Andreas Jürgens
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Herr Präsident,meine Damen und Herren! In Hessen gibt es keine Beamtin und keine Lehrerin, die im Dienst ein Kopftuch trägt. Es gab noch nicht einmal eine Interessentin, die im Dienst ein Kopftuch tragen wollte. Die gab es nicht vor dem Gesetz, und die gab es nicht nach dem Gesetz. Es ist nicht etwa so, dass kopftuchtragende Muslime in Scharen vor den hessischen Behörden stehen und Einstellung begehren.
Es ist also eher ein virtuelles Problem, mit dem wir uns hier beschäftigen. Deshalb konnte der Staatsgerichtshof auch nur in einer abstrakten Normenkontrolle über diese Frage urteilen. Es ging nicht um eine konkrete Person, sondern ausschließlich um die abstrakte Regelung im Gesetz.
Der Titel Ihrer Aktuellen Stunde „Es bleibt dabei: kein Kopftuch in Hessens Behörden“ suggeriert, der Staatsgerichtshof habe bestätigt, dass in Hessens Behörden kein Kopftuch getragen werden darf.Einmal abgesehen davon, dass Sie vermutlich selbst nur das islamische Kopftuch meinen und nicht jedes Kopftuch, das aus welchen Gründen auch immer getragen wird, hat der Staatsgerichtshof nach seinen eigenen Ausführungen in der Tat – Frau Faeser hat es schon gesagt – hierüber gerade nicht entschieden.
Er hat sogar ausdrücklich offengelassen, ob die gesetzlichen Regelungen im Schulgesetz und im Beamtengesetz überhaupt ein Kopftuchverbot enthalten. Der Staatsgerichtshof hat nämlich den Begriff abstraktes Normenkontrollverfahren sehr wörtlich genommen und sehr abstrakt entschieden. Er hat sich jeder Äußerung darüber enthalten, ob ein bestimmtes Bekleidungsstück darunter fällt und, wenn ja, aus welchen Motiven.
Ich zitiere hier einen Kernsatz aus dem Urteil des Staatsgerichtshofs:
Insbesondere prüft er nicht, welche Kleidungsstücke als „islamisches Kopftuch“ zu qualifizieren sind und ob und unter welchen Voraussetzungen ein „islamisches Kopftuch“ objektiv geeignet ist, das Vertrauen in die Neutralität der Amtsführung zu beeinträchtigen oder den Schul- und Dienstfrieden zu stören.
Man mag das bedauern. In der Tat wird dies von fünf Verfassungsrichtern in dem abweichenden Votum ausdrücklich als Fehler der Mehrheitsentscheidung kritisiert. Ich habe das nicht zu kommentieren. Aber feststellen muss man schon: Nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofs ist weiter offen, ob die von Ihnen eingeführte Regelung im Schul- und Beamtenrecht überhaupt ein Kopftuchverbot beinhaltet.
Ausdrücklich untersagt ist Beamtinnen und Beamten, Lehrerinnen und Lehrern – ich zitiere aus dem Gesetz – das Tragen von Kleidungsstücken, Symbolen oder anderen Merkmalen, „die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen...“
Ob und unter welchen Voraussetzungen das islamische Kopftuch hierzu zählt, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen. Es hat ausdrücklich gesagt, diese Entscheidung obliegt den Behörden und den Verwaltungsgerichten. Sollten diese irgendwann einmal zu dem Ergebnis kommen, ein Kopftuch sei vom Wortlaut des Gesetzes umfasst, müsste erneut geprüft werden, ob diese Interpretation unter Berücksichtigung der konkreten Umstände
verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht – vom Staatsgerichtshof, vom Bundesverfassungsgericht, je nachdem.
Immerhin ist ein Kopftuch zunächst einmal nichts anderes als ein Bekleidungsstück ohne jeden objektiven Erklärungswert. Einen Erklärungswert bekommt es, zu einem Symbol wird es allenfalls dadurch, dass die Motive der Trägerin entscheidend sind.Aber diese sind erfahrungsgemäß so vielfältig wie die Zahl der Kopftuchträgerinnen selbst.
Hierzu hat sich der Staatsgerichtshof jeder Äußerung enthalten. Das Gericht hat sich auf die abstrakte Prüfung beschränkt, ob das Tragen von Kleidungsstücken, die einen weltanschaulichen oder politischen Erklärungsinhalt haben, grundsätzlich untersagt werden kann. Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt: Es kann untersagt werden.
