, und die anderen 2 Millionen c sind für Infrastrukturmaßnahmen gedacht.
Meine Damen und Herren, die Förderung technischer Infrastruktur ist problematisch. Sie ist in zweierlei Hinsicht problematisch. Sie ist erstens deshalb problematisch, weil dann einige private Rundfunkanbieter in den Genuss einer Betriebsführungssubventionierung kommen. Sie schaffen einen Subventionstatbestand mit einem Volumen von fast 2 Millionen c.
Sie wissen das sehr genau, denn wir haben über die Frage der Subventionierung im Zusammenhang mit DVB-T diskutiert. Die Diskussion ging darum, ob wir DVB-T auch im Raum Nordhessen etablieren können. Da haben die Privaten gesagt: Das machen wir nicht. – Da haben wir gesagt:Wenn es im Süden geht, muss es woanders doch auch gehen. Kann man da über eine Finanzierung der Infrastruktur im weitesten Sinne helfen? – Da ist uns zu Recht entgegengehalten worden: Das ist problematisch, denn wir haben es hier möglicherweise mit europarechtlich relevanten Beihilfetatbeständen zu tun.
Meine Damen und Herren, mit einem Volumen von 2 Millionen c die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Landesmedienanstalt entscheiden kann, in welchem Bereich die technische Infrastruktur unterstützt wird, halte ich für sehr, sehr problematisch. Das ist eine Sache,die wir im Ausschuss sehr intensiv diskutieren müssen. Ich glaube nicht, dass das die Zustimmung meiner Fraktion finden kann.
Es geht beispielsweise um die technischen Betriebskosten von rheinmaintv. Da geht es um die Frage, ob wir im Zusammenhang mit der Digitalisierung des Hörfunks bei privaten Anbietern die technische Infrastruktur finanzieren. Es ist eine sehr grundsätzliche Frage, ob wir privaten Unternehmen bei der Einführung bzw. bei der Digitalisierung von Programmen Subventionen geben wollen. Damit haben wir eine allgemeine Diskussion aufgemacht,die weit über die Bedeutung der bisherigen beihilferecht
Man kann über die Einspeisung digitaler Programme ins Kabelnetz im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung von Regionalfenstern unterschiedlicher Auffassung sein, aber wenn wir Regionalfenster bei Sat.1 und RTL haben und auf der anderen Seite die Landesmedienanstalt in die Situation gebracht wird, zu entscheiden, ob die Betriebskosten subventioniert werden, dann haben wir damit ein prinzipielles Problem.
Verehrter Herr Grüttner, Sie haben dieses Problems bei Ihrer Einbringungsrede eben bagatellisiert. Sie haben so getan, als sei das alles gar nicht so schlimm, wir würden einfach ein klein wenig ändern, aber im Grunde genommen werde substanziell nichts geändert. In dieser Frage wird substanziell sehr wohl etwas geändert, und daran wird sich die Frage entscheiden, ob man dem Gesetzentwurf zustimmen kann. Ich kann das zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor dem Hintergrund dessen, was ich in der Form prognostiziere, wie ich es eben getan habe, für meine Fraktion noch nicht in Aussicht stellen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat ist die entscheidende Nachricht bei diesem Tagesordnungspunkt die Einlassung von Herrn Staatsminister Grüttner, dass in § 57 dieses Gesetzentwurfs intendiert ist, eine Neuordnung der nicht kommerziellen Lokalradios und der offenen Kanäle, sprich: eine Reduktion der Anzahl der NKLs und der offenen Kanäle, vorzunehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist in der Tat eine einschneidende Angelegenheit, weil damit der Konsens und die Intention des Privatrundfunkgesetzes, von dem ich ausgegangen bin, dass er immer einhellig von diesem Parlament getragen wird, verlassen werden. Das ist der eigentliche Skandal. Ich nenne das einen Skandal, aus folgenden Gründen:
Man kann ja, wie die FDP das mit ihrem Gesetzentwurf angeregt hat, über regionale Werbung nachdenken. Ich muss in der Tat auch sagen, dass ich über das erstaunt bin, was Sie aus der Regierungsanhörung berichtet haben, dass Sie so wenige gefunden haben, die das für eine segensreiche Idee halten.
Unter abstrakten Bedingungen ist das in der momentanen Situation der Landschaft im Hörfunkbereich keine schlechte Idee, zu sagen: Ein bisschen mehr Konkurrenz kann das Geschäft auch ein bisschen beleben. Es ist auch so, dass die Staatskanzlei bei der Frequenzkoordination durchaus mit dazu beigetragen hat,dass die Kleinen – also beispielsweise MAIN FM oder auch Sky-Radio –, wie dem dieser Tage verteilten Bericht der Landesanstalt für privaten Rundfunk zu entnehmen ist, in den letzten zwei Jahren durchaus auch an Reichweite zusätzlich begünstigt worden sind.Vor dem Aspekt finde ich es bemerkenswert, dass die Landesregierung abweichend vom Referentenentwurf die Frage der regionalen Werbung korrigiert hat, weil es offensichtlich kräftige Interventionen von den Benannten gegeben hat, also von FFH, vom Hessischen Rundfunk und von wem auch immer. Sie sind an dem Punkt des Referentenentwurfs eingeknickt,wohl wissend, dass bei den NKLs und bei den offenen Kanälen die Befürchtungen da sind, dass sie plattgemacht werden. An diesem Punkt sind Sie den Protesten, die artikuliert worden sind, nicht nachgekommen.
