Dann sagen Sie: Das ist einhellig. – Was meinen Sie eigentlich für eine einhellige Reaktion? Meinen Sie die „Fuldaer Zeitung“ vom 29.08., wo Ihre Unterrichtsgarantie plus als „verkorkstes Projekt“ bezeichnet wird? Meinen Sie eigentlich das „Wiesbadener Tagblatt“ vom 5. September unter der Überschrift „Unterrichtsausfall schon zum Schulstart“? Oder meinen Sie die „Nassauische Neue Presse“ vom 24. August 2006 mit „Die Eltern protestieren: Schulanfang ohne Klassenlehrerin“?
Frau Kultusministerin, oder meinen Sie ganz aktuell die „FAZ“ vom heutigen Tage mit der Überschrift „Helmholtz-Schüler im Streik, Proteste gegen die Unterrichtsgarantie plus“? Meinen Sie eigentlich diese Artikel mit „einhellige Reaktionen“? Dann wären wir nahe beieinander.
Dann sagen Sie: die Unterrichtsgarantie noch ohne plus. – Man muss bei Ihnen präzise sein, mal mit plus, mal ohne plus, es klappt beides nicht. Sie sagen: neue Lehrerstellen für Hessens Schulen.
Frau Kultusministerin, schauen Sie bitte in Ihren eigenen Zuweisungserlass. Für das Jahr 2005/06 haben Sie 45.789 Stellen ausgewiesen. Dieses Jahr sind es 45.063 Stellen. Das sind für mich als Schüler einer hessischen Gesamtschule 726 Lehrerstellen weniger und nicht mehr.Verkünden Sie nicht so einen Unsinn, Frau Ministerin.
Frau Kultusministerin, ist es nicht wahr, dass Sie die Stellen für den gemeinsamen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung in Ihrem Zuweisungserlass gekürzt haben? Frau Kultusministerin, ist es nicht wahr, dass Sie in Ihrem Zuweisungserlass die Zuschläge zur Stundentafel für individuelle Förderung in der Grundschule von 1,6 auf 0,7 Stunden gekürzt haben
das ist doch Ihr eigener Zuweisungserlass –, in der Förderstufe von 2,55 Stunden pro Woche auf 2,1 Stunden, in den Klassen 5 und 6 der integrierten Gesamtschulen ebenfalls in dieser Größenordnung,und,und,und? Das ist Ihr eigener Zuweisungserlass. Wenn Sie dann angesichts von über 700 Stellen weniger in Ihrem eigenen Zuweisungserlass davon sprechen, es hätte neue Lehrerstellen für Hessens Schulen gegeben, dann richtet sich das wirklich selbst, Frau Kultusministerin.
Dann sind wir bei der Unterrichtsgarantie, diesmal mit plus. Neuerdings nennen Sie es verlässliche Schule,
Vielleicht findet ein Workshop bei Herrn Metz statt, wie man es gerade nennt. Ich mache Ihnen einmal einen Vorschlag, wie Sie es nennen sollten: bestenfalls „verlässliche Zeiten“, auf jeden Fall „unzuverlässiger Unterricht“.
Das ist nämlich das, was Sie mit Ihrem Konzept erreichen. Sie vermischen auf völlig illegitime Art und Weise Betreuung und Bildung. Sie sagen, ab dem dritten Tag solle Fachunterricht gehalten werden. Aber Sie stellen für diesen Fachunterricht nicht die notwendigen Fachleute zur Verfügung. Das ist und bleibt der Grundfehler in Ihrem Konzept, Frau Kultusministerin.
Sie sagen, die Unterrichtsgarantie plus sei gut angelaufen. Wir haben an der Telefonhotline, die wir GRÜNEN zum Schuljahresbeginn geschaltet haben, eine andere Erfahrung gemacht. Ihr Versprechen von vor der Sommerpause war: Nach den Sommerferien fällt an Hessens Schulen keine Stunde mehr aus. – Wir haben eine Rückmeldung von einem Gymnasium im Hochtaunuskreis – ich zitiere immer, was die Eltern oder Schüler gesagt haben –: mehrere Stunden ausgefallen, weil eine Lehrerin auf Fortbildung ist. Eine Schule in Darmstadt-Dieburg: 5. und 6. Stunde Physik ausgefallen. Eine Realschule an der Bergstraße: Wahlpflichtunterricht fällt teilweise aus; Vertretung ist meistens fachfremd, wird zur Beruhigung der Eltern eingerichtet; in diesem Schuljahr bereits 15 Stunden Vertretung, alle fachfremd.
