Wenn man sich mit dem Gesetzentwurf sachlich hätte befassen wollen, hätte man ihn bereits vor der Kommunalwahl beraten müssen. Das übliche Verfahren wäre gewesen, ihn den Landtagsfraktionen zuzuleiten und auszuloten, ob es eine gewisse Bereitschaft gibt, ihn mitzutragen. Man hätte ihn auch in den parlamentarischen Gang geben können.
Auch die Bemerkung von Roland Koch bei dem Gespräch mit den Vertretern der Freien Wähler am 3. April 2006 – ich zitiere: „Ich hoffe, die SPD hat keine Wanzen installiert und kann mithören“ – trägt nicht dazu bei, den Vorgang normal erscheinen zu lassen.
Ich fasse noch einmal zusammen: Erst haben Roland Koch und Volker Bouffier die Tatsachen abgestritten. Dann wurde behauptet, dass die Freien Wähler die CDU erpresst haben. Anschließend hieß es auf einmal, das ginge rechtlich alles gar nicht. Dann wurde behauptet, es dürfte nicht doppelt Geld geben. Schließlich hat Roland Koch im Untersuchungsausschuss die Flucht nach vorne angetreten und bestätigt, dass er aus eigenem politischen Kalkül die Freien Wähler von einer Teilnahme an der Landtagswahl ausschließen wollte.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – All diese Tatsachen konnte ein aufmerksamer Beobachter vor Einsetzung des Untersuchungsausschusses nur vermuten. Die traurige Gewissheit erbrachte erst die Beweisaufnahme. Die Erinnerungslücken der Kultusministerin, des Innenministers und des Generalsekretärs haben nicht gerade zu deren Glaubwürdigkeit beigetragen.
Anders, als es während der Regierungsverantwortung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Hans Eichel und dessen damaligen Innenministers, Gerhard Bökel, der Fall war, haben Herr Koch und Herr Bouffier die Regierungsverantwortung offenkundig benutzt, um Ziele der eigenen Partei im politischen Wettbewerb vor der bevorstehenden Landtagswahl abzusichern.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Damit war der Gipfel aber noch nicht erreicht. Der Zeuge Roland Koch hat sich auch noch hingestellt und gesagt,das sei alles ganz normal.
Das ist eben gerade kein normaler Vorgang oder politischer Kuhhandel. Die CDU versucht nur, das so darzustellen.Vielmehr handelt es sich um einen handfesten politischen Skandal. Damit hat Roland Koch die Würde des Amtes des Ministerpräsidenten beschädigt. Dieses Land hat eine Ministerpräsidentin verdient, die den Unterschied zwischen Staat und Partei kennt und dementsprechend handelt.
(Lebhafter, lang anhaltender Beifall bei der SPD – Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Frau Faeser, danke sehr. – Wir haben verabredet, dass Herr Al-Wazir für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 4. November 2006 wurde beim Landesdelegiertentag der Freien Wähler offenbar,dass die CDU den Versuch unternommen hatte, die Freien Wähler durch die Gewährung einer kommunalen Wahlkampfkostenerstattung von der Teilnahme an der Landtagswahl im Jahre 2008 abzuhalten. Der Landesvorsitzende der Freien Wähler hat dort gesagt, dass Ministerpräsident Roland Koch und sein Innenminister Volker Bouffier am 3. April 2006, also kurz nach der Kommunalwahl vom 26.März 2006,bei einem Gespräch mit Vertretern der Freien Wähler einen Gesetzentwurf präsentiert hat, der eine Wahlkampfkostenerstattung von 1 c je Wählerstimme rückwirkend vorsah, wenn zumindest 3 % der Stimmen erzielt wurden.
Sie hätten dieses mit der Bedingung verbunden, dass dieser Gesetzentwurf endgültig im Landtag verabschiedet würde, wenn die Freien Wähler zuvor auf einem Delegiertentag die Nichtteilnahme an der Landtagswahl beschlossen hätten.
