Judith Pauly-Bender

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich auf die Worte des zuständigen Ministers zu Wort gemeldet und möchte ihm gerne aus unserer Region, die sich im Moment damit auseinandersetzt, ob am Standort Staudinger ein Block 6 gebaut werden soll, die schönen Grüße von denjenigen übermitteln, die 30.000 Unterschriften zusammengetragen haben, mit der Botschaft, dass Ihre Worte, Herr Minister Dietzel, in der Region in keiner Weise ankommen. Dort hat man vielmehr das Empfinden, dass Sie, wie eben vorgetragen, wahlkampfbedingt mit einem energiepolitischen Aktionsplan noch in Erscheinung treten wollen,zu dem sehr lange Zeit in Hessen gewesen wäre, wenn Sie diesen Auftrag ernst genommen hätten.
Dort wird auch eine Diskrepanz zwischen dem wahrgenommen, was die Bundeskanzlerin von allen Bundesländern erwartet, und dem, was in Hessen getan wurde. Dort wird auch eine Diskrepanz zu dem wahrgenommen, was Sie vorgetragen haben.Sie wollten Hessen zu einem Technologiestandort für neue Energien machen. Sie hätten Gelegenheit dazu gehabt.
In unserer Region ist das Bedürfnis der Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen den Block 6 wenden, jetzt etwas für den Klimaschutz in Hessen zu tun, infrage zu stellen, ob der Standort Staudinger eine Produktionsstätte sein muss für die Energie anderer Bundesländer, ob wir Überkapazitäten im Ballungsraum produzieren müssen. Dort stellt man sich die Frage, ob Sie mehr zu bieten haben als Lippenbekenntnisse, wenn Sie sagen, Sie wollen auch für regionale Wertschöpfung sorgen. Die regionale Wertschöpfung am Standort Staudinger sieht so aus, dass die Kleinkommune Großkrotzenburg 3 Millionen c in ihrem Haushalt hat, während Hannover 400 Millionen c im Landeshaushalt hat.
Ich komme zum letzten Satz. – Wir alle gemeinsam, die wir gegen den Ausbau dieses Blocks 6 sind, sind der Auffassung, dass eine energiepolitische Wende mit der CDULandesregierung nicht kommen wird. Wer sie haben will, ist gut beraten, andere Parteien zu wählen, ganz besonders die SPD.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zur FDP nur so viel sagen: Herr Rentsch, es ist sehr schade,dass Sie die volkswirtschaftliche Gegenrechnung, was die Diskriminierung kostet, nicht dabei hatten. Aber dabei möchte ich es zur FDP schon bewenden lassen.
Meine Damen und Herren, wie steht die SPD-Landtagsfraktion zu den Vorschlägen der GRÜNEN? Herr Dr. Jürgens, Sie wissen, wir sind uns in den Grundlinien dieses Bereiches weitgehend einig. Aber für meine Fraktion möchte ich eine grundsätzliche Vorbemerkung zu diesem Thema machen.
Die Frage, welche Verpflichtungen den Ländern aus den europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien erwachsen, beschäftigt auch uns schon seit Längerem, auch in diesem Hause. Die Gleichheitspolitik ist für die hessische SPD seit jeher eines ihrer wichtigsten Anliegen. Umso mehr wünschen wir uns eine rationale Debatte zu diesem Thema.
Sicher ist noch allen Mitgliedern dieses Hauses vor Augen, in welcher Form wir die Bundesgesetzgebung zu diesem Thema hier begleitet haben. Herr Rentsch hat das zitiert. Herr Beuth ist heute ausgesprochen soft auf diese Thematik eingegangen,
auf die Ablehnung der CDU. Wir haben auch in Erinnerung, wie die Debatte um den rot-grünen ADG-Entwurf und später das AGG der Großen Koalition in diesem Hause gelaufen ist.
Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion dieses Hauses ist das AGG ein Lehrstück dafür, wie eine Gesetzgebung nicht sein sollte. Die bundesgesetzliche Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsvorgaben hatte sich im Kern einer der wichtigsten Aufgaben zu widmen, die sich den Ländern der Europäischen Union, und zwar in ganz besonderer Weise den Dienstleistungsgesellschaften Westeuropas,heute stellt,nämlich endlich konsequent gegen solche Verhältnisse vorzugehen, die von Diskriminierung gezeichnet sind.
Dabei wissen wir alle: Gerade die Staaten Westeuropas, allesamt mit hohem sozialstaatlichem Niveau, haben nur
dann eine Zukunft, wenn alle Begabungen, Talente, Fähigkeiten und Kompetenzen zum Tragen kommen. Darum geht es wirklich.
Egal ob es sich um Diskriminierung von Frauen, um solche religiöser,sexueller,rassischer Minderheiten oder von Menschen mit Behinderung handelt – Diskriminierung ist das größte Gift für jede Leistungsgesellschaft.
Ich will nicht so viel von der FDP reden, aber eigentlich müsste Sie das interessieren.
Diskriminierung ist das größte Gift für jede Leistungsgesellschaft, denn sie behandelt die Menschen nicht nach ihrer Leistungsbereitschaft und -fähigkeit, sondern – ich sage es jetzt absichtsvoll in dieser Reihenfolge – nach sachfremden, primitiven, widerwärtigen, menschenrechtswidrigen und verfassungswidrigen Kriterien anderer Art.
Diskriminierung ist für unsere Zivilisation zutiefst illegitim. Es werden Unterscheidungen entlang von Kriterien getroffen, die menschenrechtswidrig sind.
Das sehen nicht nur diejenigen, die sowieso gleichheitsorientiert sind, sondern Europa will gerade gesellschaftsschädliche Unterscheidungen benennen und mit den Antidiskriminierungsrichtlinien beseitigen.
Ganz besonders deshalb, weil sich in der Geschichte der Sozialdemokratie alles mit dem Sozialstaat verknüpft, ist für unsere Fraktion klar – und wir haben es hier verschiedentlich an anderen Themen in diesem Hause dargestellt –: Angesichts der Lage, in der sich die reifen Wirtschaftssozialstaaten des europäischen Westens in der internationalen Konkurrenz befinden, werden Mechanismen, welche die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft hemmen, von Tag zu Tag immer unerträglicher.
Verehrte Kolleginnen von der CDU-Fraktion, es ist von Tag zu Tag immer unglaublicher, dass nicht alle Kräfte gemeinsam in einer offensiven Form, und zwar gerade auch hier in Hessen, alles dafür tun, um diese Hemmnisse und Hindernisse entschlossen zu bekämpfen – wenn Sie sonst schon nichts anderes überzeugt:alleine schon im Interesse der Leistungsgesellschaft.
Gerade wer sich nicht mit den Konkurrenten in puncto Billigmachen messen will, mit den Konkurrenten, die die Einkommen, die öffentlichen Standards, den Wohlstand der breiten Masse und die Transfers drücken wollen, gerade wer dieser Strategie nicht folgt – und dafür steht die SPD in diesem Hause –, wer das Wohlfahrtsniveau unserer Gesellschaft erhalten will, der muss und kann nur auf Qualität, Produktivität und Humanpotenzial setzen.
Es gibt nichts Produktivitätsfeindlicheres als Diskriminierung, denn Diskriminierung führt dazu, dass Menschen, die Beiträge leisten könnten und leisten wollen, diese Leistung nicht beitragen dürfen.
Meine Damen und Herren, das AGG hätte, wenn es gut gelaufen wäre, ein Fanal für mehr Antidiskriminierungskultur in ganz Deutschland sein können. Wohlgemerkt, nicht das Gesetz selbst, Gesetze sind meistens kein Fanal, sondern die viel stärkere Wirkung zeigt in der Regel die politische Begleitmusik, die im Vorfeld und im Gesetzgebungsverfahren stattfindet.
Da hat zuerst die Debatte um das rot-grüne ADG, dann die Debatte um das AGG eine Chance geboten – auch in Hessen,als wir das begleitet haben.Wir hätten uns auch in Hessen europäisch zeigen können, im Einklang mit der Lissabon-Strategie, im Einklang mit Europa: aus fester Überzeugung gegen Diskriminierung, aus menschenrechtlichen Gründen und aus nationalwirtschaftlichen Gründen.