In dieser allgemeinen Form haben wir GRÜNEN das im Übrigen auch nie bestritten. Deswegen kann ich auch nicht verstehen, weshalb hier behauptet wird, das sei eine herbe Niederlage für uns gewesen.Wir waren im Übrigen auch gar nicht am Verfahren beteiligt. Das Verfahren war von der Landesanwältin eingeleitet worden. Deswegen kann ich überhaupt nicht verstehen, weshalb die Entscheidung des Staatsgerichtshofs, die die wesentlichen Fragen völlig unbeantwortet gelassen hat, für uns eine herbe Niederlage sein soll.
Ich verstehe gut die Enttäuschung, die Frau Sacksofsky z. B. in einem Interview geäußert hat, dass der Staatsgerichtshof genau diese an sich entscheidende Frage offengelassen hat. Es war klar, sowohl im Gesetzgebungsverfahren als auch in der Öffentlichkeit, als auch, wie ich gelesen habe, in den Verhandlungen vor Gericht, dass es im Kernbereich um die Frage eines Kopftuchverbotes gehen sollte.
Aber wir haben zu akzeptieren,dass der Staatsgerichtshof hierüber ausdrücklich keine Entscheidung getroffen hat. Die endgültige Entscheidung wurde vertagt. Ob es jemals zu einer solchen Entscheidung kommt, weil eine Beamtin oder eine Lehrerin ein Kopftuch tragen möchte, ist völlig offen.
Ich kann Ihnen versprechen, wir werden uns vonseiten der GRÜNEN bis dahin jedenfalls mit den realen Problemen beschäftigen, die diese Landesregierung den Menschen in Hessen bereitet, und weniger mit virtuellen Problemen, die hiervon eher ablenken sollen. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Justizminister hat mich in einer der vergangenen Debatten angemahnt, auch einmal etwas Positives über ihn zu sagen, wenn ihm etwas gelungen ist. Heute ist es in der Tat so weit. Das betrifft eigentlich nicht den Haushalt, aber ich bin heute Morgen auf dem Weg vom Hotel am Ministerium in der Luisenstraße vorbeigekommen. Ich muss sagen,Herr Minister:Die Fassadenrenovierung Ihres Ministeriums ist außerordentlich gut gelungen. Respekt, das macht etwas her.
Bedauerlicherweise ist das aber auch gleichzeitig ein Symbol für die Rechtspolitik in Hessen. Wir hatten im Laufe der Wahlperiode mit dem Wechsel von Dr.Wagner zu Jürgen Banzer auch so etwas Ähnliches wie eine Fassadenrenovierung. Man könnte sagen: weg von spröder Gotik hin zu mehr barocken Formen. Jedenfalls ist das Problem, dass es eben auch nur eine Renovierung in der Außendarstellung war. Eine Entrümpelung im Inneren war damit nicht verbunden. Hier gibt es für die kommende neue Landesregierung erheblichen Handlungsbedarf.
Wir wollen die Rechtspolitik des Landes Hessen auch inhaltlich renovieren. Dafür gibt es allen Anlass.
Ich beginne mit dem Jugendstrafvollzug.Da setzen Sie die ideologischen Blockaden Ihres Vorgängers fort: kein offener Vollzug, keine eigene Kleidung, sondern Anstaltskleidung, keine Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln, keine Spielkonsolen und Computer,keine wirklichen Mitwirkungsmöglichkeiten, stattdessen ausschließlich geschlossener Vollzug, UN-rechtswidrige Isolationshaft in Form des Arrests, Schusswaffeneinsatz im Jugendvollzug. Das ist Jugendstrafvollzug von gestern, in ideologischen Blockaden verfangen.
Zweites Beispiel. Der europäische Gleichbehandlungsgrundsatz wird von Ihnen permanent ignoriert. Eine Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe lehnen Sie nach wie vor ab. Das ist Gesellschaftspolitik sogar von vorgestern.
Sie wollen die Diskriminierung von Schwulen und Lesben mit der Ewigkeitsgarantie versehen. Wir wollen sie abschaffen. Das werden wir ab dem 27. Januar auch tun.
Vorschriften gegen eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität – das gibt das europäische Recht zwingend vor – werden von Ihnen permanent verweigert. Sie wollen die Diskriminierung von Minderheiten nicht beenden. In dieser Beziehung hat die schwarze Seele in den letzten Jahren nichts dazugelernt.
