Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Herr Kollege, Sie haben ungeahnte Qualitäten!)

Der Landtag sieht im hessischen Mittelstand eine tragende Säule der Wirtschaft.

Diese Feststellung wurde schon allgemein gelobt.

(Beifall bei der Abgeordneten der FDP)

Diese Aussage können wir durchaus unterstützen. Das ist so. Leider ist aber die Landesregierung ihrerseits offensichtlich keine tragende Säule des Mittelstands.

(Beifall bei der Abgeordneten der FDP und der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn die Politik Hessens für den Mittelstand wird schlechter beurteilt als die von Thüringen, Bayern, dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Hessen nimmt da den 8. Platz ein.

Noch schallender ist die Ohrfeige, die der hessischen Förderpolitik erteilt wird. Hessen liegt da auf dem 12. Platz. Nur Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg werden noch schlechter beurteilt. Der Text des Entschließungsantrags müsste demnach wie folgt lauten:

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Einer geht noch!)

Der Landtag bittet die Landesregierung, sich in ihrer Mittelstandspolitik an Thüringen und in ihrer Förderpolitik an Sachsen zu orientieren.

(Beifall bei der FDP, der SPD und bei Abgeordne- ten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hei- terkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen nun zur fünften Strophe der Jubelarie. Da heißt es:

Der Landtag bekräftigt sein Ziel, den hessischen Wirtschaftsstandort weiterhin auf einem soliden Wachstumskurs zu halten...

Auf welchem Wachstumskurs? Das frage ich mich, meine Damen und Herren von der Regierungsfraktion.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sowohl in Bezug auf die Beurteilung der allgemeinen Wirtschaftslage als auch in Bezug auf die geplanten Gesamtinvestitionen rangiert Hessen unter „ferner liefen“. Auch nur zu behaupten, Hessen befinde sich im Mittelfeld, wäre schon geprahlt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Kollege Williges, deshalb müsste Ihr Antrag in diesem Punkt wie folgt lauten: Der Landtag bekräftigt sein Ziel, den hessischen Wirtschaftsstandort auf einen soliden

Wachstumskurs zu führen, und drückt seine Hoffnung aus, dass dies nach der nächsten Landtagswahl gelingt.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

Noch einmal – auch Jubeln will gelernt sein –:Diese Jubelarie bleibt den christdemokratischen Sängern im Halse stecken.

Zustimmen können wir dem Antrag beim besten Willen nicht. Eine einfache Ablehnung würde diesem Antrag zu sehr zur Ehre gereichen. Der Antrag ist schlicht und ergreifend nicht beratungsfähig.Deshalb wird sich die FDPFraktion an der Abstimmung über diesen Entschließungsantrag nicht beteiligen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich schließe mit einer herzlichen Bitte an die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion: Lassen Sie die Antragsmaschine etwas langsamer laufen. Lesen Sie vorher durch, worauf Sie sich in Ihrem Antrag beziehen. Verschonen Sie sich und uns mit grund- und ideenlosen sowie inhaltsleeren Jubelarien. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister, Sie haben für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich denke, dass die wirtschaftliche Entwicklung so, wie sie sich darstellt, positive Signale aussendet.

(Norbert Schmitt (SPD): Nur nicht in Hessen! – Unruhe)

Meine Damen und Herren!

Aber die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland – also auch in Hessen – befindet sich noch längst nicht in einer solch guten Situation, dass wir mit einer derartigen Leichtfertigkeit über ein Thema hinweggehen können, das viele Menschen schmerzt und auch in Not geraten lässt.

(Zuruf von der SPD: Das zeigt doch Ihr Antrag!)

Deswegen sind die Wirtschaftspolitik und die Beschäftigung mit diesem Thema zentral. Es geht nämlich nicht um die Wirtschaft um ihrer selbst willen, sondern die Wirtschaft hat dem Menschen zu dienen. Unter diesem Gesichtspunkt sollte das Thema von allen ernst genommen werden.

