Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

Das ist das alte Denken aus dem letzten Jahrhundert,Frau Kollegin Ypsilanti, das Sie wieder in diese Debatte eingebracht haben.

(Beifall bei der FDP)

Das ist das Denken, das in den Neunzigerjahren nicht geklappt hat und das auch jetzt, in dem ersten Jahrzehnt dieses neuen Jahrhunderts, nicht klappen wird. Wer meint, dass man Ausbildungsplätze schafft, indem man sie in ein Gesetz schreibt, wer meint, man muss das mit Strafe oder Abgaben bewehren, der irrt. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb haben Sie auch keinen einzigen konkreten Vorschlag unterbreitet, sondern haben hier nur ein Schreckgespenst beschworen und diejenigen beschimpft, die im Rahmen des Ausbildungspaktes Ausbildungsplätze bereitstellen. Meine sehr verehrte Frau Kollegin Ypsilanti, das ist wirklich gründlich misslungen, was Sie hier zum Thema Ausbildungsplatzpolitik vorgetragen haben.

(Beifall bei der FDP)

Förderprogramme sind hier angesprochen worden. Die seien so unübersichtlich.

(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

In einem Punkt stimme ich überein: Die sind erstens unübersichtlich. Zweitens stimme ich mit Ihnen überein, dass die Hessen-Agentur nicht die geeignete Institution ist, das zu erklären. Das stelle ich beides unstreitig, Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Aber warum haben wir so unübersichtliche Förderprogramme? Erleben Sie es nicht in jedem Gespräch, das Sie mit Unternehmern, mit Freiberuflern, mit den Mittel

ständlern führen, dass die Ihnen sagen: „Setzen Sie sich bitte dafür ein,dass es weniger Regeln gibt,damit wir Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze schaffen können!“?

(Beifall bei der FDP)

Haben wir beide das nicht bei der Veranstaltung erlebt? Auch da gebe ich Ihnen recht. Das hat nichts mit dem zu tun gehabt, was wir in den Medien gelesen haben. Aber haben wir nicht bei der DEHOGA von Herrn Schreek und von anderen gehört, dass sie weniger Normen haben wollen, dass sie weniger Regulierung haben wollen, damit sie ihre Unternehmen führen und auch Ausbildungsplätze schaffen können? Wie kann man in den Wahn verfallen, dass das alles mit Normen zu erreichen ist?

Dritte Bemerkung, und das müssen wir uns auf der Zunge zergehen lassen. Andrea Ypsilanti hat gesagt – ich zitiere –: „Nehmen wir einmal die Mittel der BA und machen etwas für die Kohorte“. Zum Thema Kohorte hat Frau Kollegin Kölsch schon etwas gesagt. Das hat etwas mit Apparatschik-Denken zu tun, wenn man hier im Hessischen Landtag mit solch einem Vokabular spricht.Wir reden von jungen Menschen und nicht von Kohorten.

(Beifall bei der FDP – Andrea Ypsilanti (SPD):Das ist ein Fachbegriff!)

Ich habe schon etwas dagegen, wenn wir diesen Begriff im landwirtschaftlichen Bereich immer wieder hören. Aber junge Menschen als Kohorte abzustempeln, das macht deutlich, dass es Ihnen als Apparatschik nur um die Systematik und nicht um die jungen Menschen geht.

(Lebhafter Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Da sieht man, wie peinlich es ist, dass Sie sich nicht in der Fachterminologie auskennen!)

Das ist ein Zeichen dafür, wie Sie denken. – Der Satz war: Nehmen wir einmal das Geld der BA. – Wer gibt Ihnen das Recht,einfach so das Geld der BA zu nehmen? Das ist nicht das Geld der Politik.Das ist das Geld derjenigen,die es einzahlen, und zwar jeden Monat. Wir haben nicht das Recht, einfach darauf zuzugreifen und es wegzunehmen. Frau Kollegin Ypsilanti, in welcher Welt leben Sie?

(Beifall bei der FDP)

Das ist nicht die Welt, in der die Politik dauernd zugreifen kann,in der die Politik immer bestimmen kann,was zu tun ist. Lassen wir es doch einfach andersherum angehen.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Wie denn? Einmal ganz konkret!)

Machen wir einfach weniger Regulierung, weniger Lohnnebenkosten. Geben wir den Mittelständlern die Möglichkeit, ihre Unternehmen schneller zu entwickeln.

(Norbert Schmitt (SPD): Das haben wir in Ihrer Regierungszeit gesehen! Wir lachen uns kaputt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir es mit der Mentalität einmal anders.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Ganz konkret!)

Frau Kollegin Ypsilanti, nachdem Sie Ihren Beitrag so versenkt haben, brauchen Sie ihn nicht mit Zwischenrufen wieder hochzuholen. Sie kriegen ihn nicht mehr hoch.

(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Reden Sie von sich?)

Sie haben ihn versenkt, und das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Sie haben nicht einen einzigen Vorschlag unter

breitet,den man konkret durchführen kann.Was soll Herr Rhiel anderes machen, als z. B. Herr Klemm oder Herr Posch gemacht haben? Wo haben Sie irgendeinen Vorschlag unterbreitet, was aus diesem Ministerium heraus anders gemacht werden kann? Sie haben noch nicht einmal das Thema Migranten angesprochen. Das hat die Kollegin von den GRÜNEN vollkommen zu Recht getan. Dort ist eine Möglichkeit vorhanden, mit Werbung heranzugehen und zu sagen: Ihr könnt mehr ausbilden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb vielen Dank für alle diejenigen, die Ausbildungsplätze in Hessen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Hahn, Sie müssen zum Schluss kommen, bitte.