Sie verweigern den Betroffenen weiter jede Unterstützung im Kampf für ihre Gleichberechtigung. Auch das werden wir komplett ändern.
Sie legen uns heute einen Dringlichen Antrag zum Einsatz von Rechtspflegern in der Justiz vor. Herr Minister und Kollegen von der CDU, ich darf daran erinnern: Meine Fraktion hat bereits mit Datum vom 01.11.2005, also vor ziemlich genau zwei Jahren, einen Antrag vorgelegt, in dem der Einsatz der Rechtspfleger gewürdigt und deren Bedeutung für die Justiz hervorgehoben wurde.Wir haben schon damals gefordert, dass die Übertragung von Aufgaben der Rechtspfleger auf die Urkundsbeamten, also auf den mittleren Dienst, geprüft werden soll. Vor zwei Jahren hat die CDU-Fraktion das abgelehnt. Jetzt ist es plötzlich Gegenstand ihres eigenen Antrags. „Schönen guten Morgen“, kann ich da nur sagen. Herzlich willkommen in der Gegenwart.Was haben Sie denn in den letzten zwei Jahren gemacht? Haben Sie geschlafen?
Sie wollen vor der Wahl noch punkten, wo Sie die letzten neun Jahre untätig waren.Aber Sie wissen es:Wer zu spät kommt, den bestraft der Wähler.
Im Übrigen ist dieser Antrag meiner Fraktion von 2005 zu den Rechtspflegern im Augenblick Gegenstand eines aktuellen Falles von Zensur am Amtsgericht Marburg. Der Personalrat hatte dort nämlich eine Kopie genau dieses Antrages an seinem Schwarzen Brett aufgehängt. Nach unserer Information wurden dieses Schriftstück und eine Presseerklärung der SPD-Fraktion aufgrund einer Inter
vention des Justizministeriums vom Direktor des Amtsgerichts abgehängt.
Selbstverständlich ist der Personalrat nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, über Diskussionen im Hessischen Landtag zu informieren, die die Bediensteten unmittelbar betreffen. Diese Form der Zensur ist ziemlich einmalig, sogar bei dieser Landesregierung.
Losgetreten wurde das Ganze übrigens durch eine Kleine Anfrage des Marburger Abgeordneten Dr. Wagner, der – ich zitiere – „Schriftstücke parteipolitischen Inhalts“ kritisiert hatte. – Sie können und wollen nicht einmal mehr unterscheiden zwischen Initiativen von Landtagsfraktionen und parteipolitischer Werbung. Herr Justizminister, Ihre Aufgabe wäre es gewesen, die haltlosen Anwürfe Ihres Vorgängers zurückzuweisen. Stattdessen macht sich das Ministerium zum Vollzugsorgan eines wild gewordenen Rechtsauslegers.Das kann doch wohl nicht wahr sein.
Das Problem ist: Sie sehen das Land und seine Behörden als Beute der Union. Aber die hessische Justiz hat Besseres verdient als Oberzensoren an der Spitze des Ministeriums. Das werden wir ab dem 28. Januar auch umsetzen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Selten hat ein Gesetzentwurf bei einer Anhörung in einem Ausschuss so einhellige Zustimmung bei den Sachverständigen gefunden wie dieser unser Gesetzentwurf.
Einen Tag später titelte eine Zeitung: „Experten dafür, CDU dagegen“. Genau das ist das Problem, denn selten hat sich eine Landtagsmehrheit mit der Ablehnung eines Gesetzentwurfs so sehr in das gesellschaftliche Abseits begeben, wie das die CDU-Fraktion getan hat.
Ich darf daran erinnern: Sie mussten einen christlich-fundamentalistischen Sektiererverein als Sachverständigen benennen, um überhaupt noch jemanden zu finden, der in der Anhörung als Gegenstimme aufgetreten ist.
Das sogenannte Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft, das Sie benannt haben, hält Homosexualität nicht nur für ein behandelbares psychiatrisches Phänomen, sondern rühmt sich auch noch, seit Jahren Therapien zur Überwindung von Homosexualität anzubieten. Das ist an Skurrilität nicht mehr zu überbieten.
Es spricht gleichzeitig Bände ob Ihrer verklemmten hinterwäldlerischen Einstellung zur Homosexualität. Das muss man einmal so deutlich sagen.
