Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Sie zu unserer heutigen Plenarsitzung am Dienstag, 26. April 2005, begrüßen. Ich eröffne unsere Sitzung und stelle die Beschlussfähigkeit fest. – Dem wird nicht widersprochen.
Die Tagesordnung vom 19.April 2005 sowie ein Nachtrag vom heutigen Tag mit insgesamt 76 Tagesordnungspunkten liegen Ihnen vor. Wie Sie dem Nachtrag entnehmen können, sind mit Tagesordnungspunkt 70, 71, 72 und 73 vier Anträge betreffend eine Aktuelle Stunde eingegangen. Interfraktionelle Verständigung: fünf Minuten. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann verfahren wir so, und zwar am Donnerstag ab 9 Uhr.
Noch eingegangen sind zwei Dringliche Anträge der Fraktion der FDP betreffend Spitzenforschung in Deutschland, Drucks. 16/3923, sowie betreffend Einführung eines gemeinsamen Religionsunterrichts in Hessen, Drucks.16/3925,ferner ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Religionsfreiheit, Drucks. 16/3926. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird Drucks. 16/3923 zu Tagesordnungspunkt 77,Drucks.16/3925 zu Tagesordnungspunkt 78 und Drucks. 16/3926 zu Tagesordnungspunkt 79.
Ebenfalls noch eingegangen ist ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/3924, zur zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Zweites Gesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen.
Den Tagesordnungspunkt 77 bitte ich mit den Tagesordnungspunkten 47 und 49 aufzurufen, den Tagesordnungspunkt 78 und wohl auch 79 zusammen mit 54.
Herr Präsident, wie heute morgen in der Geschäftsführerbesprechung angekündigt, würden wir den Punkt ZVSGesetz gern heute in zweiter Lesung behandeln, da nicht abschließend zu klären war, ob es vonseiten der Oppositionsfraktionen eine dritte Lesung geben soll. Da das Gesetz diese Woche verabschiedet werden soll, würden wir gern heute die zweite Lesung machen.
Das ist eine Veränderung der Reihenfolge, eine Setzpunktfrage. – Herr Kollege Kaufmann, danach Herr Kollege Kahl.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat,Herr Kollege Gotthardt,heute Morgen haben Sie es angekündigt. Interessanterweise war letzte Woche unter den Geschäftsführern schon einmal die gleiche Frage, und da haben Sie nichts dazu gesagt bzw. die Frage im Raum stehen lassen. Das verwundert schon sehr. Denn was ist in der letzten Woche an neuen Erkenntnissen hinzugekommen, dass auf die Frage der Kollegen Geschäftsführer an den Kollegen Gotthardt, ob im Hinblick auf die mögliche dritte Lesung eine Verschiebung in der Tagesordnung vorgesehen ist, keine Antwort kommt und jetzt plötzlich zu Beginn der Plenarsitzung dieser Antrag kommt?
Meine Damen und Herren, er kommt aus einem Grund: weil der Kollege Gotthardt uns durch diesen Antrag der CDU-Fraktion offensichtlich bestätigen will, dass die Landesregierung bei der Durchführung ihrer eigentlichen Arbeit total unfähig ist.
Seit der Verabschiedung der HRG-Novelle am 9.Juli 2004 im Bundesrat ist bekannt, dass hier eine Novelle ansteht, die von uns mit beraten werden soll. Es ist auch bekannt gewesen, dass sie bis Ende vergangenen Jahres hätte verabschiedet sein sollen. Stattdessen hat es die Landesregierung nicht geschafft, sie rechtzeitig vorzulegen, und jetzt treibt sie uns, den Hessischen Landtag, in ein Gesetzgebungsverfahren, das man in keiner Weise als korrekt bezeichnen kann.
Nachdem es schon mühsam war, eine Anhörung durchzuführen, wird keine Zeit gelassen, um die Anhörungsergebnisse vernünftig aufzuarbeiten. Heute wird versucht, den Gesetzentwurf innerhalb dieser Woche in zweiter und dritter Lesung durchzuziehen. Herr Kollege Gotthardt, das ist nach der Geschäftsordnung alles möglich. Die Kritik geht in gleicher Weise an Herrn Staatsminister Grüttner, der wohl dafür zuständig ist, dass die Entscheidungen der Landesregierung rechtzeitig dem Landtag zukommen. Das ist in der Tat nur als Armutszeugnis zu bezeichnen.
Ihr Antrag ist Beweis dafür, dass die Landesregierung nicht nur ihren Laden nicht im Griff hat, sondern offensichtlich auch kein Interesse daran hat, dass der Landtag anständig arbeiten kann. Deswegen werden Sie sich nicht wundern:Wir werden Ihren Geschäftsordnungsantrag ablehnen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gotthardt, die CDU-Fraktion beginnt wieder eine Plenarsitzung damit, dass im Gesetzgebungsverfahren selbst verschuldete Mängel behoben werden müssen. Das kennen wir langsam.
Gesetzentwürfe brauchen regelmäßig drei Lesungen, oft von der CDU selbst beantragt – um das an dieser Stelle einmal klar zu sagen.
Gleichzeitig muss nach dem Willen der Mehrheit alles schnell gehen. Zeitdruck wird von Ihnen selbst erzeugt; darauf hat der Kollege Kaufmann zu Recht hingewiesen.
Konkret zu dem Gesetzentwurf zur Vergabe von Studienplätzen. Was haben wir bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs erfahren müssen? Schwere Mängel, z. B. die Meisterzulassung war nicht vorgesehen, die Kosten des neuen Auswahlverfahrens. Es war eine außerordentliche Ausschusssitzung notwendig,um die Anhörung auszuwerten, mit dem Ergebnis, dass neue Unklarheiten entstanden sind. Für heute Abend wird schon zu einer Ausschusssitzung eingeladen, der Vorsitzende muss diese Sitzung einberufen, obwohl die Veränderung der Tagesordnung noch überhaupt nicht beschlossen worden ist. Meine Damen und Herren, das ist die Form des Gesetzgebungsverfahrens, wie Sie es hier durchführen wollen.
