Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

(Beifall bei der SPD)

Das ist Wiederholung der Geschichte als Farce.

(Beifall bei der SPD – Zurufe)

Dabei wären der Hessische Ministerpräsident und – soll man sie in diesem Fall wirklich noch so nennen? – die hessische Frauenministerin

(Günter Rudolph (SPD):Wer soll das sein?)

ganz besonders im Jahr 2007, dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit, dazu aufgerufen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zum Schwerpunkt zu machen. Neben der Bundesregierung – das entnehmen Sie bitte der Homepage von Frau von der Leyen –, den Kommunalen Spitzenverbänden, den Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner sowie den Nichtregierungsorganisationen sind selbstverständlich auch die Bundesländer aufgefordert, sich aktiv an der Umsetzung dieses Aufrufs für Antidiskriminierung, und zwar ganz besonders hinsichtlich der Frauenbilder, zu beteiligen.

Der Kollege, der sich eben so aufgeregt hat, hat schnell den Saal verlassen.

(Michael Boddenberg (CDU): Frau Kollegin, das verstehe ich irgendwie!)

Aber die Kritik an dem irreführenden Rollenkorsett, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung dieses Aufrufs für Antidiskriminierung, ist eben zuletzt das Ding der hessischen CDU.

(Beifall bei der SPD)

Die Beantwortung unserer Großen Anfrage zum Stand des Gender-Mainstreaming-Prozesses in Hessen – wohlgemerkt, sie erfolgte Jahre nach der entsprechenden verbalen Proklamation in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien des Landes Hessen des Kabinetts Koch – belegt erneut Ihren Rückwärtsdrall bei der Antidiskriminierungspolitik für Frauen.

(Axel Wintermeyer (CDU): Oh!)

Wir haben uns bei den Mitarbeiterinnen der Landesverwaltung, mit denen wir auch persönlich im Gespräch stehen, für den Versuch zu bedanken, die Landesregierung bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage zumindest hinsichtlich der Formulierungen auf europäisches Niveau zu heben. Die Anstrengungen dieser Mitarbeiterinnen können aber leider den politischen Willen der Führung nicht ersetzen.

Frau Lautenschläger, ich will es vorwegnehmen. Für Ihre hessische politische Bilanz hinsichtlich des Gender-Mainstreamings, und zwar jenseits der Lippenbekenntnisse und der Schönfärbereien – man könnte auch sagen, Sie

haben da mit weißer Salbe gearbeitet –, hätten Sie eine zweite Gurke verdient.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Mann, Mann, Mann!)

Es ist schön, dass Sie so mitgehen. Machen Sie bitte weiter so.

Unsere wichtigsten Kritikpunkte an Ihrer Antwort will ich nur stichwortartig benennen. In Anbetracht der Redezeit kann ich nur die grundsätzlichen Fehler ansprechen.

Erstens. Die Landesregierung bleibt ein normatives Bekenntnis zum Gender-Mainstreaming schuldig. Das müsste es aber bis zur Beseitigung der herrschenden Chancenungleichheit zur Frauenförderung geben.

Zweitens. Die Landesregierung lässt es an klaren Voraussetzungen, Zielen und Kontrollinstrumenten für das Gender-Mainstreaming fehlen. Das wird, wie in der Antwort zu Frage 20 ausgewiesen, unumwunden zugegeben. Man lasse sich den Ausdruck auf der Zunge zergehen:Das wird als „pragmatische Umsetzung“ deklariert.

Drittens. Statt, wie es überall in Europa der Fall ist, seriös offen zu legen, wie sich der Gender-Mainstreaming-Prozess in der Verantwortung des Landes vollzieht,verweisen Sie auf Umfragen zur allgemeinen Mitarbeiterinnenzufriedenheit. Da werden überhaupt keine Fragen bezüglich Gender-Mainstreaming gestellt. Sie lieben die Ausrede, keine Datenfriedhöfe produzieren zu wollen. Ich nehme an, dass Ihre Rednerinnen das nachher noch vortragen werden.

Nachdem Sie im letzten Jahr die Vorlage des Frauenberichts verweigert haben, wissen wir allerdings genau, dass Sie in Hessen ebenso wie bei dem Thema Bilanz der Frauenförderung auch die Bilanz zum Gender-Mainstreaming systematisch der demokratischen Kontrolle entziehen wollen. Sie wollen das doppelte Themenbegräbnis.

Viertens. Die Antworten zeigen auch komische Züge. Trotz der erkennbaren Defizite und des mangelnden Willens der Landesregierung hinsichtlich des Themas europäisches Gender-Mainstreaming wurde in der Hessischen Landesregierung Gender-Mainstreaming zur Chefsache des Ministerpräsidenten erklärt.