Immerhin wird aber die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe auch von den Homosexuellen in Ihren eigenen Reihen unterstützt. Ich darf an Folgendes erinnern:Die LSU,die Lesben und Schwulen in der Union, haben dies in einer Stellungnahme sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich zitiere:
Die Anpassung in den Ländern ist also ein Schritt, der endlich auch in Hessen erfolgen muss.
Es sei ein „rationaler Akt, dies auch im hessischen Landesrecht zu verankern und zu zeigen, dass das Land Hessen eingetragene Lebenspartnerschaften begrüßt,da auch dort Werte gelebt werden, die für die Gesellschaft grundlegend sind“. Genau so sehen wir es auch.
Es ist aus unserer Sicht nur selbstverständlich, dass eingetragene Lebenspartnerschaften die gleichen Rechte haben müssen wie Eheleute – und nicht nur die gleichen Pflichten. Es gibt keinen einzigen nachvollziehbaren Grund, Homosexuelle und ihre Lebenspartner weiterhin zu diskriminieren. Genau darum geht es, da können Sie filibustern, so viel Sie wollen. Ihre Haltung diskriminiert Schwule und Lesben. Sie wollen diese Diskriminierung auch noch mit einer Ewigkeitsgarantie versehen.Wir hingegen wollen sie abschaffen.
Herr Kollege Beuth hat in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs angeführt, gleichgeschlechtliche Paare könnten keinen generativen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit leisten. So hat er es genannt. Das hat er als Begründung für die Ablehnung angegeben. Herr Kollege Beuth, das kann kein ernst gemeintes Argument sein.Ich weiß nicht,ob Sie es wissen, aber das Bestehen einer Ehe ist weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung für einen „generativen Beitrag“, wie Sie es nennen.
Es gibt auch Ehen, die gewollt oder nicht gewollt kinderlos sind.Wollen Sie auch diese künftig diskriminieren,weil sie keinen „generativen Beitrag“ leisten? Es gibt andererseits nicht eheliche Lebensgemeinschaften,die Kinder haben.Wollen Sie die den ehelichen Lebensgemeinschaften gleichstellen,weil sie einen „generativen Beitrag“ leisten? Es ist doch absurd, so zu argumentieren.
Mit Ihrer Argumentation reduzieren Sie im Kern den Sinn der Ehe auf eine Fortpflanzung der Eheleute. Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein. Es mag einmal Zeiten gegeben haben, in denen die Ehe vor allem der Sicherstellung der Nachkommenschaft diente, z. B. bei alten Adelsgeschlechtern. Fragen Sie aber heute einmal jung verheiratete Paare, ob sie den „generativen Beitrag“ als Zweck bzw. gar Hauptzweck ihrer Ehe sehen. Fragen Sie auch gleich, ob sich diese Paare, wie es uns der Herr Jus
tizminister in der ersten Lesung weismachen wollte, als „Vorstufe des Staates“ verstehen. Sie werden erfahren, die Gründe,eine Ehe einzugehen,sind so vielfältig wie die Menschen, die heiraten. Es ist keineswegs so, wie von Ihnen hineingeredet werden soll, dass die Menschen einfach die Lebensform wählen sollen, die Sie gerade gut finden. Die Menschen wollen Freiheit und nicht von Ihnen bevormundet werden.
Die Ehe ist das grundsätzlich auf Dauer angelegte Versprechen, zusammenzuleben, füreinander einzustehen, Freude und Leid miteinander zu teilen. Genau das gleiche Versprechen geben sich homosexuelle Paare auch, wenn sie sich dazu entschließen, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu begründen. Warum die einen, die in Liebe füreinander einstehen, den Schutz des Gesetzes behalten sollen, und den anderen, die ebenfalls in Liebe füreinander einstehen, dieser Schutz vorenthalten werden soll, ist rational nicht begründbar.
Es bleibt eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Ihr Verhalten bedeutet Diskriminierung in Reinkultur. Alle außerhalb der Rechtsaußen-CDU in Hessen haben das inzwischen verstanden.
Homosexuelle Paare haben inzwischen eine große gesellschaftliche Akzeptanz erreicht. Schwule und lesbische Paare sind heute selbstverständlicher Bestandteil des öffentlichen Lebens. Wir möchten mit unserem Gesetzentwurf, den Sie jetzt ablehnen wollen, nichts anderes erreichen, als dass diese gesellschaftliche Realität auch im Recht umgesetzt wird.