Ich trage Ihnen das deshalb vor, weil ich mich sehr gut daran erinnern kann, wie die Reaktion der CDU auf diese Äußerung der Freien Wähler war. Es war am Anfang eine unglaubliche Aufregung. Es war der laute Vorwurf, ungeheuerliche Unwahrheiten würden verbreitet. Es war im Gegenteil die Situation da, dass die CDU behauptet hat, die Freien Wähler hätten die CDU erpressen wollen. Es war alles in allem – wenn ich es einmal zusammenfasse – eine unglaubliche Aufregung um die Situation da, und die Union hat gesagt: Das alles stimmt nicht.
Ich kann feststellen, dass wir, die wir diesen Untersuchungsausschuss mit beantragt haben, konstatieren können, dass dieser Untersuchungsausschuss erstens zügig gearbeitet und zweitens – das kann man nicht von jedem Untersuchungsausschuss sagen – die Wahrheit Stück für Stück ans Licht gebracht hat.
Am Anfang waren die Aufregung und die Behauptung da, es sei alles falsch, was die Freien Wähler machen. Im Laufe des Untersuchungsausschusses gab es lächerliche Versuche der Union,die Glaubwürdigkeit der Zeugen der Freien Wähler zu erschüttern.Ich erinnere nur daran,dass wohl die besten Kronzeugen der Union Leute aus den Reihen der Freien Wähler waren, die seit zwölf Jahren an keinem Gespräch mehr mit der CDU teilgenommen hatten, und eine Schrankwand.
Herr Kollege Wintermeyer, der Versuch, die Glaubwürdigkeit der Zeugen aus den Reihen der Freien Wähler zu erschüttern, ist so gründlich danebengegangen, dass am Ende auch unter der Drohung, den Ministerpräsidenten zu vereidigen, dem Zeugen Koch nichts anderes mehr übrig blieb, als schlicht und einfach alles zuzugeben.
Der Ministerpräsident wäre allerdings nicht der,der er ist, wenn er nicht dieses Alleszugeben damit verbunden hätte,
so zu tun, als sei es das Normalste von der Welt. Ich sage Ihnen,aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion kann es keinesfalls das Normalste von der Welt sein, wenn man versucht, mit Steuergeldern einen Konkurrenten von der Teilnahme an der Wahl abzuhalten.
Der Gesetzentwurf, der den Freien Wählern präsentiert wurde, war handschriftlich vom Innenminister so verändert, dass es das Geld nur dann geben würde, wenn eine Wählergruppe ausschließlich auf kommunaler Ebene kandidiert.Auch das rückwirkende In-Kraft-Treten ist ein deutliches Indiz dafür,worum es der CDU-Spitze in Wirklichkeit ging.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deutlicher als dieser Untersuchungsausschuss kann man nicht herausarbeiten, dass es den Versuch des Stimmenkaufs gegeben hat. Die Tatsache, dass dieses Angebot der Kommunalwahlkampfkostenerstattung mit der Bedingung verknüpft war, nicht bei der Landtagswahl anzutreten, werden Sie jetzt gleich nach dieser Debatte noch einmal bekräftigen, weil Sie nämlich den Gesetzentwurf, den Volker Bouffier höchstpersönlich den Freien Wählern vorgelegt hat und den diese als Petition in den Landtag eingebracht haben, hier als Petition ablehnen werden.
Damit beweisen Sie, dass Sie diesem Gesetzentwurf schlicht und ergreifend nur dann zugestimmt hätten,wenn die Freien Wähler nicht zur Landtagswahl anträten. Deutlicher kann man nicht zeigen, dass alle Vorwürfe zutreffen.
Wir haben in der Frage,wie der Untersuchungsauftrag gefasst war, die Situation erlebt, dass die CDU der Meinung war, den Untersuchungsauftrag erweitern zu müssen und die Regierungszeit von Rot-Grün noch mit zum Untersuchungsgegenstand zu machen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich damals der Meinung war, dass das der Wahrheitsfindung nicht dient, weil wir nur einen sehr kleinen Bereich untersuchen wollten.
