Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

der Antrag, Kollegin Lannert, der vonseiten der CDU vorgelegt wurde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Axel Wintermeyer (CDU): Sie haben ihn eingebracht, weil Sie unserem nicht zustimmen wollen!)

Wir sprechen uns dafür aus, Herr Kollege Wintermeyer, dass bei allen Formen des Schlachtens das Ziel verfolgt wird, unnötiges Leiden von Tieren zu verhindern.Wir fordern ein Mehr an Tierschutz von der Hessischen Landesregierung und vom zuständigen Minister Dietzel ein;denn es muss auch möglich sein, gerade diese Debatte, in der wir festgestellt haben, dass es nicht um kulturelle Konflikte geht, sondern darum, den Tierschutz zu stärken, auch dazu zu nutzen, uns kritisch mit den Aktivitäten der Landesregierung im Nutztierbereich auseinanderzusetzen. Schauen wir uns doch einfach einmal den Schweinebereich an.

(Heiterkeit – Axel Wintermeyer (CDU): Was bitte?)

Ja, ich möchte es Ihnen auch einmal an Zahlen deutlich machen, welchen Tierverbrauch wir in Deutschland haben.

(Michael Boddenberg (CDU):Was soll das jetzt?)

Etwa 27 Millionen Mast- und Zuchtschweine

(Michael Boddenberg (CDU):Was sagt uns das?)

Sie, die den Hintergrund der Metzgerei haben, müssten mir das jetzt eigentlich auch bestätigen, sehr geehrter Herr Kollege Boddenberg – leben in Deutschland.

(Michael Boddenberg (CDU): Was ist die Schlussfolgerung?)

Den Masttieren werden schon als Ferkeln Eckzähne und Ringelschwänze abgekniffen. Männlichen Tieren werden aufgrund des Ebergeruchs aus Kostengründen immer noch ohne Betäubung die Hoden entfernt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Oh!)

Die Schweine verbringen ihr Leben in Ställen meist auf Spaltenböden. Die weiblichen Zuchttiere werden wochenlang in Kästen gehalten, die kaum größer sind als sie selbst. Meine Damen und Herren, mit sechs Monaten werden sie geschlachtet. Schon auf dem Transport zum Schlachthof sterben pro Jahr ungefähr 500.000 Tiere vor Stress und aus Todesangst. Wo ist das Engagement der Hessischen Landesregierung in diesem Bereich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Herr Minister, ist es denn tierschutzfreundlich, wenn man eine Verbesserung der Haltungsbedingungen von Schweinen im Bundesrat blockiert? Ich sage Ihnen: sicherlich nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber genau das haben Sie getan. Sie haben keinen Einsatz gezeigt, als es darum ging, die unter Rot-Grün erarbeiteten Verbesserungen für Schweine in die Nutztierhaltungsverordnung aufzunehmen. Ich denke, das muss man auch deutlich sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Kommen wir zu der Gruppe Geflügel:Hühner,Puten,Enten, Gänse. Mehr als 400 Millionen Masthühner, 50 Millionen Legehennen, 10 Millionen Puten, 2,6 Millionen Enten und 400.000 Gänse werden pro Jahr in Deutschland geschlachtet. Die Haltungsbedingungen, unter denen die Masttiere leben, sind insbesondere bei Hühnern, Puten und Enten stark zu kritisieren. Das hat auch eine Kleine Anfrage, die von uns gestellt wurde, ergeben. Hühner und Puten werden zu Zehntausenden in großen Hallen gehalten und in Rekordzeit schlachtreif gemästet. Von artgerechter Tierhaltung ist hier nichts erkennbar.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo ist das Engagement der Landesregierung für eine artgerechte Tierhaltung bei den Legehennen? Grün-Rot auf Bundesebene wollte für die Legehennen ein artgerechteres Leben ermöglichen. Raum sollte gegeben werden zum Picken, Scharren, Flattern und Schlafen.

(Michael Boddenberg (CDU): Sie kennen doch genau die Argumente!)

Die herkömmlichen Käfige mit einem DIN-A4-Blatt an Grundfläche pro Huhn sollten endlich aus der Haltung verschwinden, Herr Kollege Boddenberg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Das ist doch unlauter! Was ist denn das Ergebnis, wenn wir es anders machen?)

Herr Boddenberg, Sie wissen auch, dass es dazu ein Gerichtsurteil gab, das genau das der Landesregierung als Aufgabe auferlegt hat: eine artgerechte Haltung der Legehennen zu ermöglichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch hier hat Hessen auf ganzer Linie im Tierschutz versagt.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Minister Dietzel versuchte sich dann noch als Tierschützer darzustellen, indem er einen Käfig in Höhe von 60 cm forderte. Ihre Presseerklärung von damals habe ich noch vor Augen. Aber, meine Damen und Herren, machen Sie sich doch nichts vor. Dies nützt den Tieren doch überhaupt nichts. Also auch hier: von Tierschutz keine Spur.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, kommen wir zu den Tierversuchen. Die neuesten Zahlen von Tierversuchen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zeigen doch die Ausmaße des Tierleids in Deutschland.

