Ich habe viel Verständnis für Ihre Kritik. Auch ich hätte die Zahlen gern, aber Fakt ist, das Sozialministerium hat keine rechtliche Grundlage, hier vorzugehen. Das muss man irgendwann akzeptieren. Wir diskutieren jetzt zum fünften Mal darüber. Beim fünften Mal muss das doch endlich sitzen. Es stimmt: Ich habe gerade eben nicht zugehört, aber Sie haben bei den letzten vier Debatten nicht zugehört. Das muss auch einmal gesagt werden.
Wir Liberale haben immer gesagt, dass wir eine Arbeitsmarktpolitik haben wollen, die in den Kommunen verankert ist, weil wir der Auffassung sind, dass die Kommunen näher an den Problemen auf dem Arbeitsmarkt sind. Wir sind nach all den Besuchen in den Optionskommunen in Hessen immer noch der Auffassung,dass dort größtenteils gute Arbeit geleistet wird. Man sieht, dass es in diesen Kommunen trotz der Kritik, die von der SPD-Fraktion von Anfang an geübt worden ist, trotz der Behauptung, das könne nicht klappen, gut funktioniert.
Das ist ganz erstaunlich. Aber Sie haben recht. Es gibt auch in den Optionskommunen – genauso wie bei den Arbeitsgemeinschaften – Fälle, wo es nicht klappt.
Unter dem Strich müssen wir nach drei Jahren feststellen, es hat bei den Optionskommunen deutlich besser geklappt, als Sie es prophezeit haben.
Das bestätigt, dass die Vorstellungen der FDP-Fraktion hinsichtlich einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik richtig waren.
(Norbert Schmitt (SPD): An der Bergstraße wurden mit Unterstützung der FDP nur Chaos und Erfolglosigkeit produziert!)
Eines will ich an der Stelle zum Thema Arbeitsmarkt noch sagen: Das, was zurzeit auf Bundesebene unter der Leitung von Herrn Müntefering passiert, dass nämlich die Optionskommunen durch die Hintertür sukzessive in eine schwierige Situation gebracht werden, werden wir nicht zulassen. Es sind doch schon jetzt Signale aus dem Ministerium zu erkennen, dass man letztendlich an der Optionsidee gar nicht mehr festhalten möchte, dass man die BA wieder in die alte starke Position zurückbringen will, dass die Bundesagentur wieder die Arbeitsmarktpolitik in ganz Deutschland machen soll. Das ist eine Entwicklung, die die FDP nicht mittragen wird.
Wir kündigen Ihnen schon hier und heute Widerstand an. Es wird in Deutschland nicht mehr dazu kommen, dass die Arbeitsagentur ganz alleine eine verfehlte Arbeitsmarktpolitik machen darf. Deshalb darf ich Ihnen schon jetzt ankündigen: Sollte Herr Müntefering weiterhin versuchen, die Arbeit der Optionskommunen zu erschweren, was er ja schon gemacht hat, werden wir entschiedenen Widerstand leisten. Zurzeit haben wir eine aktuelle Anfrage laufen, die die Frage des Verwaltungskostenanteils der Optionskommunen betrifft, wo die BA schon wieder gegen die Optionskommunen schießt.
So lustig ist das gar nicht, Kollege Schmitt, weil davon Menschen betroffen sind, die Hilfe vom Staat empfangen.
Wir werden nicht zulassen, dass diese hervorragende Optionsidee unterlaufen wird. Das wird es mit uns nicht geben.
Auch wir wünschen uns, in der nächsten Zeit einen vergleichenden Bericht zu bekommen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die Optionsidee im Vergleich gut wegkommt. Wir scheuen den Wettbewerb überhaupt nicht. Wir gönnen es aber auch den Arbeitsgemeinschaften, dass sie im Interesse der Betroffenen einen guten Job machen.
Wir werden das sicherlich noch einmal diskutieren, Frau Fuhrmann, da Sie diesen Antrag regelmäßig einmal pro Quartal einbringen. Deshalb denke ich, wir werden spätestens im Oktober wieder darüber diskutieren.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Umsetzung von Hartz IV in Hessen ist nicht deshalb so tragisch, weil uns Statistiken fehlten oder Berichte in irgendwelchen Regalen verstaubten, sondern das Tragische daran ist, dass wir in dieser Republik einen Wirtschaftsaufschwung haben, der dazu führt, dass deutlich mehr Menschen wieder in Lohn und Brot auf dem ersten Arbeitsmarkt kommen, der aber an den Langzeitarbeitslosen vorbeigeht. Das Problem ist, dass es an einer Arbeitsmarktpolitik in Hessen fehlt, die diesen Menschen hilft.
Herr Kollege Boddenberg, schauen Sie sich die Zahlen von heute an.Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit kennen Sie wahrscheinlich gar nicht.
Langzeitarbeitslose sind Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind.An diesen Menschen geht der Aufschwung fast völlig vorbei, gestern wieder nachzulesen in den Daten der Bundesagentur für Arbeit.
