modell von FDP und SPD. Sie hat vielen Kindern in ländlichen Regionen zu besseren Abschlüssen verholfen, als sie sie sonst erlangt hätten.
Sie führte alle Bildungsgänge unter einem Dach zusammen und erreichte ein hohes Maß an Durchlässigkeit.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich denke, das sind „Mammutschulen“? Das haben Sie vor zwei Minuten gesagt! Was ist denn mit der kooperativen Gesamtschule?)
Ich habe gesagt, Mammutschulen sind es, wenn Sie alles unter einem Dach haben wollen, und zwar nur solche Schulen. Die kooperativen Gesamtschulen gab es parallel zu Gymnasien, Haupt- und Realschulen und allen anderen Schulen. Es war nicht die einzige existierende Schulform in diesem Land.
(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir wollen doch nicht nur eine einzige Gesamtschule in Hessen!)
Die kooperativen Gesamtschulen wären die geeignete Alternative zum Gymnasium. Leider hat man ihnen nicht freigestellt, ob sie G 8 einführen oder nicht. So haben sie es jetzt sehr schwer. Die Förderstufen an den kooperativen Gesamtschulen werden Stück für Stück aufgelöst.
Auch G 8 wollen Sie zurückdrehen. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. G 8 gab es in Hessen schon sehr viel früher an einzelnen Schulen freiwillig. Schulen in Bad Homburg haben es schon vorher eingeführt. Die Schulen kommen damit gut zurecht. Die Alternative zu G 8 ist jetzt die integrierte Gesamtschule. Sie sehen, sie hat auch in Städten großen Zulauf. Sehr viele kooperative Gesamtschulen wollen sich in integrierte Gesamtschulen umwandeln. Daran sehen Sie sehr deutlich, dass Eltern entscheiden, ob sie ihren Kindern G 8 zumuten wollen oder nicht. Sie sagen: „Mein Kind kann das in acht Jahren“, oder sie sagen: „Mein Kind kann das nicht in acht Jahren.“ Genau das ist doch der richtige Weg.
Das ist doch der richtige Weg: verschiedene Schulformen mit verschiedenen Wegen zum Abschluss für verschiedene Kinder. Gemeinsames Lernen um jeden Preis ist übrigens auch in der Bevölkerung sehr umstritten. So haben die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, wo es eine Volksabstimmung zu diesem Thema gab, die Ausweitung des gemeinsamen Lernens auf acht Jahre abgelehnt. Sie wollten es nicht haben. Es wäre interessant, die Eltern in Hessen zu fragen, ob sie ein gemeinsames Lernen bis Klasse 8 gerne hätten.
In der integrierten Gesamtschule hat es sich bewährt. Deshalb ist es richtig,dass es die integrierte Gesamtschule als Alternative zu den anderen Schulformen und dem dreigliedrigen Schulsystem auch weiterhin gibt.
Wir bekennen uns ausdrücklich zu den drei Bildungsgängen mit ihren drei Abschlussprofilen. – Herr Wagner, Sie nicken. Die SPD sieht das mit den Abschlussprofilen aber ganz anders. Da gibt es dann nur noch einen einheitlichen Realschulabschluss für alle.
Nur wenn die Abschlüsse einem einheitlichen Standard genügen und sie einheitlichen Leistungsanforderungen entsprechen, kann ein ganz wichtiges Ziel erreicht werden:kein Abschluss ohne Anschluss.Die SPD will das landesweite Abitur wieder abschaffen, wahrscheinlich auch die landesweiten Real- und Hauptschulprüfungen, die der Wirtschaft endlich einmal zeigen, dass die Schüler mit dem Real- und Hauptschulabschluss ein nachprüfbares Leistungsniveau haben.
Aber die Ankündigung von Frau Ypsilanti am vergangenen Freitag, bei Regierungsübernahme das Schulsystem wieder komplett umzuorganisieren, ist aus unserer Sicht als Drohung für die Schulen zu verstehen,die gerade eben viele Reformen mitgemacht haben.
Herr Irmer, eines weisen wir allerdings zurück: Die verpflichtende Vorschule für alle Kinder ist keine „Zwangsvorschule“, sonst wären ja sämtliche Grundschulen „Zwangsgrundschulen“. Mit diesem Begriff sollten Sie etwas vorsichtiger sein.