Ich habe im Übrigen mit Interesse der Presse entnommen, dass CDU und SPD auf Bundesebene einen Kompromiss bei der Reform der Erbschaftsteuer erreicht haben. Aufseiten der Union war interessanterweise Herr Koch als Verhandlungsführer beteiligt. Und siehe da, ich habe dem „Handelsblatt“ entnommen, dort sollen plötzlich eingetragene Lebenspartner den Ehegatten gleichgestellt werden. Ich zitiere das Handelsblatt: Eingetragene Lebenspartner erhalten wie Ehepartner einen Freibetrag von einer halben Million c.
Das, was Sie auf Bundesebene machen, sollten Sie in Hessen nicht lassen. Sie sollten hier ebenfalls der Gleichstellung zustimmen. Lassen Sie es endlich bleiben, dass Sie Menschen und ihre gewählten und ihnen zukommenden Lebensformen diskreditieren wollen.
Geben Sie Ihre Blockaden auf, erkennen Sie die gesellschaftlichen Realitäten an, und stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird keine Deregulierung betrieben, sondern es wird das größtmögliche Chaos im hessischen Landesrecht angerichtet.
Sie wollen viele Vorschriften aufheben, durch die andere Gesetze geändert werden. Das ist ein verfehlter Ansatz. Das sagen nicht wir, sondern das haben uns die Sachverständigen in der Anhörung erklärt. Darauf möchte ich einmal hinweisen.
Ich möchte an einem Beispiel deutlich machen, worum es geht. Sie wollen das Gesetz zur Einführung des Kommunalwahlrechts für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger vom 12. September 1995 aufheben. Dieses Gesetz soll komplett aufgehoben werden. Das betrifft dann auch die Art. 1 und 2, aufgrund deren das kommunale Wahlrecht für Angehörige von EU-Staaten in die Gemeindeordnung und die Landkreisordnung eingefügt wurde. In der Fassung des Jahres 1995 gelten die beiden Vorschriften, § 30 HGO und § 22 HKO, übrigens noch heute.
Die Aufhebung der Änderungsvorschrift würde bedeuten, dass Gemeindeordnung und Landkreisordnung wieder in der Fassung gelten, die sie vorher hatten. Mit anderen Worten: Mit Ihrem Gesetzentwurf streichen Sie das Kommunalwahlrecht für EU-Ausländer. Das ist zumindest eine unmittelbare Folge. Darauf haben uns die Sachverständigen hingewiesen. Das ist nicht meine Privatmeinung, sondern ich zitiere Prof. von Zezschwitz.
Nein, Herr Minister, das ist Logik. Es kann sein, dass Sie damit Schwierigkeiten haben. – Herr Prof. Zezschwitz hat Folgendes ausgeführt:
Mit der Aufhebung eines Änderungsgesetzes wird zugleich auch die geänderte Rechtsvorschrift auf den vorausgehenden Gesetzeswortlaut... zurückversetzt.
Also weg mit dem Wahlrecht für EU-Ausländer.Der Hessische Städtetag hat ausgeführt:
Änderungsgesetze dürfen... nicht aufgehoben werden, da eine solche Aufhebung auch den durch das Änderungsgesetz eingetretenen Rechtszustand nachträglich wieder beseitigen würde. Durch die Aufhebung eines Änderungsgesetzes wird der alte Rechtszustand wiederhergestellt...
Das sind nicht meine Worte, sondern die des Hessischen Städtetags. Auch das würde bedeuten: kein Kommunalwahlrecht mehr für EU-Bürger.
Im Übrigen hat der Städtetag ein eigenes Beispiel herausgegriffen, nämlich die Verlängerung der Wahlzeit von Gemeindevertretern auf fünf Jahre. Der Hessische Städtetag hat geschrieben, es sei zumindest sehr zweifelhaft, ob mit der Aufhebung des Gesetzes nicht die Wahlzeit wiederum auf vier Jahre zurückversetzt wird.
Das müssen Sie endlich irgendwann ernst nehmen.
Die Vereinigung hessischer Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter erklärt – ich zitiere weiter –:
Nach den Grundsätzen der Logik und gerade unter dem Aspekt der Rechts- und Normenklarheit verbietet es sich, Änderungsgesetze wieder aufzuheben.
Auch die VhV macht die ungewollten Folgen an einem eigenen Beispiel deutlich: Wenn das Gesetz zur Eingliederung des Landespersonalamts, wie vorgeschlagen, aufgehoben würde, hätte dies die „gut begründbare Folge, dass das Landespersonalamt wieder ausgegliedert wäre und neu geschaffen werden müsste“.
