Protokoll der Sitzung vom 31.05.2007

Stellen Sie sich vor, wir hätten ein solches Steuersystem. Herr Kollege Kaufmann, das würde bedeuten, wir wären davon abhängig, wie die konjunkturelle Entwicklung in anderen Bundesländern ist.Die Tatsache,dass NordrheinWestfalen im ersten Quartal 2007 zum Nehmerland geworden ist und Bayern im ersten Quartal keine besonders hohen Zahlungen an den Länderfinanzausgleich leistete, führte dazu, dass Hessen 500 Millionen c mehr in den Länderfinanzausgleich bezahlen musste als ursprünglich geplant. So viel übrigens zum Thema Fünfjahresplanungen.

(Norbert Schmitt (SPD): Die Zahlungen sind gesetzlich vorgeschrieben!)

Herr Kollege Kaufmann, wenn das im Steuersystem genauso wäre, dann wären Sie quasi davon abhängig, wie hoch die Steuerzahlung des Kollegen Ackermann von der Deutschen Bank ist bzw. wie gut es der Deutschen Bank geht. Sie müssten beten, dass es der Deutschen Bank gut geht, damit Sie weniger Steuern bezahlen müssen. Frau Ypsilanti müsste die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bitten, mehr Kunden für die Deutsche Bank zu werben, damit es der Deutschen Bank gut geht, damit Sie nicht so hohe Steuern zahlen müssen. Das ist doch ein irrer Vergleich, den Sie hier ziehen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer zieht ihn gerade? Wer erzählt so dummes Zeug? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Länderfinanzausgleich ist eine ganz eigene Baustelle. Kommen wir auf die Mär zu sprechen, die Sie in den letzten Jahren hier immer zu verbreiten versucht haben, nämlich die Mär, dass der Länderfinanzausgleich mit dem Schuldenanstieg in Hessen eigentlich nichts tun habe.

(Zwischenruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Kaufmann, weil Sie dazwischengerufen haben, bekommen Sie jetzt die genauen Zahlen genannt. – Zwischen 1970 und 1998 hat Hessen etwa doppelt so hohe Schulden gemacht, als es Zahlungen an den Länderfinanzausgleich geleistet hat. Seit 1998 – Sie werden zugeben, das war die Zeit, in der CDU und FDP regiert haben – hat sich das Verhältnis umgekehrt. Wir haben seit 1998 16 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich eingezahlt und 8,9 Milliarden c Schulden gemacht. Wir haben also den Trend umgekehrt.Allein im Jahre 2006 haben wir 2,4 Milliarden c an den Länderfinanzausgleich gezahlt. Diese Zahlen sollte man einfach einmal als Fakten zur Kenntnis nehmen. Wir haben im Jahre 2006 2,4 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich eingezahlt und unter 600 Millionen c neue Schulden gemacht. Darunter waren

440 Millionen c, die wir für die Jahre 2007 und 2008 zurückgestellt haben. Das heißt, wir hatten ein tatsächliches Finanzierungsdefizit von weniger als 200 Millionen c, also ein Zehntel der Summe, die wir an den Länderfinanzausgleich gezahlt haben.

Es gibt noch viele andere Faktoren, die dazu führen, dass wir in Hessen im Verhältnis zu anderen Bundesländern ein besonderes finanzpolitisches Problem zu meistern haben. Dazu gehört z. B., dass wir aufgrund der europäischen Vorgaben für Bildung und Wissenschaft,die sich immer am Bruttoinlandsprodukt orientieren, mehr investieren müssen. Wir müssen natürlich auch deshalb mehr investieren, um die Infrastruktur aufzubauen und aufrechtzuerhalten, die wir brauchen, um Steuereinnahmen zu erzielen.Trotzdem müssen wir am Ende so viel an den Länderfinanzausgleich zahlen, dass uns weniger Geld übrig bleibt.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Weniger als was?)

Wir haben also weniger Geld zur Verfügung, um die Infrastruktur zu schaffen, die wir brauchen, um viel mehr Geld als andere Bundesländer einzunehmen. Das gilt für den Straßenbau genauso wie für Bildung und Wissenschaft.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Straßenbau bringt Geld?)

