Lieber Herr Kaufmann, Ihr Sprecher hat sich doch sogar beschwert, der Minister habe zu sehr über Wirtschaft gesprochen; jetzt drehen Sie es doch nicht wieder um.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das,was Sie da sagen,ist eine Kritik an der Rede des Ministers!)
Ich wiederhole: Der Binnenmarkt stellt gewissermaßen ein Fitnessprogramm für diese Herausforderungen dar. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, in Deutschland mehr über neue Chancen zu reden statt nur über Risiken. Um die Herausforderungen der Globalisierung zu bewältigen, braucht Hessen Europa.
Wir müssen sehen, wo wir stehen.Vergleicht man Hessen nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft mit den Mitgliedstaaten der EU,so liegt unser Land deutlich höher als elf Mitgliedstaaten und etwa gleichauf mit acht Mitgliedstaaten. Hessen ist also im Reigen der 27 Mitgliedstaaten immerhin mindestens 19 anderen Mitgliedstaaten ebenbürtig.
Das wirtschaftliche Herz Hessens, die europäische Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main, Einzugsgebiet des Frankfurter Flughafens, erstreckt sich über Teile der drei Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern mit den Kernstädten Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Aschaffenburg und den beiden Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden.
Die Region ist durch eine Vielzahl von Organisationen mit regionalen Aufgaben geprägt, die sich auf verschiedene räumliche Bereiche beziehen und vielfältig miteinander verbunden sind. Die Vertretung der Metropolregion erfolgt durch den Planungsverband Ballungsraum Frankfurt. Das heißt, hier ist ein direkter Einfluss möglich.
Außerdem ist Hessen durch Staatsvertrag an der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar beteiligt, mit dem Kreis Bergstraße und den Städten Worms, Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Der Mittelpunkt der Europäischen Union liegt in unserem Land – das ist mehrfach angesprochen worden. In Hessen liegt nicht nur das geografische Zentrum Europas, sondern Hessen bildet in der Vernetzung mit seinen Nachbarn einen wichtigen wirtschaftlichen und kulturellen Knotenpunkt.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das soll sich der Kollege Hoff einmal hinter die Ohren schreiben!)
Meine Damen und Herren, da muss uns auch klar sein, dass wir das erhalten und im Wettbewerb dafür sorgen müssen, dass wir angemessen aufgestellt sind. Da müssen wir auch abwehren können – und das tut die Hessische
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Richtig! – Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn mit dem Weinkeller?)
Da kann ich nur nochmals die Emission der Kraftfahrzeugflotte pro Kilometer Fahrleistung ansprechen. Meine Damen und Herren, wenn sich Europa darum kümmert, wie viel jedes einzelne Fahrzeug emittieren kann, dann können wir das nicht als richtig empfinden.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das zeigt, dass Sie keine Ahnung haben, Herr Kollege!)
Das ist natürlich für unsere Konkurrenten in Europa und letztlich auch in der Welt ein Wettbewerbsvorteil. Denn wer baut in Europa noch große Autos? Das sind doch wir in Deutschland. Wir leben davon sehr gut, dass wir die in die ganze Welt exportieren.
Wir müssen uns doch einmal klarmachen, dass es nicht richtig sein kann, uns vorzuwerfen, auf diesem Sektor zu viel zu emittieren, sondern man muss deutlich machen, dass wir unsere Emissionen insgesamt reduzieren müssen, okay;
aber man darf das nicht für bestimmte Autos festsetzen. Vielmehr müssen wir die Freiheit haben, insgesamt zu entscheiden, wo wir in unseren Grenzen emittieren und wo nicht. Natürlich müssen wir insgesamt die Regularien der EU einhalten. Aber wir dürfen nicht in dieses KleinKlein gehen. Da finde ich es auch richtig, dass der Minister das anspricht und deutlich macht, dass sich die hessische Wirtschaft – und letztlich auch die deutsche Wirtschaft – in der Europapolitik hier auf uns verlassen kann.
Wir nehmen die Herausforderungen der Globalisierung durch eine nachhaltige und solide Haushaltspolitik an, durch eine Wirtschaftspolitik zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung und durch eine Arbeitsmarktpolitik, die neue Chancen eröffnet.
Wir nehmen die Herausforderungen der Wissensgesellschaft durch eine neue Schul-, Hochschul- und Innovationspolitik an, die unser Land an die Spitze führt.
Wir nehmen die Herausforderungen der demografischen Entwicklung durch eine gute Politik für Kinder und Familien an, durch eine Politik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, durch eine wirksame Integrationspolitik und durch eine Sozialpolitik, die den demografischen Wandel und das Älterwerden als Chancen begreift.
Meine Damen und Herren, wir Hessen sind erfolgreich. Wir fühlen uns hier wohl. Wir lieben unsere Heimat und unsere Bräuche. Aus diesem Bewusstsein der Stärke und der Geborgenheit heraus wollen wir in Europa unseren Beitrag leisten, aber auch unsere Interessen vertreten.
Es ist normal und selbstverständlich, dass die Hessische Landesregierung darauf hinweist. Ebenso ist es selbstverständlich, dass die Landesregierung daraus den Auftrag für ihr europäisches Auftreten und Handeln ableitet. Es muss darauf geachtet werden, dass die Mitwirkungsrechte der Länder nicht eingeschränkt werden und dass in Europa das Subsidiaritätsprinzip gilt.
