Protokoll der Sitzung vom 05.10.2006

mit dem

Dringlichen Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zukunftsfähige Energiepolitik statt Laufzeitverlängerung von Biblis A – Drucks. 16/6097 –

und dem

Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Übertragung von Reststrommengen auf Block A des Kraftwerkes Biblis – Drucks. 16/6109 –

Die Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Es beginnt Herr Kollege Hahn von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktionen – nicht nur im Hessischen Landtag – unterstützen nachdrücklich den Antrag von RWE Power auf Laufzeitverlängerung von Biblis A.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da müssen Sie wegen Befangenheit abtreten!)

Wir fordern die Bundesregierung und die Landesregierung auf,diesen Antrag in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren zu bearbeiten und schon jetzt all diejenigen aus dem Verfahren herauszunehmen, die bereits bewiesen haben, dass sie nicht in der Lage sind – egal ob Minister oder nicht –, ein rechtsstaatliches Verfahren zu gewährleisten.

(Beifall bei der FDP)

Wir halten es als Rechtsstaatspartei für ein Unding, dass die Person, die als Letztentscheider ihre Unterschrift unter den Bescheid zu setzen hat, bereits jetzt endgültig erklärt hat, welche Meinung sie hat. Ich meine den Bundesumweltminister Sigmar Gabriel.

(Beifall bei der FDP – Reinhard Kahl (SPD): Warum? Es ist doch offensichtlich, worum es hier geht!)

Die Grundlage eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist – zumindest das sollte ein Minimum des Konsenses zwischen den vier demokratischen Parteien im Hessischen Landtag sein –,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Atomgesetz!)

dass der verantwortliche Minister jedenfalls nicht mit öffentlichen Ausdrücken sich selbst und seine Mitarbeiter schon vorher bindet.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, das hat der Bundesumweltminister Sigmar Gabriel insbesondere durch zwei Interviews, die man nachlesen kann, getan,

(Norbert Schmitt (SPD): Dann zitieren Sie doch einmal!)

zum einen im ZDF und zum anderen im Inforadio rbb. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Rechtsstaat

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

wie du und ich ihn an der Universität in Frankfurt gelernt haben –, der verantwortlich handelt, ist dafür da,

dass er einen Antrag ohne irgendwelche Scheuklappen nach Recht und Gesetz bearbeitet.

(Beifall bei der FDP)

Sigmar Gabriel hat mit seiner Aussage, dass das erstens falsch sei und zweitens ein Bruch des Atomkonsenses sei, seine Rechtsmeinung deutlich gemacht.

(Norbert Schmitt (SPD): Herr Kollege Hahn, zitieren Sie doch einmal aus den Interviews!)

Ich kann nachvollziehen, dass der Herr Kollege Generalsekretär der Sozialdemokraten, der auch an der Universität nicht immer aufgepasst hat,das nicht genau weiß:Ein Minister muss genauso wie ein anderer Verwaltungsbeamter unparteiisch sein. Ein Minister muss genauso wie ein anderer Verwaltungsbeamter unvoreingenommen sein. Ein Minister muss offen in das Verfahren gehen. Das alles hat Sigmar Gabriel nicht getan, und deshalb ist er von der Kompetenz zu entbinden. Er hat nicht mehr das Recht, eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich freue mich sehr darüber, dass gerade Herr Kollege Al-Wazir hier hereinlacht.Sind es nicht die GRÜNEN gewesen, die im Sommer des vergangenen Jahres gesagt haben, der hessische Wirtschaftsminister Dr. Alois Rhiel solle nicht mehr im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsverfahren zum Flughafen Frankfurt am Main tätig sein? Sind es nicht die GRÜNEN gewesen, die gesagt haben, weil Herr Rhiel eine Andeutung zu seiner Rechtsmeinung zum Thema Ticona gemacht hat, sei er nicht mehr in der Lage, objektiv zu handeln?

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie sind keine Rechtsstaatspartei, Sie sind eine Schön- oder Schlechtwetterpartei.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Kollege Hahn, keine Zwischenfragen?

Nein. – Man kann sich schon über den Inhalt der Frage streiten: Ist Atomkraft vernünftig oder nicht? Man kann sich darüber streiten: Ist es vernünftig, die Laufzeit von Biblis A zu verlängern, ja oder nein? Aber ich streite mich als Rechtsstaatler nicht mit Ihnen darüber, wie das Verfahren abzugehen hat.

Hier ist bereits der erste Bruch,den die Sozialdemokraten und offensichtlich auch die GRÜNEN zu verantworten haben,weil sie sehenden Auges mit Sigmar Gabriel weiter in dieses Verfahren hineingehen wollen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Unglaublich!)

Wir wollen das jedenfalls nicht.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gibt es ja gar nicht!)

Es ist richtig, dass die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag bereits vor einem halben Jahr auch mit einer Parla

mentsinitiative deutlich gemacht hat, dass wir davon ausgehen, dass die Laufzeit von Biblis A – und von Biblis B, das sage ich gleich dazu – nicht im darauffolgenden Jahr beendet sein soll. Das oberste Kriterium – auch bei den Betreibern eines Kernkraftwerkes – ist die Sicherheit.

(Beifall bei der FDP – Ursula Hammann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt keine endgültige Sicherheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben nun seit 1998 entweder einen grünen Bundesumweltminister oder einen roten Bundesumweltminister. Beide, sowohl Herr Trittin von den GRÜNEN als auch nunmehr Herr Gabriel von den Sozialdemokraten,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gott sei Dank, es gibt noch keinen gelben Umweltminister!)

haben bisher noch keine Schließungsverfügung für Biblis A und/oder Biblis B ausgesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wäre einer der beiden Reaktoren gefährlich, wäre es auch nur gefährdend, einen solchen Reaktor weiter zu betreiben, so fordern wir Herrn Gabriel auf, noch heute die Schließungsverfügung zu unterzeichnen und Biblis A oder B zuzumachen – wenn es denn unsicher wäre.

(Beifall bei der FDP)

Es ist aber ganz offensichtlich nicht unsicher.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie kann man seine Ahnungslosigkeit hier so offensichtlich ans Rednerpult stellen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Betreiber hat ganz offensichtlich recht, wenn er sagt: Wir haben in den letzten – –

(Norbert Schmitt (SPD): Da muss man das Atomrecht lesen!)

Erstens. Herr Kollege, Sie können so laut sein, wie Sie wollen. Ich habe das Mikrofon. Zweitens. Dazwischenbrüllen hilft Ihnen nicht weiter, wenn Sie Fakten wegbrüllen wollen.

(Beifall bei der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Unfug!)

Es ist ein Faktum, dass Herr Gabriel den Reaktor als sicher empfindet;denn der Reaktor ist heute noch am Netz.

(Beifall bei der FDP)