Protokoll der Sitzung vom 04.09.2007

(Zurufe von der FDP)

Wo liegt eigentlich der inhaltliche Unterschied? Frau Beer, im Vorfeld hieß es immer, dass nur der Stiftungsteil unterstützt werde, dass aber die übrigen Änderungen nicht unterstützt würden. Der Gesetzentwurf nennt sich zwar „Stiftungshochschulgesetz“, er enthält aber auch die personalrechtlichen Änderungen, die wir als dringlich für die Weiterentwicklung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen bezeichnet haben. Das haben Sie mit hineingeschrieben.

Unsere Differenz liegt im Endeffekt in der Ablehnung der Option bezüglich des TUD-Gesetzes. Um nichts anderes geht es. Die hierzu vorgetragenen Gründe sind unzutreffend;denn wenn die FDP-Fraktion anführt,dass das TUD-Gesetz nur in Teilen übertragen und somit nicht genügend Anreiz gegeben werde, Eigenverantwortung zu übernehmen, ist das ganz einfach falsch. Lediglich die Baubefugnisse – nur die – werden nicht pauschal übertragen, sondern ihre Übertragung wird von einer beiderseitigen Prüfung der Beteiligten abhängig gemacht, ob die Voraussetzungen gegeben sind.

(Zurufe von der FDP)

Das war immer der Vorbehalt der Fachhochschulen, deren Verwaltungen die Baugelegenheiten nicht ohne Weiteres übernehmen können.

Absurd wird es aber, wenn der Vorwurf erhoben wird, dass den Hochschulen mit der Übertragung der Autono

mie nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt würden. Im originären TUD-Gesetz ging es auch um die Baumittel. Sie erinnern sich sicher daran. Durch das Programm HEUREKA mit Mitteln in Höhe von 3 Milliarden c – ich weiß, Sie beneiden uns um dieses Programm; so viel hat Herr Pinkwart in Nordrhein-Westfalen nicht zur Verfügung, auch wenn es dort ein Hochschulfreiheitsgesetz gibt – werden wir alle hessischen Hochschulen in die Lage versetzen,ihren Baubestand zu erneuern oder zu modernisieren

(Nicola Beer (FDP): Aber nicht in eigener Verantwortung!)

egal, ob sie die Bauverantwortung übernehmen oder nicht.

Dass die Autonomie einer Hochschule nicht an der Bauverwaltung hängt, liebe Frau Beer, können Sie am Beispiel der Stiftungsuniversität Frankfurt sehen. Fragen Sie einmal Prof. Steinberg. Die Universität will darauf verzichten,als Bauherr aufzutreten.Sie lässt lieber vom Land Hessen bauen, denn das hat sich durchaus bewährt.

Was ist Ihre Alternative? Ich zitiere aus dem Vorspann zu Ihrem Gesetzentwurf:

Stattdessen sollte eine umfassende Reform des Hessischen Hochschulgesetzes vorgenommen werden, die auch die Evaluation des TUD-Gesetzes einbezieht, welche noch nicht vorliegt.

Wo ist Ihre Reform, die Sie verlangen, von der Sie selbst sagen, dass dafür noch nicht die Zeit ist, weil die endgültige Evaluation des TUD-Gesetzes einbezogen werden soll?

(Nicola Beer (FDP): Wir haben jetzt zwei Jahre lang auf Ihre Evaluation gewartet!)

Mir fehlt hier die Logik. Liebe Frau Beer, wo ist Ihre Perspektive für eine vernünftige und ausgewogene Hochschulpolitik?

(Lachen bei der FDP)

Ich weiß,es ist schwer in der Opposition.– Sie wollen natürlich ungern zugeben, dass die TUD-Option in der augenblicklichen Situation die sinnvollste und schnellste Möglichkeit ist, den Hochschulen, die sich dafür bereithalten,Autonomierechte zu verschaffen, ohne noch lange auf die perfekte, aber späte Lösung warten zu müssen. Zu diesem Angebot stehen wir.

(Zurufe von der FDP)

Der Gesetzentwurf der FDP-Fraktion sieht weiter vor, dass der Wahlvorschlag nicht nur vom Hochschulrat, sondern von einer paritätisch mit Mitgliedern des Hochschulrats und des Senats besetzten Findungskommission aufgestellt wird. Damit verlässt die FDP-Fraktion die Linie des TUD-Gesetzes und stellt die Wahl des neuen Präsidenten hinsichtlich seiner Legitimation fast infrage.

