Protokoll der Sitzung vom 04.09.2007

Meine Damen und Herren, zu den Waldarbeitern, einer Gruppe, bei der es üblich war, im Anschluss an die Tarifverträge mit ver.di ÖTV-eigene Tarifverträge abzuschließen, weil es da Sonderkonditionen gibt. Diese Waldarbeiter kommen dann nicht in den Genuss Ihrer 2,4-prozentigen Steigerung. Sie sagen: „Weil es da noch nichts zu verhandeln gibt.“ Richtig. Sie hätten den Tarifvertrag kündigen und sagen müssen, dass den Waldarbeitern schlechtere Arbeitsbedingungen zustehen – längere Arbeitszeiten, weniger Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die Waldarbeiter sind durch die „Operation düstere Zukunft“ ohnehin gebeutelt. Dort wurden 1.500 Stellen gestrichen. Die Waldarbeiter – eine Gruppe, die ohnehin nicht so viel Geld verdient – sind also zweimal gelackmeiert, um es einmal vorsichtig zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, was Sie betreiben, ist schlicht und ergreifend eine Missachtung der Rechte von Arbeitnehmern und deren Vertretungen. Außerdem haben Sie noch die sogenannte Einmalzahlung von 500 c eingebaut. Damit dies jedem in diesem Hause klar wird: Diese Einmalzahlung gibt es nur, wenn die Arbeitnehmer Einzelverträge abschließen und eine Änderung ihrer Arbeitsbedingungen hinnehmen, z. B. eine Verlängerung der Arbeitszeit auf 42 Stunden, weniger Weihnachtsgeld und weniger Urlaubszuwendungen. Sie wollen auf diese Art und Weise versuchen,Leute unter Druck zu setzen.Das ist Politik nach Gutsherrenart aus dem letzten Jahrhundert. Herr Innenminister Bouffier, so macht man keine moderne Personal- und Tarifpolitik.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr.Andreas Jür- gens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deswegen sind wir an dieser Stelle konsequent. Denn Tarifautonomie ist nicht etwas, über das man nebenbei einmal redet, man darf sie nicht einmal ignorieren, einmal brechen – wir nehmen sie ernst; sie ist verfassungsrechtlich geschützt.

Herr Beuth, diesen Vorwurf haben Sie sicherlich nicht ernst gemeint:Wir sind natürlich sehr dafür, dass die Mitarbeiter angemessen mehr Einkommen erhalten, aber nicht im Rahmen eines gönnerhaften Gebens, sondern im Rahmen eines vernünftig ausgehandelten Tarifvertrages. Das, was Sie hier vorlegen, ist schlicht und ergreifend nicht in Ordnung.Wir sind konsequent und werden diesen Gesetzentwurf auch ablehnen.Wir fordern die Landesregierung auf, den tariflosen Zustand in Hessen endlich zu beenden, mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag abzuschließen und in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückzukehren. Die Mitarbeiter der hessischen Landesverwaltung wollen einen fairen Ausgleich der Interessen von Beschäftigten und Dienstherrn.Deswegen werden sie sich nicht darauf einlassen, was auch vernünftig ist. Da kann ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur zurufen:Sie müssen sich noch bis zum 27. Januar 2008 gedulden. Dann haben die Mitarbeiter es in der Hand, eine andere, eine bessere Regierung zu wählen. Ich bin angesichts der Rückmeldungen sehr zuversichtlich. Viele Leute, gerade in der Landesverwaltung, sind enttäuscht von dieser Landesregierung: Wortbruch vor den Wahlen, hinterher alles einkassiert.