Das sind drei Beispiele dafür, dass das alte Recht wieder auflebt, wenn Sie so verfahren – und das machen Sie ohne Not.
In der Anhörung wurden auch andere Auffassungen geäußert. Aber das ist gerade der Punkt: In vielen Fällen wird es aufgrund Ihres Gesetzes völlig unklar sein, welches Recht in Hessen eigentlich gelten soll. Das ist das Problem. Das Chaos, das Sie veranstalten, hat die Neue Richtervereinigung übrigens auf den Punkt gebracht.
Sie hat geschrieben:
Der Hessische Landtag sollte es vermeiden, durch puristische Übertreibung der Rechtsbereinigung Vorlagen für Kabarettisten zu liefern.
Genau so ist es. Sie machen sich mit diesem Gesetzentwurf lächerlich.
Herr Lenhart, der Änderungsantrag hilft übrigens überhaupt nicht weiter. Sie wollen nur in die Begründung, die bekanntlich keine Rechtskraft erlangt, einen erläuternden Satz aufnehmen. Sie wollen praktisch in die Begründung schreiben: Das, was wir regeln, haben wir nicht gemeint. – So geht es jedenfalls nicht.
Das hessische Landesrecht hat ohnehin einen schlechten Ruf, was Systematik, Normenklarheit und Normenwahrheit anbelangt. Ihr Gesetz würde die Achtung vor dem Hessenrecht ins Bodenlose sinken lassen. In der Hoffnung, dass Sie kurz vor Toresschluss noch besseren Geistes werden, beantragen wir deshalb eine dritte Lesung.
Doch.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!
Meine Fraktion hat bis zuletzt für einen sinnvollen Jugendstrafvollzug gekämpft. Wir haben noch zwischen der
zweiten und der dritten Lesung einen Änderungsantrag eingebracht,mit dem der Gesetzentwurf der Landesregierung, wie ich schon im Ausschuss gesagt habe, zwar nicht mehr vom Kopf auf die Füße gestellt werden kann, aber wenigstens in eine stabile Seitenlage geraten wäre. Aber das hat die Mehrheit leider verweigert.
Wir werfen Ihrem Konzept im Kern vor, dass es Resozialisierungschancen ungenutzt lässt. Sie schaffen mit Ihrem Konzept eine Scheinwelt. Das Leben im Vollzug ist etwas, was mit dem davor und dem danach nichts mehr zu tun hat. Es ist keine Kunst, im Vollzug die Gefangenen von Straftaten abzuhalten. Aber es geht darum, wie wir es erreichen können,dass sie künftig keine Straftaten mehr begehen. Das gilt namentlich für Ihre Blockade gegenüber dem offenen Vollzug. Ich habe vorhin schon gesagt: Sie setzen nicht die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. Sie verstoßen gegen einige Vorgaben der UN-Konvention, und Sie können deswegen nicht mit einer Zustimmung meiner Fraktion rechnen. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Frau Präsidentin, lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, mich ausdrücklich bei allen Kolleginnen und Kollegen dafür zu bedanken, dass sie praktisch meinen gesamten Geburtstag gemeinsam mit mir verbracht haben.
Sie können sicher sein: Noch nie haben so viele Menschen mit mir den Geburtstag verbracht, von denen ich selbst so wenige eingeladen hatte.
Für diese neue Erfahrung bedanke ich mich ausdrücklich. Sie wird mir unvergessen bleiben.
Frau Ministerin, wenn Sie die Medienkompetenzförderung für so wichtig halten, dann können Sie uns sicherlich erklären, warum Sie mit der Neufassung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien zwingen, die Ausgaben für die Medienkompetenzförderung ab dem nächsten Jahr deutlich zu reduzieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Gerling, wenn Sie ein modernes und wegweisendes Jugendstrafvollzugsgesetz haben wollen, dann haben Sie dazu Gelegenheit. Sie können unserem Gesetzentwurf zustimmen.
Das können Sie tun, auch schon in der heutigen Lesung. Dann brauchen wir keine weiteren Änderungsanträge.
Frau Zeimetz-Lorz, Sie hatten in der Berichterstattung den Gesetzentwurf der FDP vergessen. Ich teile Ihre Auffassung: Den kann man auch vergessen. Ich habe das in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs schon ausgeführt und muss das nicht wiederholen.
