Sie können sich an der John-F.-Kennedy-Schule in Bad Vilbel ein Beispiel nehmen. Diese haben wir neulich besucht. Sie fängt bereits in der 6. Klasse mit einem Nachmittag in der Woche als Ganztagesangebot an, während dessen die Schülerinnen und Schüler in die Betriebe gehen, in denen sie schon mitarbeiten, Kontakte knüpfen und den Betrieb kennen lernen können. Dann beginnt ab der 7. Klasse der Praxistag: einen Tag in der Woche im Betrieb. Diese Schule hat es fertig gebracht, seit drei Jahren kein Kind mehr ohne Abschluss zu entlassen.Alle Kinder haben einen Hauptschulabschluss und meistens sogar einen qualifizierten Hauptschulabschluss aus diesem Zweig.
Sie haben natürlich die Bildungsausgaben erhöht. Das will ich überhaupt nicht bestreiten. Die Frage ist aber, ob die reine Mittelerhöhung das Effektivste ist oder ob man die Mittel vielleicht anders einsetzen sollte. Mehr Geld bedeutet nicht unbedingt das bessere Bildungssystem. Das sehen wir an Bremen. Bremen hat mit 6.800 c sehr
hohe Schülerkosten, und es hat bei allen Vergleichsstudien sehr schlecht abgeschnitten. Beim Bildungsmonitor war es Platz 15, beim PISA-Ländervergleich Platz 16.
Also müssen auch in Hessen die Mittel effizienter eingesetzt werden. Wir haben dazu viele Vorschläge gemacht. Ich erinnere mich noch an die Diskussion damals, als das große Sparpaket verabschiedet wurde und Sie 1.000 Lehrerstellen mit der Begründung gestrichen haben, jeder Lehrer arbeite eine Stunde mehr.Wären Sie damals unserem Vorschlag gefolgt, hätten Sie die Schulstunden an den Schulen gelassen, wo die Lehrer sie eine Stunde länger erarbeiten müssen, dann hätten wir jetzt gar keine Unterrichtsgarantie plus gebraucht; denn dann wären die Stunden schon an den Schulen gewesen bzw. die Lehrer wären da gewesen, um die Stunden zu halten.
Die Voraussetzung für einen effizienten Mitteleinsatz in der Bildung ist,den Schulen mehr Selbstständigkeit zu geben. Geben Sie den Schulen mehr Zeit für die Reformen, geben Sie ihnen klare Rahmenbedingungen für die Reformen, und machen Sie nicht ständig neue, undurchdachte Konzepte ohne Zielvorgaben und ohne Zeitschiene.
Unser Vorschlag wäre, das Kultusministerium sollte selbst in Klausur gehen, nicht so viele teure Massenveranstaltungen mit den Schulleitern in den Regionen und in ganz Hessen durchführen.
Es sollte in Ruhe klare Ziele definieren und dann den Kurs vorgeben.Wenn Sie in Ruhe Ihre Ziele definiert haben, dann sollten Sie mit den Leuten reden und sie beim Umsetzen der Ziele mitnehmen.
Ein Kapitän auf einem Schiff – ich komme wieder auf das Bild zurück – kann ohne klare Reiseroute ein Schiff auch mit noch so vielen Leuchttürmen am Ufer nicht durch die Untiefen steuern.Das geht schon gar nicht,wenn nicht die ganze Crew dahintersteht.
Unserer Meinung nach ist Zeit für eine Wende in der Schulpolitik. Geben Sie den Schulen mehr Freiheit. Freiheit bedeutet Machtverlust für das Kultusministerium, für die Staatlichen Schulämter und für alle Behörden. Aber sie gibt den Schulen Chancen. Sie haben dann mehr Freiheit, und dies wird sie glücklicher und zufriedener machen, sodass sie den Weg in die gute Bildung besser gehen können.
Vielen Dank, Frau Henzler. – Herr Irmer kann es gar nicht abwarten, seinen Redebeitrag loszuwerden. Bitte sehr, Sie haben das Wort, Herr Irmer.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Den kennen wir schon! Er ist doch von 1996! – Jörg-Uwe Hahn (FDP):Was Sie eben gehört haben, war die Alternative plus!)
