Protokoll der Sitzung vom 17.09.2003

Am 14. Juli 2000 haben Sie den ersten Schritt der Steuerreform beschlossen. Ich habe damals für die Hessische Landesregierung dagegen gestimmt. Ziehen Sie heute einmal Bilanz, was es bedeutet hat, was es bewirkt hat an Arbeitsplätzen, an Einkommenssteigerung, an Wachstumsentwicklung.

Was es konkret bedeutet hat für den hessischen Haushalt, das kann ich Ihnen sagen: Vom Jahre 2000 bis zum Jahre 2001 haben wir ein Weniger an Körperschaftsteuereinnahmen von 1,74 Milliarden c,in D-Mark gesprochen:3,5 Milliarden DM.Diese Einnahmen sind einfach weggebrochen durch falsche Entscheidungen, die getroffen worden sind bei der Körperschaftsteuer. Das sind Einnahmen, die konkret fehlen.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Darüber können Sie nicht einfach polemisch hinwegreden. Das ist die konkrete Situation, die durch Ihre falsche Politik verursacht worden ist.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer die anderen! – Gegenruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Aber so ist es doch! – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Herr Kollege Al-Wazir, ich komme auf Sie zurück. Ich versuche nur, sehr klar und deutlich herauszuarbeiten, wo die Ursachen für einen solchen Schritt liegen und wo es zu Maßnahmen führt, die uns in dem einen oder anderen Punkt mit Sicherheit nicht leicht fallen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sind die in anderen Bundesländern anders als bei uns?)

Ich habe es vorhin angesprochen. Sie sagen immer, wir würden die größten Schulden machen. Das ist geradezu absurd.Von 1991 bis 1998 sind die Schulden in Hessen unter dem heutigen Bundesfinanzminister und damaligen Ministerpräsidenten von 27 auf 43 Milliarden DM angewachsen, also eine Steigerung von über 52 %.

(Horst Klee (CDU): So ist es!)

Das sind natürlich alles noch Auswirkungen, die sich im heutigen Vergleich mit anderen Bundesländern niederschlagen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du liebe Zeit, jetzt ist auch noch Plottnitz schuld!)

Herr Al-Wazir, wenn Sie davon sprechen, dass die Wahlversprechen tangiert würden, kann ich Ihnen nur sagen: Die „Operation sichere Zukunft“ ist die Grundlage dafür, dass die entscheidenden Wahlaussagen,dass in Hessen die Bildungspolitik weiterhin Priorität Nummer eins hat, auch einhalten und umgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben die Unterrichtsgarantie erfüllt, und wir werden die Qualität in Hessens Schulen sicherstellen.Zur inneren Sicherheit erinnern Sie sich an unsere Plakate. Das ist noch nicht allzu lange her.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, das stimmt!)

Wir haben natürlich eine Verbesserung der inneren Sicherheit. Wir betreiben weiterhin die entsprechenden Maßnahmen bei der inneren Sicherheit. Wir haben alle Maßnahmen gegen Ihren entschiedenen Widerstand durchgesetzt, von Schleierfahndung über Videoüberwachung, über Wachpolizei, über freiwilligen Polizeidienst. Mittlerweile haben Sie teilweise eingesehen, dass Ihr Widerspruch falsch war, weil es mehr an innerer Sicherheit bringt, die Videoüberwachung einzusetzen. Wir werden diesen Weg weiterhin fortsetzen und halten unsere Wahlversprechen ein.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Walter, ich will Ihnen nur sagen, dass Sie auch falsch liegen, wenn es um Investitionen geht und um die Maßnahmen, die Sie angesprochen haben. Auch dort wird die „Operation sichere Zukunft“ dazu führen, dass wir weiterhin entsprechende Chancen und Möglichkeiten haben. Denn dieses Land – das hat uns die „Wirtschaftswoche“ bestätigt – hat im Vergleich zu anderen Flächenländern in Deutschland bei der Wirtschaftsdynamik die