Aber wie hat die deutsche und innerhalb der deutschen ganz besonders die hessische CDU dieses Hauses die Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinie behandelt?
Sie haben alles getan: für die schlechte Seite des gesetzgeberischen Januskopfes, für kleinliches Gezänk – ich habe noch jede Rede in Erinnerung, die von Ihrer Bank gekommen ist –, für drittklassige bürokratische Argumente. Was Sie hier noch gegen das AGG der Großen Koalition vorgetragen haben und auch im Bundesrat bewegen wollten, das hat alles dafür getan, die rechtskonservative Parlamentarismuskritik zu bestätigen.
Die CDU in Deutschland, ganz besonders die HessenCDU – an Ihrer Stelle würde ich da nicht lachen – von Roland Koch, und Ihre Fraktion haben hier alles dafür getan, die europäische Botschaft, Europa zur diskriminierungsfreien Zone zu machen, hinter den von Ihnen hier immer wieder vorgetragenen Banalitäten aus dem Blick geraten zu lassen.
Auch heute geht es Ihnen vor allem um das nahe Wahldatum. Genau das haben Sie gewollt. Zum Schluss ist durch die Gegner der Antidiskriminierungsstrategie aus einem kraftvollen europäischen Impuls eine ganz kleinmütige Veranstaltung geworden. Am Schluss wurde das Bild gestellt, als hätte man das Gesetz nicht aus Überzeugung, sondern nur der europäischen Vorgabe wegen erzwungen. Statt eines starken Signals haben Sie den Bürgerinnen und Bürgern armseligen Begründungsminimalismus vorgetragen.
Ohne die Möglichkeiten, die das Bundes-AGG jetzt Diskriminierungsopfern bietet, wegreden zu wollen – wir haben auch schon die ersten Klagen,die mit Erfolg eingelegt und positiv beschieden worden sind –: Natürlich ist das AGG selbst als abgespeckte Variante des Vorgängerentwurfs eine gewisse Bresche für Diskriminierungsopfer.
Dennoch, bevor wir über Ausführungsgesetze oder -richtlinien reden, sage ich ganz klar für die SPD-Fraktion: Meine Damen und Herren, meine Fraktion bedauert es zutiefst, dass es den Antidiskriminierungsgegnern in den Reihen der CDU gelungen ist, auch hier in Hessen eine Offensive für konsequente Gleichheitspolitik zu zerreden.
Was folgt daraus für unser Handeln in Hessen, für die nächsten Schritte: die landespolitische Umsetzung, Landesregulierung,Antidiskriminierungsstelle – einige Länder haben sich auch in diesem Punkt auf den Weg gemacht –, Ausführungsgesetze usw.?
Das Wichtigste für die SPD-Fraktion in diesem Hause ist es, in Hessen endlich bei den Menschen für Antidiskriminierung zu werben, damit die Nützlichkeit von Gleichheit jedem Bürger und jeder Bürgerin vor Augen steht. Das hätte auch in Hessen mit dem AGG transportiert werden müssen. Erst müssen die Menschen gewonnen werden, dann wird geregelt. Das ist für Regeln einer solchen Trag
weite entscheidend. Bei zentralen Fragen der Zivilgesellschaft muss die Zivilgesellschaft mitgenommen werden.
Was wir nicht brauchen – das geben wir allen zum Nachdenken, die es auch mit der Antidiskriminierung ehrlich meinen –, ist in diesem Hause eine weitere Klein-KleinEtappe. Für konsequente Antidiskriminierungspolitik, Gleichheitsfreundlichkeit in allen Bereichen wird in Hessen am 27.01.2008 gewählt, und ab April des kommenden Jahres können erste Schritte eingeleitet werden für eine neue Kultur – das ist das Wesentliche – im Umgang mit diesem Thema. Dafür werben wir Sozialdemokratinnen und -demokraten. Wir wollen eine Mehrheit beschaffen, die den Aufbruch in Hessen für eine Politik gegen Diskriminierung, für Gleichheit glaubwürdig macht und dabei die Menschen mitnimmt. Dann sehen wir die Chance, in einem beteiligungsorientierten Dialog mit den Betroffenen über einen neuen Aufschlag nachzudenken, über neue Regulierungen, eine Bundesinitiative zur Nachbesserung des AGG, für landeseigene Umsetzungswege.
Einzelheiten des GRÜNEN-Vorschlags – ich weiß nicht, ob diese die Ausschüsse erreichen werden – können mit uns noch beraten werden. Im Moment nur so viel an die Adresse dieser Antragsteller: Im Moment überwiegen bei uns die Zweifel, ob es wirklich sinnvoll ist, diese ohnehin geschundene Sache so kurz vor der Landtagswahl – und wegen dieser Eile lückenhaft – jetzt noch einmal auf die Schnelle durch den Landtag zu reiten.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, das hat auch die CDU in diesem Lande zugunsten unserer Zivilgesellschaft in Hessen und auch zugunsten unserer Wirtschaft in Hessen noch einmal nachdenklich gemacht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Beuth, ich möchte nur ganz kurz antworten.Ich glaube,Sie haben die Sache, die ich angesprochen habe, nicht verstanden. Ich rede nämlich von einer gelebten Antidiskriminierungskultur, für die man wirbt.
Ich möchte einmal dem Lande Hessen verkünden, was man hier zur gelebten Antidiskriminierungskultur finden kann. Ich lese Ihnen jetzt einmal im Männer/FrauenSchritt eine Liste vor,die aufgestellt wurde,um eine große Volkspartei zu vertreten. Ich beginne vorn: Mann, Frau, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Frau,
Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Frau, Mann, Frau.
Ich stottere nicht, sondern ich lese die Liste vor.
Jetzt geht es weiter: Mann, Mann, Mann, Mann, Frau, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann, Mann.
Meine Damen und Herren, ich habe nicht gestottert, sondern ich habe die Landesliste der hessischen CDU vorgelesen. Sie steht im Internet. Sie umfasst 10 % Frauen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bouffier, ich komme nicht nach vorn, um unseren Tag zu verlängern, sondern weil ich schon ahnen konnte, dass Sie das Bild der Ideologie stellen wollen. Es gibt allerdings auch die andere Seite der Ideologie.
Man kann nämlich mit einem Gesetz abrechnen und es für überflüssig erklären, indem man durch die Art und Weise des Umgehens mit diesem Auftrag aus Europa sehr viele als Gegner hinstellt, die Rechnungen vorlegen, wie das Herr Rentsch getan hat. Damit kann man in der Nation und in Hessen eine Stimmung erzeugen, dass die Gegenrechnung – und Sie haben das bewusst missverstanden – nicht aufgemacht wird, nämlich: Was entgeht uns dadurch, dass wir Menschengruppen diskriminieren, die beispielsweise vom Arbeitsmarkt abgehalten werden, der für sie und auch für uns entscheidend und wichtig ist?
Diese Gegenrechnung wurde aufgemacht. Andere europäische Staaten haben sich früher auf den Weg gemacht als wir. Ein Gesetz ist immer ein Vehikel, eine Nachhilfestunde für eine Gesellschaft, die es nötig hat, die es versäumt hat, sich gegenüber Gruppen aufzuschließen, die man vom Arbeitsmarkt ferngehalten, die man diskriminiert, stigmatisiert hat. Meine Damen und Herren, in Europa sitzen keine Ideologen und Fantasten. Es gehört zur Lissabon-Strategie, alle europäischen Staaten dazu aufzufordern, Diskriminierung abzubauen.
Wir wissen, dass der Menschenrechtskommissar durch Deutschland gegangen ist und in sehr vielen Ecken gefunden hat,dass die deutsche Gesellschaft im Umgang mit diesen Aufgabenfeld verschnarcht ist.
Herr Bouffier, ich hätte mir gewünscht, Sie wären hier vorne hingetreten und hätten gesagt: Die Landesregierung hat sich eines Besseren besonnen; wir sind aufgeweckt worden durch die Aufforderung, dass wir hier in Hessen etwas nachbereiten müssen. – Dann hätten Sie möglicherweise gar nicht so viele Gesetze gebraucht.
Vielmehr hätten Sie die Gelegenheit gehabt, Menschen mit Ihrem Bekenntnis zu diesem Auftrag mitzureißen.
