Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Offensichtlich hat es gestern Abend bei der Weihnachtsfeier der CDU eine besondere

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Eingebung!)

Eingebung gegeben; eine besondere Wolke ist dort wohl durch den Raum geschwebt und hat zu dieser Heiterkeit geführt. Herr Wagner und Herr Wintermeyer, es hätte mich aber gefreut, wenn Sie sich noch ein klein bisschen mehr mit den irdischen Dingen beschäftigt hätten

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

und wenn aus Ihrer weihnachtlichen Feier die Erkenntnis gekommen wäre, dass man sich auch ein bisschen mehr mit dem Gleichberechtigungsgesetz beschäftigen muss.

Ich fand es schon sehr erhellend, was der Kollege Frankenberger aus der Sitzung des Wirtschaftsausschusses berichtet hat. Der Staatssekretär hält es also nicht für nötig, sich mit der thüringischen Landesregierung darüber ins Benehmen zu setzen, ob das Gleichberechtigungsgesetz – sei es das hessische oder das thüringische – im Staatsvertrag Anwendung findet. Wenn wir noch einen weiteren Beweis dafür gebraucht hätten, dass der CDU-Landesregierung und auch der CDU-Landtagsfraktion die Gleichberechtigung und das Gleichberechtigungsgesetz völlig egal sind, dann haben Sie ihn wunderbar geliefert. Ich kann nur sagen: Frau Ravensburg, Sie tun mir leid; Sie haben in Ihrer Fraktion noch einen weiten Weg zurückzulegen, bis sie wenigstens einmal Ihren Erkenntnisstand erreicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht können Sie bis zur nächsten Weihnachtsfeier dazu einige Erkenntnisse beitragen.

Herr Reif, auch wenn Sie sich hier große Mühe gegeben haben, um darzustellen, wir würden hier ein fortschrittliches Gesetz blockieren wollen: Wir haben es gestern gesagt, Kollege Frankenberger hat es heute gesagt, und ich sage es Ihnen heute noch einmal: Wir sind mit Ihnen völlig einig, wenn es um die Umwandlung der LTH in eine Anstalt in der Anstalt geht. Herr Reif, wenn Ihnen so viel daran läge, dass wir hier eine große Übereinstimmung haben, mit der wir dieses Gesetz auf den Weg bringen, um den Staatsvertrag mit Thüringen zu ändern, warum lassen Sie dann nicht diese unselige Stammkapitalgeschichte heraus? Sie hat doch sowieso noch nicht das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Warum beschränken Sie diesen Änderungsvorstoß nicht auf die beiden unstreitigen Punkte? Dann haben wir hier weihnachtliche Freude im ganzen Haus, und dann hätten wir das Gesetzgebungsverfahren gemeinsam durchgezogen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD) – Clemens Reif (CDU): Es genügt, wenn wir die haben!)

Ich glaube, ich weiß, was Sie haben. Sie haben den vorauseilenden Gehorsam gegenüber Ihrer Landesregierung so verinnerlicht, dass Sie vor nichts zurückschrecken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Sie folgen diesem hinlänglich bekannten Schema: Die CDU-Landesregierung hat schon einmal beschlossen, wir wollen künftig Stammkapital bilden,

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

und in vorauseilendem Gehorsam machen wir jetzt schon einmal den Staatsvertrag fertig,damit wir auch künftig die Hintertür öffnen können. – Herr Reif, darum geht es, und das sollten Sie bei aller vorweihnachtlichen Stimmung und Vision nicht vergessen. Sie wollen zwar jetzt nicht die Vordertür aufmachen, um Privatinvestoren in die Sparkassen zu lassen. Nein, Sie lassen die Hintertür ein kleines Stück weit offen und warten, ob sich nicht ein privater Bieter in ein Verkaufsverfahren einklagt.

Weder Sie noch ich wissen,wie das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ausgehen wird. Diese Fahrlässigkeit werfen wir Ihnen vor. Sie schließen die Haustür nicht richtig ab, wie das ein guter und vorsorgender Familienvater tun sollte,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

sondern Sie lassen sie offen und wundern sich nachher, wenn der Dieb in der Bude steht. Das werfen wir Ihnen vor.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Ja!)

Das ist nicht der Sinn einer vorsorgenden Politik.

Ich wiederhole es zum Abschluss:Die Sparkassen sind uns viel zu wichtig, um sie zur Disposition zu stellen und mit ihnen zu spielen. Sie sind wichtige Partner der Infrastruktur für die kleinen und mittleren Betriebe in der Region. Die wollen wir nicht verzocken und nicht verspielen. Daher werden wir diesen Gesetzentwurf in Gänze ablehnen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Posch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Reif, ich teile zwar die Prognose für das Jahr 2016 – aber nicht in der Weise, dass dann 35 Sparkassen Stammkapital haben werden.

