Das hat ganz und gar nichts mit der Gestaltung des Wahlzettels zu tun. Die Ursachen liegen tiefer und sind unterschiedlicher Art. Ich will jetzt nicht der Versuchung erliegen, auch meinerseits zu der Frage, warum nicht mehr Wähler bereit sind, zur Wahl zu gehen, auszuführen und Ihnen die Zeit zu stehlen. Ich möchte nur festhalten: Ganze Legionen von Fachleuten sind in dieser Sache unterwegs, schreiben Bücher, halten Festvorträge. Nach meiner festen Überzeugung gibt es aber keine monokausale Begründung.Es gibt viele Gründe.Manches von dem, was hier gesagt wurde, unterstreiche ich, manches erscheint mir sehr vordergründig. Ich bitte um Nachsicht: Wenn wir uns diesem Thema ernsthaft zuwenden wollen, dann geht das nicht in Redebeiträgen von drei Minuten. Dann müssen wir uns intensiver austauschen. Im Ausschuss werden wir dazu Gelegenheit haben. Dann will ich das gerne tun.
In diesem Zusammenhang ist auch die Frage gestellt worden, die uns schon seinerzeit beschäftigt hat: Könnte man die Wahlbeteiligung nicht dadurch erhöhen, dass man den Leuten die Originalstimmzettel nach Hause schickt? Meine schlichte Antwort ist: Nein, man wird sie dadurch nicht erhöhen können.
Man erleichtert auch das nicht. – Ich halte das für eine Scheindiskussion. Ich will aber ausdrücklich hinzufügen: Ich war schon zu dem Zeitpunkt, als wir unter der gemeinsamen Verantwortung von CDU und FDP das Gesetz geändert haben, durchaus aufgeschlossen. Man muss aber die Fakten zur Kenntnis nehmen. Es gibt außer in Baden-Württemberg in keinem Land unserer Republik ein Wahlsystem, nach dem die Originalstimmzettel zum Ausfüllen den Leuten nach Hause geschickt werden.Auch
die Wahlordnung Baden-Württembergs sieht dies ausdrücklich nicht vor. Die Praxis ist allerdings so, wie hier von den Freidemokraten in der Debatte wieder vorgetragen wurde. Es gibt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, die einzige Entscheidung, die dazu einschlägig ist und rechtskräftig geworden ist, die sagt: In der Abwägung der Dinge, um die es hier geht, kann dieses Verfahren hingenommen werden. – Ich gestehe, ich tue mir schwer damit, zu glauben, dass bei diesem Verfahren die Wahlgrundsätze der geheimen, unmittelbaren und freien Wahl so gewährleistet werden können, wie wir das sonst immer gewährleisten.
Ich sage ausdrücklich: Ich bin sehr dafür, das zu prüfen, aber wenn wir diesen Schritt gehen, dann werde ich einfordern, dass wir unser Wahlprüfungsrecht vollkommen ändern. Mir kann das niemand erklären: Auf der einen Seite konnte der Umstand, dass ein Wahlplakat in einer Entfernung von 9,78 m – anstelle von 10 m – zum Wahlbüro stand, zur Aufhebung eines Wahlaktes führen,
und auf der anderen Seite schicken wir den Leuten die Originalstimmzettel nach Hause, die sie dann irgendwann beim Wahlbüro vorbeibringen. Da passen die Dinge nicht mehr zusammen. Dann muss man das Wahlprüfungsrecht generell ändern.
Das zweite Beispiel ist die Briefwahl. Nach Kommunalwahlen ist es bedauerlicherweise üblich geworden, dass diejenigen,die meinen,einen vermeintlichen Erfolg erzielen zu können, Anzeigen an den Wahlleiter schreiben, es sei bei den Wahlen irgendetwas nicht richtig gelaufen. Bei der Briefwahl erwarten wir dann die Abgabe eidesstattlicher Versicherungen. Es macht doch überhaupt keinen Sinn, bei der Briefwahl so hohe Hürden aufrechtzuerhalten, wenn man auf der anderen Seite die Originalstimmzettel nach Hause schickt nach dem Motto „Füllt sie aus, es wird schon ordentlich sein“. Das heißt, wer sich diesem Thema ernsthaft weiter nähern will, der muss zu dem Ergebnis kommen, dass wir dann auch bei der Briefwahl sagen: Wer Briefwahl machen will, der macht das ohne jegliche Vorbedingung. – Man muss beides zusammenfügen, sonst ergibt die Sache keinen Sinn.
Ich bin sehr gespannt auf die Debatte, die wir im Ausschuss führen werden. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Ich bin völlig offen, hier neue Wege zu gehen. Ich füge aber hinzu: Ich bin sehr skeptisch, wie die elementaren Grundsätze des Wahlrechts dann noch gewährleistet werden können.
Der Herr Kollege Hahn sprach das Stichwort Scheinkandidaturen auf Listen an. Das Thema ist nicht ganz neu. In aller Regel ist damit der Versuch verbunden, durch die Aufstellung eines Prominenten Stimmen für eine Liste zu sammeln. Das kann man für gut oder für schlecht halten. Auch hier, denke ich, kann man zu neuen Ideen kommen.