Die gymnasiale Oberstufe soll nach den Vorstellungen der SPD in zwei oder drei Jahren durchlaufen werden können.Meine Damen und Herren,das halte ich für überhaupt nicht realisierbar. Es macht vor allem den Oberstufengymnasien und den beruflichen Gymnasien den Garaus. Dort muss es drei Jahre geben, denn in Klasse 11 werden die Kinder zunächst einmal zusammengeführt, bevor die Differenzierungsphase beginnt.
Meine Damen und Herren, die FDP hat in diesem Schulkampf in Hessen immer die Rolle des Pendels an der Uhr gespielt. Die Pendel schlagen in der CDU nach ganz rechts aus, in der SPD nach ganz links.
Ich rede von einer Uhr. – Die FDP war in den Koalitionen immer das Pendel in der Mitte, das die Uhr nach vorne gebracht und die größten Ausschläge verhindert hat.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Ein Pendel in der Mitte bleibt stehen! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Aber mitgeschwungen seid ihr schon!)
Deshalb ist es auch wichtig, dass die FDP da wieder mitreden kann. Wir haben damals in der Koalition mit der SPD verhindert, dass überall Gesamtschulen eingeführt wurden, und wir werden weiterhin verhindern, dass es nur das dreigliedrige Schulsystem gibt.Was die Schulen wirklich brauchen, sind verlässliche Partner, die sie vor weiteren überstürzten Reformschritten bewahren, die die Systemdebatte endlich beenden und sich auf die inhaltliche Qualitätsentwicklung stürzen.
Dazu gehört die Begleitung der Schulen auf dem Weg in die Eigenverantwortung – eigenes Konto,Teilrechtsfähigkeit, Personalhoheit, Budget. Dazu gehört die Unterstützung der Schulen bei der inhaltlichen Qualitätsentwicklung des Unterrichts und der individuellen Förderung. Dabei ist es ganz gleich, um welche Schulform es sich handelt. – Ich bin gleich fertig.
(Ein Teil der Deckenleuchten geht kurz aus. – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da geht sogar das Licht aus!)
Dazu gehört die Unterstützung der Schulen,wenn sie Formen des gemeinsamen Unterrichts von Haupt- und Realschülern ausprobieren wollen,wie ich es letztes Mal schon aus Diemelsee zitiert habe. Dazu gehört die Unterstützung der Schulen auf dem Weg in Ganztagsschulen. Die neue Schule der FDP ist die eigenverantwortliche Schule, die Schule mit möglichst viel Freiheit und Eigenverantwortung. Daraufhin müssen wir arbeiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Henzler, Sie haben vorhin festgestellt, hier sei der Landtagswahlkampf eröffnet worden. Bei Ihren letzten Sätzen hatte ich den Eindruck, Sie wähnten sich schon in den Koalitionsverhandlungen. So kam es aus Ihren Formulierungen herüber.
Frau Henzler, Sie haben vorhin Jürgen Zöllner, den Bildungssenator des Landes Berlin, zitiert. Er spielt auch in dem uns vorliegenden CDU-Antrag eine Rolle. Ich will dieses Zitat an den Anfang meiner Rede stellen: „Wenn man die Diskussion, die letzten Endes eine inhaltliche sein muss, immer nur auf die Schulformen führt, dann werden wir den entscheidenden Schritt nach vorne in der Bildungspolitik nicht machen.“
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Jürgen Zöllner dieses Zitat auch der hessischen CDU hätte widmen können. Denn Sie sind es, die in diesem Land nicht mehr darüber diskutieren, wie man mit der Vielfalt von Begabungen umgehen kann, ohne zu viele davon zu verschwenden. Sie reden nur von der Vielfalt der Schulformen. Sie schaffen es nicht, den Schülern bessere Bildungsperspektiven zu geben – nicht denjenigen am unteren und auch nicht denjenigen am oberen Ende der Leistungsskala.