Natürlich braucht man für den Straßenbau Geld. Wie machen Sie das, Herr Kollege?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sagten gerade, der Straßenbau bringe Geld!)

Man muss sich nur einmal das Bundesland Sachsen anschauen, das vor dem Länderfinanzausgleich 7 Milliarden c weniger Steuereinnahmen hat als Hessen, aber am Ende, nach dem Durchlaufen der verschiedenen Abrechnungssysteme, mehr Geld zur Verfügung hat als Hessen. Da lässt es sich leicht einen Haushalt ausgleichen und über andere schimpfen.

Trotzdem hat Hessen in beispielhafter Weise dafür gesorgt, dass wir trotz dieser Belastungen einen der besten Haushalte in Deutschland vorlegen konnten. Wir haben nicht nur eine der niedrigsten Neuverschuldungsraten in Deutschland,

(Reinhard Kahl (SPD):Was?)

Herr Kahl,dass müssten sogar Sie mitbekommen haben –,

(Reinhard Kahl (SPD): Es gibt Länder, die machen überhaupt keine neuen Schulden!)

sondern wir müssen eben auch Belastungen tragen, die dazu führen, dass wir weniger Geld zur Verfügung haben als andere Bundesländer. Mit weniger Geld mehr zu leisten, das finde ich eine große Leistung.

(Beifall bei der CDU)

Bevor Sie es vergessen, Herr Kollege Kaufmann: In den Neunzigerjahren haben Sie mit Rot-Grün in Hessen trotz einer überhaupt nicht vergleichbaren wirtschaftlichen Situation in Deutschland – sie war trotz aller Probleme wesentlich besser als die spätere Situation, und die Steuereinnahmen waren auch wesentlich höher –

(Widerspruch der Abg. Norbert Schmitt und Rein- hard Kahl (SPD))

rund 10 Milliarden c Schulden gemacht. Dies war im Verhältnis zu den anderen Bundesländern viel mehr.

Was uns gelungen ist, ist nur der Tatsache zu verdanken, dass wir eisern gespart haben, und zwar immer gegen Ihren Protest. Wir haben in Hessen mit der „Operation sichere Zukunft“ eisern gespart,

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Düster, düster!)

die die Messlatte für jedes andere Bundesland in Deutschland war. Alle haben es nachgemacht. Sie aber haben es kritisiert.

(Beifall bei der CDU)

Ich mache das einmal an einem Beispiel deutlich. Im Jahr 2006 hatten wir Personalausgaben in Höhe von 6,9 Milliarden c. Ohne die „Operation sichere Zukunft“ hätten wir Personalausgaben in Höhe von 7,5 Milliarden c gehabt.Es zeigt sich,dass das,was wir tatsächlich zahlen,und das, was wir zahlen müssten, wenn wir die „Operation sichere Zukunft“ nicht gemacht hätten, immer weiter auseinandergeht. Das heißt, wir sparen in den nächsten Jahren mit wachsender Tendenz.

Das verdanken wir ausschließlich sehr harten Einschnitten, die niemandem von uns leichtgefallen sind.Was glauben Sie, wie es war, als unsere Kollegen vor Ort beschimpft wurden für jedes Amtsgericht, das geschlossen wurde, für die Mehrarbeit, die Beamte nun leisten müssen, usw.? Das ist doch niemandem leichtgefallen. Diese finanzpolitische Situation haben aber nicht wir, sondern Rot-Grün in Berlin verursacht. Ich sage nur: verkorkste Körperschaftsteuerreform.

(Michael Boddenberg (CDU): Und wie verkorkst sie war!)

Und wie verkorkst sie war. Das haben wir und damit hessische Bürgerinnen und Bürger ausbaden müssen. Diese Einsparungen haben im Wesentlichen die hessischen Bürgerinnen und Bürger zu tragen gehabt. Dennoch haben wir einen glänzenden Haushalt in Hessen vorgelegt. Ich bin der Auffassung, wir haben überhaupt keinen Grund, irgendwelche Nachhilfe von Ihnen bei diesen Themen in Anspruch zu nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, auf den Punkt gebracht kann man sagen: Wahllose Mehrausgaben mit der Gießkanne oder Wahlgeschenke wird es mit dieser CDU-Fraktion und mit dieser Landesregierung in keinem Fall geben, Herr Al-Wazir. Darauf können Sie sich verlassen.Wahlgeschenke werden damit nicht finanziert, aber in die Zukunft Hessens wird ordentlich investiert.Wir werden weiter in Bildung investieren.

