wie verärgert, ratlos und verwirrt die Opposition auf der linken Seite in dieser Frage ist. Damit haben Sie nicht gerechnet. Ticona war doch die größte Hoffnung, nicht nur der GRÜNEN,sondern,wie ich mittlerweile gelernt habe, auch von Frau Ypsilanti, dass das Ausbauvorhaben scheitert.
Jeden Tag hat man doch offenkundig, gerade auch bei den GRÜNEN, die die Chemie erkennbar nachhaltig seit vielen Jahren unterstützen – –
Es hat einmal einer gesagt: Die würden auch ein Atomkraftwerk akzeptieren, wenn nur der Flughafen nicht gebaut würde. – Es ist absurd, wenn man sieht, wie Sie alle politischen Grundsätze über Bord werfen, nur weil Sie meinen, ein Thema sei in besonderer Weise nützlich.
Besonders schlimm in diesem Zusammenhang ist, dass man spürt – Kollege Posch hat es auch dargestellt –, dass es bei Frau Ypsilanti genauso geht.
Im Grunde ist es die Verärgerung darüber, dass wir ein Riesenproblem gelöst haben – ich werde nachher noch darauf eingehen. Jeder weiß, dass wir jetzt sorgfältig weiterarbeiten müssen, dass keine Fehler im Verfahren gemacht werden dürfen, aber im Grundsatz der Weg frei ist für den Bau der Landebahn. Das schmerzt Sie nun offensichtlich heftig.
Meine Damen und Herren, so, wie das hier angesprochen ist, ist das auch eine besondere Leistung, auf die ich gelegentlich einmal hinweisen möchte. Wir haben hier zwei Jahre verhandelt, zum Ende hin in immer dichteren Intervallen, und keiner hat es gemerkt. Ganz unmittelbar vor dem Abschluss ist die Sache dann durch eine Zeitungsmeldung herausgekommen.Aber ich glaube,einmal sagen zu müssen: Von der Professionalität der Arbeit her können wir auch ein bisschen stolz darauf sein.Wenn ich jetzt „wir“ sage, meine ich auch diejenigen, die bei Fraport und natürlich bei Ticona Verantwortung tragen. Es ist gelungen, in einer Zeit, in der das Mediale so im Vordergrund steht, diese Verhandlungen ohne Störfeuer von außen zu Ende zu bringen. Meine Damen und Herren, hier gilt ein ausdrücklicher Dank dem Ministerpräsidenten.
(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Du ahnst es nicht! 650 Millionen c verbrannt! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Dass Sie einen solchen Betrag überhaupt in den Mund nehmen können!)
Er hat mit außergewöhnlicher Beharrlichkeit und mit Geschick immer wieder dafür gesorgt, dass der Gesprächsund Verhandlungsfaden auch in fast auswegslosen Situationen nicht abgerissen ist und dass am Ende ein Erfolg erzielt werden konnte.
In diesem Zusammenhang muss hier auch dem Vorstand von Fraport und dem Vorstand von Ticona/Celanese gedankt werden. Sie haben gezeigt, dass in sehr schwierigen Verhandlungen mit gutem Willen eine Einigung möglich und erzielbar ist, die uns alle voranbringt.
Meine Damen und Herren, Fraport, die Region, Hessen und Deutschland brauchen den Ausbau des Flughafens Frankfurt. Ich wundere mich manchmal, und es ist auch peinlich für dieses Parlament, dass die Dimension der wirtschaftlichen Entwicklung der nächsten Jahre und Jahrzehnte in Deutschland auf ein Karo heruntergezoomt wird, das so klein ist, Herr Abg. Kaufmann, dass man es fast nicht mehr sehen kann.
Deswegen wehre ich mich auch dagegen, dass diese Diskussion so geführt wird. Wir brauchen den Flughafen Frankfurt dringend für die Zukunft dieses Landes, und zwar nicht nur für Hessen, sondern für ganz Deutschland. Daran arbeiten wir jeden Tag.
Meine Damen und Herren, hier geht es doch darum, 100.000 Arbeitsplätze neu zu schaffen. Es handelt sich um qualifizierte Arbeitsplätze. Es handelt sich um eine Größenordnung, die ganz außergewöhnlich ist.
Ich möchte auch darauf eingehen, welches tägliche Risiko wir bei Verzögerungen haben,Geschäfte in unserem Land zu verlieren. Deswegen sind die Zwischenrufe, die wie ein automatischer Anrufbeantworter von Herrn Schmitt zu der Frage der 650 Millionen c usw. kommen, nicht der Sache dienlich.
Wir reden hier darüber, dass die Zukunft einer ganzen Region auf dem Spiel steht. Den einzigen internationalen Hub, der dauerhaft international konkurrenzfähig ist, müssen wir schützen und ausbauen.
Der Flughafen ist weitgehend am Ende seiner Kapazität angelangt. Wir wachsen in diesem Jahr noch um 1 %. Wir werden auch in den nächsten Jahren keine viel höheren Zuwachsraten haben. Der Markt wächst weit darüber mit 4 bis 6 %. Es läuft alles an Frankfurt vorbei, was dort generiert wird. Es geht eben nicht nur nach München, sondern es geht darüber hinaus auf die internationalen Flughäfen um uns herum. Sehen Sie sich einmal die Wachstumsraten von Amsterdam und Paris an. Heathrow hat übrigens genau dasselbe Problem wie wir. Sie werden es aber schneller erledigen, wenn wir uns nicht anstrengen. Deswegen wachsen sie dort auch nicht so schnell. Das bedeutet,Verkehre werden verlagert.