Wir dagegen wollen das Prinzip eines differenzierten, auf das einzelne Kind abgestimmten Unterrichts in jeder Schule umsetzen. Sie reden von den Kindern, aber Sie meinen Schulformen. Sie reduzieren die von Ihnen selbst angepriesenen unterschiedlichen Begabungen und das unterschiedliche Lerntempo von Kindern auf die drei klassischen Säulen unseres Schulsystems. Damit ignorieren Sie, dass diese drei Säulen nur sehr einfache Schablonen für ein differenziertes Förderangebot abgeben,das jedes Kind zu jeder Zeit dort abholt, wo es in seiner intellektuellen und sozialen Entwicklung steht.
Es gibt bei Ihnen keinen Platz für die Vielfalt und die Unterschiedlichkeit an den Schulen. Es gibt nur Platz für die eigene Einfalt und Ihre Unfähigkeit, bildungspolitische Vorstellungen zu entwerfen,
die mit den ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und den Anforderungen an Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung Schritt halten können. Sie können ganz sicher sein, dass der Bildungssenator von Berlin, den Sie in Ihrem Antrag zum Kronzeugen des Tages auserkoren haben,sich mit Grausen abwenden würde, wenn er die Folgen Ihrer Schulpolitik in Hessen zu beurteilen hätte.
Wer die Schulpolitik des Landes Berlin verfolgt hat, weiß, dass dort kein Denkverbot darüber besteht, ob längeres gemeinsames Lernen ein Mittel ist, um differenziert und am einzelnen Kind orientiert zu fördern. Sogar die sechsjährige Grundschule wurde von Herrn Irmer in diesem Landtag schon als Teufelsweg und Irrweg angeprangert.
Ihnen ist inzwischen schon jeder Strohhalm recht,um Ihre ideologischen Scheuklappen behalten zu können.Es wundert nicht mehr, mit welcher Verzweiflung sich die hessische CDU auf jedes Zitat stützt,das ihrer Auffassung nach die heilige, unantastbare Kuh des gegliederten Schulsystems verteidigt. Es wundert nur, mit welcher Beharrlichkeit Sie die vielen Äußerungen und Konzepte auch Ihnen politisch nahestehender Persönlichkeiten schlicht und einfach ignorieren.
Ich will Ihnen einige davon nennen. Rita Süssmuth unterstützt das Bündnis „Eine Schule für alle“. Das Ifo-Institut verkündet über seinen Präsidenten Hans-Werner Sinn, man müsse die Debatte um die Gesamtschule neu führen. Der Handwerkstag von Baden-Württemberg fordert eine gemeinsame Schule. Die Hamburger CDU-Regierung löst die Hauptschulen auf, und Lothar Späth fordert im „Handelsblatt“ massive strukturelle Änderungen und eine Umgestaltung des althergebrachten Dreiklassensystems im Schulsystem.
Meine Damen und Herren, unter dem Titel „Es kommt langsam bei der Wirtschaft an“ berichtete der „Spiegel“ am 09.02.2006 über eine Studie des „Economist“ zur Wirtschaftslage in Deutschland. Grundübel sei das dreigliedrige Schulsystem, das in den meisten anderen europäischen Ländern bereits überwunden sei. Anders, als die Deutschen lange Zeit glaubten, führe es dazu, dass der soziale Aufstieg so beschwerlich sei wie in keinem anderen vergleichbaren Land. Die notwendigen Reformen würden durch die Ideologen verhindert, die am bestehenden System festhalten wollten.
Meine Damen und Herren, mir scheint, der „Economist“ hat bei der hessischen CDU recherchiert. Sie wollen ein ideologisches Denkverbot in diesem Land, und Sie merken gar nicht mehr, dass rund um Sie herum nachgedacht wird, geforscht wird und umgedacht wird. Sie wollen einen Popanz aufbauen und merken nicht, dass es bestenfalls naiv ist, wenn Sie von individueller Förderung reden, aber Schubladendenken produzieren.
Die hessische SPD streitet gerne mit Ihnen, aber wir streiten nicht um Schulformen, sondern um bessere Konzepte. Unser Haus der Bildung sagt eben nicht, man müsse nur die Dreigliedrigkeit beseitigen, damit alles besser werde. Unser Haus der Bildung besteht aus vielen Bausteinen, die gleiche Chancen beim Zugang zu Bildung schaffen sollen.