Spitzenposition. Dieses Land hat mit diesem Einschnitt die weitere Chance, sich in der Spitze der Bundesländer zu entwickeln. Aber wir können hier nicht eine solche Haushaltssituation akzeptieren, die dazu führt, dass es keinen verfassungskonformen Haushalt gibt. Deshalb sind die Einsparungen von über 1 Milliarde c leider notwendig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich in dem Zusammenhang auch sagen: Wenn Sie heute feststellen, dass wir die Einnahmesituation des Jahres 1998 haben, dann dürfen Sie nicht nur die Prozentzahlen angeben, Herr Walter, wie Sie es gemacht haben, sondern wir müssen auch fragen, wo die Entwicklungen in den Ausgaben gewesen sind.Da stellen wir schon fest,dass durch Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, durch die Beamtenbesoldung, durch die Beihilfe und die Versorgung

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wieder sind andere schuld!)

eine Steigerung von 726 Millionen c in dieser Zeit bewirkt wurde.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei der Versorgung wussten Sie das aber schon vorher!)

Welche Konsequenz würde es haben, wenn ein privates Wirtschaftsunternehmen vor solche Fragen gestellt wäre? Dort würden wir über Entlassungen usw. diskutieren.Wir wollen das nicht, wir können das nicht, und wir werden das nicht.Aber wenn es darum geht, ob die Einkommenssituation hier einigermaßen stabilisiert wird – die Beamten behalten ihre entsprechende Erhöhung, und im Tarifvertrag im öffentlichen Dienst ist für dieses und das nächste Jahr eine Erhöhung von 4,4 % vereinbart, die auch nicht tangiert ist –, dann muss man dort auch erbitten können, Mehrarbeit zu leisten.

Meine Damen und Herren, wenn der eine oder andere vorträgt, dies sei in dieser Art und Weise überhaupt nicht verkraftbar, dann muss man, denke ich, doch zur sachlichen Diskussion zurückfinden. Ich kann jeden verstehen,dass er zunächst nicht unmittelbar erfreut ist,wenn er zur Mehrarbeit gebeten wird. Aber was heißt denn die Abstufung von 42, 41 oder 40 Stunden? Ich bleibe einmal bei 42 Stunden. Das heißt, von Montag bis Donnerstag von 8 bis 17 Uhr mit einer Mittagspause von einer halben Stunde zu arbeiten und freitags bis 16.30 Uhr.

Ich rede hier also nicht über Abendzeit, über Nachtarbeit, über Samstage oder Sonntage. Wenn der Ministerpräsident sagt, das sei nun wirklich keine Menschenrechtsverletzung, dann kann man das nur akzeptieren und dem zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb kann man hier auch um Verständnis werben,dass man eine solche Entscheidung trifft.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wissen überhaupt nicht, was eine Menschenrechtsverletzung ist!)

Meine Damen und Herren,Herr Kollege Al-Wazir,Sie sagen, wir hätten einen anderen Weg gehen sollen im Zusammenhang mit der Einstellung der Lehrer. Das habe die Kosten verursacht. Die Wahrheit ist, dass die Einstellung der Lehrer natürlich eine politische Entscheidung war, um den Unterrichtsausfall von 100.000 Unterrichtsstunden pro Woche zu beseitigen.

(Beifall bei der CDU)

Diese Entscheidung hat etwas mit Bildung und mit Qualität in hessischen Schulen zu tun.

(Reinhard Kahl (SPD): Dafür wollten Sie aber an anderer Stelle Einsparungen machen!)

Die Entscheidung hat auch Geld gekostet. Sie hat 152 Millionen c gekostet.Aber in dieser Zeit haben wir auch 185 Millionen c eingespart.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch!)

Im Klartext heißt das: Die Steigung ist nicht auf eine solche Entscheidung zurückzuführen, sondern die Steigerung liegt in den Bereichen, die ich Ihnen gerade dargestellt habe. Deshalb muss man von denjenigen verlangen, die letztlich mitverantwortlich für eine entsprechende Steigerung waren, dass wir versuchen, dies durch Mehrarbeit auszugleichen.