(Günter Rudolph (SPD): Das kann nichts werden!)

Der hat dazu ausgewiesenermaßen noch nie das Wort geführt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Fünftens. Damit ist die rote – ich würde besser sagen: schwarze – Laterne verdient. Die Landesregierung gibt offen zu, dass es keine ressortübergreifende Steuerungsgruppe zur Prozessbegleitung gibt.

Sechstens. Für das Controlling werden ausschließlich Maßnahmen aufgeführt, die umzusetzen die Landesregierung erst in der Zukunft anstrebt. Da kann man nur fragen: Wie lang wollen Sie eigentlich noch regieren, bis Sie die Aufgaben wahrnehmen, die in Ihrer Geschäftsordnung stehen?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Günter Ru- dolph (SPD): Um Gottes willen! Frau Lautenschläger, Hochmut kommt vor dem Fall!)

Siebtens.Anders, als es in allen anderen von der CDU geführten Länder Deutschlands der Fall ist, verfügt die Hessische Landesregierung nicht über einen erkennbaren Leitfaden zur Bewertung geschlechtsspezifischer Auswir

kungen bei der Staatsmodernisierung, der Personalentwicklung und der Finanzwirtschaft. Dazu können Sie manches auf der Homepage von Frau von der Leyen nachlesen.

Hessen verfügt erst recht nicht über konkrete Zielfestlegungen oder Beurteilungsmechanismen, damit der Gender-Mainstreaming-Prozess korrekt evaluiert werden könnte. Herr Hoff, ich wünsche mir für Sie persönlich, dass Sie auf europäischer Ebene niemals zur Berichterstattung aufgefordert werden, was Hessen zu diesem Thema macht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da müssten Sie dann Frau Lautenschläger hinschicken.

Obwohl die Landesregierung angibt, das geltende Recht fortwährend darauf zu überprüfen, ob es sich unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt, liegen darüber keine Dokumentationen vor. Letztlich bleibt den Mitgliedern des Parlaments – das zeugt von Ihrem Umgang mit demokratischen Regeln – Ihr Zuruf: Vertraut uns. – Sie bleiben die Antwort schuldig – –

Frau Pauly-Bender, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

(Michael Boddenberg (CDU): Prima!)

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Sie bleiben die Antwort schuldig, ob die vorgegebenen Überprüfungen auch tatsächlich stattgefunden haben.

Diskriminierung bedeutet immer, dass Fähigkeiten und Möglichkeiten verloren gehen. Denn Diskriminierung schließt aus. Sie schließt nicht ein. Antidiskriminierungspolitik ist nicht das Ding der Hessischen Landesregierung. Um die Antidiskriminierung in Hessen wieder nach vorne zu bringen, brauchen wir im Jahr 2008 den Regierungswechsel.Wer da auf die hessische CDU wartet, wird schwarz, es sei denn, er ist es schon.

(Beifall bei der SPD)

Ich bitte Frau Ravensburg, für die CDU-Fraktion zu sprechen.

(Michael Boddenberg (CDU): Jetzt wird es ein bisschen angenehmer!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Dunkelheit herrscht offenbar auch in der SPDFraktion.Frau Dr.Pauly-Bender,ich habe die Führung Ihrer Fraktion,und insbesondere Ihre Fraktionsvorsitzende, während Ihrer Rede nicht gesehen.

(Petra Fuhrmann (SPD):Wo ist denn Ihr Fraktionsvorsitzender,und wo sind die Mitglieder Ihrer Fraktion? – Günter Rudolph (SPD): Bei der CDU herrscht gähnende Leere! – Weitere Zurufe)

Wir beschäftigen uns jetzt mit der Antwort auf 56 Fragen, die Sie,die Mitglieder der SPD,zu Gender-Mainstreaming gestellt haben.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas weniger Aufregung.

(Michael Siebel (SPD): Wenn das so ist, gehe ich jetzt!)

Ja, jetzt geht einer. Damit wird das wieder ausgeglichen. – Frau Ravensburg, Sie haben das Wort.

Frau Wagner, danke. – Auf 31 Seiten hat die Landesregierung Ihre Fragen beantwortet. Allerdings habe ich mich beim Durchlesen der Fragen ernsthaft gefragt, ob wir uns im Hessischen Landtag oder im Fernsehquiz von Jörg Pilawa befinden.Frau Pauly-Bender,komische Züge weisen nicht die Antworten,sondern Ihre Fragen auf.Bei den ersten 20 Fragen handelt es sich um reine Wissensfragen. Die Antworten auf diese Fragen hätten die Mitglieder der SPD-Fraktion in jedem besseren Fachbuch zu GenderMainstreaming nachlesen können. Meine Damen und Herren, lesen bildet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)