Ich habe aber Zweifel, ob der von Ihnen vorgeschlagene Weg zum Ziel führt. Wir können das nach meiner festen Überzeugung nur dann machen, wenn wir das Beamtenrecht ändern. Dort stoßen wir aber sehr schnell an die Grenzen der Verfassung, denn die Mitteilung eines Bewerbers, er werde im Falle der Wahl sein Mandat annehmen und aus seinem Hauptamt ausscheiden, ist beamtenrechtlich ein Nullum. Da der hauptamtlich direkt Gewählte Beamter ist und deshalb das Beamtenrecht einschlägig ist,muss man das Beamtenrecht ändern.Da kom
men Sie zu der spannenden Frage, wo Sie im Beamtenrecht in der Frage der Wählbarkeitsfreiheit die Grenze ziehen, wer also gewählt werden darf und wer nicht gewählt werden darf. Darüber werden wir uns spannend zu unterhalten haben.
Eine Bemerkung zum Schluss: Wir dürfen dann nicht nur bei den direkt Gewählten genau hinschauen, sondern wir müssen das dann auch bei den Beigeordneten entsprechend regeln, denn es macht keinen Sinn, zu sagen, der Landrat darf das nicht, aber der Erste Beigeordnete darf das. Das erscheint mir zumindest überprüfungsbedürftig.
Ich hoffe, wir sind uns einig, dass wir hier glücklicherweise nicht unter Zeitdruck stehen, weil es bis zur nächsten Kommunalwahl noch ein bisschen Zeit ist. Wenn die einbringende Fraktion damit einverstanden ist, läge mir daran, dass wir uns für die Beantwortung dieser Fragen ein bisschen Zeit nehmen, denn dahinter verbirgt sich eine Fülle von Einzelpunkten.
Die Möglichkeit der Wahl über das Internet scheint mir eine spannende Geschichte zu sein. Soweit ich das übersehen kann und der Landeswahlleiter mir darüber berichtet hat, haben wir zurzeit noch die Situation, dass das Fehlen der technischen Voraussetzungen und die Sorgen, die wir insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Manipulation von Wahlergebnissen haben, eine solche Form der Wahl noch nicht zulassen. Das kann sich ändern. Hinzufügen muss man allerdings, das erfordert einiges an Ausstattung.Aber auch das Problem kann man lösen. Ich denke, wir werden hierzu noch entsprechende Informationen bekommen.
Zurück zum Ausgangspunkt, ob man die Wahlbeteiligung auf diese Weise vielleicht erhöhen könnte. Überall dort, wo Internetwahlen im staatlichen Bereich zugelassen waren, ist die Wahlbeteiligung in der Regel nicht signifikant gestiegen. Bei den staatlichen Wahlen in Lettland ist die Beteiligung sogar gesunken. Die Entwicklung in Holland muss man sich anschauen.
Wenn Sie sich Internetwahlen bei Firmen ansehen, z. B. die Wahl von Betriebsräten, stellen Sie fest, dass man keine wesentliche Veränderung bei der Wahlbeteiligung feststellen konnte. Somit komme ich zu meiner etwas zurückhaltenden Einschätzung zurück, dass die Ideen in der Tat zwar allesamt diskussionswürdig sind, dass wir aber schlecht daran täten, wenn wir die Erwartung zu hoch hängen würden, dass sie in Zukunft erhebliche Verbesserungen bei der Wahlbeteiligung auslösen würden. Ich gehe deshalb für die Landesregierung davon aus, dass wir ergebnisoffen in den weiteren Beratungsprozess eintreten. Die Landesregierung wird sich hier engagiert einbringen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Kommunalwahlgesetzes, Drucks. 16/6063.
Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Innenausschuss zu über
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Forstgesetzes – Drucks. 16/6040 zu Drucks. 16/5289 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei dem Kollegen Häusling, der mir die Beschlussempfehlung rechtzeitig in die Hand gedrückt hat.
Der Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Der Gesetzentwurf war dem Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz in der 96. Plenarsitzung am 23. Februar 2006 überwiesen worden.
Der Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am 6. September 2006 eine öffentliche mündliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt.
Der Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am 20. September 2006 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die oben genannte Beschlussempfehlung an das Plenum ausgesprochen.
Vielen Dank, Frau Apel. – Ich eröffne die Aussprache.Als erster Redner hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Häusling das Wort. Herr Häusling, die Redezeit beträgt fünf Minuten.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Apel, nachdem ich Ihnen behilflich war, wäre es nett gewesen, wenn Sie dem jetzt auch zugestimmt hätten.Aber das kann man nicht erwarten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht, um die Förderung der nachwachsenden Rohstoffe in einem bestimmten Punkt in Hessen voranzubringen, nämlich bei Holz. Es gibt einen Minister, es gibt eine Landesregierung, die einmal in der Regierungserklärung ein Ziel formuliert haben: Sie wollen einen Anteil von 15 % an erneuerbaren Energien. – Wie Sie aber dahin kommen wollen, ist auch nach langen Jahren immer noch sehr stark im Nebel, will ich behaupten. Die Bilanz nach sieben Jahren gerade unseres Umweltministers ist, dass wir bei den erneuerbaren Energien von einem Anteil von 2,5 % auf 3,5 % in Hessen hochgeschnellt sind.
Das ist schon ein erstaunlicher Wert.Wie Sie das bis 2015 schaffen wollen, können Sie vielleicht gleich noch erklären.Wir haben jedenfalls einen Ansatz gewählt, der recht pragmatisch ist. Ich komme noch darauf zurück.
Herr Minister, ich habe Verständnis dafür. Sie haben zurzeit viel zu tun. Sie müssen dafür sorgen, dass Biblis weiterläuft, dass die Windkraft verhindert wird. Biogas haben Sie jahrelang verschlafen.Holz haben Sie jahrelang nicht ernst genommen. Das muss man einfach so sehen.
Es gibt eine Biomassepotenzialstudie in Hessen, die zeigt, dass es durchaus möglich ist, den Anteil an erneuerbaren Energien in Hessen auf 15 % zu steigern. Der Forst kann dazu 1,8 Millionen Festmeter Holz beisteuern. Das ist immerhin ein Potenzial, das zum Heizen von 150.000 Haushalten reicht. Das ist also keine geringe Menge.
In der Biomassepotenzialstudie wird aber auch ganz deutlich gezeigt, dass man dafür Förderinstrumente braucht, dass man auch an politische Instrumente denken muss,um das umzusetzen. Herr Minister, Sie experimentieren im Knüll noch ein bisschen mit der Bioregio. Das ist auch kein schlechtes Projekt. Gleichzeitig stellt aber die Große Koalition in Berlin die Förderung gerade von Solar- und Biomasseheizungen wieder ein. Das passt nicht zusammen. Das müssen Sie aber in Berlin ausmachen.
Es gibt auch erhebliche Fehler in Hessen. Wenn man sich Hessen-Forst anguckt: Eine der Maßnahmen, die Sie in der „Operation sichere Zukunft“ umgesetzt haben, ist, dass Sie die Hälfte der Waldarbeiter in die PVS geschickt haben. Das Potenzial, das wir im Forst an Energieholz haben, können wir gar nicht nutzen, weil die Leute fehlen. Gleichzeitig machen Sie mit HeRo eine Kampagne für den Einsatz von Holz in Privathaushalten. Herr Minister, das passt nicht zusammen.
Wir haben den ganz pragmatischen Vorschlag gemacht, zunächst einmal rechtlich an die Sache heranzugehen und dem Landesbetrieb die Möglichkeit zu geben, das auch politisch ernst zu nehmen. Unser Vorschlag ist: Der Landesbetrieb Hessen-Forst übernimmt als größter Waldbewirtschafter Hessens die Aufgabe,in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den privaten Waldbesitzern für die nachhaltige Produktion von Energieholz und den Aufbau verlässlicher Dienstleistungsstrukturen im Energieholzbereich zu sorgen. – So viel zu unserem Gesetzentwurf.
Der wesentliche Punkt, um die Nutzung erneuerbarer Energien voranzubringen, gerade bei Holz, sind verlässliche Strukturen bei der Belieferung.Denn wenn sich heute jemand eine Holzheizung kauft, möchte er wissen, wo er demnächst sein Holz herbekommt. Wenn ein Investor heute eine Biomasseheizung baut – sie sind teilweise sehr groß, gerade für Kommunen –, möchte er wissen, dass er auch in den nächsten Jahren das Holz dafür bekommt. Gerade da ist der Fehler, der zurzeit bei Hessen-Forst gemacht wird. Hessen-Forst erklärt sich nicht dazu bereit, diese Strukturen verlässlich zu garantieren.
Herr Kollege, einen Augenblick. – Meine Damen und Herren, ich bitte doch, auch wenn wir nur noch kurze Beratungszeit haben, sich das ruhig anzuhören. – Sie haben das Wort.
Auch da gibt es einen Zielkonflikt. Hessen-Forst – das ist Ihre Definition; deshalb haben Sie diesen Betrieb so umstrukturiert – soll schwarze Zahlen schreiben. Die schreibt man zurzeit natürlich eher damit, dass man Industrieholz verkauft. Dann passiert es – das ist Realität in Hessen –, dass der Landesbetrieb Industrieholz wer weiß wohin verkauft, aber nicht den kommunalen Betrieb vor Ort versorgt. Genau das möchten wir mit unserem Gesetzentwurf verhindern. Genau diese kleine rechtliche Möglichkeit wird dafür sorgen, dass es so geht.
Wenn wir diese Strukturen nicht verlässlich aufbauen – ich sage, bei erneuerbaren Energien ist ein wesentlicher Teil der Ausbau verlässlicher Strukturen –, dann überlassen wir den ganzen Markt dem Zufall oder gerade politischen Zielsetzungen,die Sie formulieren,nämlich der Gewinnmaximierung.