(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Das ist schon klar! – Michael Boddenberg (CDU): Das haben wir irgendwie verstanden!)
Frau Zeimetz-Lorz, ich bin Ihnen aber im Nachhinein geradezu dankbar, dass Sie diese Erweiterung des Untersuchungsauftrages vollzogen haben,
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): AlWazir wollte nur ein bisschen unterdrücken!)
weil in der unterschiedlichen Handhabung der Regierung Eichel und der Regierung Koch, der Innenminister Bökel und der Innenminister Bouffier der Unterschied zwischen geordnetem Regierungshandeln einerseits und der Vermischung von Staat und Partei andererseits deutlicher kaum werden konnte.
Gerhard Bökel hat 1996 einen Gesetzesvorschlag, der die Wahlkampfkostenerstattung für Wählergruppen auf kommunaler Ebene vorsah, erstens ordnungsgemäß in die Kabinettsanhörung gegeben. Er hat zweitens die Op
Im Übrigen – dafür bin ich Ihnen ganz besonders dankbar – hat die Einbindung der damaligen Opposition ergeben, dass der damalige Oppositionsführer Roland Koch ein Schreiben hat übersenden lassen, indem er sagt, dass er dieses Vorhaben ablehnt, und sogar die rechtliche Zulässigkeit dieser kommunalen Wahlkampfkostenerstattung in Zweifel hat ziehen lassen. Das passt überhaupt nicht mit den Behauptungen zusammen, dass er sozusagen treuherzig für die Freien Wähler nur eine Umsetzung eines Verfassungsgerichtsurteils hat vornehmen wollen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der damalige Innenminister Gerhard Bökel hat unter anderem wegen der Äußerungen des Oppositionsführers Roland Koch, aber auch wegen der Äußerung des Landkreistages davon abgesehen, diesen Punkt der Kommunalwahlkampfkostenerstattung in die Vorlage mit aufzunehmen. Deswegen ist es damals nicht Gesetz geworden.
Jetzt vergleiche ich das einmal damit, was Volker Bouffier gemacht hat. Volker Bouffier hat es am Anfang, im Jahre 2002, einmal in der Innenministerkonferenz angesprochen, hat dort festgestellt, es gibt keine Bundeseinheitlichkeit, und hat das Thema wieder fallengelassen. Roland Koch hat den Freien Wählern brieflich mitgeteilt, dass eine Regelung nur dann infrage kommt, wenn es eine bundeseinheitliche Regelung gibt.
Was hat sich danach verändert? – Danach hat sich verändert, dass die Freien Wähler ernsthaft erwogen haben, zur Landtagswahl anzutreten. In dieser Sekunde hat sich die Haltung der CDU diametral zu dem verändert, was vorher immer Thema war. Ich glaube auch da: Deutlicher konnten wir nicht herausarbeiten, dass es nur darum ging, die Freien Wähler durch Zückerle von der Teilnahme an der Landtagswahl abzuhalten.
Das Märchen von dem rechtlichen Verbot der Doppelfinanzierung ist im Laufe des Verfahrens in sich zusammengebrochen. Ich kann Ihnen nur sagen – das soll mein letzter Punkt sein –, Herr Ministerpräsident, ich glaube, dass dieser Untersuchungsausschuss noch einmal mehrere Punkte sehr deutlich zutage gebracht hat.
Zweitens. Die hessische CDU hat für die unterschiedlichen Ebenen von Staat und Partei keinerlei Bewusstsein mehr.
Drittens. Die Spitze der hessischen CDU – die drei von der Tankstelle, die vorhin hier gesessen haben – war bereit, gesetzgeberisches Handeln und Steuergeld zum Wohle ihrer Partei in Aussicht zu stellen – nicht zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger des Landes Hessen, sondern zum Wohle ihrer Partei.