(Frank Lortz (CDU): Nur noch die Hälfte!)

Ich bin sicher,im Jahr 2016 werden bei den Sparkassen die Vorstellungen der FDP Platz gegriffen haben.

(Beifall bei der FDP – Dr.Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Die Hoffung stirbt zuletzt! – Reinhard Kahl (SPD): Dann gibt es auch keine Sparkassen mehr, ganz klar!)

Da ich schon beim letzten Mal im Hinblick auf den Kollegen Reif gesagt habe, dass ich nicht nur schätze, was er sagt, sondern dass ich insbesondere schätze, was er denkt, bin ich bei dieser Aussage ganz optimistisch, dass sie realisiert werden kann.

Zurück zum Treuhandgesetz, zum LTH-Gesetz und zum Staatsvertrag.Herr Kollege Frankenberger,so können Sie sich nicht davonschleichen.

(Reinhard Kahl (SPD): Wieso? Beim LTH-Gesetz werden wir zustimmen! – Norbert Schmitt (SPD): Schon wieder ein Koalitionswechsel!)

Wenn Sie wollen, dass die Landestreuhandstelle Anstalt in der Anstalt wird, um damit das Fördergeschäft in Hessen einer Verbesserung zuzuführen und die Möglichkeiten, die dann bestehen, zu nutzen, dann müssen Sie, bitte schön, auch dem Staatsvertrag zustimmen. Denn beides gehört zusammen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Es ist so: Das eine gehört zum anderen.

(Reinhard Kahl (SPD): Dann müssen Sie einen Staatsvertrag vorlegen, in dem nur das eine drinsteht!)

Deswegen behandeln wir anschließend noch einen anderen Tagesordnungspunkt, in dem es um das LTH-Gesetz geht.Wenn Sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen nein sagen,

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist aber Ihr Problem!)

dann lehnen Sie es ab, dass die Landestreuhandstelle diese Möglichkeiten bekommt, die Sie in der Sache eigentlich wollen.

(Reinhard Kahl (SPD): So ein Unsinn! – Norbert Schmitt (SPD): Also gestern die Debatte hier – Sie haben irgendwie ein Problem mit Sozialdemokraten!)

Kommunizieren Sie einmal untereinander, oder wir machen nachher ein Kolloquium,privatissime et gratis,damit auch Sie es noch mitbekommen. Aber das lasse ich mir jetzt nicht von meiner Redezeit wegnehmen.

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP) und bei Abgeordneten der CDU)

Ich will noch etwas zum Aspekt der Anwendbarkeit des Gleichberechtigungsgesetzes sagen, verehrte Frau Kollegin Erfurth. Der Staatssekretär hat in dieser Sitzung darauf hingewiesen, dass der Freistaat Thüringen vor wenigen Tagen seine Zustimmung zum Staatsvertrag erteilt hat.Warum das so spät war,das habe ich bereits in der ersten Lesung kommentiert und hier dargestellt. Dann hat er darauf hingewiesen:Wenn die Zustimmung erst vor wenigen Tagen erteilt worden ist,geht man nicht gleich hin und verhandelt erneut.– Damit hat er zum Ausdruck gebracht: Wenn man das Grundsatzproblem des Gleichberechtigungsgesetzes bzw. die Gültigkeit des Gleichberechtigungsgesetzes mit der Hessischen Landesbank diskutieren will, dann muss man das an anderer Stelle tun, nicht aber hier beim Staatsvertrag zum LTH-Gesetz bzw. zum Sparkassengesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das war genau der Grund,warum wir gesagt haben:Wenn dem so ist – wir legen Wert darauf, dass das zum 01.01.2007 in Kraft tritt, denn das ist eine ganz wichtige Maßnahme –, dann kann man an diesem Punkt das Zustandekommen des Staatsvertrages und des LTH-Gesetzes nicht scheitern lassen.

Deswegen wird die FDP-Fraktion sowohl dem Staatsvertrag als auch dem LTH-Gesetz zustimmen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung hat Herr Staatsminister Rhiel das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Die Landesregierung bedankt sich für das Vertrauen, das uns verbal ausgedrückt wird.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir denken,das wird auch in der Abstimmung seine letzte Konsequenz erfahren.

Meine Damen und Herren, es geht um die Stärkung der Sparkassenlandschaft in Hessen insgesamt und um die Stärkung der Sparkassen in ihrer Funktion zur Stützung und zur Finanzierung der mittelständischen Wirtschaft.

(Reinhard Kahl (SPD): Was hat denn Herr Reif dazu gesagt? Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr!)