Wir haben eine sehr ausführliche und sehr fundierte schriftliche und mündliche Anhörung zu den Gesetzentwürfen gehabt. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist dabei auf erhebliche Kritik gestoßen. Ich möchte die Kritik der beiden christlichen Kirchen hervorheben. Besonders sympathisch war mir naturgemäß die Stellungnahme des Beauftragten der Evangelischen Kirchen in Hessen, die nur schriftlich vorlag und nicht mündlich vorgetragen werden konnte. Deswegen hat sie in der Berichterstattung keinen Niederschlag gefunden. Aber ich erwähne sie hier besonders gerne. Sie setzt sich ausführlich mit dem Entwurf der Landesregierung auseinander und kritisiert z. B., dass Sie den geschlossenen Vollzug als Regelvollzug vorsehen. Man höre und staune: Beide christlichen Kirchen, die evangelische wie die katholische, verlangen wie wir, dass im Jugendstrafvollzug der offene Vollzug die Regel werden soll.
Dann heißt es in der Stellungnahme der Evangelischen Kirchen:
In diesem Sinne wird vorgeschlagen,der Fassung im Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu folgen...
Es geht dann in diesem Sinne weiter – ich zitiere weiterhin aus dieser Stellungnahme –:
Die Evangelischen Kirchen in Hessen vermissen in diesem Zusammenhang Aussagen zu Schwangerschaft und Mutterschutz. Sie schlagen vor, die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes... zu übernehmen. Siehe auch... Entwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN § 59.
Ich zitiere nur. – Gefordert werden auch bessere Möglichkeiten für Außenkontakte der Gefangenen. Ich zitiere auch hierzu:
Um den Kontakt der Gefangenen zu ihren Kindern besonders zu fördern, wird vorgeschlagen, Abs. 2 um folgende Sätze aus dem Entwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN... zu erweitern...
Dann folgt ein Zitat aus unserem Gesetzentwurf. – So geht es weiter. Bei der Ablehnung des Arrests, bei der Anordnung von Durchsuchungen, bei der Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle wird von der Evangelischen Kirche ausdrücklich unserem Gesetzentwurf der Vorzug gegeben.
In der Sache steht die Stellungnahme der Katholischen Kirche völlig in Übereinstimmung damit. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie müssen sich schon überlegen: Sie hängen zwar ein Kruzifix im Fraktionssitzungssaal auf, aber in der Sache ignorieren Sie die Stellungnahmen der christlichen Kirchen vollständig.
Herr Gerling, in Ihrem Änderungsantrag wollen Sie noch nicht einmal die Hinweise der Kirchen zur Gefangenenseelsorge,die sehr fundiert gewesen sind,aufnehmen.– So viel zu der Fraktion mit dem großen C im Namen.
Wir fühlen uns durch die Anhörung in wichtigen Passagen unseres Gesetzentwurfs bestätigt. Das gilt auch für die von Herrn Gerling angesprochene Frage des offenen Vollzugs. Herr Gerling, Sie haben gesagt, die Vollzugspraktiker seien einhellig der Auffassung gewesen, der geschlossene Vollzug müsse die Regel sein.– Da müssen wir auf einer anderen Veranstaltung gewesen sein.Ich räume ein,es war die Mehrheit der Vollzugspraktiker, die diese Auffassung vertreten hat. Allerdings weise ich auch darauf hin, dass die Vollzugspraktiker, die andere Auffassungen vertreten, z. B. der Leiter der JVA Rosdorf oder der JVA Adelsheim in Baden-Württemberg, die ebenfalls eingeladen waren, bei der Veranstaltung verhindert waren und deswegen ihre Auffassung nicht vortragen konnten, die lautet: Für die geeigneten Jugendgefangenen verdient der offene Vollzug den Vorzug. Es gibt einfach – das haben sie an mehreren Stellen ausgeführt – im offenen Vollzug we
niger Subkulturen, weniger Gewalt und damit mehr Chancen zur Resozialisierung.
Herr Gerling, unabhängig von den Vollzugspraktikern unterstützen die Vertreter der Fachverbände, der Wissenschaft, der Rechtsprechung und der Kirchen, die ich eben schon erwähnt habe, weit überwiegend unseren Ansatz oder haben zumindest gesagt, beide Vollzugsformen müssen gleichberechtigt behandelt werden.