Herr Bouffier, das vermissen wir bei Ihnen, bei dieser Landesregierung, in sehr vielen Bereichen, in denen man in Hessen Chancengleichheit durchsetzen und vorleben kann.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich auf den Beitrag des Abg. Lortz melden. Er hat sich hier als Retter der regionalen Interessen dargestellt.
Dem möchte ich in aller Entschiedenheit widersprechen. Es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Unterschriften eingehen, sich neue Initiativen gründen und neue Resolutionen gegen diesen Gigaausbau in der Region verfasst werden. Wir wissen, warum Sie ein spezielles Verfahren erfinden, das in der Region stattfinden soll, das nicht gerichtsgeeignet ist.
Wir wissen, warum Sie kein länderübergreifendes regionales Raumordnungsverfahren wollen. Wir wissen, warum sich die Firmenleitung bis zum heutigen Tag sicher sein darf, dass sie seitens der CDU-Regierung positive Signale empfangen hat, diesen Antrag zu stellen.
Wir kennen den Herrn Abg. Lortz als einen Abgeordneten, der beispielsweise vor der Kommunalwahl gegen die Schließung von Schulen spricht,
für die er nach der Kommunalwahl, wenn die Bürger gewählt haben, nicht mehr eintritt.
Wir wissen, dass, wenn es Ihnen gelingt, das Verfahren zu verschleppen, Sie, Herr Lortz, die weiße Salbe wieder auf die Region auftragen. Das ist etwas, was der Öffentlichkeit mitgeteilt werden muss.
Wir bestehen darauf, dass die ordentlichen Verfahren, die auch andere Standorte in den Blick nehmen, gewählt werden. Denn wir haben es mit einem Konzern zu tun, der irgendeinen süddeutschen Standort benötigt.
Die Landesregierung hat einen großen Nachholbedarf in Sachen Infrastruktur des Ostens des Rhein-Main-Gebiets. Herr Lortz, Sie müssen Nachhilfeunterricht nehmen: Die Verkehrswege sind nicht geeignet. Wenn E.ON sich eine Schienenanbindung wünscht, dann kann ich feststellen, dass Sie dazu nicht mit der Bundesbahn verhandelt haben. Es kann nicht möglich sein, dass der Osten des Rhein-Main-Gebiets in einer solchen Weise von der CDU-Landesregierung betreut wird. Der Widerstand in der Region – –
Ich möchte nur meinen Satz beenden: Der Widerstand in der Region wird weitergehen.
Wir lassen uns als SPD in der Region von Ihnen nicht titulieren, Herr Lortz. Reißen Sie sich am Riemen, und treten Sie für die Region ein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich weiß nicht, ob es am Tagesordnungspunkt liegt: Drei Frauen präsidieren bei diesem Tagesordnungspunkt.
Die Herren sind im Parlament spärlich vertreten. Ich bin auch irritiert, dass es heute so hell ist. Normalerweise verhandeln wir frauenpolitische Tagesordnungspunkte in Hessen in der Dunkelheit, nämlich immer am Rande der Tagesordnung, spät abends.
Ich freue mich aber, dass Herr Hoff da ist, auf den ich gleich noch zu sprechen kommen werde.
Unsere heutige Debatte zum europäischen Gender-Mainstreaming-Programm und zu seiner Umsetzung in Hessen wird nicht die letzte sein. Das Programm wird uns eine gewisse Zeit begleiten. Deutschland und ganz besonders Hessen, in dem die CDU in den letzten 20 Jahren immerhin 12 Jahre regiert hat, hat einen großen Bedarf an europäischer Nachhilfe in Sachen Antidiskriminierungspolitik, auch und gerade zugunsten von Frauen.
Von Lissabon wurde seit Januar in Hessen sehr viel geredet. In der letzten Woche wurde die Broschüre „Europa gelingt gemeinsam“ erläutert. Leider haben wir nicht in
Erinnerung – Herr Hoff, daher hoffe ich, dass Sie sich dazu Notizen machen –, dass die Hessische Landesregierung im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie auch nur ein einziges Mal für ihren eigenen Verantwortungsbereich einen ernsthaften Schwerpunkt bei der Gleichstellung von Frauen mit Männern gesetzt hätte.
Frau Hofmann, meine Kollegin, hat mir vorhin diese Broschüre gegeben. Sie haben es fertig gebracht, die europäische Beschäftigungsstrategie in punkto Antidiskriminierungspolitik von Frauen auf dem Erwerbsmarkt nicht mit einem einzigen Wort zu erwähnen.
In diesen Zusammenhang ist die europäische Gender-Debatte zu setzen. Ich glaube, weil Sie diesen Zusammenhang nicht knüpfen oder ihn gar unterdrücken, haben Sie auch mit dem Thema Gender so wenig zu tun.
Das kommt nicht von ungefähr. Europa will bis zum Jahr 2010 zur weltweit wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsregion werden. Gerade dabei spielt die Beschäftigungsquote der Frauen eine große Rolle.
Auch bei uns muss die Beschäftigungsquote der Frauen bis zum Jahr 2010 auf über 60 % angehoben werden. Wir müssen immer wieder darauf hinweisen, dass dabei nicht Personen gezählt werden, sondern dass es um 60 % des Arbeitsvolumens geht. Davon sind wir in Hessen noch Welten entfernt.
Dabei geht es nicht nur um Masse, sondern auch um Klasse. Den Frauen sollen die Wettbewerbshindernisse auf dem Arbeitsmarkt weggeräumt werden. Herr Hoff, hier spielt dann die Strategie des Gender-Mainstreamings mit hinein. Wir hatten uns erhofft, dass gerade Sie für diese europäische Strategie werben.
Nicht die überkommenen Rollenbilder vom fleißigen Zuverdienerlieschen und dem erfolgreichen Familienernährer Hans sollen allein das Muster für den eigenen Lebensentwurf abgeben.
Herr Boddenberg, regen Sie sich doch nicht so auf. Sie können das doch halten, wie Sie wollen.
Frauen sollen, ihren Begabungen und Neigungen entsprechend, ungehindert von ungeschriebenen Wettbewerbshindernissen ihre Biografie leben dürfen.
Meine Herren der CDU-Fraktion,man kann zu Hause die Arbeitsteilung arrangieren, wie man möchte. GenderMainstreaming möchte, dass nicht allen, die eine gleichberechtigte Arbeitsteilung für sich arrangiert haben, das andere Rollenbild entgegenschlägt. Dafür streitet die Gender-Mainstreaming-Strategie.
Leider ist bei der hessischen CDU zu diesem Thema keine Offensive zu erkennen. Die hessische CDU befindet sich in der Modernisierungsskala der deutschen CDU auf dem untersten Level. Bezeichnend dafür ist Ihr Antrag zur Wahlfreiheit, zu dem Frau Fuhrmann nachher sprechen wird. Den haben Sie für heute zu Ihrem Setzpunkt gemacht.
Dieser Antrag könnte auch aus der Wendeära der Regierung Kohl vor dem Wirken von Rita Süssmuth stammen.
Schon seinerzeit haben sich Frauen aus der Gewerkschaft und der SPD gegen diese Art der Wahlfreiheitsideologie gewendet. Herr Boddenberg und Herr Wintermeyer, ein Vierteljahrhundert später beschäftigt uns ein hessisches Remake. Es sollte Sie umtreiben, dass Sie nur Remakes auf der Pfanne haben.
Das ist Wiederholung der Geschichte als Farce.
Dabei wären der Hessische Ministerpräsident und – soll man sie in diesem Fall wirklich noch so nennen? – die hessische Frauenministerin
ganz besonders im Jahr 2007, dem Europäischen Jahr der Chancengleichheit, dazu aufgerufen, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zum Schwerpunkt zu machen. Neben der Bundesregierung – das entnehmen Sie bitte der Homepage von Frau von der Leyen –, den Kommunalen Spitzenverbänden, den Vertreterinnen und Vertretern der Sozialpartner sowie den Nichtregierungsorganisationen sind selbstverständlich auch die Bundesländer aufgefordert, sich aktiv an der Umsetzung dieses Aufrufs für Antidiskriminierung, und zwar ganz besonders hinsichtlich der Frauenbilder, zu beteiligen.