Da muss noch etwas mehr Dynamik hinein, damit die Schere zusammengeht, damit die Angebote sich mit den Zahlen decken, die wir bei den Jugendlichen haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, etwas weniger Politik und etwas mehr Möglichkeit zur Entfaltung der Wirtschaft, das ist die richtige Antwort. – Vielen, herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Etwas weniger Polemik wäre auch nicht schlecht gewesen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Satz zitieren: „Aus Chancen werden Erfolge“.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Darauf wartet die Landesregierung bis heute!)

Das gilt für alle Bereiche der Hessischen Landesregierung, auch und gerade für den Bereich Ausbildungspolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir in der letzten Woche die neue Statistik lesen durften, nach der bei den jugendlichen Arbeitslosen ein Rückgang von 30 % zu verzeichnen ist, dann ist das der Beleg dafür, dass für junge Menschen die Chancen in unserem Land wieder deutlich gewachsen sind, nicht zuletzt auch durch die Politik dieser Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Frau Ypsilanti, denn es ist in der Tat gelungen, die Kräfte des Wachstums zu stimulieren. Wir erleben in Bezug auf die Ausbildungs- und Arbeitsmarktzahlen, dass diese in einem originären, immanenten Zusammenhang mit der

wirtschaftlichen Entwicklung stehen. Die Voraussetzung dafür, dass Wachstum und daraus resultierend Chancen für den Arbeitsmarkt entstehen und neue Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden, ist, dass Kräfte gelöst werden und dass der Weg freigeräumt wird, beispielsweise durch Entbürokratisierung und Infrastruktur.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich zum Ausbildungspakt zunächst einmal Folgendes sagen. Der Ausbildungspakt auf Landesebene – übrigens noch bevor auf Bundesebene etwas Vergleichbares eingerichtet wurde – hat einen großen Erfolg gezeitigt. Das liegt nicht nur an der Tatsache, dass die Landesregierung selbst ihre Zusagen eingehalten hat – wir haben nicht nur die 835 zugesagten Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt, sondern wir haben inzwischen sogar 858 Ausbildungsverträge abgeschlossen –, sondern noch gewichtiger ist der Erfolg, dass die Wirtschaft statt der jeweils zugesagten 2.000 neuen Ausbildungsplätze für die Jahre 2004 bis 2006 zusätzlich zwischen 4.700 und sogar 9.400 Ausbildungsplätze im Jahre 2006 nicht nur zugesagt, sondern auch zur Verfügung gestellt hat. Deswegen konnten wir in Bezug auf den neuen Ausbildungspakt, den wir vor Kurzem geschlossen haben, die zugesagte Anzahl auf 4.000 Ausbildungsstellen pro Jahr erhöhen. Ich bin mir sicher, dass diese neue Zusage wiederum nicht nur eingehalten, sondern auch über das Maß hinaus erfüllt wird.

Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung tut ein Übriges. Herr Hahn und andere haben darauf hingewiesen, dass Ausbildung eine Aufgabe der Betriebe sei – und zwar vor allem eine Aufgabe der Betriebe,wenngleich wir nicht unterschlagen dürfen, dass es auch im öffentlichen Bereich Zuständigkeiten gibt. Ich denke z. B. an die Ausbildungsstellen, die in der Statistik überhaupt nicht vorkommen, aber zunehmend mehr werden; ich nenne das Stichwort: Ausbildung im Bereich der Altenpflege. Hier könnte Frau Lautenschläger mit Zahlen aufwarten. Das wird von uns im Übrigen auch indirekt mitfinanziert.Aber lassen wir das einmal beiseite. Es ist in erster Linie die Aufgabe der Betriebe, auszubilden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da ist ganz nüchtern festzustellen, dass etwa ein Drittel der Betriebe keine Ausbildungsbefähigung besitzt und dass zu viele, nämlich ebenfalls fast ein Drittel der Betriebe, obwohl diese die Ausbildungsbefähigung hätten, nicht ausbilden. Hier liegt in besonderer Weise Potenzial.

Wenn wir nun auf die Programme und Mittel der Landesregierung schauen, dann stellen wir fest, dass es unsere Aufgabe sein muss, nicht nur zu werben, sondern auch zu verdeutlichen, dass wir bereit sind, einen Teil der Last zu schultern – und zwar in bestimmten sensiblen Bereichen, wo wir Anstöße geben wollen und wo wir Ausbildungsfähigkeit, Ausbildungsbereitschaft und Ausbildungsmöglichkeit zusammenbringen wollen. Da haben wir als Landesregierung im letzten Jahr ein Programm aufgelegt, und zwar mit Ihrer Hilfe; denn Sie haben im Landtag beschlossen,und es ist über alle Maßen ambitioniert.Wir haben die Ausgaben von 12 Millionen c um sage und schreibe 17 Millionen c auf 29 Millionen c gesteigert.

Meine Damen und Herren, warum haben wir das getan? Wir haben erkannt, dass es bei den sogenannten Altbewerbern – das sind keine alten Menschen, sondern junge, die sich mindestens schon einmal erfolglos beworben haben – eine Sockelgröße gibt, die wir nicht ständig wie eine Bugwelle vor uns herschieben dürfen, sondern die wir abbauen müssen.

(Zuruf der Abg.Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))