Danke schön, Herr Präsident! Herr Kollege Walter, jetzt spricht der fleischgewordene Oberlehrer aus Mittelhessen. Ich möchte gerne Ihre Vorurteile und Klischees be
Ich will das gerne für Herrn Al-Wazir übersetzen: Wenn du geschwiegen hättest, wärest du Philosoph geblieben. Mit anderen Worten: Lieber Kollege Walter, Sie sollten sich auf die Themen konzentrieren, von denen Sie etwas verstehen. Bildungspolitik ist zweifellos nicht Ihre Stärke.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Andrea Ypsilanti (SPD): Ihre auch nicht! – Kordula SchulzAsche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben wir etwas anders empfunden!)
Die Kollegin Habermann hat in diesem Punkt eher meine Sympathie, obwohl ich inhaltlich mit ihr überhaupt nicht übereinstimme, weil uns meinungspolitisch dort einiges trennt. Aber sie versucht immerhin, auf die Themen konkret einzugehen,was Sie in Ihrem nebulösen Beitrag nicht gemacht haben. Man merkt sehr wohl – das ist eigentlich schade –, dass Sie die Bildungspolitik missbraucht haben als einen Schauplatz für parteiinterne Mehrheitssuche und -findung.
Aber das ist eher Ihr Problem,und deshalb möchte ich auf das Thema zurückkommen, das Sie insgesamt ganz pauschal angesprochen haben.Ich will drei Punkte erwähnen, die Sie bei Ihren strategischen Zielen dargestellt haben.
Herr Kollege Walter, Sie haben recht, wenn Sie sagen, Sie wollen, dass möglichst viele Kinder eine möglichst gute Bildung bekommen,dass möglichst viele hohe Abschlüsse bekommen und dass möglichst keine Kinder ohne Abschluss zurückbleiben. – Genau das ist das strategische Ziel der Landesregierung und unserer Politik.
Sie müssen sich fragen lassen, was Sie selbst dazu beigetragen haben, um Ihre Ziele, die Sie eben selbst vorgetragen haben, in die Lebenswirklichkeit umzusetzen. Ich will drei Zahlen nennen, auch wenn Sie wieder darauf hinweisen werden, dass es Zahlen aus der Vergangenheit sind. Natürlich sind es Zahlen aus der Vergangenheit, aber an denen müssen Sie sich messen lassen. Es sind diese berühmten 100.000 Stunden, die jede Woche ausgefallen sind. Es sind die 50.000 Stunden, die Sie hessischen Schülern vorenthalten haben, indem Sie die Stundentafel durchgängig und pauschal gekürzt haben, und es sind die 75.000 Stunden, die wegen Krankheit, Fortbildung und vielem anderen mehr ausgefallen sind.
Das heißt, 225.000 Stunden sind bei Ihnen Woche für Woche ausgefallen. Wie Sie dann Ihren eigenen Anspruch in die Tat umsetzen wollen, das ist uns allerdings nicht erklärlich. Da wir es aber in die Tat umsetzen wollen, haben wir gesagt: Wir erhöhen den Bildungsetat sukzessive, bis hin zu einem neuen Rekordniveau.
Sie haben die frühkindliche Bildung angesprochen. Die braucht man, die ist gewünscht. – Ja, unstreitig. Deshalb gibt es mit dieser Landesregierung den Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren. Das hätten Sie machen können.
Sie haben zu Recht davon gesprochen, dass nur der eingestellt werden darf, der auch Deutsch spricht, was die Migranten angeht. Völlig richtig. Aber ich frage Sie, warum Sie gegen die Einführung der Sprachvorlaufkurse waren, die wir als Landtagsfraktion initiiert haben. Das gibt doch keinen Sinn.Wenn Sie heute innerlich zu einem anderen Ergebnis gekommen sind, soll es uns freuen. Aber an Ihren Taten sollt ihr sie letzten Endes erkennen.
Meine Damen und Herren, es ist schon erstaunlich, dass Sie zu dem eigentlichen Thema der Regierungserklärung am Schuljahresanfang herzlich wenig gesagt haben.
Ich verstehe das mittlerweile auch. In früheren Zeiten haben Sie zitiert, was alles angeblich nicht läuft. Ich will nur einige wenige aktuelle Zitate bringen: „Unterrichtsgarantie erfüllt“, sagt das Staatliche Schulamt Lahn-Dill/Limburg-Weilburg in der heimischen Presse am 25. August 2006.