Deswegen kann ich für meine Fraktion nur sagen: Chaos bleibt das Gütezeichen der CDU, nicht nur bei Gesetzesberatungen.Meine Damen und Herren,bleiben wir bei einem geordneten parlamentarischen Verfahren. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die FDP-Fraktion wird diesen Geschäftsordnungsantrag ablehnen. Herr Kollege Gotthardt, das hat nicht einmal so sehr den Grund, der eben von den Kollegen von SPD und GRÜNEN geschildert wurde, dass der Zeitplan der Beratung dieses Gesetzes eine absolute Zumutung ist vor dem Hintergrund der Tatsache,die hier schon erwähnt worden ist, dass seit Mitte letzten Jahres die Beratung in einem ordnungsgemäßen Verfahren hätte erfolgen können und wir im Grunde zwischen dem Eingang der Anhörungsunterlagen und der Ausschusssitzung zur mündlichen Anhörung keine geordnete Möglichkeit hatten, die Stellungnahmen zu sichten, dass wir sogar die Anzuhö
renden benennen sollten, bevor die schriftlichen Stellungnahmen vorlagen, was rasend viel Sinn macht, weil man noch gar nicht wusste, was die einzelnen Anzuhörenden zu sagen hatten.
Das alles ist für mich mittlerweile etwas, was ich regelmäßig mit der Arbeit der CDU in diesem Land verbinde. Nein, viel entscheidender für die FDP-Fraktion ist, dass der Zeitdruck, den Sie hier aufbauen, überhaupt nicht mehr zu einem umsetzbaren Ergebnis führt,
und zwar vor dem Hintergrund, dass Verhandlungsgrundlage bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs in diesem Plenum war, dass die Rechtsverordnung, für die sich die Landesregierung in diesem Gesetz eine Ermächtigung geben lässt, zusammen mit dem Gesetzentwurf in die Ausschussberatungen einbezogen wird. Mittlerweile hat der Minister eingestehen müssen, dass diese Rechtsverordnung in seinem Hause noch nicht einmal so weit gediehen ist, dass sie ins Abstimmungsverfahren mit den betroffenen Institutionen gegeben werden könnte. Eingedenk der Tatsache, dass die Bewerbungsfrist für das kommende Wintersemester am 15.07. endet, ist es völlig undenkbar, dass nach Erlass einer Rechtsverordnung die Hochschulen überhaupt noch die Möglichkeit hätten, in den umsetzenden Satzungen ein Auswahlverfahren durchzuführen.
Wir müssen bedenken, dass man den sich bewerbenden Studierenden noch vor dem 15.07. mitteilen sollte, dass sie sich in einem anderen Auswahlverfahren bewerben müssen. Vor diesem Hintergrund ist der neuerlich gemachte Zeitdruck einer Dienstag-Donnerstag-Lesung völlig unverständlich und wird für uns Konsequenzen nicht nur im Hinblick auf die Ablehnung des Gesetzentwurfs, sondern vor allem auch für diesen Geschäftsordnungsantrag haben.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Noch einmal? – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Regieren muss man nicht nur wollen, man muss es auch können!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass ich vielleicht durch eine inhaltliche Argumentation die Abgeordneten der drei anderen Fraktionen doch noch überzeugen kann. Ich kam kaum dazu,den Antrag einzubringen,geschweige denn, ihn zu begründen.
Wahrheit muss Wahrheit bleiben. Herr Kollege Kaufmann hat über den Verlauf der Geschäftsführerbesprechung der letzten Woche gesprochen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass im Ältestenrat die Frage angesprochen wurde, ob es eine dritte Lesung geben wird oder nicht. Daraufhin haben die Mitglieder einiger Fraktionen nicht vollkommen zu Unrecht darauf hingewiesen, dass
die Auswertung der Anhörung in dem Ausschuss erst am Mittwochmorgen stattfinden wird. Das war der nachfolgende Tag. Insofern konnte letzte Woche noch gar nicht klar sein, ob die Oppositionsfraktionen eine dritte Lesung beantragen werden oder nicht. Herr Kollege Kaufmann, ich wäre aber ganz dankbar, wenn wir zumindest über diese Punkte nicht streiten würden. Denn das entspricht der Realität.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie hätten den Gesetzentwurf trotzdem auf Dienstag vorziehen können!)
Ich will den Antrag auf dritte Lesung gar nicht stellen. Nach den Einlassungen der Kollegin Beer habe ich den Eindruck, dass sie, obwohl sie Mitglied des Ausschusses ist, immer noch nicht verstanden hat, dass wir über zwei unterschiedliche Verordnungen reden.
Die eine Verordnung regelt die bundesweite Vergabe, die andere die landesweite. Vielleicht ist es deshalb gar nicht schlecht, noch eine weitere Beratung im Ausschuss einzufügen, um diese fachlichen Fragen klären zu können.
Frau Kollegin Beer,richtig ist allerdings,dass die eine Verordnung tatsächlich bis Mitte Juli 2005 Zeit hat. Die andere aber, nämlich diejenige, die die bundesweite Vergabe regelt, muss bis zum 31. Mai 2005 auf den Weg gebracht werden. Ansonsten bestünde nämlich das Problem, dass unsere Altabiturienten keine Chance hätten, sich in Hessen auf Studienplätze zu bewerben. Das wollen wir vermeiden. Deswegen wollen wir in dieser Woche die zweite und gegebenenfalls auch gerne die dritte Lesung durchführen.