Der Kollege, der sich eben so aufgeregt hat, hat schnell den Saal verlassen.
Aber die Kritik an dem irreführenden Rollenkorsett, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung dieses Aufrufs für Antidiskriminierung, ist eben zuletzt das Ding der hessischen CDU.
Die Beantwortung unserer Großen Anfrage zum Stand des Gender-Mainstreaming-Prozesses in Hessen – wohlgemerkt, sie erfolgte Jahre nach der entsprechenden verbalen Proklamation in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien des Landes Hessen des Kabinetts Koch – belegt erneut Ihren Rückwärtsdrall bei der Antidiskriminierungspolitik für Frauen.
Wir haben uns bei den Mitarbeiterinnen der Landesverwaltung, mit denen wir auch persönlich im Gespräch stehen, für den Versuch zu bedanken, die Landesregierung bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage zumindest hinsichtlich der Formulierungen auf europäisches Niveau zu heben. Die Anstrengungen dieser Mitarbeiterinnen können aber leider den politischen Willen der Führung nicht ersetzen.
Frau Lautenschläger, ich will es vorwegnehmen. Für Ihre hessische politische Bilanz hinsichtlich des Gender-Mainstreamings, und zwar jenseits der Lippenbekenntnisse und der Schönfärbereien – man könnte auch sagen, Sie
haben da mit weißer Salbe gearbeitet –, hätten Sie eine zweite Gurke verdient.
Es ist schön, dass Sie so mitgehen. Machen Sie bitte weiter so.
Unsere wichtigsten Kritikpunkte an Ihrer Antwort will ich nur stichwortartig benennen. In Anbetracht der Redezeit kann ich nur die grundsätzlichen Fehler ansprechen.
Erstens. Die Landesregierung bleibt ein normatives Bekenntnis zum Gender-Mainstreaming schuldig. Das müsste es aber bis zur Beseitigung der herrschenden Chancenungleichheit zur Frauenförderung geben.
Zweitens. Die Landesregierung lässt es an klaren Voraussetzungen, Zielen und Kontrollinstrumenten für das Gender-Mainstreaming fehlen. Das wird, wie in der Antwort zu Frage 20 ausgewiesen, unumwunden zugegeben. Man lasse sich den Ausdruck auf der Zunge zergehen:Das wird als „pragmatische Umsetzung“ deklariert.
Drittens. Statt, wie es überall in Europa der Fall ist, seriös offen zu legen, wie sich der Gender-Mainstreaming-Prozess in der Verantwortung des Landes vollzieht,verweisen Sie auf Umfragen zur allgemeinen Mitarbeiterinnenzufriedenheit. Da werden überhaupt keine Fragen bezüglich Gender-Mainstreaming gestellt. Sie lieben die Ausrede, keine Datenfriedhöfe produzieren zu wollen. Ich nehme an, dass Ihre Rednerinnen das nachher noch vortragen werden.
Nachdem Sie im letzten Jahr die Vorlage des Frauenberichts verweigert haben, wissen wir allerdings genau, dass Sie in Hessen ebenso wie bei dem Thema Bilanz der Frauenförderung auch die Bilanz zum Gender-Mainstreaming systematisch der demokratischen Kontrolle entziehen wollen. Sie wollen das doppelte Themenbegräbnis.
Viertens. Die Antworten zeigen auch komische Züge. Trotz der erkennbaren Defizite und des mangelnden Willens der Landesregierung hinsichtlich des Themas europäisches Gender-Mainstreaming wurde in der Hessischen Landesregierung Gender-Mainstreaming zur Chefsache des Ministerpräsidenten erklärt.
Der hat dazu ausgewiesenermaßen noch nie das Wort geführt.
Fünftens. Damit ist die rote – ich würde besser sagen: schwarze – Laterne verdient. Die Landesregierung gibt offen zu, dass es keine ressortübergreifende Steuerungsgruppe zur Prozessbegleitung gibt.
Sechstens. Für das Controlling werden ausschließlich Maßnahmen aufgeführt, die umzusetzen die Landesregierung erst in der Zukunft anstrebt. Da kann man nur fragen: Wie lang wollen Sie eigentlich noch regieren, bis Sie die Aufgaben wahrnehmen, die in Ihrer Geschäftsordnung stehen?
Siebtens.Anders, als es in allen anderen von der CDU geführten Länder Deutschlands der Fall ist, verfügt die Hessische Landesregierung nicht über einen erkennbaren Leitfaden zur Bewertung geschlechtsspezifischer Auswir
kungen bei der Staatsmodernisierung, der Personalentwicklung und der Finanzwirtschaft. Dazu können Sie manches auf der Homepage von Frau von der Leyen nachlesen.
Hessen verfügt erst recht nicht über konkrete Zielfestlegungen oder Beurteilungsmechanismen, damit der Gender-Mainstreaming-Prozess korrekt evaluiert werden könnte. Herr Hoff, ich wünsche mir für Sie persönlich, dass Sie auf europäischer Ebene niemals zur Berichterstattung aufgefordert werden, was Hessen zu diesem Thema macht.
Da müssten Sie dann Frau Lautenschläger hinschicken.
Obwohl die Landesregierung angibt, das geltende Recht fortwährend darauf zu überprüfen, ob es sich unterschiedlich auf Frauen und Männer auswirkt, liegen darüber keine Dokumentationen vor. Letztlich bleibt den Mitgliedern des Parlaments – das zeugt von Ihrem Umgang mit demokratischen Regeln – Ihr Zuruf: Vertraut uns. – Sie bleiben die Antwort schuldig – –
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Sie bleiben die Antwort schuldig, ob die vorgegebenen Überprüfungen auch tatsächlich stattgefunden haben.
Diskriminierung bedeutet immer, dass Fähigkeiten und Möglichkeiten verloren gehen. Denn Diskriminierung schließt aus. Sie schließt nicht ein. Antidiskriminierungspolitik ist nicht das Ding der Hessischen Landesregierung. Um die Antidiskriminierung in Hessen wieder nach vorne zu bringen, brauchen wir im Jahr 2008 den Regierungswechsel.Wer da auf die hessische CDU wartet, wird schwarz, es sei denn, er ist es schon.
Frau Ravensburg, das ist gerade das, was die CDU-Fraktion nicht verstanden hat. Gender-Mainstreaming will nicht den Wandel, der dahin wandelt, sondern ist eine europäische Intervention, eine Nachhilfestunde an diejenigen, die es nicht verstanden haben, schon Jahrzehnte gehandelt zu haben. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt. Unsere Anfrage haben wir so gestaltet, weil wir gehofft haben, die Landesregierung lernt durch Wiederholung, was ihr Auftrag ist. Das war wieder nicht der Fall. Sie hatte vorne einen allgemeinen Teil; darin stand, was sie machen muss. Dann kam sie zum Besonderen – was sie getan hat –, und hatte wieder nichts als leere Hände.
Drittens. Das Thema der erwerbstätigen Mutter ist seit Beginn der Arbeiterbewegung ein Thema der Sozialdemokratie. Was der Unterschied zwischen unserer Vereinbarkeitspolitik und Ihrer Wahlfreiheitsideologie ist, wird Ihnen heute Nachmittag Frau Fuhrmann noch erklären.
Vierter Punkt. Frau Ravensburg, es ist unzutreffend, dass Sie das HGlG gemacht haben. Sie haben es 1994 vor den Staatsgerichtshof gezerrt. Sie haben über Jahre versucht, es kaputtzumachen. Sie haben ihm jetzt die Zähne gezogen. Dabei bleiben wir, und dabei bleiben auch alle diejenigen, die mit diesem Gesetz täglich umgehen, denn wenn Sie das in der CDU so komisch finden, dann schauen Sie sich andere CDU-Fraktionen und deren viel bessere Gleichstellungsgesetze an. Nehmen Sie daran Maß. Sind Sie nicht das Schlusslicht der Modernisierung in der deutschen Union? – Das sind Sie nämlich in den Punkten der Frauenpolitik.