„Unterrichtsgarantie plus bedeutet Entlastung von Lehrern“, steht im „Bergsträßer Anzeiger“ vom 25.08. „Unterrichtsgarantie plus – 600 Vertretungskräfte inklusive Lehrer stehen bereit“, steht in der „Oberhessischen Presse“ vom 26. August. „Unterrichtungsgarantie erfüllt“ – „Hanauer Anzeiger“ vom 26.08. „Unterrichtsgarantie plus – 900 Kräfte stehen zur Verfügung“. „Unterrichtsgarantie zu 100 % sichergestellt“ – Staatliches Schulamt Main-Taunus/Groß-Gerau.
Im „Wiesbadener Tagblatt“ vom 31.08. steht: „Unterrichtsgarantie plus problemlos angelaufen für den Bereich Staatliches Schulamt Wiesbaden/Rheingau-Taunus“.
Meine Damen und Herren, selbst die Ihnen sicherlich unverdächtig erscheinende – uns vielleicht eher, weil sie politisch andere Prioritäten gesetzt hat; aber das ist ihr gutes Recht – Vorsitzende des Landeselternbeirats, Frau Geis, erklärt in der „Frankfurter Rundschau“: „Schule in Hessen ist deutlich verlässlicher geworden“.
Meine Damen und Herren, das ist das Ergebnis unserer Politik in diesem Bundesland. Diese Meldungen sind Lebenswirklichkeit.
Nach dem Affentheater, das teilweise von Ihnen initiiert worden ist, auch mit Unterstützung der GEW, vor der Sommerpause mit Presseerklärungen, was alles möglicherweise nicht funktioniert – das Chaos war prognostiziert worden –, müsste man heute annehmen, diese Meldungen wiederholen sich. Aber nichts davon ist in letzter Konsequenz eingetroffen.
Was macht die Opposition? Die GEW, die man sicherlich dazurechnen muss, erklärt in Frankfurt durch die Vorsitzende des Hauptpersonalrats, sie kenne eine Gymnasialklasse, wo zurzeit kein Deutschunterricht erteilt werde. Eine Gymnasialklasse, und sie entblödet sich nicht, so etwas öffentlich zu erklären – bei 36.000 Klassen, die wir in diesem Bundesland haben.
(Nicola Beer (FDP): Das zeigt nur, wie schlecht die GEW organisiert ist! – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): „Keine Stunde fällt aus“!)
Das heißt nur,dass dort kein Deutschunterricht gegeben wird. Das heißt aber nicht, dass der Unterricht ausfällt. Es geht um den Deutschunterricht. Sie müssen gut zuhören, Herr Kollege Frömmrich. – Die GRÜNEN verlangen ein Sofortprogramm Schule in ihrer Presseerklärung vom 8. September 2006. Sie wollen die Mehreinnahmen sofort ausgeben.
Ich denke, es zeichnet seriöse Politik aus, wenn man sagt: Priorität hat bei uns die Bildungspolitik, aber wir können im Sinne der nachfolgenden Generationen letztendlich nur verantwortungsbewusst mit dem Geld der Steuerzahler umgehen. – Das, was Sie machen wollen, führt zu dem Verschuldungsstaat, den wir in dieser Republik nicht wollen.
(Norbert Schmitt (SPD): Was reden Sie denn da? Um 10 Milliarden c ist die Verschuldung in der Regierungszeit von Koch gestiegen! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Kollege Schmitt ist aufgewacht, schön. – In der Bildungspolitik sind es 5 Millionen c mehr pro Jahr. Das heißt,im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit haben wir seitdem 3 Milliarden c mehr ausgegeben. Das sind 3.000 Millionen c mehr als zu Ihrer Regierungszeit. Dann davon zu sprechen, dass gespart werde, ist schlicht und ergreifend unseriös. Es gibt auch niemanden, der Ihnen diese Zahlen in letzter Konsequenz abnimmt.Denn bei aller Kritik in dem einen oder anderen Punkt wird von der Bevölkerung und allen, die mit Schulpolitik zu tun haben, erkannt, dass wir uns sehr stark bemüht haben, dass wir in einem unglaublichen Ausmaß Geld in die Bildung gesteckt haben, sowohl in den Bildungsbereich als auch in den Wissenschaftsbereich, wo wir jeweils Höchststände bei den jährlichen Ausgaben haben.
Die SPD spricht natürlich sofort zum Thema Bildungsmonitor 2006. Es ist das typische oppositionelle Verhalten: erst einmal Nestbeschmutzung, krankhafter Reflex: „Hurra, wir sind schlecht!“, nur in dem Bemühen, zu schauen: Können wir dieser erfolgreichen Landesregierung irgendwo am Zeug flicken?