(Widerspruch bei der FDP)

Liebe Frau Wagner, das lange diskutierte Machtgleichgewicht zwischen dem internen Wahlgremium und dem externen Wahlvorschlagsgremium würde aufgegeben.

Ich fasse zusammen. Es wäre besser gewesen, liebe Frau Beer, auf die Vorlage eines eigenen Gesetzentwurfs zu verzichten. Ihr Entwurf verfehlt jedenfalls die Messlatte bezüglich klarer Ziele,Mut und Augenmaß deutlich.Ihren Vorschlag, einen gemeinsamen Entwurf mit der SPDFraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu erarbeiten, sehe ich als mehr oder minder aussichtslos an. Schauen Sie sich doch einfach einmal an, was diese beiden Fraktionen an Anträgen gestellt haben.

Ich bin mir im Klaren darüber,dass ich,nun,da ich zu dem Antrag der SPD-Fraktion komme, schon einen großen Teil meiner Redezeit verbraucht habe.Das macht wirklich gar nichts,denn jedes Wort zu diesem Antrag ist eigentlich zu viel.

(Lachen bei der SPD)

Liebe Frau Ypsilanti, Ihr Antrag erreicht inhaltlich das Niveau eines Sprechzettels für eine Wahlkampfrede. Das will ich Ihnen erläutern. Im Übrigen: Lieber Herr Siebel, Sie weisen immer darauf hin,dass dieses Land hinsichtlich der Ausgaben unterfinanziere. Schauen Sie sich doch einfach einmal in einer ganz ruhigen Minute die Haushaltspläne der Neunzigerjahre an – wo wir finanziell herkommen, was Sie geleistet haben, vielmehr was Sie nicht geleistet haben.

(Gernot Grumbach (SPD): Worüber reden Sie eigentlich?)

Sie haben gerade einmal 950 Millionen c ausgegeben. Herr Kaufmann, unsere Gesamtausgaben liegen jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro über dem, was Sie im Jahre 1999 ausgegeben haben. Das ist unser eigenes Exzellenzprogramm.

(Beifall bei der CDU – Gernot Grumbach (SPD): Warum reden Sie nicht über das Thema?)

Gewöhnen Sie sich an diese Zahlen. Solange Sie immer wieder behaupten, dass die Hochschulen unterfinanziert seien, werde ich Ihnen vorhalten, wie wenig Sie ausgegeben haben.

(Lebhafte Zurufe von der SPD)

Sie haben zusammen mit den GRÜNEN die Hochschulen sträflich vernachlässigt. Das müssen Sie sich immer wieder anhören.

(Beifall bei der CDU)

Wir geben pro Jahr über eine halbe Milliarde Euro mehr aus,als Sie ausgegeben haben.Sie beneiden uns um HEUREKA und stellen irgendwelche Schaufensteranträge.

(Gernot Grumbach (SPD): HEUREKA ist ein Schaufenster! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie weisen darauf hin, dass die Fenster dichter sein müssten, die Sie schon in den Achtziger- und Neunzigerjahren hätten abdichten können. Das wäre eine Maßnahme im Sinne einer echten Umweltpolitik gewesen, Herr Kaufmann.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dem SPD-Antrag heißt es ernsthaft, es solle geprüft werden, „ob Universitäten in öffentlicher Verantwortung auch als öffentlich-rechtliche Stiftungen organisiert werden können“. – Bravo, Herr Siebel, Sie haben wahrscheinlich den Antrag für Frau Ypsilanti geschrieben. Das waren die Hausaufgaben aus der vorvorletzten Stunde. Die Landesregierung hat die längst erledigt.

Alles, was in dem Antrag der SPD-Fraktion darüber hinausgeht, ist ganz eindeutig von Misstrauen geprägt. Dabei kommt nicht nur ein Misstrauen gegenüber dieser Regierung und ihrem Gesetzentwurf zum Ausdruck – das ist für eine Opposition legitim –, sondern Ihr Misstrauen geht

tiefer. Sie haben ein Misstrauen gegenüber der Autonomie der Hochschulen, die zwar im Munde geführt wird, von der Sie aber nicht überzeugt sind.Ich werde Ihnen das an einzelnen Beispielen nachweisen, lieber Herr Siebel.