Wir wollen, dass die Tarifautonomie beachtet wird und es künftig wieder Tarifverträge statt Lohndiktaten geben

wird. Dann wird es ein Geben und Nehmen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften sein. Das wird nicht immer einfach sein, aber ich denke, es ist ein partnerschaftliches Verhältnis, das sich in der Bundesrepublik in den letzten 60 Jahren bewährt hat. Diese Landesregierung meint, mit ihrer absoluten Mehrheit alles machen zu können. Dieser Spuk wird am 27. Januar beendet. Das ist gut für die Menschen in Hessen und die Mitarbeiter der Landesverwaltung.Wir werden im Interesse der Menschen in diesem Land wieder zu einer geordneten Tarif- und Beschäftigungspolitik zurückkehren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Rudolph. – Als Nächster hat Herr Frömmrich das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man merkt in diesem Hause doch schon, dass der Wahltermin näher rückt und dass die Unruhe innerhalb der CDU-Fraktion im Landtag von Plenarsitzung zu Plenarsitzung größer wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Michael Bodden- berg (CDU): Haben Sie sich das aufgeschrieben?)

In der Sitzung vor der Sommerpause haben wir es mit einem Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz für die Jahre 2007 und 2008 für die Beamten des Landes zu tun gehabt. Heute beschäftigen wir uns mit den Einkommen der Tarifbeschäftigten des Landes. Es ist schon erstaunlich, was die Angst vor dem Wähler bei der CDUFraktion in diesem Hause auslöst.Wir erleben in den letzten Tagen seltsame Wandlungen, teilweise auch der Regierungsmitglieder und des Ministerpräsidenten. Der Ministerpräsident erobert die Yellow Press, wie man dem Pressespiegel entnehmen kann.

(Norbert Schmitt (SPD): Erobern ist etwas anderes!)

Der Fraktionsvorsitzende ist sozusagen „auf Rosen gebettet“ in der „Bild“-Zeitung wieder zu erkennen. In welcher Art und Weise Sie sich vier Monate vor der Wahl weichspülen wollen, das werden die Wählerinnen und Wähler in Hessen durchschauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Nur kein Neid!)

Meine Damen und Herren, Sie betreiben über Jahre eine Politik nach Gutsherrenart. Sie setzen die Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herauf, Sie kürzen das Weihnachtsgeld, Sie streichen das Urlaubsgeld, und vier Monate vor der Landtagswahl wird der Versuch unternommen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes friedlich zu stimmen.

(Norbert Schmitt (SPD), an die CDU gewandt: Und da glauben Sie, Sie werden von ihnen gewählt? – Gegenruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Glauben Sie das?)

Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Das glaube ich auch! Damit können Sie rechnen!)

Herr Innenminister, die Mitarbeiter dieses Landes sind schlau genug, dieses Wahlkampfmanöver der CDU im Landtag zu durchschauen. Ich habe schon im Zusammenhang mit der Besoldungserhöhung für die Beamten gesagt – ich sage dies hier ausdrücklich auch noch einmal in Bezug auf die Tarifbeschäftigten –: Wir begrüßen es ausdrücklich, dass mittlerweile auch bei der CDU und der Regierung dieses Landes angekommen ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Beamte an der Einkommensentwicklung des Landes teilhaben sollen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Was denn – begrüßen oder Neid?)

Wir begrüßen auch ausdrücklich, dass es zumindest in Ihren Kopf gekommen ist, dass man Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser bezahlen soll, dass sie an der Einkommensentwicklung teilhaben sollen.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU):Also Beifall?)

Wo Sie Beifall bekommen, das werde ich Ihnen noch sagen. Beschäftigen Sie sich noch einmal mit Ihrem Rosenbetten,dann kommen wir vielleicht noch ein bisschen weiter.

Herr Innenminister, die Art und Weise – –

(Minister Volker Bouffier: Ich habe den Eindruck, Sie wollen das auch einmal sein!)

