Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

Es wäre wesentlich besser gewesen, in einen Systemwechsel einzusteigen, wie es beispielsweise die Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gemacht haben, statt jetzt, nach vier Jahren der Diskussion, lediglich kosmetische Korrekturen am bestehenden System vorzunehmen. Diese Korrekturen sind acht Jahre statt sechs Jahre für den Erwerb des Anspruchs – –

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Herr Wintermeyer, Sie rufen jetzt gerade dazwischen.

(Zuruf des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Herr Kollege Wintermeyer, vielleicht lassen Sie mich hier in Ruhe ausführen. – Auch die anderen Korrekturen, die Sie vorschlagen, hätten wir doch alle schon vor vier Jahren haben können. Diese Korrekturen wurden schon vor vier Jahren vorgeschlagen.

(Beifall bei der FDP und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß sehr gut:Als wir bei der letzten Novellierung die Steigerungssätze auf die jetzige Höhe abgesenkt haben, wurden genau diese Vorschläge eingebracht, und dann hieß es: Nein, nein, das machen wir jetzt nicht, es wäre Quatsch, jetzt ein solches Zwischenmodell einzuführen; wir wollen den großen Wurf, wir wollen den Systemwechsel.

(Beifall der Abg. Roland von Hunnius und Dieter Posch (FDP))

Herausgekommen ist nichts, und ich glaube, das liegt auch daran, dass wir nur eine interne Kommission hatten.

Das heißt, wir als Liberale müssen uns an dieser Stelle – ohne dass das ehrenrührig ist, Herr Kollege Lortz – der Kritik des Bundes der Steuerzahler anschließen. Es ist doch nicht von ungefähr, wenn sich genau diese Wächter auch über die Ausgaben von Parlamenten maßlos enttäuscht zeigen

(Zurufe von der CDU und der SPD:Wächter?)

angesichts der Vorschläge der neuen Großen Koalition in diesem Hause. Sie müssen doch selbst zugeben, eine richtige Reform sähe anders aus.

(Beifall bei der FDP)

Wir sehen uns durch den Steuerzahlerbund in unserer Kritik bestätigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen uns darin bestätigt, dass die vorgelegten Berechnungen – Sie haben sie heute wieder angesprochen – nicht richtig, sondern schöngerechnet worden sind.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Axel Wintermeyer (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)

Herr Wintermeyer, Sie vergessen an dieser Stelle – ich habe mir die von Ihnen zur Verfügung gestellten Zahlen wirklich sehr detailliert angesehen – nicht nur weitere Diätenerhöhungen, auf die auch Sie sicherlich nicht auf Dauer verzichten wollen,

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie vergessen das Pensionssystem für Angehörige,und Sie haben auch noch – darauf hat der Bund der Steuerzahler hingewiesen – eine veraltete Sterbetabelle zugrunde gelegt.

(Widerspruch des Abg.Axel Wintermeyer (CDU))

Der besondere Ansatzpunkt gerade der FDP-Fraktion aber ist, dass es für den Steuerzahler doch ziemlich unerheblich ist, was je nach Eintrittsalter und Zugehörigkeit im Landtag und anderen Komponenten beim Abgeordneten später als Versorgung anfällt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Herr Kollege Lortz,der entscheidende Punkt ist doch,was der Steuerzahler jetzt aufbringen muss,damit er diese Abgeordnetenversorgung erarbeiten kann.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle weise ich auf die Berechnungen des Steuerzahlerbundes hin.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Er hat vorgerechnet, dass wir nach Ihrem Vorschlag monatlich 3.000 c zurücklegen müssten, um die von Ihnen anvisierte Abgeordnetenversorgung erarbeiten zu können.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist doch falsch! – Reinhard Kahl (SPD): Diese Zahl ist doch wirklich daneben! – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Herr Kollege Wintermeyer, wenn Sie jetzt dazwischenrufen, das sei alles falsch, dann rächt es sich noch einmal, dass Sie keine externe Expertenkommission zugelassen haben. Denn die hätte Ihnen mit unabhängigem Sachverstand ausrechnen können, welches an dieser Stelle die verlässlichen Zahlen gewesen wären.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Clemens Reif (CDU))

Liebe Kollegen, das öffentliche Echo ist an dieser Stelle doch völlig einhellig. Herr Lortz, da muss ich noch nicht einmal die Überschriften zitieren, die von „Koalition der Gierigen“ oder von „Luxuspensionen“ reden. Da kann ich auch einfach nur die „Offenbach Post“ zitieren, wenn es dort heißt: „keine saubere Lösung“. Oder wenn der „Wiesbadener Kurier“ geißelt: „halber Schritt“, oder

wenn die „Frankfurter Rundschau“ fordert, dass „abgespeckt“ werden müsste.

Die Meinung ist doch eindeutig. Gehen Sie einmal draußen auf die Straße zur Bevölkerung. Die mahnt den Systemwechsel an, und mit dem würden wir uns wahrlich nicht schlechter stellen als jeder andere draußen, auch die von Ihnen zitierten Berufsgruppen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Unruhe)

Moment, Moment. – Meine Damen und Herren, Herr Wagner, ich bitte darum, dass Frau Beer genau dieselbe Aufmerksamkeit erhält wie Herr Lortz.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Aber ein Zwischenruf ist immer erlaubt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU, meine Fraktion sieht mit großem Bedauern, dass wir mit solch einem Verhalten vier Jahre lang geredet haben und nichts dabei herausgekommen ist. Das ist gefährlich für unsere Demokratie.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Dr.Wagner, was in anderen Bundesländern, in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein, möglich ist, könnte auch in Hessen funktionieren.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der CDU)

Die FDP-Fraktion hätte es begrüßt, wenn alle vier im Hessischen Landtag vertretenen Parteien zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen wären, die vorsieht, dass man monatlich 1.500 c zusätzlich zu den Diäten zahlt, damit jeder Abgeordnete privat für sein Alter vorsorgen könnte.

(Dr.Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Sie haben früher einmal eine ganz andere Haltung vertreten!)

Herr Kollege Dr. Wagner, Sie haben von mir in diesem Zusammenhang nie etwas anderes gehört. Das können Sie nachprüfen. Sie können gerne den Gegenbeweis führen, falls Ihnen das möglich ist. Ich darf das bezweifeln.

Das wäre eine Form privater Altersversorgung, wie sie von den meisten Berufsgruppen in unserem Land, auch von vielen der Berufsgruppen, die der Herr Kollege Lortz eben genannt hat, praktiziert wird. Das wäre ein wirklicher Systemwechsel, keine Schönrechnerei im bestehenden System.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Reinster Opportunismus!)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Becker (Nidda) zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Beer, ich bin vielleicht eine absolute Ausnahme in diesem Hause, aber ich möchte doch betonen, dass es hier im Hause auch andere gibt, nämlich solche, die nicht auf eine Finanzierung nur aus Steuergeldern hoffen, wenn sie in den Ruhestand gehen.

Ich möchte Ihnen meine persönliche Situation schildern. Ich stimme im Übrigen all dem zu, was der Kollege Lortz gesagt hat, was die finanziellen Belastungen der Abgeordneten anbelangt.

Ich bin vor wenigen Tagen von der Landtagsverwaltung aufgefordert worden,ich möge meinen Rentenantrag stellen. Ich wurde damit höflich darauf aufmerksam gemacht, dass ich 65 Jahre alt werde.

(Heiterkeit)

Ich zahle seit 47 Jahren meinen Beitrag an die BfA.In den letzten Jahren habe ich einen geringeren Beitrag gezahlt, einen freiwilligen Beitrag. Das ist eine Frage der Solidarität. Ich habe vorher 20 Jahre lang im Rahmen meiner Berufstätigkeit Beiträge geleistet. Ich habe mir nach vorläufigen Berechnungen einen Rentenanspruch von monatlich etwa 2.000 c erworben. Was glauben Sie, was mit diesen 2.000 c passiert? Das ist etwa die Hälfte dessen, was ich als Altersruhegeld als Abgeordneter bekomme, weil dieser Anspruch nämlich verrechnet wird. Das heißt, ich habe 47 Jahre lang einen persönlichen Beitrag geleistet.

Ich bin davon überzeugt, dass viele von Ihnen gar nicht wissen, was die BfA überhaupt ist.