Wenn man diese beiden Sachverhalte zusammennimmt, haben wir in der Tat Beratungsbedarf. Bezogen auf den Punkt regionale Werbung möchte ich genau dies auch noch einmal vorgerechnet bekommen. Denn die in Rede gestellten insgesamt 9 Millionen sind, wenn man die Begründung des Referentenentwurfs des Gesetzentwurfs heranzieht, von der eigenen Landesregierung schon widerlegt gewesen. Da muss ein Sinneswandel vollzogen worden sein, und es sollte wenigstens der Versuch einer sachlichen Begründung hierfür durch die Landesregierung erfolgen.
Ich habe einen zweiten Punkt zu § 57 „Aufgaben“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Begründung ist ausgeführt, dass unter anderem Hessen-Media, edit, regionale Filmfestivals und Medienkongresse aus Mitteln der Landesanstalt finanziert werden sollen. Auch das müssen wir uns im Rahmen der Anhörung einmal genauer anhören. Das sind doch Aufgaben, die zumindest teilweise bisher aus dem Staatshaushalt finanziert worden sind.
Einer der Vorgänger von Jürgen Walter im Fraktionsvorsitz der SPD hat zu dem Tatbestand immer gesagt: Wenn die Rundfunkgebührenzahler wüssten, was alles mit ihren Rundfunkgebühren passiert, würden sie sehr kritisch mit den Zahlungen umgehen.
Ich habe noch einen weiteren Punkt. Die Übertragung von staatlichen Aufgaben aus staatlichen Haushaltsstellen auf die Landesanstalt für privaten Rundfunk, finanziert mit Rundfunkgebühren, halte ich aus verfassungsrechtlichen Gründen für höchst bedenklich. Auch das werden wir in der Anhörung genau zu analysieren haben.
Ein dritter und letzter Punkt. Es gibt einen Streit darüber, ob die Zulassung von bestimmten Werbemöglichkeiten, Stichwort:„Alszus“ im Offenen Kanal Kassel,im Rahmen der Satzung der Landesanstalt für privaten Rundfunk geregelt werden soll oder ob dies im Gesetz zu regeln ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin sehr nachhaltig dafür – wir haben diese Frage schon erörtert –, dass wir dies in einer gesetzlichen Regelung festhalten
und es nicht, wie Herr Staatsminister Grüttner anderenorts zum Ausdruck gebracht hat, der Landesanstalt über den Mechanismus der Satzung obliegend machen. Das ist nach meiner Kenntnis im Übrigen durchaus auch die Position zumindest des Direktors der Landesanstalt. Insofern haben wir dort noch weiteren Beratungsbedarf. Neben dem schon eingebrachten Gesetzentwurf der FDP wird es zumindest in dem Punkt seitens der SPD einen Änderungsantrag zu diesem Privatrundfunkgesetzentwurf geben. – Herzlichen Dank für Ihr Interesse.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute zum ersten Mal nach 2000/2001 mit einer umfassenden Novelle des HPRG. Dazu kommt noch eine punktuelle Veränderung des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk. Das zeigt, dass wir eine gute Tradition in Hessen begründet haben, Gesetzentwürfe auf fünf Jahre zu befristen.Wir beschäftigen uns jetzt damit, wie die Novelle aussehen könnte. Das, was sich in den letzten Jahren an Gesetzesentwicklungen angesammelt hat, wird nun eingearbeitet.
Ich möchte nicht auf alles eingehen, was verändert wird. Ich möchte aber doch einige Bemerkungen aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion machen. Zu der Frequenzzuordnungsregelung hat Herr Staatsminister Grüttner detailliert Stellung genommen.
Ich glaube, dass wir in diesem Bereich, wo die terrestrischen analogen Frequenzen nur noch sehr bedingt zur Verfügung stehen, auf eine Bündelung und bessere ökonomische Zuteilung angewiesen sind. Die Ausschreibung von Frequenzen gilt prinzipiell. Nur bei der Arrondierung bestehender Sendereichweiten der landesweiten Hörfunkanbieter kann die LPR auch ohne Ausschreibung zuteilen. Ich glaube, dass das praktikabel und wirklichkeitsnah ist. Denn es nützt nichts, wenn wir irgendwelchen neu gestalteten Sendern Minifrequenzen zuordnen, mit denen sie in keinster Weise leben können, sondern die gehören zur Arrondierung der bestehenden Rundfunkanbieter.
Mir ist auch wichtig – dazu ist hier leider von den Rednern der Opposition gar nichts gesagt worden –, dass die landesweiten Hörfunkanbieter weitere digitale Hörfunkprogramme anbieten können. Das ist nämlich die grundsätzliche Frage der Digitalisierung. Ich möchte an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an den Chef der Staatskanzlei richten,
der sich persönlich in besonderer Art und Weise dafür eingesetzt hat, dass wir in Hessen die Digitalisierung vorantreiben, dass wir als erstes Flächenland in der Bundesrepublik Deutschland überall DVB-T empfangen können. Das ist in besonderer Weise auch Herrn Staatsminister Grüttner zu verdanken, der sich immer dafür eingesetzt hat.
Ich glaube, dass wir uns in Zukunft sehr viele Gedanken darüber machen; denn die ganze Problematik der Digitalisierung wird uns noch des Öfteren einholen. Es ist auch darauf hingewiesen worden – Herr Kollege Posch hat das gemacht –, dass wir das Problem haben, dass wir die Privaten im Rhein-Main-Gebiet im DVB-T-Netz haben, sie aber nicht nach Nordhessen holen konnten.Wenn ich jetzt lese, dass RTL darüber nachdenkt, DVB-T auch im Rhein-Main-Gebiet zu verschlüsseln, dann denke ich, dass die Staatskanzlei richtig geantwortet hat, als sie gesagt hat: Das kommt für uns nicht infrage. Es muss einen freien Zugang auch im digitalen Bereich für die Fernsehzuschauer und die Rundfunkteilnehmer insgesamt geben.
(Beifall des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU) – Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist in Nordhessen aber doch gar nicht!)