Herr Innenminister, auf Rosen gebettet sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes auf keinen Fall. Das können wir nach dem Umgang, den Sie in den letzten Jahren mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gepflegt haben, schon einmal feststellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Innenminister, ich sage Ihnen dies noch einmal in Bezug auf die Tarifpolitik: Die Art und Weise, wie diese Erhöhung zustande kommt, kritisieren wir ausdrücklich. Herr Kollege Rudolph hat noch einmal die Tarifautonomie angesprochen. Ich sage aber auch: Sie greifen mit diesem Gesetz in privatrechtliche Arbeitsverträge ein. Inwieweit Sie das machen können, wollen wir uns in den Anhörungen erst einmal genau sagen lassen. Selbst wenn es positive Entwicklungen sind, mit denen Sie in den Arbeitsvertrag eingreifen, indem Sie die Erhöhung des Gehaltes in Aussicht stellen,

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist weniger als Tarif!)

ist trotzdem die Frage, inwieweit Sie per Gesetz im Hessischen Landtag in die privatrechtlichen Arbeitsverträge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingreifen können.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Meine Damen und Herren, der Umgang mit dem Personal und den Gewerkschaften spottet jeder Beschreibung. Es ist ein Skandal, wie Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Landes in den vergangenen Jahren umgegangen sind.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die freuen sich!)

Zu den Abschlüssen und zu dem, was Sie hier anbieten, muss man sagen: Das bleibt hinter dem zurück, was in der Tarifgemeinschaft der Länder beschlossen worden ist. Sie schlagen zum 1.April 2,4 % vor, die Tarifgemeinschaft der Länder schon 2006 eine Einmalzahlung, dann zum 1. Januar 2008 2,9 %,dann gestaffelte Einmalzahlungen.Auch die Einmalzahlungen sind besser gestaffelt als das,was Sie hier vorschlagen. Herr Minister Bouffier, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen sich schlechter bei dem, was Sie hier vorschlagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe es von dieser Stelle aus schon mehrfach gesagt, will es aber trotzdem noch einmal sagen:Was Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern machen, hat nichts, aber auch gar nichts mit moderner Personalpolitik zu tun. Herr Innenminister, was Sie hier organisieren, ist rückwärtsgewandt und demotivierend.Wenn Sie in die Außenstellen und Behörden dieses Landes gehen, wenn Sie sich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigen und mit ihnen reden, wird Ihnen das auch in jeder Behörde gesagt werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie setzen – und das unterscheidet uns wesentlich – eben nicht auf Dialog. Sie setzen hier wieder einmal auf Konfrontation. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich hoffe, dass Sie am 27. Januar von den Wählerinnen und Wählern im Bundesland Hessen für diese Politik die Quittung bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Die Hoffnung stirbt zuletzt! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Minister, Ihre Art und Weise des Umgangs hätte gar nicht sein müssen.Sie hätten mit den Gewerkschaften und mit ver.di zu einer Vereinbarung kommen können, wenn Sie gewollt hätten. Ich zitiere hier Herrn Schenk, Mitarbeiter von ver.di: „Mit einer größeren Bereitschaft des Innenministeriums wäre es möglich gewesen, noch in diesem Jahr die Einmalzahlung zu regeln und alles Weitere im neuen Jahr zu besprechen.“

(Günter Rudolph (SPD): Hört, hört!)

Aber das wollten Sie ja nicht. Herr Innenminister, Sie wollten nicht zu einer Einigung kommen. Sie wollten das hier per Gesetz beschließen, und Sie wollten, dass dieser Betrag möglichst punktgenau noch Ende des Jahres

(Norbert Schmitt (SPD):Vor der Wahl!)

zur Wahl auf den Konten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erscheint, damit Sie daraus Ihren politischen Nektar saugen können.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

97.000 Beamte, 57.000 Versorgungsempfänger, 60.000 Angestellte und Arbeiter des Landes werden Ihre tarifpolitische Geisterfahrt der vergangenen Jahre und die „Operation düstere Zukunft“ nicht vergessen. Die Verärgerung bei den Beschäftigten sitzt tief. Das kann man nach jeder Veranstaltung nachlesen. Ich will hier nur ein paar kurze Zitate zum Besten geben, z. B. von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft:

Regieren nach Gutsherrenart darf keine Zukunft haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Wer ist das denn?)

Herr Kollege Irmer, das ist genau Ihr Problem. So reden Sie über Gewerkschaften, so reden Sie über die Organisationen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vertreten.