In diesem Sinne müssen auch unsere Landesvertretungen in Brüssel und Berlin eine wirksame Vorfeldbeobachtung und Einflussnahme bei der europäischen Rechtsetzung übernehmen.Wir müssen unsere Interessen auch im AdR vertreten.
Meine Damen und Herren, die Regierungserklärung durch Herrn Staatsminister Volker Hoff hat deutlich gemacht, dass wir in allen Punkten gut aufgestellt sind. Das 365-Tage-Programm erklärt in allen Einzelheiten,welches unsere aktuellen Standpunkte der Europapolitik sind, wo derzeit eventuell Probleme liegen – vor allem aber, wo Chancen wahrzunehmen sind und wo wir in einigen Punkten hin wollen. Ob Wirtschaft, Forschung und Technologie, Landwirtschaft und Weinbau, Umwelt und Naturschutz, Inneres, Justiz und Migration, Soziales und Gesundheit und nicht zuletzt das Flughafensystem Frankfurt – alles sehr konkret dargelegt. Die Hausaufgaben sind gemacht, und ich bin überzeugt, die Pläne werden auch durchgeführt werden.
Bei allen Themenbereichen können wir sicher sein, dass die europäische Komponente der hessischen Politik durch die Hessische Landesregierung dazu genutzt wird, Schaden von uns zu wenden und den Nutzen des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger in Europa zu mehren.
Die Europapolitik der Hessischen Landesregierung ist bei Staatsminister Volker Hoff in guten Händen. – Ich danke Ihnen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende dieser Aussprache zur Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten betreffend „Hessen gestaltet Europa – mit Ideen und Initiative“. Die Aussprache hat stattgefunden und ist beendet.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Teilzeitstudium an hessischen Hochschulen – Drucks. 16/6813 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Teilzeitstudium ist in Gefahr. Das ist Fakt. Da helfen auch keine Nebelkerzen und beleidigenden Presseerklärungen des Wissenschaftsministers.
Ich kann mit solchen Beleidigungen leben, das ist nicht das Problem. Dass Sie aber in Ihrer Pressemitteilung ganz
bewusst versuchen, die Öffentlichkeit zu täuschen, das ist wirklich unlauter,Herr Minister.Denn Sie wissen ganz genau, dass ein Teilzeitstudium wie bisher zukünftig nicht mehr möglich sein wird. Für diejenigen, die sich auskennen, sind Sie in Ihrer Pressemitteilung ja auch geständig.
Das Thema ist wirklich sehr kompliziert. Deshalb will ich hier noch einmal in aller Ruhe erläutern, worum es geht.
Studierende, die nur einen Teil ihrer Zeit für das Studium aufwenden können, hat es schon immer gegeben. Besonders wichtig ist die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums für Studierende mit Kindern und für Studierende, die neben ihrem Studium den Lebensunterhalt selbst verdienen müssen,zudem auch für Kranke und Behinderte sowie für diejenigen, die Angehörige pflegen.
Bereits unter Rot-Grün ist dies unter anderem aus Gründen der Familienfreundlichkeit auch als Rechtsanspruch in das Hessische Hochschulgesetz aufgenommen worden.
§ 65 Hochschulgesetz, der das Teilzeitstudium regelt, wurde von der jetzigen CDU-Landesregierung immer bekräftigt und mit dem ergänzenden Verweis in dem Gesetz, dass das Nähere in einer Rechtsverordnung geregelt werden solle, auch noch gestärkt. Diese CDU-Landesregierung hat 2003 mit sehr guten Argumenten eine gute Regelung in die Immatrikulationsverordnung aufgenommen.
Diese Regelung wurde im Jahre 2003 bei der Einführung von Langzeitstudiengebühren besonders wichtig, denn es ging hier nicht mehr nur um die Organisation des Studiums, sondern es geht seitdem um bares Geld. Wer nur einen Teil seiner Zeit dem Studium widmen kann, der studiert logischerweise länger. Wer länger studiert, der zahlt demzufolge auch mehr Geld. Genau darum geht es hier.
Teilzeitstudierende nehmen jeweils nur die Hälfte des Angebots in Anspruch, bekommen demzufolge auch nur die Hälfte des Studienguthabens angerechnet. So war die bisherige Regelung.
Nun hat die CDU mit dem Studiengebührengesetz auch die Immatrikulationsverordnung geändert und dort jeglichen Verweis auf das Teilzeitstudium gestrichen. § 3 der Immatrikulationsverordnung, der das Teilzeitstudium dezidiert regelt, tritt zum 1. Oktober 2007 außer Kraft. Mit Beginn des Semesters, in dem nach dem Willen der Landesregierung erstmals Studiengebühren gezahlt werden sollen, wurde die Möglichkeit, alle Studiengänge auch in Teilzeit zu absolvieren, abgeschafft. Das sehen auch die Hochschulen so, denn die ersten Hochschulen sind schon dabei,die Teilzeitstudienmöglichkeiten aus ihren Studienordnungen zu streichen. Herr Minister, spätestens das müsste für Sie ein Alarmsignal sein.
Zudem gibt es Gerüchte, dass die Landesregierung § 65 Hochschulgesetz streichen will. Herr Corts, ich wäre froh, wenn das nicht so wäre; aber dann sollten Sie sich heute hierhin stellen und sagen,dass Sie das nicht vorhaben,und erklären, dass und wie Sie die Möglichkeit aufrechterhalten wollen,alle Studiengänge auch in Teilzeit zu studieren.