Jetzt komme ich zu dem Thema Kontrollinstrumente und Top-down-Prozess.Angeblich leitet der Herr Ministerpräsident den Top-down-Prozess in den hessischen Verwaltungen. Davon merken wir allerdings sehr wenig. Sie berufen sich auf eine – jetzt lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen – Koordinierungsstelle. Die besteht in einem vierteljährlich zweistündigen Gespräch, das die Landeszentrale für politische Bildung mit einer hessischen Professorin durchführt.
Meine Mitarbeiterin oder ich – der letzte Satz, Frau Präsidentin – haben regelmäßig daran teilgenommen. Wissen Sie,was dabei herauskommt? – Es kommen dort die Frauenbeauftragten – –
Frau Ministerin Lautenschläger, wir haben schon an vielen Stellen in diesem Haus festgestellt, dass Sie einfach nicht wollen. Sie wollen das Thema Frauenpolitik nicht wirklich, und Sie wollen auch das Thema Genderprozess für Hessen nicht wirklich.
Wenn Sie dieses Thema betreiben, dann ist es so wie im Gedicht: Halb zieht es Sie, halb sinken Sie hin. – Sie machen das Minimum dessen, was abgefragt wird.
Meine Damen und Herren, eine Schwalbe, eine Frau von der Leyen macht noch keinen Sommer in der deutschen Union.
Wir hätten als Frauenorganisation auch Frau von der Leyen einladen können,die es nämlich fertiggebracht hat, in der Union ein Thema zu setzen, das, wie wir gehört haben,auch die hessische CDU durcheinandergewirbelt hat. Es kam nicht von ungefähr zu dem Machtwort des Herrn Ministerpräsidenten, der gesagt hat: Ja, wir sind für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. – Warum hat er das gesagt? Weil dieses Thema hessenweit in Ihren eigenen Kommunalfraktionen ein heißes Eisen ist und Sie mit der Vielfalt der Frauenbilder, die in Deutschland gelebt werden, immer noch im Clinch liegen.
Die Gewerkschaftsfrauen haben am Internationalen Frauentag dazu aufgerufen, ein ganzes Jahr lang das Thema Frauenbilder zu bewerben, weil auch die hessische CDU lernen muss, dass Frauen ihre Bilder selbst entwerfen,dass sie aber möglicherweise daran gehindert werden, dass sie möglicherweise Prekärlöhne bekommen, dass sie möglicherweise nicht befördert werden, dass sie sich aber auf jeden Fall von der Politik und der Ideologie der Wahlfreiheit ihre Lebensmuster nicht kaputt machen lassen.
Jetzt komme ich zu dem Thema alte Frauenpolitik, neue Frauenpolitik, theoretische Frauenpolitik, praktische Frauenpolitik. Hier wird das Bild gestellt, die SPD habe theoretisch Fragen gestellt. Wir haben das „Must“ abgefragt, das Frau von der Leyen auf eine eigens eingerichtete Internetseite gesetzt hat
wenn Sie mit dem Medium Schwierigkeiten haben, müssen Sie mit der eigenen Bundesministerin reden –,
um festzustellen, ob sie die Materie begriffen hat. Das ist nicht der Fall.Wissen Sie, was der schlimmste Beleg dafür ist? Zwei Drittel unserer Abfragen betreffen praktische Taten der Hessischen Landesregierung.Da wird nichts gemeldet als: Das wollen wir nicht, das haben wir nicht, das wollen wir erst, das passt uns nicht, das sehen wir anders, das kommt übermorgen erst vor, das soll es in Hessen nicht geben. – Meine Damen und Herren, das ist Ihre Praxis.
Deshalb haben wir das herausgearbeitet. Frau Ministerin Lautenschläger, Sie dürfen davon ausgehen, dass alle hessischen Frauen, die in Kontakt mit dieser hessischen Praxis sind, sich ein eigenes Bild machen. Sie brauchen nicht meine Übersetzung, sondern sie tragen bei uns vor, weil sie bei Ihnen – ich hätte fast ein unfeines Wort benutzt – einfach nicht weiterkommen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gemeldet, um auf Frau Lautenschläger zu replizieren. Ich will fünf kurze Bemerkungen machen.
Erstens. Unter der Regierung Wallmann – an die wir uns natürlich auch noch erinnern – haben Sie sich eines Kindergartengesetzes gerühmt, mit dem Sie lediglich 6.000 neue Plätze geschaffen haben.
Zweitens. Anschließend, in der 13. und 14. Legislaturperiode, hat in Hessen Rot-Grün regiert und in einem beispiellosen, bundesweit anerkannten investiven und konsumtiven Ausbauprogramm 60.000 neue Plätze in Hessen geschaffen.
Wir haben die erweiterten Öffnungszeiten auf 50 % der vorhandenen Plätze ausgedehnt und mit der CDU in den Kommunalparlamenten darüber gestritten, ob das wirklich nötig ist.
Ja, damals war ich Sprecherin. Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Ich habe Buch geführt. Herr Kollege, das ist keine Märchenstunde. Wenn Sie diese Information nicht haben, dann sind Sie vielleicht als Generalsekretär an dieser Stelle besser in der schweigenden Rolle.
Drittens. In der Familienenquete dieses Hauses haben wir mit der CDU darüber gestritten, ob eine Mutter arbeiten gehen darf. Wir konnten uns lange nicht darauf einigen, wie das Familienbild zwischen den Parteien verhandelt werden soll.
Deshalb hat die hessische CDU bei ihrer Regierungsübernahme zu Beginn der vorletzten Legislaturperiode beim Thema Kinderbetreuung auf der Bremse gestanden – mein vierter Punkt. Wenn Sie die Zahlen zusammennehmen und das einrechnen, was Sie den Kommunen wegnehmen und als Eigenes deklarieren,
dann leisten Sie nur ein Zehntel von dem, was Rot-Grün getan hat.Wir haben kostbare Zeit verloren.
Fünftens. Wenn sich heute die Ministerin hinstellt und vom BAMBINI-Programm spricht, dann deshalb, weil sie dafür Bundesmittel verwendet. Und warum spricht sie von besseren Betreuungsquoten? Sie kann sich auf den demografischen Wandel stützen. Wir haben weniger Kinder.Wenn wir sagen, heute ist die prozentuale Abdeckung besser, dann liegt das nicht an den Platzzahlen, sondern ganz besonders daran, dass die hessischen Kommunen die Kindergärten umstrukturieren, erweiterte Gruppen einrichten und deshalb die Kleinsten besser versorgen können, da wir objektiv einfach weniger Kinder haben. Meine Damen und Herren,die Märchenstunde hält hier die Hessische Landesregierung ab.
Herr Reißer, wenn Sie früher nicht hier waren, dann rechne ich Ihnen das gerne zu.Aber wenn man hier so auftritt wie Sie, dann sollte man die alten Diskussionen nachblättern, damit man weiß, worüber man redet.
Das gilt auch für den Generalsekretär der Hessen-CDU.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese jetzt bevorstehende Verabschiedung der CDUNovelle zum HGlG ist ein frauenpolitischer Tiefstpunkt in unserem schönen Hessen.
In Hessen ist lila Pause, seit die CDU regiert. Doch diese minimalistische Novelle hat das Zeug zum Clou.Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz von 1993 war ein frauenpolitischer Pionierstein. Seit 2003 fordern wir von der CDU-Landesregierung eine starke Novelle des Gleichberechtigungsgesetzes. Nach umfänglichen Verwaltungsreformen, Personalabbau und zahlreichen Privatisierungen in Land und Kommunen brauchen wir in Hessen eine HGlG-Novelle, die so konsequent Beispiel gibt wie das Ursprungsgesetz von 1993.
Frau Lautenschläger, es wäre an Ihnen gewesen, zu handeln.Auf die FDP können Sie seit 2003 nichts mehr schieben. Mit den Fachleuten aus Fachverbänden, Gewerkschaften und Frauenverbänden und mit den Frauenbeauftragten haben alle politischen Frauenorganisationen in Hessen, eingeschlossen die Frauenunion, bemängelt, dass diese Novelle gegen elementare Mindeststandards der Frauenförderung verstößt.