Eine Rückmeldung einer Schule in Frankfurt, wo der Unterrichtsausfall jetzt schon angekündigt wird – wahrscheinlich ist das plus plus, wenn der Unterrichtsausfall angekündigt wird –: Der Unterrichtsausfall für alle 2., 3. und 4. Klassen wird in der Zeit vom 18. bis 21. September ausfallen. – Nächste Rückmeldung aus Frankfurt, 4. Klasse: statt 20 Stunden bis zu den Herbstferien wegen Krankheit nur 17 Stunden. Nächste Rückmeldung, ebenfalls aus einem Gymnasium in Frankfurt: Deutschunterricht fällt bis zu den Herbstferien aus, weil kein Lehrer da ist.
Wir haben auch die ersten Erfahrungen von Ihren Pluskräften. Es wurde an einer Schule – ich könnte Ihnen zumindest den Landkreis nennen –, so haben uns die Eltern mitgeteilt, ein Opa eingesetzt, der den Unterricht in Biologie vertreten sollte.
(Axel Wintermeyer (CDU):Wenn der fachlich versiert ist, was spricht denn gegen einen älteren Menschen?)
Herr Wintermeyer, danke, dass Sie das sagen. Es spricht überhaupt nichts gegen ältere Menschen. Auch wenn sie unqualifiziert sind, spricht nichts gegen ältere Menschen.
Aber der Opa, über den ich rede und den ich in seinem Engagement für die Schule seines Enkels nicht gering schätzen will, hat den Biologieunterricht damit bestritten, dass er einen Super-8-Film über Ereignisse im Vogels
Herr Wintermeyer, darüber spreche ich. Das teilen uns die Eltern über die Erfahrung mit Ihren Pluskräften mit. Und das ist das Problem an Ihrer Unterrichtsgarantie plus.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Axel Wintermeyer und Michael Boddenberg (CDU))
Das Einzige, was diese Schülerinnen und Schüler in diesem Unterricht gelernt haben, ist, dass es einmal Super-8Filme gab. Das wussten sie nämlich gar nicht mehr, weil das technisch selbst dem Stand hessischer Schulen bei Weitem nicht mehr entspricht.
Mehr Eigenverantwortung für Hessens Schulen – Frau Kultusministerin, wir GRÜNE haben überhaupt nichts dagegen. Nur muss man dann auch die Rahmenbedingungen schaffen, in denen Schulen eigenverantwortlich arbeiten können. Man muss ihnen die notwendigen finanziellen, organisatorischen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellen. Sie tun das nicht. Deshalb ist bei Ihnen Eigenverantwortung Mangelverwaltung. Deshalb kommt dieses Konzept, wie Sie Eigenverantwortung verstehen, an den Schulen so schlecht an.
Sie schießen noch den Vogel ab. Sie sprechen über Schulleiterinnen und Schulleiter, die wirklich an unseren Schulen oftmals bei all den Vorgaben, die sie von Ihnen bekommen, nicht mehr ein noch aus wissen, von Managern von Möglichkeiten. Das wären die Schulleiterinnen und Schulleiter gerne, wenn sie die notwendigen Voraussetzungen hätten. So, wie Sie es machen, sind sie Manager des Mangels und nichts anderes.
Der nächste Punkt, den Sie gesagt haben: Die Erfolgsmodelle werden weiter ausgebaut.– Frau Ministerin,wir werfen Ihnen nicht vor, dass Sie die vergangenen sieben Jahre nichts getan hätten. Das kann man wirklich nicht sagen.
Durch die Schulen wurde eine Reform nach der anderen getrieben. Es wurde nicht abgewartet, bis eine einmal fertig war, sondern es gab immer wieder neue, teilweise auch widersprüchliche. Dass Sie nichts gemacht hätten, kann man Ihnen wirklich nicht vorwerfen. Die Schulen sind mittlerweile fast nur noch mit sich selbst und mit dem Umsetzen Ihrer zentralistischen Vorgaben beschäftigt. Frau Ministerin, wir müssen aber auch einmal auf die Ergebnisse schauen.
Sie sind es doch, die gesagt hat: Wir wollen eine OutputOrientierung im Bildungswesen.– Sie sind es doch,die gesagt hat: Die Schulen müssen sich an ihren Ergebnissen messen lassen. – Frau Ministerin, dann muss dieser Maßstab auch für Sie gelten. Wenn wir diesen Maßstab anlegen,heißt es schlicht und ergreifend:Sie haben zwar etwas an unseren Schulen getan, aber es hat leider nichts gebracht, wie uns alle Vergleichsstudien zeigen. Das ist das Problem Ihrer Bildungspolitik.