Es gibt nur einen Unterschied zwischen Ihnen und uns. Als größte Oppositionsfraktion haben wir derzeit in der Bundespolitik weniger Einfluss als Sie als künftiger stellvertretender Bundesvorsitzender der größten Regierungspartei im Deutschen Bundestag.
Die Verantwortung liegt bei Ihnen. Es reicht nicht – auch das wird ein Teil der Auseinandersetzung werden –, in Hessen und möglicherweise auch in Fernsehsendungen, die in Berlin aufgenommen werden, zu sagen: Ich bin dafür, dass Biblis am Netz bleibt. – Vielmehr ist das die verdammte Pflicht und Schuldigkeit des Hessischen Ministerpräsidenten, der künftig stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU wird und damit eines der wichtigsten Ämter in der größten Regierungspartei in Berlin wahrnimmt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, daran werden wir die Messlatte anlegen. Das gilt nicht nur für die Frage Biblis.An der Frage Biblis kann man deutlich machen, wo der Unterschied ist. Es gilt nicht mehr – Herr Kollege AlWazir, da haben Sie Recht –, Roland Koch und seiner Regierung durchgehen zu lassen, dass sie Opposition gegen Berlin machen. Es gilt aber auch nicht, dass im Wahlkampf 2007/08 der Ministerpräsident – Hand in Hand oder wie auch immer, das stelle ich mir ganz spannend vor – mit dem/der Spitzenkandidat/in der SPD auf der einen Seite Berlin verteidigt und auf der anderen Seite in Wiesbaden vollkommen gegeneinander sozusagen Kampfhunderennen spielt. Wir wollen ganz genau schauen, dass die Zuordnungen und die Verantwortungen sauber bleiben.
Darauf werden wir Liberale – da können Sie sicher sein – schon Wert legen und hinweisen.Wir möchten den Ministerpräsidenten in einem Punkt heute schon ernst nehmen. Sie wissen, ich meine das jetzt nicht polemisch – damit nicht wieder irgendjemand irgendetwas unterstellt.
Nein, es wurde mir vorhin von Karlheinz Weimar unterstellt, es wäre polemisch, was ich gemacht habe. Ich finde, das war der Sache sehr angemessen und sachlich. Aber darüber kann man sich noch einmal streiten. Das wird Kollege Dr.Wagner nachher bestimmt tun.
Jetzt geht es um die Frage, dass der Ministerpräsident vor einiger Zeit ein Interview in der „Welt“ gegeben hat, in dem es um die Frage zusätzlicher Neuverschuldung in den Ländern und im Bund ging. Darin hat er gesagt – es ist beschrieben worden –, es sei ein erster Schritt zur Konsolidierung der Haushalte, dass man sich überlegen sollte, künftig nur noch mit Zweidrittelmehrheit neue Schulden in den Landtagen durchgehen zu lassen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das beantragen wir.
Wir beantragen nichts anderes, damit die Kollegen von der Union nicht meinen, dass wir irgendwie aufmüpfig oder so etwas wären. Das wird immer unterstellt. Ich sage das einmal ganz bewusst mit dem Gedanken – –
(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Heiterkeit bei der FDP)
Es war mir so klar. Die Dame mit der Brille, die immer so unverschämte Zwischenrufe macht, ist auch wieder wach geworden und hat jetzt offensichtlich die dritte Brille auf.
Mir war so klar, dass der Pawlow bei Ihnen herauskommt. Aber es ist ausschließlich der Wortlaut dessen, was Roland Koch in einer der großen deutschen Zeitungen zu Protokoll gebracht hat. Ich halte diese Diskussion, die er angestoßen hat, im Übrigen für sehr bedenkenswert, aber auch für sehr beredenswert, weil es – es überrascht mich, dass es von Roland Koch kam – eine Aussage war, die eigentlich das klassische System von Regierung und Opposition über den Haufen wirft, indem er sagt: Die Regierung muss sich jedenfalls so binden, dass sie zusätzliche Schulden nur dann aufnehmen kann, wenn ein Teil der Opposition, der relativ groß ist, mitmacht. – Wir meinen, das Land Hessen ist so weit, dass wir diese Entscheidung nunmehr treffen können.
Sie wissen, der Bund der Steuerzahler hat uns Anfang Oktober entsprechende Vorgaben ins Stammbuch geschrieben. Ich bin sehr gespannt, wie die Union mit den Worten ihres Vorsitzenden Roland Koch zu diesem Thema umgeht.