Verfassungsrechtlich gefordert ist jetzt die wirksame Weiterführung der Frauenförderung. Gefordert ist insbesondere, den verbindlichen Frauenförderplan zum Maßstab zu machen, natürlich auch bei Verlagerungen in private Rechtsformen.Im Vorfeld auf Ihren Refrain sage ich: Gute Experimente schließt das nicht aus. Ausgeschlossen werden müssen jedoch Experimente mit der Verbindlichkeit.
Nötig gewesen wäre auch die rechtliche Verankerung des Gender-Prozesses. Wie nötig das ist, zeigen die üblichen völlig uninformierten Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion, z. B. bei der Diskussion der zweiten Lesung.
Nötig wäre auch gewesen, die Weisungsunabhängigkeit der Frauenbeauftragten festzuschreiben, ebenso ein praktikables Durchsetzungsinstrumentarium.
Meine Damen und Herren, das Verbessern von Instrumenten war von dieser Frauenministerin aber nie gewollt. Unvergessen ist im Lande: Lange hatte sie noch erwogen, das Gesetz komplett zu kassieren.
Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund haben Sie sich zu keinem Zeitpunkt für Verbesserungsvorschläge interessiert, noch nicht einmal für jüngste gute Beispiele aus anderen CDU-Ländern, wie sie die SPDFraktion in Anlehnung an die Zusammenstellung der Gesetze des Kommentators von Roetteken nach der zweiten Lesung eingebracht hat.
Fragt man, warum, ist die Antwort einfach. Sie wollen nicht wie Ihre CDU-Kolleginnen in Bayern und BadenWürttemberg streiten: für behinderte Beschäftigte, für die Ausgestaltung des Gender-Prozesses, für die Regelung im Falle von Privatisierungen, für die Vergabe freiwilliger Leistungen, für die sogenannte Entscheidungsquote, für die beste Fortbildung, für die besten Rückkehrerregelungen, für die beste Teilzeit, für die Rechte der Frauenbeauftragten, für den Diskriminierungsbegriff, für Sanktionen und für ein Clearing im Falle von Kontroversen.
Dabei wissen wir, dass Sie hart und durchsetzungsfähig sind, Frau Lautenschläger. Wir werden Ihre Unerbittlichkeit nie vergessen,in der Sie, freilich nach unten, Ihr „Projekt der düsteren Zukunft“ im Lande Hessen durchgesetzt haben.
Aber nach oben wollen Sie nicht hart und durchsetzungsfähig kämpfen – für die Frauen im hessischen öffentlichen Dienst und gegen die etablierten Interessen und tradierten Rollenbilder. Da könnte man sich vielleicht in Kabinett und Landesverband unbeliebt machen.
Frau Lautenschläger lässt es kalt, wenn für die Frauen an den privatisierten Kliniken weder Tarifvertrag noch HGlG gilt. Sie lässt es unberührt, wenn in privatisierten Betrieben Vereinbarkeitsprojekte gestoppt werden. Sie findet es natürlich, wenn in den Sparkassenaufsichtsräten nahezu ausschließlich Männer residieren. Sie findet es gut, wenn sich die Frauenbeauftragte im Konfliktfall totlaufen kann an einer ganz experimentell uneinsichtigen Hausleitung.
Ja,statt den verlangten Förderbericht vorzulegen und sich kritischen Fragen auszusetzen, speisen Sie die Beschäftigten und die Öffentlichkeit mit den von Ihnen persönlich gefühlten Förderergebnissen ab. Dürfen die Bürger jetzt auch fühlen, so frage ich die Hessische Landesregierung, ob sie genug Gesetze beachten?
Frau Lautenschläger, wir meinen, eine Frauenministerin, die nicht nach oben für Frauenrechte kämpft, die den Frauen im öffentlichen Dienst am Ende dieses Jahres 2006 Steine statt Brot schenkt, die hat ihrerseits ein Jahresendgeschenk verdient. Für minimalistische Frauenpolitik und Tausende enttäuschter Frauen in Hessen verleiht Ihnen die SPD-Fraktion dieses Hauses heute die frauenpolitische Gurke 2006.
Herr Präsident, vielen Dank. – Ich habe die Gurke noch einmal mitgebracht, die ich vorhin nicht losgeworden bin. Ich wollte keinen Fehler machen. Zu Protokoll durfte ich sie auch nicht geben.
Meine Damen und Herren! Ich wollte nur ganz kurz auf die Rede von Frau Lautenschläger replizieren. Das, was Sie an diesem Gesetz gut finden, wurde von Rot-Grün hineingeschrieben. Damals war es eines der ersten dieser Ländergesetze und in seiner Art wegweisend.
Sie haben dieses Gesetz kurz nach dem Inkrafttreten im Jahre 1994 vor dem Staatsgerichtshof beklagt. Diese Klage wurde von den Kollegen der CDU-Fraktion angeführt, die heute noch dort in diesen Reihen sitzen.
Bei der ersten Gelegenheit haben Sie eine Novelle aufgelegt, um den Kern dieses Gesetzes herauszuziehen. Das betrifft den verbindlichen Förderplan.
Heute tun Sie das alles, weil Sie wissen, dass die Gerichte Sie erwischen werden, wenn Sie das Gesetz auslaufen oder totlaufen lassen würden. Das zu tun hatten Sie einige Jahre lang vor. Sie lassen dieses Gesetz deshalb in minimalistischer Form weiterlaufen.
Ich habe festgestellt, dass es im Lande Hessen durchaus nicht so ist, dass die Frauen das nicht mitkriegen. Die Mitglieder Ihrer Frauenunion haben im Landes-Frauen-Rat Hessen genauso gestimmt wie alle anderen. Es handelte sich also um einen einstimmigen Beschluss.
Diese Frauen erwarten, dass die Frauenförderpläne verbindlich sind. Diese Frauen erwarten, dass die Frauenbeauftragten eine Klagemöglichkeit haben. Diese Frauen erwarten, dass sie nicht die Schirmherrinnen von Männerfleischskandalen in hessischen Gremien sind.
Weil ich das so sicher weiß, stehe ich hier und habe das vorgetragen. Wir werden das in Hessen bekannt machen. Frau Lautenschläger, nach unten hin setzen Sie Kürzungen durch, nach oben kuschen Sie. Sie wollen den hessischen Frauen nicht helfen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hessen hat anlässlich seines Verfassungsjubiläums rauschende Feste absolviert. In der Hauptsache hat sich die Hessische Landesregierung gefeiert.
Fraktionsübergreifend haben dies viele Mitglieder der ersten Gewalt kritisch kommentiert.Aus meiner Sicht waren jedoch diejenigen Themen bemerkenswert, die Sie bewusst aus den Feierlichkeiten herausgehalten haben. Meine Damen und Herren, unsere Hessische Verfassung war zukunftsweisend und verfügte für die damaligen Verhältnisse über revolutionäre Substanz. Dafür lieben wir Sozialdemokratinnen unsere Verfassung. Das Substrat unserer Hessischen Verfassung war 1946 und ist 2006 die Idee der demokratischen und sozialen Gemeinschaft, das starke Plädoyer für demokratische Partizipation und soziale Chancengleichheit aller hessischen Einwohner – egal, ob arm oder reich, ob eingeboren oder zugewandert, ob Mann oder Frau.
Meine Damen und Herren, wenn es in Hessen einen essenziellen Verfassungsauftrag an den Staat gibt, dann ist es der Verfassungsauftrag an den Staat, Chancengleichheitspolitik zu machen. Unsere Verfassung will keine systematisch betriebene Bildungsbenachteiligung, wie Sie sie seit dem hessischen Schulkampf unter Dregger betreiben. Unsere Verfassung will gerade keine Ausgrenzung von Neuhessinnen und Neuhessen, wie Sie sie in Ihren populistischen Gegen-Ausländer-Kampagnen in Stadt und Land immer wieder betreiben.
Meine Damen und Herren, unsere Verfassung will nicht, dass der Staat zuschaut, wenn die demokratische Teilhabe zwischen Männern und Frauen in irgendeinem Bereich der Gesellschaft hinterherhinkt.
Unsere Verfassung will auch und gerade, dass der Staat korrigierend eingreift und aktiv ausgleicht, wo immer Frauen beruflich benachteiligt sind.
