Herr Innenminister, ich habe Ihnen das vorhin schon einmal vorgelesen. Im Zusammenhang mit der Einmalzahlung für Beamte haben Sie gesagt – Protokoll vom 13. September 2006 des Hessischen Landtags –: „Ich werde für die Angestellten jetzt ganz sicherlich keine gesetzliche Regelung herbeiführen, die durch Tarifvertrag entsprechend zu regeln ist.“ Sie machen immer das, was Sie versprechen.Herr Innenminister,das ist geradezu aberwitzig.
Zweiter Punkt. „Wir machen immer das, was wir versprechen.“ Dieser Ministerpräsident hat vor der letzten Landtagswahl erklärt:„Es gibt keine Sonderopfer für Beamte.“ Als die Wahl gewonnen war, hat er genau das gemacht: Er hat das Urlaubsgeld gestrichen,er hat das Weihnachtsgeld gekürzt, und er hat die Wochenarbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 42 Stunden gesetzt.
So viel zu dem, was der Innenminister gesagt hat: „Wir machen immer das, was wir versprechen.“ Herr Innenminister, das ist geradezu absurd.
Herr Innenminister, die Regelungen für die Waldarbeiter haben wir abgehakt. Darüber reden wir ein anderes Mal. Ich sage Ihnen noch etwas zur Jubiläumsgratifikation.
Sie haben gesagt, das hätten Sie nie gemacht. Was Sie gemacht haben, finde ich noch viel schlimmer. Sie haben nämlich nicht nur Beamten, die B 6, B 7 oder B 8 verdienen, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, die sehr viel weniger verdienen, das Weihnachtsgeld gekürzt. Das ist für sie Erwerbsbestandteil.Damit kaufen sie die Geschenke für ihre Kinder.Herr Innenminister, das haben Sie ihnen gestrichen.
Meine Damen und Herren, den Oppositionsfraktionen sind jeweils zwei Minuten zusätzliche Redezeit zugewachsen. Herr Dr. Jürgens, damit stehen Ihnen insgesamt sieben Minuten Redezeit zur Verfügung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet,um eine Frage zu beleuchten,zu der die schriftliche Begründung des Gesetzentwurfes erstaunlicherweise ebenso wenig etwas sagt, wie Herr Beuth heute dazu ausgeführt hat, und zu der Herr Bouffier nur Falsches gesagt hat, nämlich die Frage der Gesetzgebungsbefugnis des Landes.
Wir sind uns wahrscheinlich einig: Wann immer der Landesgesetzgeber handelt, braucht er eine Gesetzgebungskompetenz. Das Entscheidende hierfür ist die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Hier kann jedenfalls ich persönlich keine Gesetzgebungsbefugnis des Landesgesetzgebers für dieses Gesetz erkennen.Wir sind uns wahrscheinlich darüber einig, dass Sie durch diesen Gesetzentwurf in einem Teilbereich den Lohn von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern regeln wollen.Wir sind uns wahrscheinlich auch noch darüber einig, dass es sich hierbei logischerweise um eine Regelung auf dem Gebiet des privatrechtlichen Arbeitsrechts handelt. Wir sind uns ebenfalls noch darüber einig, dass das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung und des Tarifvertragsrechts nach dem Grundgesetz der konkurrierenden Gesetzgebung zugewiesen ist. Das ist der entscheidende Punkt.
Nach der konkurrierenden Gesetzgebung ist eine Regelung des Landesgesetzgebers ausgeschlossen – ausgeschlossen –, wenn der Bund seinerseits auf dem Gebiet abschließende fundierte Regelungen getroffen hat. Das ist hier der Fall. Es gibt bundesgesetzliche Regelungen, die bestimmen, wie der Lohn eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin zustande kommt: entweder durch arbeitsvertragliche Einzelvereinbarung – geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch – oder durch Betriebsvereinbarungen – geregelt im Betriebsverfassungsgesetz –, oder durch Tarifvertrag – geregelt im Tarifvertragsgesetz.All das sind Regelungen des Bundes.An keiner Stelle gibt es hier eine Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers.
Herr Bouffier, wenn es richtig wäre, was Sie sagen, dass aus dem Haushaltsrecht eine Gesetzgebungsbefugnis folgt,
dann hätten wir in jedem Falle schon eine Änderung des alten BAT gesetzlich absichern müssen. Das haben wir nicht gemacht. Der Haushaltsgesetzgeber muss seinen Haushalt regeln.Aber eine Gesetzgebungskompetenz des Landes, den Lohn von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern festzusetzen, kann ich nicht entnehmen. Das folgt vielleicht aus den Allmachtsfantasien der CDUFraktion, keinesfalls aber aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes.
Ich verstehe: Sie wollen Wahlgeschenke verteilen und handeln dabei schlicht nach dem Motto: „legal, illegal, schnurzegal“.
Wenn Sie dieses Gesetz tatsächlich verabschieden sollten, schwebt über den angeblichen Wohltaten,die Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zukommen lassen wollen, das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit. Sie versprechen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Brot und geben ihnen Steine mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit. Ich glaube, eine größere Missachtung gegenüber den Beschäftigten kann man kaum zum Ausdruck bringen.
