Aber die Naturwissenschaft erklärt am Beispiel der Evolution, wie sich die Welt entwickelt hat. Der Theologie geht es um Deutungs-, um Sinnfragen, also um eine methodisch andere Ebene des naturwissenschaftlichen Forschens.
Der Biologe muss aber auch – das ist meine Aussage – wissen und durchaus vermitteln, dass es Grenzen der Erkenntnisfähigkeit gibt, dass es Grenzen des Wissens gibt
und dass andere Ebenen des Denkens,andere Ebenen des Glaubens, auch durchaus unterschiedlichen Glaubens, gefragt sind,wenn es darum geht,diese Grenzen des Wissens auszufüllen oder auch bewusst ohne dieses Wissen die Welt zu bewerten, zu beurteilen und zur Kenntnis zu nehmen, was die Wissenschaft dazu sagt.
Deswegen habe ich davon gesprochen, dass im Biologieunterricht auch theologische und philosophische Fragen nach dem Sinn des Seins und der Existenz von Welt und Mensch eine Rolle spielen sollten,um genau Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, diese Entscheidungen über die Beschreibungen hinaus, die das Wissen ermöglicht, für sich zu treffen, und zwar in beiderlei Richtung zu treffen im Sinne der Konvergenz und im Sinne der Abgrenzung zu anderen individuellen Einstellungen, die Jugendliche in der Schule und außerhalb der Schule gewinnen. Deswegen ist es eben – wie Frau Kollegin Kölsch es zu Recht zitiert hat – Aufgabe im Thema Evolution im Bereich der Biologie: „Auseinandersetzungen mit philosophischen und religiösen Aussagen müssen die naturwissenschaftlichen Diskussionen ergänzen und erweitern“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier lasse ich mir nicht vorwerfen, dass ich auf die Vorgaben des Lehrplans verweise. Die Schöpfungsgeschichte selbst ist Thema des Religionsunterrichts, aber die Fragenstellungen bleiben die fächerverbindende Aufgabe, die wir an der Schule haben.
Wenn Sie das, was ich sage, auf zwei Sätze reduzieren, dann heißen diese zwei Sätze: Erstens. Wir fordern einen fächerverbindenden Unterricht auf der Basis der Aufgaben jedes einzelnen Faches. Zweitens. Religion ist ein Unterrichtsfach.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, Sie haben mit Ihrem Beitrag alles noch viel schlimmer gemacht, als wir es uns eigentlich gedacht haben.
Das ist der Gedanke der Aufklärung, dass da, wo Naturwissenschaft noch keine Antworten geben kann, eben nicht die Religion beginnt, sondern dass sich jeder frei entscheiden kann, was er glaubt und was er nicht glaubt.
Die Antwort einer Kultusministerin im 21. Jahrhundert, dass an den Grenzen der Wissenschaft die Religion beginnt, ist ein Skandal, meine Damen und Herren.
Wissenschaft beschäftigt sich methodisch mit nachprüfbaren Ergebnissen.Das ist das Wesen und der Geist der Aufklärung.
Das kann und will Religion nicht leisten.Deshalb gehören diese beiden Bereiche nicht zusammen,Frau Kultusministerin.
Jetzt sagen Sie, Sie wollen einen fächerübergreifenden Unterricht zwischen Religion und Biologie. Frau Ministerin, muss ich Sie daran erinnern, dass in unserem Bundesland niemand zur Teilnahme am Religionsunterricht gezwungen werden kann? Somit verbietet sich ein fächerübergreifender Unterricht, weil niemand zur Teilnahme am Religionsunterricht gezwungen werden kann.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Auch nicht durch die Hintertür!)
Ein Unterricht, an dem nicht alle teilnehmen müssen, kann niemals fächerübergreifend sein. Frau Ministerin, dass Sie so etwas hier erzählen, ist wirklich unglaublich, und das zeigt, dass Sie bei diesem Thema eine Gesinnungs- und Überzeugungstäterin sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Das ist Islam und nicht Hessisches Schulgesetz!)
Frau Ministerin, Sie haben auch nicht verstanden, dass, wenn es um Weltanschauungen in der Schule geht,es dann um alle Weltanschauungen gehen muss und eben nicht nur um eine, wie Sie das sagen.
Was Sie hier ausschließlich auf die christliche Schöpfungslehre beschränken, widerspricht dem Neutralitätsgebot unserer Verfassung. Das ist eine verfassungswidrige Äußerung, Frau Kultusministerin.
Christliche und andere Fundamentalisten haben an unseren Schulen nichts zu suchen, und sie haben schon gar nichts an der Spitze des Kultusministeriums zu suchen.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Koch, Sie sollten heimgehen! – Weitere Zurufe des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kultusministerin, mit Ihrer Stellungnahme haben Sie bewiesen, dass die Hoffnung des Bistums Limburg trügerisch war, dass Sie in der Zeitung falsch interpretiert wurden.
Sie haben damit bewiesen, dass Sie für das Amt der Kultusministerin in diesem Lande nicht geeignet sind.
Jeder achte Lehramtsstudent der Universität Dortmund bezweifelt die von der Wissenschaft unbestrittene Evolutionstheorie.Dies ist das Ergebnis von zwei Umfragen unter 1.228 Studienanfängern des vergangenen Jahres.Demnach ist es für 12,5 % der Befragten unklar, ob eine Evolution stattgefunden hat. Unter den Studenten waren auch 148 zukünftige Biologielehrer.
Ich denke, vor dem Hintergrund dieses erschreckenden Ergebnisses muss es zentrale Aufgabe der Politik und insbesondere der Bildungspolitik sein, deutlich zu machen, wo die Grenzlinie zwischen Glaube und Wissenschaft verläuft. Sie muss kreationistischen Ansätzen eine klare Absage erteilen.
Gerade junge Menschen sind nicht in der Lage, klar zu unterscheiden, was religiöse Überzeugung und Glauben, und was naturwissenschaftliche, durch Forschung belegte Erkenntnis ist.
Gerade die offenen Fragen der Naturwissenschaften schaffen Raum für Zweifel und Skepsis und erleichtern die Akzeptanz dafür, dass auch die Schöpfungslehre nicht für jede Frage nach der Entstehung der Artenvielfalt eine belegbare Antwort hat. Genau deshalb gehört diese Schöpfungslehre nicht in einen naturwissenschaftlichen Unterricht und nicht in den Biologieunterricht an Hessens Schulen.
Frau Kultusministerin, Sie sind für die jungen Menschen in diesem Land verantwortlich. Sie sind dafür verantwortlich, dass sie an unseren Schulen zu kritischen und aufgeklärten Menschen erzogen und gebildet werden. Selbstverständlich sollen sie über den Religionsunterricht auch Anregungen und Werte für ihren eigenen Glauben und ihre eigene Sinnfindung erhalten. Aber es ist nicht hinzunehmen, dass auch nur der leiseste Zweifel an der Tren