Meine Damen und Herren, so berechtigt es gesamtgesellschaftlich ist, Frauenrechtsinteressen in Migranten-Communitys durchzusetzen, so abstoßend ist es, zuzusehen, wenn sich die hessische CDU von unserer verfassungsmäßigen Ordnung mit dem mit deutschen Stimmen verabschiedeten Europarecht und unserer nationalen Verfassung, unseren nationalen gleichheitspolitischen Standards zugunsten der Frauen seit über 40 Jahren und bis zum heutigen Tag so ganz und gar staatsfrei geriert und selbst in der Regierung in keiner Weise angesprochen fühlt.
In diesem Geist, meine Damen und Herren von der hessischen CDU in Parlament und Regierung, sind Sie auch nicht bereit, eine zeitgerechte, die Frauenförderung effektiver weiterführende Novelle zum HGlG vorzulegen. Ihr Umgang mit dem Thema einer staatlich verantworteten Frauenförderung im öffentlichen Bereich hat Geschichte und ist Ausdruck Ihrer konservativen, ja in Frauenfragen teils geradezu reaktionären Ideologie.
Niemals haben Sie ein vernünftiges Verhältnis zu dem Verfassungsauftrag an den Staat gefunden, mit kompensatorischen Maßnahmen
Herr Wintermeyer, darauf kommt es an – einzugreifen, um Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen gleichzustellen. Was Sie in diesem Verfassungsjahr nicht über die Lippen gebracht haben, darf ich Ihnen wenigstens an dieser Stelle als Nachklapp zum 01.12. in Erinnerung rufen. Ganz konkret hat unsere Verfassung bereits im Jahre 1946 in ihrem Art. 30 vorweg genommen, was das Bundesverfassungsgericht Jahrzehnte später befand. Der Staat wird verpflichtet, für die Gleichheit der Frau einzugreifen. Darauf hat sie ein sozialstaatliches Anrecht, eben nicht nur als Mutter, sondern auch und gerade als Staatsbürgerin und Erwerbstätige.
Doch haben auch die Verfassungsfeierlichkeiten die hessische CDU nicht veranlasst, sich wenigstens in der Frauenpolitik auf die gleichheitspolitischen Verpflichtungen des Staates zu besinnen.
Herr Wintermeyer, da meine ich auch „Kerle, Kerle“. – Stattdessen plappern Sie gestern in Presseverlautbarungen erneut in böswillig fehlinterpretierter Bürokratismuskritik: Bitte nicht so viele Gleichstellungsregeln im Lande Hessen.
Meine Damen und Herren von der CDU, die staatliche Verpflichtung zu gleichheitspolitischen Regularien für alle öffentlichen Ebenen als symbolisches Vorbild und als sanktionierende Nachhilfestunde für die gesamte Gesellschaft müssen Sie hinnehmen. Die europäische Modernisierungspolitik stoppen Sie nicht mehr. Die nationalen Gleichheitsrechte für Frauen sind ebenso wenig deregulierungsfähig, wie die freiheitlich-demokratische Grundordnung deregulierungsfähig ist.
Meine Damen und Herren von der CDU, im Grunde genommen ist Ihnen das auch klar, sonst wären Sie mit Ihrer Novelle im Abbau von gleichheitspolitischem Regularium natürlich liebend gerne weiter gegangen. Sie haben sich im Schatten der Vorbereitungshandlungen zu den Verfassungsfeierlichkeiten hingesetzt, um die Gleichheitspolitik für Frauen im öffentlichen Dienst wenigstens noch einmal so minimalistisch wie irgend möglich abzuhandeln. Denn das ist Ihre hessische Mission, meine Damen und Herren von der CDU. Sie haben sich vorgenommen, in der bundesweiten CDU-Riege in Frauenfragen gleichheitspolitisch so weit hinten wie möglich zu bleiben, soweit dies die gegenwärtige Gesetzesebene noch hergibt.
Letzteres wurde Ihnen von überwältigend vielen Fachleuten in der einschlägigen HGlG-Anhörung bescheinigt. Was andere CDU-Länder machen, interessiert Sie ebenso wenig, wie Sie sich für die gleichstellungspolitischen Beschlüsse Ihrer Bundestagsfraktion interessieren. Sie interessieren sich noch nicht einmal für Ihre eigene Bundesfrauenministerin und deren Website, meine Damen und Herren.
In der Anhörung wurde es Ihnen von mehreren Seiten bescheinigt:Nicht nur das Bundesgleichstellungsgesetz – mit Ausnahme der FDP von allen Parteien im Deutschen Bundestag verabschiedet – ist frauenpolitisch weiter, selbst Ländergesetze der Union wie im Südland Bayern oder im Südland Baden-Württemberg, allesamt Gesetze aus neuerer Zeit, zu denen schon erste Erfahrungen ausgewertet wurden, die man mit früheren gesetzlichen Regelungen gemacht hat, im Bundesbereich mit dem alten Frauenfördergesetz.
Meine Damen und Herren,ich frage in die Runde:Gibt es noch einen Zweifel daran, aus welchen Gründen Sie uns den landesgesetzlich vorgeschriebenen Frauenförderbericht vorenthalten? – Es gibt nur eine mögliche Erklärung: Hessen soll sauber bleiben von zu viel Gleichheitspolitik.
Sie sind in Ihrer gleichheitsfeindlichen Ideologie förmlich getrieben. Unvergessen bleibt uns Ihre in diesem Hause überaus hässlich geführte Debatte zum deutschen Antidiskriminierungsgesetz, Herr Wintermeyer. Über Monate haben Sie – man soll es benennen – in wirklich abstoßender Vordergründigkeit der Argumentation dagegengehalten,bis hin zu den Kritiken am AGG-Entwurf der Großen Koalition.
Wir werden im kommenden Europajahr der Chancengleichheit daran erinnern.
Meine Damen und Herren,die hessische CDU ist mit missionarischem Eifer unterwegs: gegen rechtliche Verpflichtung zur paritätischen Teilhabe der Frauen in Gesellschaft, Politik, Karrierezugang, Lohnchancen, ebenso gegen die Überwachung der Effektivität dieser staatlichen Vorgaben und ebenso gegen alle Maßnahmen, die ergriffen werden, Gleichheitsverstöße zu sanktionieren.
Meine Damen und Herren, Ihre CDU-Sprecherinnen von heute sagen nichts anderes als ihre gleichheitsfeindlichen Vorgängerinnen, die 1994 die Klage Ihrer Fraktion gegen das HGlG betrieben haben. Sie sind zu verblendet,
um zu erkennen, dass das von Ihnen beklagte Hessische Gleichberechtigungsgesetz für eine qualitätsorientierte Personalpolitik des hessischen öffentlichen Dienstes Bahn brechen und gegen die tradierten Einstellungs- und Beförderungskartelle unter Männern vorgehen wollte.
In diesem Sinne war das Hessische Gleichberechtigungsgesetz selbst Pionierbaustein für einen sich erneuernden, sich selbst reformierenden öffentlichen Dienst.
Instrument war der verbindliche Frauenförderplan, bis heute das Fanal für die hessische CDU. Er sollte sicherstellen, dass auch aus dem Bewerberinnenpotenzial gut ausgebildeter Frauen und Seiteneinsteigerinnen – siehe öffentliche Ausschreibung – geschöpft wird. Bilden Sie sich deshalb nichts darauf ein, wenn Ihnen der eine oder andere Seilschafter gegen Frauengleichstellung beipflichtet. Gleichheitspolitik im Geiste der europäischen Verfassung und im Geiste des materialen Sozialstaatsverständnisses will die gerechte Umverteilung von Teilhabechancen.
Meine Damen und Herren, damals, 1994, haben Sie gegen das Gleichberechtigungsgesetz geklagt; heute wollen Sie seine Potenziale nicht fortentwickeln, sondern weiter minimalisieren.
Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion fordert Sie in der zweiten Lesung zur Novelle des HGlG noch einmal auf, Ihren Entwurf zurückzuziehen. Gehen Sie in sich,und überprüfen Sie,ob Sie noch zeitgemäß sind mit Ihren Weltbildern und der daraus resultierenden frauenpolitischen Halbherzigkeit.