Als Nächster hat Herr Rudolph das Wort. Herr Rudolph, es sind ebenfalls sieben Minuten Redezeit möglich.
(Zurufe von der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Der Minister redet so lange, und dann wundert ihr euch!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bouffier, hie und da betreiben Sie Geschichtsklitterung. Sie haben aber völlig recht: Wir haben damals die sogenannte Jubiläumszuwendung abgeschafft. Der Beifall in den Amtsstuben war übersichtlich. Ich gebe auch gerne zu:Es war ein Fehler.Wir stehen dazu.Wir machen so etwas nicht wieder, weil es falsch war.
Im Gegensatz zu Ihnen sind wir beratungsfähig. Sie sind ja beratungsresistent. Das ist doch der Unterschied.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Bod- denberg (CDU): Die Einheitsschule war doch auch ein Fehler, Herr Rudolph! Das haben wir Ihnen doch gesagt! – Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer und Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))
Herr Boddenberg, die Auseinandersetzung führen wir morgen. Da bekommen Sie die entsprechenden fachlichen Antworten.
Manche Reaktionen von Ihnen kommen mir so vor, als seien Sie auf der Titanic, die unterzugehen droht, und da will noch einer die Liege wechseln und meint, er könne den Untergang verhindern.Auch das wird Ihnen nicht gelingen.
Herr Bouffier,Sie jammern herum,wie schwierig das alles sei. Sie schaffen sich ein Problem, indem Sie den Tarifvertrag kündigen. Sie kriegen das nicht ordentlich hin und jammern dann, dass Sie dafür nicht den aus Ihrer Sicht gebührenden Beifall bekommen. Ein selbst geschaffenes Problem können Sie nicht vernünftig lösen. Das ist die Quintessenz des Ganzen.
Vor ein paar Wochen fand eine Veranstaltung des Deutschen Beamtenbundes statt. Es war niemand von der CDU da. Sie waren zu feige, sich einer Demonstration zu stellen. Herr Spieß – das würde er heute vielleicht nicht
mehr machen – lief mit dem T-Shirt herum: „Abgekocht“. Denn vor den Wahlen hieß es: „keine Sonderopfer“. Sie haben vor den Wahlen etwas anderes gesagt, als Sie dann gemacht haben. Sie haben damit Ihr Wahlversprechen gebrochen, um kein anderes Wort zu sagen. Jetzt hoffen Sie auf das berühmte Kurzzeitgedächtnis, nach dem Motto: „Eine kleine Wohltat auf Kosten des Steuerzahlers, und alles wird gut am 27.Januar.“ Es wird für Sie eben nicht alles gut. Die Mitarbeiter haben ein gutes Gedächtnis.
Erinnern wir uns an die PVS, die tolle Personalvermittlungsbörse, in Fachkreisen auch Mobbingbörse genannt.
Herr Innenminister, noch einmal: Es ist nicht mein Problem, wenn Sie die Realität in den Amtsstuben nicht wahrnehmen und die Meinungen von den Dienststellenleitern vorgefiltert bekommen.
All das ist nicht unser Problem. Die 130.000 Landesbeschäftigten sehen das überwiegend anders.Deswegen:Die Aussage, alles sei ganz wunderbar in Hessen, reicht vielleicht für die Wahrheit auf CDU-Parteitagen. Aber es ist nicht die Wahrheit in Hessen – um das sehr deutlich zu sagen.
Die Tarifbeschäftigten haben bisher 38,5 Stunden in der Woche gearbeitet.Wenn sie auf 42 Stunden erhöhen müssen, damit sie die 500 c bekommen, bedeutet das hochgerechnet:
45 Arbeitswochen, rund 160 Stunden, geteilt durch 500. Dann kommen sie auf einen Stundenlohn von 3,12 c. Das ist noch nicht einmal die Hälfte des tariflichen Mindestlohns, wie wir ihn allgemein diskutieren. So viel zu Ihren Wohltaten für die Mitarbeiter in der Landesverwaltung.
In der Ihnen eigenen Bescheidenheit, die wir bei diesen Auftritten gelegentlich kennenlernen, Herr Innenminister, wollen Sie uns in diesem Hause wirklich erzählen, es gebe nur diesen einen Weg. Nein, Sie legen sonst solchen Wert auf den Gleichklang auch mit CDU-geführten Landesregierungen. 14 Bundesländer, Bayern, Baden-Württemberg, alle sind in der Tarifgemeinschaft. Nur Hessen sagt, die machen das alle falsch. Herr Innenminister, gehen Sie doch einmal in sich, denken Sie noch einmal darüber nach.Vielleicht kommen Sie zu der Erkenntnis, es ist gar nicht so schlecht, im Konzert der anderen mitzuspielen. Die Mitarbeiter in Hessen bekommen das Gefühl, sie werden von dieser Landesregierung ernst genommen, ihre Arbeit wird honoriert. Aber hören Sie auf mit dieser plumpen Wahlagitation ein paar Monate vor der Landtagswahl. Außer der CDU hat das jeder in Hessen gemerkt, und wir werden das bis zum 27. Januar 2008 noch sehr deutlich machen.
Vielen Dank, Herr Rudolph. – Herr Beuth, Sie haben sich für die CDU noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön.