Was bedeutet das für den Kunden? Für den Kunden bedeutet das, dass immerhin statt 13 Millionen Buskilometern nun 14 Millionen Buskilometer im Jahr bestellt werden können und müssen. Denn die Zahl der Busteilnehmer, der Fahrgäste, ist auf einzelne Linien um sage und schreibe bis zu 50 % gestiegen.Wenn das kein Erfolg ist – was ist dann ein Erfolg einer politischen Strategie?
Meine Damen und Herren, wenn Sie über die Busfahrer sprechen, über die Arbeitsplätze: Natürlich haben wir, hat die Stadt Frankfurt in ihrem Verantwortungsbereich dafür gesorgt, dass der Tarif eingehalten wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Tat sind das knapp 10 c. Das könnte mehr sein. Aber das ist eine Aufgabe,die den Tarifparteien überlassen ist;und das liegt weit über dem, was heute unter dem Stichwort Mindestlohn hier diskutiert worden ist.
Außerdem wurden 30 neue Busfahrer eingestellt. Daran sehen Sie, dass diese Politik für den Kunden und für die Beschäftigten der Erfolgsweg, der Königsweg ist.
(Beifall bei der CDU – Dr. Walter Lübcke (CDU): Die SPD ist gescheitert! – Gegenruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD):Wir sind nicht gescheitert!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen.Herr Wagner hat einen Punkt angeführt,den ich nochmals aufgreifen möchte. Er hat gesagt, wir hätten kein Konzept. Dies hat er ausschließlich an der Frage festgemacht:Wie viel Geld stellt ihr zur Verfügung?
Herr Wagner, ich habe eben unmissverständlich eingeräumt, dass die Kürzung der Regionalisierungsmittel ein Fakt ist, der aufgrund anderer Zusammenhänge – unter anderem unter dem Gesichtspunkt, welche Verschuldung wir der künftigen Generation überlassen können – so entschieden worden ist. Mit unseren Anstrengungen – Wettbewerb, Innovation, Kostensenkung ermöglichen – müssen wir dies kompensieren. Übrigens ist das, ökonomisch betrachtet, der ganzheitliche Auftrag in allen Politikfeldern.
Zu sagen, wir seien hier konzeptionslos, das geht am Ziel vorbei. Gegen Ihr Argument spricht schon die Zahl, die ich eben genannt habe, bei der zunehmenden Akzeptanz im Bereich des RMV und in Nordhessen beispielsweise, auch in der Stadt Frankfurt. Wenn Sie aber heute die Tageszeitungen lesen, dann werden Sie feststellen können, dass viele kreative Bereiche im ÖPNV, die kundenorientiert sind, hier in Hessen vorbildlich auf den Weg gebracht sind.
(Hildegard Pfaff (SPD): Genau, das hat zur Steigerung geführt, nicht nur der Ausschreibungswettbewerb!)
Heute zeigt die EU-Kommission auf Hessen und sagt: So, wie die es machen,ist es gut,das kann Modell für ganz Europa sein.
Ich meine hier sehr konkret das, was wir gerade in Hanau erproben, Stichwort: Elektronic Ticketing. Auf diese Weise erhalten die Kunden auf leichtere Art und Weise Zugang zum ÖPNV, und das führt zu mehr Akzeptanz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal zurück zum Antrag der SPD. Das Urteil, das Sie hier heranziehen, hat nur eine Konsequenz, die ich eben eingestanden habe – dass wir nämlich nicht mehr zur Ausschreibung als Zwang stehen.
(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD) – Reinhard Kahl (SPD): Das ist schon ein ganz wichtiger Punkt!)
Kommunen haben also einen höheren Freiheitsgrad. Ich kann den Kommunen nur raten, dieser Versuchung zu widerstehen, und zwar aus zweierlei Gründen.
Erstens. Die beihilferechtliche Frage ist mit diesem Urteil völlig offen. Es kann also sein, dass eine Inhousevergabe erfolgt – Herr Posch hat es angesprochen –, und übermorgen muss diese Vergabe aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs als Folge einer beihilferechtlichen Klage storniert werden. Dann stehen die Kommunen vor einem Scherbenhaufen, und zwar vor allem deshalb, weil sie nicht im Interesse ihrer Bürger und ihres Haushalts,ihrer Steuerzahler, die Vorteile des Ausschreibungswettbewerbs genutzt haben.
Meine Damen und Herren, wenn es richtig ist, dass in der Stadt Frankfurt – die wirklich ein komplexes Netz hat – der Buskilometer heute, nach Ausschreibung, 2,30 c kostet und damit immerhin an der Spitze der Ausschreibungsergebnisse liegt, dann kann es doch nicht richtig sein, dass in mittelhessischen Städten – um nicht eine konkrete Stadt zu nennen, aber das gilt –
die Selbstkosten, die durch eigene kommunale Unternehmen hervorgerufen werden, bei sage und schreibe 5 c liegen. Diese Kommune muss sich fragen lassen, ob sie ihre Bürger nicht um 2,50 c pro Kilometer betrügt.