Es werden auch ständig Linien abgezogen. Wenn Sie einmal abgezogen sind, werden Sie sie kaum nach Frankfurt zurückholen. Das ist die dauerhafte Schädigung, die dieser Flughafen erfährt. Deswegen wundere ich mich darüber, dass Sie diesen ganz kleinen Teilbereich ansprechen, so wichtig er auch sein mag. Es geht hier darum, die großen Zusammenhänge unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob wir in Frankfurt – und damit die gesamte Wirtschaft unseres Landes – dauerhaft wettbewerbsfähig sind oder nicht.
Meine Damen und Herren, die Ticona-Entscheidung ist auch von außergewöhnlicher Bedeutung für die Treue der Fluggesellschaften zum Flughafen Frankfurt. Die Fragen einer höheren Planungssicherheit, eines Endes des Verfahrens und des Baus der Landebahn sind für sie ein wichtiges Kriterium dafür,ob sie sich der Mühe unterziehen,in der Zwischenzeit mit all den Beschränktheiten des Flughafens Frankfurt zu leben und dort zu bleiben oder Ihre Linien abzuziehen. Das ist die Entscheidung, vor der wir im Moment stehen und gestanden haben. Im Grunde legitimiert sie das,unabhängig von allen Rechnungen darüber hinaus.
Es gibt noch einen anderen Punkt, den ich ansprechen möchte. Ich habe mich hier im Landtag noch nicht dazu geäußert. Ich will versuchen, ein paar Dinge dazu zu sagen.Wir haben das Mönchhofgelände gekauft.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wer ist denn „wir“? Das Land? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer spricht hier? – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Das müssen Sie gerade sagen! – Norbert Schmitt (SPD): Sie haben vorhin gefragt, wer mit „wir“ gemeint ist!)
Wir haben das Caltex-Gelände gekauft, wir haben Gateway Gardens – in dem Fall Fraport. Ich habe jetzt „wir“ gesagt unter Hinzuziehung von Fraport.
Sie haben gesagt: „unser Geld“. Also entschuldigen Sie: Fraport hat die Flächen gekauft. – Meine Damen und Herren, dort ist eine herausragende Immobilienentwicklung im Gange. Diese Immobilienentwicklung, so, wie sie bei Cargo City Süd gelaufen ist, wird in den nächsten Jahren sehr deutlich die Grundstruktur dieses Flughafens verbessern und weitere Arbeitsplätze schaffen.
Dieser Immobilienbereich wird Not leidend werden, wenn dieser Flughafen keine Ausbauchance hat oder wenn es keine Planungssicherheit dafür gibt. Das AirrailCenter und vieles mehr, das sind riesige Chancen, übrigens auch für Raunheim und Kelsterbach. Es handelt sich um die Flächen von Raunheim und Kelsterbach, auf denen entsprechende Wirtschaftsansiedelungen vorgenommen werden sollen.Wir kämpfen auch um die Region und um die Gemeinden. Deswegen brauchen wir den Ausbau dringender denn je, und wir brauchen ihn schnell. Es war klug und richtig, dass Ticona weichen muss.
Die Landebahn wäre nach Meinung der Fraport und nach allen Gutachten, die vorliegen, mit Ticona gemeinsam genehmigungsfähig gewesen. Dass es erhebliche Probleme gegeben hätte, die Luftfahrthindernisse zu beseitigen, die
Frage einer Betriebsunterbrechung und Sonstiges mehr im Raum standen, sei alles konzediert. Das alles hätte auch Geld gekostet.
Ich teile das, was Kollege Posch in einem Halbsatz gesagt hat: Ticona wäre sicherlich der schwierigste Punkt in einem außerordentlich komplexen Planfeststellungsverfahren, insbesondere bei den nachfolgenden Gerichtsverfahren, gewesen.
Es ist überhaupt keine Frage, dass das Bundesverwaltungsgericht in weiten Bereichen, insbesondere mit seiner Berlin-Entscheidung, sehr präzise gesagt hat, unter welchen Voraussetzungen die Genehmigungsfähigkeit eines Flughafens vorliegt. Ticona ist nun einmal nicht in Berlin gelegen, und deswegen ist Ticona ein besonderes Problem des Planfeststellungsverfahrens hier in Frankfurt.
Dies ist auch ein Punkt gewesen, an dem Risikominimierung betrieben werden kann und muss. Ebenso spielt der Zeitfaktor eine bedeutende Rolle. Ich sage im Übrigen: Nach der Lösung des Problems Ticona ist der Rest kein Selbstläufer.
Das hat nichts mit Ihrem Zwischenruf „Aha!“ zu tun, sondern mit der Klugheit derer, die das Verfahren betreiben, die jeden Punkt ernst nehmen, um ihn einer Lösung zuzuführen.
Meine Damen und Herren, nachdem die Störfallkommission sich geäußert hatte, wurden viele Prozesse im Zusammenhang mit Ticona – bis hin zum Europäischen Gerichtshof – angekündigt, die möglich waren und wahrscheinlich auch erfolgt wären. Daraus folgt der Faktor Zeit. Auch bei einer unterstellten Genehmigungsfähigkeit, von der ich nach wie vor ausgehe, hätte ein zu allem entschlossener Gegner wie Ticona/Celanese das Verfahren um einige Jahre verzögern können.
Nein, es wurde überhaupt nichts übersehen, sondern es liegt am deutschen Planungsrecht. Es sind die rechtlichen Möglichkeiten, die dort ausgeschöpft werden können. Aber selbst eine Genehmigung für den Bau unterstellt – jetzt wollen wir wieder ganz ruhig und vernünftig auf das Problem zugehen –, wäre das Werk doch immer ein Problem für den Betrieb des Flughafens gewesen,da niemand die weiteren Entwicklungen der Sicherheitsphilosophie etwa der EU-Kommission, z. B. Seveso III oder IV, hätte voraussagen können.