Das Politikum daran ist: Was tut die Landesregierung in ihrer Arbeitsmarktpolitik? Wie steuert sie, lenkt sie? Welche arbeitsmarktpolitischen Programme hat sie? – Erst im Licht dieser Fragen sieht man an der Antwort auf die Große Anfrage der SPD, in welchem desaströsen Zustand die Arbeitsmarktpolitik der Landesregierung ist. Sie haben keine Ahnung von dem, was Sie tun, davon aber eine ganze Menge.
Die Umsetzung ist mangelhaft, selbst wenn man sich die Mühe macht und dieses dahingeschluderte Ding genauer ansieht – zwar viel Fleißarbeit, aber es ist so. Sie haben Statistiken aneinandergereiht. Damit können Sie blenden.
Aber jeder, der das liest, greift sich nur an den Kopf. Ich kann auch gerne daraus zitieren:Die Hälfte der Träger hat den vorgeschlagenen Betreuungsschlüssel Fallmanager zu Arbeitslosen von 1 : 75 oder 1 : 150 nicht umgesetzt, davon drei Optionskommunen und neun Arbeitsgemeinschaften.
Ein Drittel der Träger hat keine Beiräte zum Thema Transparenz.Das heißt,dort,wo eine politische Kontrolle, eine politische Diskussion, eine Steuerung stattfinden könnten, macht ein Drittel die Umsetzung durch Beiräte nicht so, wie man sich das wünschen könnte.
Wir können das gerne weiter durchdeklinieren. Nehmen wir die Frage der Unterkünfte – ein ganz großes Politikum, eine Sorge vieler Menschen in diesem Land, die bei der Einführung von Hartz IV gefragt haben: Werde ich umziehen müssen, wenn ich Langzeitarbeitsloser bin? Eine berechtigte Frage der SPD also.
Und was ist herausgekommen? Eine einzige Optionskommune – Herr Kollege Rentsch, einer von Ihren Leuchttürmen – konnte die Frage beantworten, wie viele Menschen eigentlich umziehen mussten. Übrigens konnten das auch nur fünf Arbeitsgemeinschaften beantworten.
Dasselbe bei der Antwort auf die Frage Jugendliche und Ausbildungsplätze. Diese Daten sind aus dem Jahr 2004. Schon bei der Großen Anfrage zum Thema Armut habe ich Ihnen gesagt, Ihre Daten sind völlig verstaubt und veraltet. Von moderner Steuerung und Controlling kann überhaupt keine Rede sein.
Frau Kollegin Fuhrmann hat es gesagt: Es gibt immer noch keine Vergleichszahlen zu Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt, immer noch nicht. Wenn Sie sagen, Sie hätten hier ein erfolgreiches Modell, dann antworte ich: Herr Koch und Frau Lautenschläger haben zwar bundesweit den Medien gesagt: „Wir haben hier den Leuchtturm Optionskommunen“, aber sie sind nicht in der Lage, zwei Jahre nach Einführung des Gesetzes einen Vergleich anzustellen. Sie sollten zu diesem Thema besser schweigen und ihre Arbeit machen. Das ist doch die Essenz dieser Antwort.
Wir stellen fest: Noch immer werden von den 211 Millionen c – die für Eingliederungsleistungen, für Qualifizierung und Fortbildung, für dringend benötigte Angebote an Langzeitarbeitslose zur Verfügung stehen, damit der Aufschwung eben nicht an ihnen vorbeigeht – 60 Millionen c nicht genutzt.
Um das erneute Missverständnis zu vermeiden: Ich bin kein Fetischist, der viel Geld aus dem Fenster schmeißen will; aber das ist ein Symbol dafür, dass die Mittel, die bei langzeitarbeitslosen Menschen ankommen sollen, dort nicht ankommen. Dann wundert es auch nicht, wenn der Betreuungsschlüssel nicht stimmt. Wenn die Angebote nicht stimmen, dann geht der Aufschwung an diesen Menschen vorbei, und die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt findet nicht statt. Frau Lautenschläger, in diesem Punkt versagen Sie schlicht und ergreifend.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Petra Fuhrmann und Norbert Schmitt (SPD) – Frank Lortz (CDU): Na, na, na!)
Wir bleiben dabei: Die Umsetzung in Hessen ist desaströs und mangelhaft. Sie müssen Ihrem Titel der Arbeitsministerin gerecht werden. Bisher sind Sie eine Ministerin der Arbeitslosen, der Langzeitarbeitslosen und offensichtlich nicht in der Lage, sich diesem Thema so zu widmen und so Druck zu machen, dass die Ziele Fördern und Fordern umgesetzt werden.
Davon ist diese Landesregierung meilenweit entfernt.Wir fordern Sie auf, endlich Ihrer Arbeit nachzugehen. – Danke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Petra Fuhrmann und Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Frank Lortz (CDU))
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass sich die Konjunktur und der Arbeitsmarkt von der rot-grünen Regierung erholen. Da ist es erstaunlich, dass Sie heute solche Reden halten, und das, obwohl Ihnen die Daten des Arbeitsmarktes bekannt sind.
(Norbert Schmitt (SPD): Wenn Sie so spät noch zu Scherzen fähig sind! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))