Ein weiterer Punkt.Die Hoffnung dieser Kommunen,dies dauerhaft durch Quersubventionierung gestalten zu können, ist eine sterbende Hoffnung, nicht zuletzt deshalb, weil die Europäische Kommission derzeit zwei Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat: bei der Emstalbahn und bei der Rheinbahn in Düsseldorf. In beiden Fällen laufen aktuell Vertragsverletzungsverfahren der EU.
Es gibt aber auch einen ökonomischen Grund, denn in dem Maße, wie wir auf dem Strommarkt mehr Wettbewerb bekommen, werden die Einnahmen der kommunalen Energieversorgungsunternehmen schmelzen, weil Monopolrenten auf Dauer nicht mehr abzuschöpfen sind, die bisher zulasten der Bürger abgeschöpft wurden. Dann fehlt das Potenzial, um eine Quersubventionierung überhaupt durchführen zu können.
Ökonomisch, kundenorientiert und mitarbeiterorientiert betrachtet ist der hessische Weg der richtige Weg, der Königsweg. Insbesondere die Teilnehmer am ÖPNV spüren das. Sie applaudieren uns, dass wir diesen Weg gehen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache ist damit beendet. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Ich halte fest, dass vorgeschlagen wird, die Anträge unter den Tagesordnungspunkten 41 und 76 dem zuständigen Ausschuss zu überweisen. Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Konzepte für die Schule von morgen statt Fortsetzung des Schulkampfs von gestern – Drucks. 16/7067 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend Schulvielfalt statt Zwangseinheitsschule – Drucks. 16/7114 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Ich erteile Herrn Abg. Wagner (Taunus) für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man muss in diesen Tagen wirklich nicht lange suchen, um Belege dafür zu finden, dass wir eine andere Bildungspolitik in unserem Land brauchen.
Ich habe Ihnen drei aktuelle Beispiele aus den letzten Tagen mitgebracht. In der vergangenen Woche hat der UNO-Berichterstatter für das deutsche Schulwesen, Herr Muñoz, seinen Bericht vorgestellt und dem deutschen – und damit auch dem hessischen – Schulsystem abermals sehr schlechte Noten gegeben. Er hat unserem Schulsystem bescheinigt,dass es hochgradig selektiv ist und dass es eben nicht gelingt, die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, Sie sollten Kritik ernst nehmen und sie nicht abtun.
Die Lage an den Schulen spricht wirklich dafür. Was sagt der Hessische Ministerpräsident zu diesem Bericht? Ich zitiere aus der „Frankfurter Neuen Presse“:
Offenbar ist dem UN-Mitarbeiter entgangen, dass gerade die deutschen Bundesländer, die am striktesten am gegliederten Schulsystem festhalten, bei den PISA-Studien innerhalb Deutschlands bei Weitem die besten Lernerfolge erzielt haben.
Das findet die CDU-Fraktion auch noch gut. – Die Wahrheit ist aber, dass das Bildungssystem, über das der Hessische Ministerpräsident hier redet, das bayerische ist und dass uns die PISA-Studie gezeigt hat, dass in Bayern für ein Kind aus einer Arbeiterfamilie die Chance,das Abitur zu machen,um den Faktor sechs geringer ist als für ein Kind aus der Oberschicht. Wenn das das Vorbild für die hessische Schulpolitik ist,dann zeigt das,welches Problem wir in unserem Land haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, was ist das eigentlich für ein Maßstab, wenn der Hessische Ministerpräsident, der sich sonst selbst gern der Weltläu
figkeit bezichtigt, auf einmal nur noch das Ziel hat, im nationalen Vergleich mitzuhalten? Darf ich Sie daran erinnern, dass unser nationales Bildungssystem international sehr schlecht dasteht? Wenn es Herrn Koch jetzt schon reicht, bei denen, die schlecht dastehen, einigermaßen mitspielen zu können, dann ist das wirklich eine ganz schlechte Nachricht für unsere Schulen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Absoluter Quatsch! – Weitere Zurufe von der CDU)
Das zweite Beispiel stammt von der Kultusministerin höchstselbst. In ihrer Bilanzpressekonferenz vom gestrigen Tage sagte die Kultusministerin, der in der PISA-Studie 2000 festgestellte Prozentsatz, dass in Hessen 27 % der Schülerinnen und Schüler einfachste Texte nicht verstehen können, sei eine „vernichtende Quote“.