Protokoll der Sitzung vom 27.03.2007

(Reinhard Kahl (SPD): So ist es!)

Die beiden anderen Gesetzentwürfe würden wir jetzt abstimmen, wenn es genehmigt wird. – Gut.

Ich rufe den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes zur Abstimmung auf. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Freien Demokraten. Dagegen? – CDU, SPD und GRÜNE. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Dann rufe ich den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Sparkassengesetzes zur Abstimmung auf.Wer ist dafür? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Dagegen? – SPD, CDU und FDP. Damit ist auch dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

(Nicola Beer (FDP), an BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gewandt: Da geht es euch wie uns!)

Wir verfahren so, dass der Wirtschaftsausschuss den Gesetzentwurf der Landesregierung weiter beraten wird.Die Sitzung findet im Anschluss an die Plenarsitzung im Raum 510 W statt. – Damit wären diese Tagesordnungspunkte erledigt.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 3 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Neuntes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) – Drucks. 16/7033 –

mit Tagesordnungspunkt 35:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Import gefährlicher Wildtiere verbieten – Drucks. 16/7034 –

und hierzu den

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 16/7121 –

Fünf Minuten Redezeit je Fraktion. Der Gesetzentwurf wird von der CDU-Fraktion eingebracht. Frau Kollegin Birgit Zeimetz-Lorz, bitte sehr.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ist sie jetzt auch für Wildtiere zuständig?)

Da sehen Sie einmal, Herr Kollege.

(Axel Wintermeyer (CDU): Sie hat schon welche gebändigt!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Handel mit und die Haltung von exotischen Tieren, wie etwa Reptilien, Amphibien, giftigen Spinnen, Skorpionen oder großen Säugetierarten, erfreut sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. Solche Tiere stellen zum einen eine erhebliche Gefahr für den Menschen dar, zum anderen leben sie oft infolge von Unwissenheit ihrer Besitzer unter ganz erbärmlichen Bedingungen. Nicht zuletzt wegen der Osterweiterung der Europäischen Union hat sich der Handel mit exotischen Tierarten erheblich verstärkt. Die Tiere werden längst nicht mehr nur über Zoohandlungen und organisierte Züchter verkauft, sondern über Kleinanzeigen in Tageszeitungen, Journalen und natürlich im Internet.

In Hessen wurden die Folgen dieser Umstände vor allem dann sichtbar, wenn solche Tiere von ihren Besitzern in leeren Wohnungen zurückgelassen wurden. Die Behörden erfuhren hiervon oftmals eher zufällig. So berichtete ein Frankfurter Bürger der Landestierschutzbeauftragten im Januar letzten Jahres von einem 1,60 m großen Krokodil, das in einer Wohnung mitten in Frankfurt gehalten wurde.Im Wetteraukreis wurde in einer verlassenen Wohnung am 06.02.2006 eine giftige Schlange gefunden.

Im Landkreis Kassel lebte bis vor Kurzem ein Sumpfkrokodil im Wohnzimmer einer Wohnung. In dieser Familie wuchs auch ein Kleinkind auf. In Gießen wurden 2002 über 30 Giftschlangen in einer verlassenen Wohnung in einem ungesicherten Terrarium gefunden. Welche Leiden solche Tiere oft ertragen müssen, zeigt auch der Fall des Warans, der Mitte 2005 in einer Darmstädter Wohnung gefunden wurde. Das Tier, durch unsachgemäßes Futter völlig verfettet, hatte sich unter der Wärmelampe nicht mehr fortbewegen können und dadurch schwere Verbrennungen erlitten. Sein Besitzer war gestorben.

Manchmal frage ich mich: Was müssen das für Menschen sein, die solche Tiere in einer Wohnung halten? Aus der Haltung von gefährlichen Tieren ergeben sich häufig auch – wie bereits angesprochen – ganz erhebliche Risiken für Leib und Leben von Menschen. So wurde beispielsweise im September letzten Jahres ein fünfjähriges Mädchen durch einen Gepard, der wohl aus seinem Gehege auf einem Privatgrundstück entwichen war, auf offener Straße schwer verletzt. Solche Risiken steigen noch erheblich an, wenn – was leider oft der Fall ist – die Tiere wegen fehlender Sachkenntnis der Eigentümer nicht artgerecht gehalten werden.Vieles spricht auch dafür, dass die bekannt gewordenen Fälle lediglich die Spitze des Eisbergs darstellen. Deshalb möchten wir Ihnen als CDU-Fraktion zweierlei vorschlagen.

