Protokoll der Sitzung vom 31.05.2007

Um diese Probleme endlich anzugehen, ist das, was die FDP heute beantragt und Herr Irmer gesagt hat, nämlich die Wiederbelebung des Schulkampfes aus dem vergangenen Jahrhundert, das gänzlich falsche Argument.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Eltern, die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land sind es schlicht und ergreifend leid, dass mit jedem beginnenden Landtagswahlkampf der alte Schulkampf aus der Mottenkiste herausgeholt wird und sich im Ergebnis an unseren Schulen nichts ändert. Die Menschen in unserem Land wollen Antworten darauf, was sich an den Schulen ändert. Diese Antworten werde ich Ihnen gern geben, Herr Boddenberg, wenn Sie Wert darauf legen und wenn Sie dabei offensichtlich Nachhilfebedarf haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Eltern, die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land wollen nichts Außergewöhnliches. Sie wollen schlicht und ergreifend, dass auch in Hessen endlich möglich ist, was in vielen anderen Ländern mit sehr guten Ergebnissen schon seit Jahren möglich ist.

Sie wollen, dass es die Möglichkeit zum längeren gemeinsamen Lernen gibt. Sie wollen, dass wir auch an den hessischen Schulen endlich ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot haben. Sie wollen, dass auch an hessischen Schulen endlich eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Jugend- und Sozialarbeit stattfindet. Sie wollen, dass es auch in Hessen endlich kleinere Klassen gibt.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, das sind doch keine unbilligen Forderungen. Aber man müsste es endlich machen und unser Schulsystem in diese Richtung weiterentwickeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere machen uns das vor.Andere sind sehr erfolgreich. Wir glauben, auch die hessischen Schülerinnen und Schüler haben ein Anrecht darauf, dass das auch in Hessen endlich Wirklichkeit wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg.Michael Boddenberg (CDU))

Herr Kollege Boddenberg, weil Sie mich erneut so freundlich ansprechen:

(Michael Boddenberg (CDU): Dann sagen Sie den Menschen auch, was Sie für ein Chaos hinterlassen haben!)

Es geht nicht darum – und das sage ich für meine Fraktion ausdrücklich –,irgendeine Schulform flächendeckend von oben für alle zu verordnen. Darum geht es nicht.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Nach acht Jahren Karin Wolff haben die Menschen in diesem Land den Kanal gestrichen voll von von oben verordneten Auflagen, von zentralistischen Vorgaben, von Überbürokratisierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Das ist lächerlich, was Sie da vortragen!)

Wir lassen uns von Ihnen – die das seit acht Jahren mit unseren Schulen machen, die die Schulentwicklung in unserem Land seit acht Jahren damit blockieren – Zentralismus und Bevormundung absolut nicht vorwerfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Schalten Sie doch einmal wieder eine Hotline, wenn Sie den Mut dazu haben!)

Herr Kollege Boddenberg, wir wollen, dass sich endlich auch in Hessen Eltern frei entscheiden können, welche Schulform sie für ihre Kinder für die richtige halten.

(Michael Boddenberg (CDU): Da sind Sie gerade der Richtige!)

Zu dieser Wahlfreiheit gehört es auch, dass Eltern die Möglichkeit haben, ihre Kinder in Hessen auf Schulen zu schicken, die sich an dem erfolgreichen finnischen Schulsystem orientieren – Herr Kollege Boddenberg, als Möglichkeit für diejenigen, die das wollen.

Wer bevormundet denn hier? Wir, die wir endlich auch in Hessen diese Möglichkeit schaffen wollen, oder Sie, die alle Ansätze vor Ort torpedieren?

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Sie blockieren die Schulgemeinden, die sich auf den Weg machen wollen, die Eltern, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer, die das schon lange machen wollen.Sie werfen denen Knüppel zwischen die Beine.Sie sind doch die Ideologen. Sie sind doch die letzten kalten Krieger des Schulkampfes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Außer Ihnen hat es doch nun wirklich jeder verstanden.

Es ist ein völlig durchsichtiges Manöver, weswegen CDU und FDP hier den Schulkampf wiederbeleben wollen.Der Grund ist ganz einfach. Die Bilanz nach acht Jahren Karin Wolff – mal mit der FDP, mal ohne; das ist eigentlich nur für die FDP wichtig, für die Schulen ist das egal – ist ein

fach schlicht und ergreifend miserabel.Von dieser miserablen Bilanz wollen Sie mit ideologischen Debatten und mit der Wiederbelebung des Schulkampfes ablenken. Meine Damen und Herren, das aber wird nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Wagner, Sie müssen dann zum Schluss kommen.

Ich muss zum Schluss kommen. Deshalb zitiere ich nur einen Beleg für die grandiose Leistungsbilanz dieser Kultusministerin nach acht Jahren, die IHK-Arbeitsgemeinschaft Hessen:

Trotz intensivem Umsteuern der Landesregierung ist bei der Bildung junger Menschen immer noch keine Verbesserung zu den ersten PISA-Ergebnissen festzustellen. Drei von vier Ausbildungsbetrieben in Hessen bezeichnen die mangelnde Schulbildung von Bewerbern als prioritäres Ausbildungshemmnis,deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt.

Frau Wolff,es gibt keine einzige Studie,bei der Ihre Schulpolitik wesentlich besser abschneidet. Herr Corts hat es Ihnen vorgemacht.Auch für Sie wäre es Zeit für eine neue Lebensplanung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Kultusministerin, Frau Staatsministerin Wolff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD will angeblich keine Schulformdebatte,trifft aber in ihrem Programm alle Einzelentscheidungen, die die Bildungsgänge mit Zukunft abschaffen sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Schüler sollen bis zur Klasse 10 gemeinsam und – wir haben es eben nochmals gehört – ohne äußere Differenzierung unterrichtet werden. Es wird keine differenzierte Lehrerausbildung mehr geben. Es wird kein Sitzenbleiben, keine Querversetzung mehr geben. Denn es gibt nur noch eine Schule, nur noch einheitliche Lehrpläne und Stundentafeln.

Ich brauche doch nur die verschiedenen Versatzstücke des Programms zusammenzufassen.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Was reden Sie denn da für einen Unsinn?)

Was habe ich dann anderes als die Rückkehr in die Siebzigerjahre, mit einer Bildungsdiskussion von damals?

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, aus demografischen Gründen sollen Schulen zusammengeführt werden, aber nur zu Einheitsschulen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie machen sie zu!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein Programm zum Schulsterben in Hessen, auf dem Weg zur Einheitsschule.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist das Gesamtgebräu der Hexenküche der Siebzigerjahre, nichts anderes. Das kommt wieder neu zum Vorschein.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Ist die Grundschule eigentlich auch eine Einheitsschule?)

Meine Damen und Herren, wie ist denn die Wirklichkeit? Gelegentlich sollten wir uns mit Fakten auseinandersetzen.

Die Wirklichkeit der Durchlässigkeit hessischer Schulen heißt:Wir haben mehr als 46 % hessischer Schulabgänger mit Hochschulreife. Das ist Platz 3 in Deutschland.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und im internationalen Vergleich?)

Statt 22,9 haben wir nur noch 14,4 % der Hauptschüler ohne Abschluss.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mut zur Lücke!)