Im Übrigen geben wir heute fast 600 Millionen c pro Jahr mehr für Bildung aus als im Jahr 1999 für Bildung ausgegeben wurde. Wir haben heute rund 3.500 Lehrer und etwa 2.100 Referendare mehr. Im Haushalt 2007 haben wir zusätzliche 330 Lehrerstellen geschaffen. Das kommt zu unserer Bilanz noch hinzu.

Deshalb werden wir genau das machen. Wir werden die Neuverschuldung restriktiv zurückführen. Ziel ist es, sehr kurzfristig einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und dennoch in Bildung, Forschung und vor allen Dingen in Infrastruktur in Hessen zu investieren.Wir werden Gelegenheit haben, in den nächsten fünf Jahren den Hessen

zu zeigen, was man noch vieles Schönes in diesem Land machen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Milde. – Das Wort hat Herr Kollege Al-Wazir zu einer Kurzintervention.

Lieber Gottfried Milde, es entwertet dieses Parlament und damit auch die Arbeit des Haushaltsgesetzgebers, wenn angesichts von 675 Millionen c Mehreinnahmen sich der Vertreter der Mehrheitsfraktion schlicht weigert, über die Verwendung dieser Mittel in eine Debatte einzutreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Er hat sich 15 Minuten lang nur mit der Vergangenheit beschäftigt und lässt damit keine Debatte über die finanzpolitischen Zukunftsperspektiven dieses Landes zu. Das entwertet dieses Parlament.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Indirekt wird damit deutlich, dass Sie an die nächsten fünf Jahre nicht wirklich glauben;denn sonst hätten Sie irgendeine Vorstellung davon. Insofern kann ich Ihnen nur Folgendes raten. Wenn ich gesagt habe, dass man in eine ernsthafte Diskussion darüber eintreten muss, wie wir die Schulden in Höhe von 32 Milliarden c abbauen können und gleichzeitig die richtigen Investitionen in die richtigen Bereiche tätigen, dann habe ich das ernst gemeint. Ich möchte in eine ernsthafte inhaltliche Diskussion darüber eintreten. Sie sind daran aber leider gescheitert. Für das Land Hessen tut mir das leid.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank,Herr Al-Wazir.– Herr Kollege Milde hat die Gelegenheit zur Antwort.

Lieber Kollege Al-Wazir, ich bin dankbar, dass Sie mir Gelegenheit geben, über die Mehreinnahmen in diesem Jahr zu reden. Das ist übrigens ein Synonym dafür, wie Sie mit hypothetischen Zahlen und Mehreinnahmen umgehen. In Ihrem Ausgabendenken haben Sie die Einnahmen bereits verplant. Die Hessische Landesregierung, an ihrer Spitze Herr Weimar – Herr Kollege Kaufmann war für Sie in der entsprechenden Sitzung des Finanzausschusses anwesend –, hat eindeutig erklärt, dass die Mehreinnahmen, die wir in diesem Jahr zu verzeichnen haben, zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwendet werden. Hinzu kommt eine deutliche Steigerung im Länderfinanzausgleich.Wenn darüber hinaus noch etwas möglich ist, dann haben wir natürlich die Mehrkosten für das Personal zu tragen. Das ist überhaupt keine Frage.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Debatte von gestern Morgen, als die Kollegen von den GRÜNEN

und der SPD gefordert haben, wir hätten viel mehr machen sollen und hätten die Ergebnisse der Tarifgemeinschaft der Länder übernehmen müssen. Das hätte uns aber weitere 80 Millionen c gekostet.

Wenn das Ihre Politik ist, wie Sie die 675 Millionen c verbraten wollen, dann muss ich sagen: Darüber können wir debattieren. Wir werden die Mehreinnahmen zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwenden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Minister Karlheinz Weimar: Ich weiß gar nicht, was die GRÜNEN beantragen! Es steht so im Gesetz!)