Wir wissen: In den Reihen der CDU gibt es nach wie vor Stimmen, die übrigens auch in den Parlamentsausschüssen hörbar sind – ich hatte gerade Gelegenheit, bei einer Anhörung im Innen- und Sozialpolitischen Ausschuss zuzuhören –, wenn auch nicht ganz so laut wie am Biertisch und eher als launiger Zwischenruf, doch immerhin: Die Frauen dürften schon genug, irgendwo sei auch mal Schluss.
Aber, meine Damen und Herren in den Reihen der CDU, es geht schon längst nicht mehr nur um Ihre persönlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der Arbeitsteilung zwischen dem vollerwerbstätigen Mann ohne nennenswerte Familienpflichten und der hinzuverdienenden Frau, die in alle häusliche Lücken springt und dem Ehemann, wenn es kalt ist, morgens den Schal und die Handschuhe reicht, damit er nicht friert, falls er eine Panne hat,
und ihm noch schnell die Hustenbonbons gibt, damit das mit der Rede im hessischen Parlament schön flüssig klappt.
Meine Damen und Herren, die Frauengleichstellung kommt weltweit voran. Frauenförderrecht wird mit den deutschen Stimmen in Europa immer dichter gewoben, und im Deutschen Bundestag kommt es zu interfraktionell verabschiedeten Gesetzen. Die Frauenförderung, von der deutschen Frauenbewegung als Menschenrechtsfrage nach vorne gebracht, ist mittlerweile in ihrer volkswirtschaftlichen Funktion unbestritten.In der Wissenschaft ist sie Bestandteil der Exzellenzinitiative,
in den Personalentwicklungsabteilungen der großen Unternehmen Kernbaustein im Aufbau neuer Führungs
kultur, im Konkurrenzverhältnis der nationalen Volkswirtschaften Schlüsselthema zur Erschließung des ganzen Arbeitsmarktes und beim Fruchtbarmachen aller Potenziale.
Im Prinzip kommt es auf die hessische CDU und ihre konservativen Weltbilder überhaupt nicht mehr an. Zum Glück hat die Politik – das ist für mich als Bürgerin sehr tröstlich – einen höchst relativen Einflussbereich in diesen Punkten.Trotzdem wollen wir es Ihnen nicht durchgehen lassen, wenn Sie sich Ihren staatlichen Pflichten entziehen, Arm in Arm mit den Status-quo-Begünstigten. Sie gibt es vielerorts, auch in allen Parteien. Die Verantwortung tragen allerdings diejenigen politisch Verantwortlichen, die diese bündeln und bedienen. Gerade darin sehen Sie Ihre Mission in Hessen.
Meine Damen und Herren, internationales, europäisches und deutsches Verfassungsrecht wollen es so, dass sich auch die Regionalregierungen der Bundesländer endlich aufmachen, die Hürden für die gleichgestellte Erwerbsbeteiligung von Frauen einzureißen.
Noch ein Satz an die FDP: Es geht um den Sozialstaatsauftrag für materiale Rechtsgleichheit. Der Staat soll und muss kompensatorisch eingreifen. Wer hier deregulieren will, handelt außerhalb unserer Verfassungsordnung und macht sich überall dort lächerlich, wo auf Niveau über die Themen europäischer Beschäftigungspakt, Diversity als Mobilisierungsstrategie aller Beschäftigungspotenziale und Gender-Mainstreaming als Nachhilfestrategie für die versteinerten, bequem gewordenen Sozialstaaten der alten Industrienationen gesprochen wird.
Gehen Sie einmal zu Mercedes-Benz, wo man in jüngster Zeit eine Frauenquote verabschiedet hat. Sprechen Sie mit den transnational etablierten Anwaltskanzleien, die die Frauenförderung als Exzellenzbaustein profilieren. Sprechen Sie mit den Großfunktionären der Wissenschaftsszene. Sprechen Sie mit den neuen europäischen Mitgliedstaaten wie den Portugiesen, oder sprechen Sie mit den Norwegern. Das Polemisieren gegen Frauenquoten, das Lachen über Frauenpolitik,
die Ablehnung von Durchsetzungssanktionen, das Nichtvorlegen von Evaluationsberichten, das Lachen und Keifen und das Dazwischenreden sind Bestandteile einer reaktionären Bewegung. Das weiß ich sehr wohl, Herr Boddenberg.
All das zeugt von Zukunftsblindheit. Was sie uns volkswirtschaftlich kostet, Herr Minister Bouffier, das Verschleudern des ganzen Bildungs- und Energiepotenzials der Frauen und Mädchen,
muss leider nicht von denen erstattet werden, die die Frauengleichstellung bis in die Gegenwart systematisch behindern.
Meine Damen und Herren,auch das sollte nicht vergessen sein: Es zeugt von einem grundlegend gestörten Demokratieverständnis, dass diese Landesregierung dem Parlament – das ist ja die Basis Ihres vermeintlichen Lachen
Könnens – den gesetzlich vorgeschriebenen Evaluationsbericht zur Frauenförderung im Lande vorenthält.
Offenbar – ich komme zum Schluss, Herr Präsident – soll die Öffentlichkeit nicht erfahren, wie skandalös unterrepräsentiert die Frauen in wichtigen Gremien sind, wie wenig sie in ihren Karrierewegen im öffentlichen Dienst vorankommen und wie gering die Mittel der Frauenbeauftragten sind, die sich um diese grundlegenden Bereiche der Frauenförderung im Lande Hessen kümmern.
Wir fordern Sie auf, die Novelle zurückzuziehen. Wir haben einen umfangreichen Forderungskatalog, den wir Ihnen heute in Änderungsanträgen vorlegen, von denen wir hoffen, dass Sie diesen zustimmen, weil es nämlich Beispiele dafür sind, dass andere Bundestagsfraktionen, andere Länderfraktionen der CDU bei der Frauenförderung besser dastehen als Sie.
Frau Ravensburg, meine Damen und Herren! Was die CDU will und was die Hessische Landesregierung will, ist völlig irrelevant, solange Sie keine verbindlichen Fördergesetze schaffen.
Diejenigen, die aus den Experimentierbereichen vorgetragen haben, haben vorgetragen, dass sie für die Experimente sind, dass sie aber die Experimente in jedem Fall als Baustein eines verbindlichen Förderplans im Gesetz geregelt sehen wollen, und zwar selbst diejenigen, die die Experimente betreiben. Das wollen wir hier einmal festhalten.
Meine Damen und Herren, alle, die zur Anhörung gekommen waren,auch die Spitzenverbände,auf die Sie sich berufen, haben es in hohem Maße bedauert und kritisiert, dass Sie nicht Rede und Antwort stehen zu dem Fortschreiten der Frauenförderung im Lande, seit Sie regieren, nämlich seit 1999. Sie sind bereits mit dem Bericht von 2003 Rede und Antwort schuldig geblieben, wie die Gleichstellung der Erwerbstätigen im kommunalen Bereich vorangeschritten ist. Das haben Sie absichtsvoll gemacht; Sie haben den Bericht noch im Wahlkampf vorgelegt, damit er ja nicht noch beurteilt werden kann, und zwar wahlentscheidend für die Frauen, für die Wählerinnenstimmen. Dieses Mal sind Sie dem Parlament den Abschlussbericht schuldig geblieben. Das haben alle kritisiert.
Frau Ravensburg, wir hören Ihre guten Worte, was Sie wünschen und wollen, aber wir warten darauf, dass Sie hier den Nachweis führen. Wir werden das nächste Jahr nutzen, den Nachweis zu führen, um auch im Wahlkampf berichten zu können, was Sie den hessischen Frauen schuldig geblieben sind.
Jetzt komme ich noch ganz kurz zu unseren Änderungsanträgen. Frau Ravensburg, hier handelt es sich nicht um SPD-Änderungsanträge in dem Sinne, dass wir aufgeschrieben haben, wie wir uns eine starke Novelle des HGlG vorstellen.
Es handelt sich vielmehr um eine Zusammenstellung besserer Regelungen, die die CDU in Baden-Württemberg, die CSU in Bayern und die CDU im Bund für den richti
gen Weg befinden. Frau Ravensburg, da ist beispielsweise das Klagerecht ganz eindeutig dabei.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute vermisse ich meinen Wahlkreiskollegen, Herrn Lortz, der gelegentlich hier präsidiert, weil er mir