Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich glaube, in den nächsten Wochen und Monaten haben wir eine ganz schwere Arbeit vor uns. Für meine Fraktion sage ich Ihnen zu:Wir werden die Frage, ob sich der Abwägungsprozess aus dem dargestellten Sachverhalt ableiten lässt, exakt überprüfen. Das ist die entscheidende Frage, um dieses Verfahren gerichtsfest zu machen, soweit wir das selbst aus der parlamentarischen Position heraus beeinflussen können.
Meine Damen und Herren, deswegen bedanken wir uns für diese Vorlage. Wir wissen – damit komme ich zu dem Schluss, den die anderen Vorredner an den Anfang ihrer Ausführungen gesetzt haben –: Es ist nach meiner und nach Ansicht der FDP-Fraktion die zentrale infrastrukturpolitische Entscheidung für Hessen und für Deutschland.
Herr Boddenberg, Sie haben völlig recht: Die Wettbewerber sitzen gar nicht so sehr in München. Die sitzen jetzt aus aktuellem Anlass in München – weil sie am Wachstum nicht teilhaben können. Aber wenn Sie à la longue denken, dann sitzen die Wettbewerber überall dort, wo sich Hubs auftun können. Da muss man nochmals in Erinnerung rufen: In anderen Ländern, z. B. in Schwechat und Madrid, sind neue Bahnen gebaut worden, und Sie haben natürlich das Thema Dubai angesprochen.
Wir als FDP-Fraktion sind der Auffassung, uns im Zweifel dafür zu entscheiden, wenn es irgendwie vertretbar ist, im Interesse dieser 66.000 oder 99.000 Arbeitsplätze etwas für dieses Land zu tun. Denn der Bankenstandort Frankfurt, die Wirtschaftskraft Hessens stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit diesem Frankfurter Flughafen.
Aber wir sind dem Bürger eben auch schuldig, es so sorgfältig wie möglich zu prüfen. Daran wollen wir als FDPFraktion im Anhörungsverfahren teilhaben. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns heute mit einer Änderung des Landesentwicklungsplans, weil sich die Landesregierung in dem von ihr propagierten Flughafenausbau in einer Sackgasse befindet. Fälschlicherweise glaubt sie, hieraus mit
Hilfe der Änderung des Landesentwicklungsplans einen Fluchtweg gefunden zu haben. Fälschlicherweise deswegen, weil es überhaupt kein konkretes Planungserfordernis für die Landesplanung – ich betone dieses Wort: Landesplanung – im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau gibt, wenn man das nicht konstruiert. Denn einzig die Frage des Ob – im Zusammenhang mit dem Ausbau – und die Fixierung der politisch garantierten Bedingung Nachflugverbot wären Entscheidungen der Landesplanung. Alles andere, nämlich die Auswahl und Bewertung der Varianten, sind Gegenstand der Regionalplanung und der Fachplanung.
Nicht zuletzt deshalb kommt es auch zu dem Problem, das der Kollege Posch gerade geschildert hat.Sie wollen etwas auf landesplanerischer Ebene ansiedeln, was dort eigentlich nicht hingehört. Die Landesregierung greift zum Schwert der Landesplanung, um den nachfolgenden Ebenen die Spielräume zu nehmen und so weit wie möglich die Richtung des Zugzwangs vorzuschreiben.
Ich sage Ihnen, das hätten Sie lieber bleiben lassen sollen. Denn wenn Sie wirklich Ihr Ziel Flughafenausbau erreichen wollen,dann sollten Sie möglichst Fehler vermeiden.
Ich bin heute nicht der Erste hier am Pult, der Ihnen sagt, dass Sie dabei sind, immer mehr Fehler zu machen. Denn nicht anders sind die Äußerungen des Kollegen Walter und auch des Kollegen Posch zu verstehen.
Ich meine, aus Sicht des Flughafenausbaugegners kann ich dieses in meinen Augen eher dilettantische Gewürge – Herr Kollege Weimar – nicht ohne eine gewisse Zufriedenheit zur Kenntnis nehmen.
Schließlich will die Landesregierung mit der Änderung des LEP ja wenigstens zum Schein die Abwägungsfehler im Raumordnungsverfahren ausbügeln. Denn schließlich, Herr Kollege Boddenberg, sind die Akten in Brüssel noch nicht geschlossen. Deswegen schafft sie es mit einem umfänglichen Papier letztendlich aber doch nicht,die Lösung des Problems, beispielsweise die Gewährleistung der Betriebssicherheit für das Chemiewerk, was sowohl von der EU-Kommission als auch von der Störfallkommission kritisiert worden ist, im Ergebnis hinzubekommen. Im Gegenteil, was die Landesregierung in den Landesentwicklungsplan hineingeschrieben hat, ist eigentlich nichts anderes als die Ankündigung eines Desasters. Ich darf aus Seite 92 des Textes, Drucks. 16/6057 zitieren:
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die raumordnerische Standortfestlegung der Variante Nordwest letztlich selbst dann ohne Verstoß gegen das Störfallrecht realisierbar wäre,
Also muss man davon ausgehen, dass ohne Verstoß gegen das Störfallrecht die Nordwestbahn möglicherweise nicht realisierbar ist. Deswegen kommt der zweite Satz in diesem Text – lesen Sie es nach –:
In diesem Fall ließe sich durch hoheitliche Maßnahmen, die von Betriebsbeschränkungen bis zur Stilllegung oder Verlegung der Anlagen reichen könnten, ein ordnungsgemäßer Zustand herstellen.
Die Landesregierung geht also selbst davon aus, dass ein ordnungsgemäßer Zustand wahrscheinlich nicht herstellbar ist, ohne dass es mindestens zu Betriebsbeschränkungen oder zur Stilllegung kommt.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung gibt dann noch den netten Hinweis – ich darf auch aus ihrem Papier zitieren –:
Denn die Gefahrenminimierung bezüglich des Absturzes, noch mehr aber für den Fall des parallelen Betriebs hat jetzt auch endlich die SPD bemerkt. Ich rede mir seit fünf Jahren den Mund fusselig und sage immer wieder: Klären Sie einmal die Frage, was passiert, wenn nichts passiert. Wie soll denn das parallel zusammengehen? Endlich wird gemerkt, dass das ein entscheidendes Kriterium sein kann, wie man die Sicherheitssituation in den Griff bekommen kann.
Meine Damen und Herren, die Ankündigung einer möglichen Enteignung hat der Ministerpräsident schon öfter gemacht. Aber dass das die Vernichtung von rund 1.000 direkten und ungezählten indirekten, induzierten und katalytischen Arbeitsplätzen durch die Regierung bedeuten würde,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Minister Karlheinz Weimar: Sie würden auch noch der Atomkraft zustimmen, wenn Sie dadurch die Bahn verhindern könnten!)
Meine Damen und Herren, an diesem Beispiel wird deutlich, warum die Landesregierung, gerne gefolgt von CDU und FDP in diesem Hause – da erinnere ich nur an die Kotau-Kommission unter Leitung des Kollegen Posch –, ständig eine Änderung des Planungsrechts fordert.Sie hat das gültige Planungsrecht offensichtlich nicht verstanden. Sie wendet es auf jeden Fall laufend falsch an, sodass sie auch immer öfter vor Gericht scheitert. Über Kammmolche und andere Fragen haben wir schon öfter geredet.
Das Planungsrecht, wie wir es haben, versucht, Konflikte – insbesondere bei Nutzungskonkurrenzen – stufenweise zu lösen, und gibt dabei durchaus den politischen Entscheidungen eine Prärogative.
(Minister Karlheinz Weimar: Was haben Sie zum A 380 alles gesagt? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin, die Regierungsbank ruft hier ständig dazwischen! – Gegenruf des Ministerpräsidenten Roland Koch)
Der Herr Finanzminister kann von rechts blöken, solange er will. Es entspricht den von uns getroffenen Vereinbarungen, dass Sie, wenn Sie hereinrufen wollen, sich dahin setzen müssen,
dass Sie hier aber selbstverständlich abstimmen und Ihren eigenen Leuten Beifall geben können. Aber sei es drum, ich halte das durch. Das ist nicht mein Problem.