Es ist völlig abwegig, wenn der SPD-Antrag im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Stiftungsuniversität Frankfurt von „Privatisierung“ spricht. Auch wenn man die Dämonisierung von Privatisierungen, wie sie die SPD-Fraktion betreibt, teilen sollte, fragt man sich, was das mit dem Regierungsentwurf, der die Universität in eine Stiftung des öffentlichen Rechts überführt, zu tun hat. Die Antwort lautet: nichts, rein gar nichts.

Nun zu dem Reigen Ihrer Bedenken. Hier haben Sie sich zumindest den Titel „Partei der Bedenkenträger“ verdient, und Sie, Herr Siebel, sind der Vorsitzende.

Erstens. Sie behaupten, die Freiheit von Lehre und Forschung werde nicht hinreichend gesichert. Frau Sorge, Sie haben ähnlichen Quatsch erzählt.

(Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wissen Sie denn nicht, dass das Grundgesetz – ebenso wie die Regelungen zu Freiheit von Forschung und Lehre im Hessischen Hochschulgesetz – auch für die künftige Stiftungsuniversität gilt? Das ist geltendes Recht und unterliegt insofern der Rechtsaufsicht des Ministeriums. Stiftungen und auch Drittmittel sind ebenfalls nichts grundsätzlich Neues, und es hat sich gezeigt, dass die Mechanismen der Freiheit von Forschung und Lehre durchaus funktionieren. Dennoch finde ich es gut, dass Prof. Steinberg eine Art „Führerschein für Stifter“ entwickelt; denn es gilt, diese Prinzipien allen bekannt zu machen, dass sich bei keinem falsche Vorstellungen entwickeln können. Sie sehen, dass hier die Autonomie der Hochschulen exzellent funktioniert, auch wenn Sie das nicht glauben.

Zweitens. Die demokratische Verfasstheit ist nach Ihrer Auffassung nicht gesichert. Ich will gar nicht auf Ihr Verständnis von einer Gremienuniversität eingehen. Ihr Verlangen, dass die Grundordnung parallel zum Gesetzgebungsverfahren geklärt werden müsse, zeigt wieder einmal Ihr Verständnis von Autonomie. Sollte Ihnen die Grundordnung gefallen, wollen Sie sie persönlich genehmigen. Soll von dem Ergebnis die Entscheidung über die Überführung in eine Stiftung abhängig gemacht werden, soll das Land hier von vornherein Einfluss nehmen? Nein, das ist Sache einer autonomen Hochschule. Das Präsidium, der Senat und der Hochschulrat wirken dabei zusammen.Das Ministerium hat sich aus diesem Bereich zurückgezogen.

Im Übrigen ist zu sagen, dass die Hochschule ihre Grundordnung später, wann immer sie will, ändern kann. Es ist also gar nicht möglich, eine Ihnen genehme Grundordnung auf Dauer vorzusehen. Im Übrigen gilt auch hier das Primat der Rechtsaufsicht, wenn höherrangiges Recht durch Beschlüsse einer Universität verletzt werden sollte.

Drittens.Sie behaupten,der Hochschulrat nach dem Muster des TUD-Gesetzes habe sich nicht bewährt. Ich erinnere an die gerade stattgefundene Wahl. Im Gegenteil, Herr Siebel, er hat sich bewährt. Auch hier der Hinweis zur Autonomie. Wenn sich der Staat zurückzieht, sollten doch zumindest Aspekte der Gesellschaft außerhalb der Hochschulen in die Entscheidung einfließen. Das ist Element einer unverzichtbaren gesellschaftspolitischen Qualitätssicherung, die das Bundesverfassungsgericht in sei

ner Brandenburg-Entscheidung – Sie werden sie kennen – ausdrücklich bestätigt hat.

Herr Minister, die Redezeit der Fraktionen ist um.

Ich beeile mich. – Viertens. Sie wollen die Betriebsvereinbarung einer kritischen Würdigung unterziehen. Was ist das für ein Autonomieverständnis? Wir haben in dem Gesetzentwurf alle erforderlichen sozialen Sicherungen für die Beschäftigten geregelt. Die Stiftungsuniversität erhält die Dienstherrnfähigkeit und die Tarifhoheit. Sie wollen die Betriebsvereinbarung „prüfen“. Dazu kann man wirklich nichts mehr sagen.