Sicherlich freut sich jeder von uns, wenn sich die Stimmungslagen positiv entwickeln und die Erwartungen steigen. Es freut auch die Hessische Landesregierung, wenn z. B. in dieser Studie dargestellt wird, wie sich die Zufriedenheit der hessischen Unternehmen mit der Wirtschaftspolitik des Landes entwickelt hat. Mittlerweile sind sage

und schreibe 90 % der Unternehmen mit der Wirtschaftspolitik des Landes zufrieden. Bei der letzten Erhebung im vorigen Jahr waren es nur 76 %.

Diese Stimmungslage ist ein wichtiger Teil. Aber noch wichtiger ist, dass die reale Situation in der Wirtschaft dieser Stimmungslage entspricht; denn wir leben nicht von Stimmungen, sondern für uns ist die reale Situation ausschlaggebend.Mir ist es wichtiger,dass wir die Früchte unserer Arbeit auch erkennen können. Das sind die relevanten Zahlen.

Ich denke z. B. daran, dass die Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahresmonat um 30 % zurückgegangen ist. Das ist eine Zahl, die die Menschen wirklich interessiert und die sie unmittelbar angeht.Das ist ein Beweis dafür – das haben Sie unterschlagen und verschwiegen –, dass Politik mehr oder weniger erfolgreich sein kann.Wir freuen uns über diese positiven Zahlen.

(Beifall bei der CDU)

Genauso wichtig ist es,dass wir erkennen,dass für die jungen Menschen mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden. Darüber haben wir heute Morgen gesprochen. Real gibt es 4,7 % mehr Ausbildungsplätze. Das sollte uns noch mehr anspornen, auf diesem Weg weiterzugehen.

Der Erfolg in der Zukunft wird durch die Investitionen von heute geschaffen. Dabei ist es wichtig, dass den positiven Stimmungen auch bei den Unternehmen Taten folgen. Deswegen wäre es sinnvoll gewesen, wenn Sie auf diese Zahlen eingegangen wären. Aber auch diese haben Sie verschwiegen, weil es nicht in Ihr Konzept passt

(Beifall bei der CDU)

das kann ich Ihnen ganz ruhig vortragen –, dass die hessischen Unternehmen, was ihre aktuellen Investitionen für die Zukunft betrifft, im Vergleich der Unternehmen in den verschiedenen Bundesländern auf Platz 2 liegen. Das heißt, bei den Unternehmensinvestitionen kommen sie nach den bayerischen Unternehmen auf Platz 2.

Aber noch wichtiger für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ist – sonst zitieren Sie ja immer die Lissabon-Strategie und Ähnliches –, dass Hessen bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung ganz vorne liegt. Das sind Zeichen für die Zukunft, die eine reale Basis haben und nicht nur auf Stimmungen beruhen.

(Beifall bei der CDU)

Wir liegen schon jetzt gut. Bei der Produktivität sind wir einsame Spitze: 67.000 c pro Beschäftigter. Das schlägt sich dann unmittelbar auf die Haushaltseinkommen nieder.Jeder Einwohner hat – bezogen auf das BIP – ein Einkommen von über 33.000 c.Das ist im Vergleich aller Flächenländer in Deutschland ein absoluter Spitzenwert.

(Beifall bei der CDU)

Ich will das nur mit wenigen Worten darstellen, damit Sie erkennen, in welche Richtung die Wirtschaftspolitik des Landes geht. Strukturpolitik ist nämlich keine Schönwetterpolitik, sondern sie bedeutet, heute in die Bereiche zu investieren, die die Basis für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlfahrt in der Zukunft bilden.

(Reinhard Kahl (SPD): Jetzt aber etwas zu der Studie!)

Jetzt schauen wir einmal nach Nordhessen. Wir haben – Stichwort: Gießkanne – eben nicht mit der Gießkanne hantiert.

(Silke Tesch (SPD):Das haben wir Ihnen auch nicht vorgeworfen!)

Vielmehr haben wir, gemeinsam mit den Nordhessen, die dortigen Potenziale erkannt und mit den erneuerbaren Energien ein wichtiges Feld besetzt, das derzeit – gerade in Nordhessen – einen Boom zu verzeichnen hat.

(Norbert Schmitt (SPD): Was haben Sie damit zu tun? Sie haben das verhindert!)