Erstens eine Änderung des hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes dahin gehend, dass in Zukunft die Haltung solcher gefährlicher Tiere untersagt ist. Um es gleich vorwegzunehmen: Dieses Verbot umfasst lediglich die hobbymäßige Haltung dieser Tiere durch Privatpersonen. Diese soll verboten sein.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Insbesondere zoologische Gärten sollen durch die Vorschrift nicht betroffen sein.

Zweiter Vorschlag. Darüber hinaus halten wir auch eine Bundesratsinitiative des Landes für ein Importverbot von gefährlichen Wildtieren für erforderlich.

Lassen Sie mich noch kurz auf den Änderungsantrag der GRÜNEN eingehen, der heute auf unseren Tischen gelegen hat.

(Heinrich Heidel (FDP): Was würde Joschka Fischer dazu sagen?)

Wir können sicherlich darüber diskutieren, dass es eine öffentliche Kampagne über die Herkunft von exotischen Tieren und darüber, welche Probleme im Zusammenhang mit ihrer Haltung entstehen können, geben sollte. Ich möchte mich dazu aber nicht abschließend äußern. Deshalb würde ich für die CDU-Fraktion vorschlagen, dass wir beide Anträge mit dem Gesetzentwurf im Fachausschuss miteinander beraten und dann zu einem wie auch immer gestalteten Ergebnis kommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank,Frau Kollegin Zeimetz-Lorz.– Das Wort hat die Frau Kollegin Hammann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die anderen melden sich nicht! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Das ist ein Parlament, kein Schweigement!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir begrüßen den eingebrachten Gesetzentwurf zur privaten Haltung von gefährlichen Wildtieren in Hessen.Das ist für Sie vielleicht überraschend, aber wir haben dieses Problem schon seit Jahren erkannt. Ich denke, eine Regelung in dieser Richtung ist vollkommen angebracht.Auch den von Ihnen eingebrachten Entschließungsantrag sehen wir als einen sinnvollen Antrag an. Nur haben wir Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt, der diesen Entschließungsantrag noch einmal ergänzt, und zwar um den Import ungefährlicher Wildtiere.

Meine Damen und Herren, ich betone an dieser Stelle gleich, dass diese Initiativen zwar richtig sind, aber eben noch nicht ausreichend. Das sehen Sie durch unseren zusätzlichen Änderungsantrag. Mit unserem Änderungsantrag haben wir die notwendigen Ergänzungen zur Problematik des Imports von Wildtieren aufgegriffen; denn es ist unglaublich, welche Tierarten sich mittlerweile in Hessens guten Stuben befinden. War es vormals der Kanarienvogel oder der Wellensittich, so finden wir dort heute zunehmend Tierarten, von denen die Menschen früher nur aus Reiseberichten gehört hatten.

Seit einigen Jahren ist es offensichtlich schick, exotische Tiere trotz mangelnder Sachkenntnis und nicht vorhandener Haltungsbedingungen in den Wohnungen zu halten. So werden beispielsweise – das finde ich unglaublich – nach Schätzungen von Pro Wildlife, die eingesehen werden können, Zehntausende Reptilien, Frösche, Spinnen und Skorpione an einem einzigen Wochenende auf einer Spezialbörse in Hamm verschachert – nur so kann man es nennen. Kenner der Reptilienszene schätzen, dass mittlerweile in deutschen Wohnungen ca. 100.000 Giftschlangen und 200.000 Riesenschlangen gehalten werden.Hinzu kommen Zehntausende Warane, Chamäleons sowie unzählige Geckos.

Meine Damen und Herren, der Handel mit exotischen Wildtierarten, die meistens auch noch aus Wildfängen stammen, ist in den letzten Jahren extrem gewachsen. Auch der illegale Handel nimmt leider ständig zu. Die Tiere werden über Kleinanzeigen in Tageszeitungen, das Internet oder – wie eben von mir angesprochen – auf Spezialbörsen erworben, ohne dass den Käufern bewusst ist, welches Leid für die Tiere allein mit dem Fang und dem Transport verbunden ist.

Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass diese Wildtiere oftmals unter unsäglichen und nicht artgerechten Bedingungen gehalten werden. Die Menschen – auch das ist feststellbar – sind mit der Haltung dieser Tiere oftmals überfordert. Die daraus resultierende Gefahrensituation für die mit den Tieren in Kontakt kommenden Menschen – das hat Frau Zeimetz-Lorz eben deutlich geschildert – wird von den Haltern häufig unterschätzt.

Daher begrüßen wir die vorliegende Initiative. Die CDU hat mit ihrer Initiative aber einen wichtigen Punkt außer

Acht gelassen, den wir mit unserem Änderungsantrag aufgreifen, nämlich den Handel mit wild lebenden Tieren, die nicht durch Gifte, durch Beißverhalten oder durch ihre eigene Kraft den Menschen gefährlich werden können.Wir wollen,dass auch für die zahlreichen anderen importierten Wildtiere wie Schildkröten, Papageien, Korallenfische, Gürteltiere tierschutzgerechte Lösungen gefunden werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht nur, dass die aus Unkenntnis falsch gehaltenen Tiere hierzulande leiden und jämmerlich zugrunde gehen, auch werden die überlebenden Tiere den überforderten Haltern häufig lästig, da sie aus ihren Terrarien,Aquarien und Käfigen herauswachsen oder auch durch lautes Schreien – man kennt das bei den Papageien – unangenehm werden. Die Folge davon kennen wir: Papageien werden im Stadtpark ihrem Schicksal überlassen,

(Axel Wintermeyer (CDU): Wenn sie weggeflogen sind!)

Schildkröten oder auch ein Kaiman am Baggersee ausgesetzt und andere unlieb gewordene Aquarienbewohner einfach über die Toilette entsorgt.

Uns ist bewusst, dass das Problem bei der Haltung und dem Handel der Wildtiere vielschichtig ist. Deshalb brauchen wir mehrere Schritte, um diesen für die Tiere unerträglichen Bedingungen entgegenzuwirken. Zum einen fordern wir die Landesregierung auf – Frau ZeimetzLorz, ich danke Ihnen, dass Sie diesbezüglich schon positive Signale gezeigt haben –, eine Öffentlichkeits- und Aufklärungskampagne zu starten, um bei den Menschen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die Haltung oft Spezialkenntnisse

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

und entsprechende Haltungsbedingungen erfordert. Zum anderen wollen wir, dass sich die Landesregierung neben einem Einsatz für den Importstopp für gefährliche Wildtiere auf Bundesebene auch für den Tierschutz von ungefährlichen Wildtieren einsetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir unterstützen daher eine Bundesratsinitiative, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, dies im Sinne des Tierschutzgesetzes zu verändern. Es soll eindeutig geregelt werden, welche Wildtiere nicht und welche Tiere nur mit einer bestimmten Genehmigung importiert und gehalten werden dürfen und für welche Tiere beispielsweise ein Sachkundenachweis für die Haltung zu erbringen ist.

Frau Kollegin Hammann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Mit diesem Maßnahmenpaket besteht zumindest eine Chance: dem unsäglichen Leid und Verbrauch von unzähligen Wildtieren entgegenzuwirken und dem Aspekt Tierschutz eine angemessene Rolle einzuräumen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann. – Das Wort hat Frau Kollegin Hofmeyer, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Zeimetz-Lorz, mit dem CDU-Gesetzentwurf wollen Sie § 43a erweitern und das Halten gefährlicher Tiere verbieten. Neben der Frage, ob eine weitere Regelung erforderlich und notwendig ist, werden wir in der bevorstehenden Anhörung und Ausschussberatung zu klären haben,auf welche Weise und anhand welcher Kriterien die Ordnungsbehörde vor Ort Ausnahmen von dem Verbot zulassen kann – das haben Sie in Ihrem Gesetz so dargelegt – und welche Kriterien für ein berechtigtes Interesse nachzuweisen sind.