(Zuruf des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Jahre 2005 über 2,4 Millionen, also 6,5 %, mehr Tiere für die Versuche – ich sage einmal – benutzt. Das ist die Sprache, die man dafür verwendet. Auch in Hessen hat unsere Kleine Anfrage eine enorme Steigerung von Tierversuchen aufgezeigt. So stieg die Anzahl der Versuchstiere in Hessen deutlich an. Ich nenne jetzt nur eine Universität, die Universität Gießen. Allein an der Universität Gießen erfolgte zwischen den Jahren 2000 und 2004 fast eine Verdoppelung von 11.563 Tieren auf 22.271 Tiere.Meine Damen und Herren, die einzelnen Tierversuche, die in den meisten Fällen mit dem Tode der Tiere einhergehen, sind zu hinterfragen und

alternative Forschungsversuchsmethoden stärker einzufordern und zu fördern. Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Die Preisvergabe für alternative Versuchsmethoden wird von uns unterstützt.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Aber es muss mehr getan werden. Es muss mehr hinterfragt werden. Denn wir können es nicht zulassen, dass der Tierverbrauch in diesem Bereich ständig zunimmt, ohne dass hierfür eine Rechtfertigung erfolgt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, auch hier gilt es, vonseiten der Landesregierung noch deutlichere Zeichen zu setzen.

Reden wir doch einmal über die Rechte der Tiere.Was hat die Landesregierung getan, um die Rechte der Tiere zu stärken? Ich sage es ganz laut: nichts.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Nein. – Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir hier eine Debatte über die Möglichkeit geführt haben, dass sich Dritte für die Interessen der Tiere einsetzen können. Das war die Debatte um die Verbandsklage im Tierschutz. Meine Damen und Herren, Sinn einer Verbandsklage ist es, einen verbesserten Vollzug zu ermöglichen, bei dem die Interessen der Tiere durch Dritte, durch Tierschutzverbände, vertreten werden können. Sie wissen es ganz genau: In einem Rechtsstreit gegen Tiernutzer und Behörden ist das Tier in der schwächeren Position, da es bisher nicht möglich ist, gegen die Missachtung des Tierschutzgesetzes gerichtlich vorzugehen oder bei ablehnenden Urteilen Rechtsmittel einzulegen. Meine Damen und Herren, unser Antrag für den Tierschutz zur Einführung einer Verbandsklage, den wir Ihnen im Jahre 2004 vorgelegt hatten, wurde von Ihnen abgelehnt, und das – das sage ich auch ganz deutlich – trotz einer positiven Bewertung der Verbandsklage durch die Landestierschutzbeauftragte Frau Dr. Martin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bisher ist überhaupt kein Engagement vonseiten der Landesregierung erkennbar, wie diese Verbandsklage, wie diese rechtliche Stärkung der Tiere in Hessen umzusetzen sein könnte. Es gibt überhaupt kein Engagement. Frau Lannert, Sie wissen es ganz genau: Auch das war Thema im Tierschutzbeirat.Auch der Tierschutzbeirat hat sich offensiv für eine Verbandsklage für den Tierschutz eingesetzt.

Meine Damen und Herren, kommen wir zu einem weiteren Punkt.Auch Herr Kollege Grumbach hat es schon angesprochen: das Jagdrecht. Ich gehe aber nur auf einen Teil ein, den wir hier auch schon debattiert haben: Wo ist der Tierschutz dieser Landesregierung gegeben, wenn es den Abschuss von Katzen und Hunden in Hessen immer noch gibt,wenn dies noch immer über das Hessische Jagdgesetz legitimiert wird?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Warum steht das drin? Erklären Sie, warum das darin steht! – Axel Wintermeyer (CDU): Erklären Sie es mal!)

Weil Sie es gefordert haben, Herr Boddenberg. Das Problem ist doch, dass Sie sich darüber hinweggesetzt haben, dass es überhaupt keine Notwendigkeit gibt, Katzen und Hunde in der freien Wildbahn in unseren ländlichen Gebieten zu erschießen. Diese Notwendigkeit gibt es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Was machen denn diese Katzen und diese Hunde? Erklären Sie das doch einmal! – Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Meine Damen und Herren, anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass diese Landesregierung nur in viel zu wenigen Feldern aktiv wird und da, wo es wirklich für Millionen von Tieren zu Verbesserungen kommen könnte, sich dem Tierschutz verweigert. Hier ist generell ein Umdenken dieser Landesregierung notwendig. Aber – ich sage das an dieser Stelle ganz, ganz deutlich – auch wir als Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen erheblichen Einfluss auf das Leben der Tiere, unserer Mitgeschöpfe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Wer Probleme mit dem Schlachten von Tieren hat, dem bleibt letztendlich noch die Möglichkeit, kein Fleisch mehr zu essen.

(Beifall des Abg. Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))