Lassen Sie mich zum Abschluss kommen. Die anderen beiden Anträge der FDP sind zum Teil schon von anderen Kollegen bearbeitet worden. Zum Thema Kennzahlen hat Jürgen Walter zu Beginn seiner Haushaltsrede ausführlich Stellung genommen.
Lassen Sie mich deshalb zusammenfassen. Wir diskutieren den letzten Haushalt vor der Landtagswahl 2008. Dieser Haushalt ist eindeutig so angelegt, dass die mit absoluter Mehrheit regierende Union ihn als Wahlkampfhaushalt gebrauchen möchte. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir möchten nicht, dass ein staatlicher Haushalt als Wahlkampfhaushalt missbraucht wird. Wir möchten einen Haushalt für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande mit einer erheblichen Reduzierung des Schuldenaufkommens insgesamt. Diese Art von Wahlkampfhaushalt lehnt die hessische FDP-Fraktion ab. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mut und Verlässlichkeit prägen seit 1999 die hessische Haushaltspolitik.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mut ist ja sehr schön, aber die Verlässlichkeit! Jedes Jahr mehr Schulden!)
Meine Damen und Herren, ich nenne ein Beispiel für diesen Mut, für Entschlossenheit und Zukunftsorientierung,
Ohne diese Operation müssten wir Jahr für Jahr – auch in diesem und im nächsten Haushaltsjahr – rund 600 Millionen c mehr an Krediten aufnehmen. Wir hätten heute eine um fast 3 Milliarden c höhere Gesamtverschuldung. Diese notwendige und verantwortungsvolle Operation wird von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bis zum heutigen Tage als Rotstiftpolitik diffamiert.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das müssen Sie gerade sagen! – Michael Boddenberg (CDU): Das machten die vorsätzlich!)
Auf der einen Seite prangern Sie den angeblichen Sozialabbau an. Auf der anderen Seite bemängeln Sie eine zu hohe Verschuldung. Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie das eine oder das andere wollen. Beides geht gleichzeitig nicht.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihre Politik wollen wir nicht!)
Meine Damen und Herren, in dem Zusammenhang will ich auf ein bemerkenswertes Zitat aus dem Munde des Oppositionsführers zu sprechen kommen. Er hat wörtlich gesagt – ich bin sicher,wenn ich das Zitat vortrage,werden Sie noch einmal Beifall klatschen, das ist auch in Ordnung –, was das Erfolgsrezept der SPD ist: Die soziale Balance sei die Voraussetzung für wirtschaftlichen Aufschwung.
Das haben Sie so gesagt. Ich glaube, hier im Hause gibt es niemanden, der gegen soziale Balance in unserer Gesellschaft und unserer Wirtschaft ist – keine der vier Fraktionen.
Aber das ist der Punkt, bei dem ich glaube, dass die Sozialdemokraten Jahr um Jahr und seit Jahrzehnten einem Denkfehler unterliegen. Verehrter Herr Kollege Walter,
ich glaube, dass vernünftige und verantwortungsvolle Sozialpolitik nur betrieben werden kann, wenn die Wirtschaft floriert, wenn ausreichend Arbeitsplätze vorhanden sind und deshalb dem Staat ausreichend Steuern zur Verfügung gestellt werden, damit mit diesen Steuern eine erfolgreiche Sozialpolitik betrieben werden kann. So wird aus der Sache ein Schuh.
Meine Damen und Herren, ich sage: 5 Millionen Arbeitslose als Ergebnis einer rot-grünen Bundesregierung sind Ergebnis der unsozialsten Sozialpolitik, die ich mir vorstellen kann.
Ich will gleich zu Anfang ein ausdrückliches Lob an die Adresse des Finanzministers Weimar aussprechen.
Sie werden wahrscheinlich ohnehin nicht das Gegenteil von mir erwartet haben. Aber was wahr ist, muss auch wahr bleiben.
Karlheinz Weimar ist in den letzten Jahren einen schwierigen Weg zwischen notwendigen Investitionen in die Zukunft, für die er steht, auf der einen Seite und verantwortlichem Sparen auf der anderen Seite gegangen.Zu diesem Thema will ich Folgendes an die Adresse des Kollegen Hahn sagen.
Wir werden, wie wir wissen, auch nach der neuesten Steuerschätzung vom November dieses Jahres erfreulicherweise über zusätzliche Einnahmen verfügen. Lieber Kollege Hahn, diese zusätzlichen Einnahmen, die zum Glück nicht gering ausfallen,werden von Karlheinz Weimar vollständig zur Verminderung unserer Schulden eingesetzt werden. Das gehört auch zur Vollständigkeit der Wahrheit.