Lassen Sie mich einen dritten Gedanken darstellen.Wenn ich die Frage des Länderfinanzausgleichs betrachte,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt kommt er wieder mit dem Länderfinanzausgleich!)

dann finde ich schon sehr interessant, dass wir von 1970 bis jetzt so viel in den Länderfinanzausgleich einbezahlt haben,wie Schulden gemacht worden sind.Aber wenn Sie die Zeit von 1999 bis 2002 sehen, dann sehen Sie, dass wir 10 Milliarden c eingezahlt, aber nur 4,4 Milliarden c Schulden gemacht haben.

Das heißt, die Tatsache, dass ein Überschuss von über 5 Milliarden c überhaupt entstanden ist, der in den Länderfinanzausgleich eingezahlt werden konnte, zeigt, wie positiv hier gewirtschaftet wurde. Das muss in dem Zusammenhang erwähnt werden.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das muss überhaupt nicht gesagt werden,weil es Schwachsinn ist!)

Der Herr Ministerpräsident hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die klare Absicht besteht, unsere Verantwortung im Bereich der Beamten – und des öffentlichen Dienstes insgesamt – insofern wahrzunehmen, als nicht nur die Beamten in Zukunft über 38,5 Stunden arbeiten werden, sondern auch eine Angleichung bei den Angestellten erfolgt.

Wir haben uns natürlich auch die Frage gestellt – ich will das hier ansprechen, weil es dazugehört –, ob wir im Hinblick auf Tarif- und Besoldungserhöhungen eine Entscheidungen treffen, was unseren Beschluss hinsichtlich der Diätenerhöhung anbelangt.Sie wissen,dass wir in diesem Parlament die Grundentscheidung getroffen haben – die ich heute noch für richtig halte –, dass wir, nachdem alle Tarifverhandlungen stattgefunden haben, den Durchschnittswert der Erhöhungen feststellen und danach eine Entscheidung treffen, die uns nicht besser stellt als die Bürgerinnen und Bürger.

Grundlage der Entscheidung war die Empfehlung,die Diäten um 2,87 % zu erhöhen. Wir haben in der damaligen Diskussion, weil wir schon die Schwierigkeiten in der Haushaltssituation gesehen haben,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich dachte, das sei überraschend gekommen!)

die Entscheidung getroffen, die Diäten nur um 1,4 % anzuheben. Nachdem jetzt die Entscheidung über Kürzungen so zu treffen war, waren wir der Auffassung, dass auch wir ein Signal setzen und die Diätenerhöhung aussetzen sollten. Dies halte ich für einen wichtigen Beitrag und ein Signal im Hinblick auf die öffentliche Diskussion, dass auch das Parlament, dass auch die Regierung einen eigenen Beitrag leistet. Wir haben die Erhöhung der Diäten ausgesetzt, obwohl bei den Beamten wie auch bei den öffentlich Bediensteten die Tariferhöhungen weiterhin Platz greifen.Auch das sollte man in dem Zusammenhang sagen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle an die hessischen GRÜNEN die Frage, ob unsere Politik, zu mehr Perspektiven und Arbeitsplätzen in Hessen zu kommen, durch ihr Verhalten in diesem Hause nicht konterkariert wird. Die Sozialministerin hat jetzt entschieden, dass sie Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik zurzeit nicht angreifen wird. Meine Damen und Herren, wir haben aber noch alle Perspektiven, auch hier in Hessen. Darüber müssen wir dann aber auch entscheiden. Die Frage der Stationierung des A 380 am Frankfurter Flughafen – verbunden mit dem Bau einer Wartungshalle – ist eine Grundentscheidung für Arbeitsplätze hier in Hessen und eine Zukunftsperspektive für unser Land.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wenn Sie dagegen sind, verhindern Sie eine solche Entwicklung.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wer ist denn dagegen, Herr Kollege?)