Bei den christlichen Kirchen ist die Sichtweise natürlich geprägt von der Gefängnisseelsorge, von der ehrenamtlichen und der hauptamtlichen kirchlichen Straffälligenhilfe und der kirchlichen Jugendarbeit. Gerade diesen Blick von außen auf den Vollzug sollten Sie ernster nehmen, als Sie das bisher getan haben, und ihn nicht vollständig ignorieren.
Beeindruckend fand ich persönlich im Übrigen– das ging anderen wahrscheinlich auch so – die Stellungnahme der beiden Jugendrichterinnen aus Marburg, die wir eingeladen hatten. Sie haben sehr eindrucksvoll ihr Bemühen geschildert, junge Menschen, die nicht gelernt haben, sich bestimmten Regeln zu fügen – das ist das Hauptproblem –, an ein Leben unter Achtung solcher Regeln heranzuführen.
Sie haben ausdrücklich gesagt, ihnen wäre es sehr recht, wenn sie noch differenziertere Möglichkeiten hätten, als die Jugendlichen entweder in Freiheit zu lassen oder sie in den geschlossenen Vollzug zu schicken. Aus ihrer Sicht wäre es auf jeden Fall notwendig, mehr Plätze im offenen Vollzug vorzuhalten. Herr Gerling, das haben auch alle Praktiker gesagt, auch diejenigen, die, wie Sie völlig zu Recht gesagt haben, dem geschlossenen Vollzug im Prinzip den Vorrang geben. Selbst die haben gesagt: In Hessen gibt es für Jugendgefangene zu wenige Plätze im offenen Vollzug.
Ich darf daran erinnern – das wurde auch während der Anhörung noch einmal gesagt –: Nicht einmal 2 % der jugendlichen Strafgefangenen befinden sich in Hessen im offenen Vollzug. In manchen Jahren ist es sogar nur 1 %. In Niedersachsen sind es mehr als 17 %. In NordrheinWestfalen sind es mehr als 21 %. Kein Mensch glaubt, dass sich in den anderen Ländern die für den offenen Vollzug geeigneten und nur in Hessen die ungeeigneten Jugendgefangenen in Jugendhaft befinden.
Hinsichtlich der Frage offener oder geschlossener Vollzug geht die Landesregierung noch weit über das hinaus, was sie an und für sich mit ihrem Gesetzentwurf vorhat. Sie sagt, der geschlossene Vollzug solle die Regel sein. Nach der von Ihnen vorgesehenen Regelung wird der geschlossene Vollzug aber faktisch die einzige Strafvollzugsform sein, die Sie bei jungen Gefangenen vorsehen, die erstmals in Haft kommen. Nach Ihrem Gesetzentwurf wird es überhaupt nur möglich sein, während des geschlossenen Vollzugs die Bewährung für den offenen Vollzug zu erlangen. Nach Ihrem Gesetzentwurf müsste also jeder zunächst einmal zwingend in den geschlossenen Vollzug, ohne dass es die Möglichkeit geben würde, von Anfang an im offenen Vollzug untergebracht zu werden.
Das ist in den anderen Ländern ganz anders. Uns wurde geschildert, dass das sogar in Bayern anders ist. Sogar in Bayern ist die Möglichkeit vorgesehen, dass Erstverbüßer von Anfang an in den offenen Vollzug kommen.
Herr Gerling, ich sage Ihnen das, so glaube ich, zum 25. Mal. Ich werde nicht müde, es Ihnen zu sagen. Der offene
Vollzug bedeutet nicht, dass die jungen Gefangenen draußen frei herumlaufen.In der Justizvollzugsanstalt Rosdorf – das ist eine Anstalt des offenen Jugendstrafvollzugs – bekommen die jugendlichen Gefangenen in der Regel erstmals nach Ablauf von vier Monaten die Möglichkeit, unbegleiteten Ausgang zu haben.Offener Strafvollzug bedeutet nicht Freigang. Ich wollte das wieder einmal vollkommen klarstellen.
Wir haben in der Anhörung auch die Vermischung des Erziehungsziels mit dem Ziel der Sicherheit für die Allgemeinheit erörtert. Das ist bei vielen Sachverständigen auf erhebliche Kritik gestoßen. In der Tat wurde während der Anhörung ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass die Formulierung, die die Landesregierung gewählt hat, nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht. Danach muss nämlich in der Tat die Resozialisierung alleiniges Ziel im Jugendstrafvollzug sein. In diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, dass es da keinen Widerspruch zur Sicherheit gibt. Den gibt es auch nicht. Denn die größte Sicherheit erzielt man natürlich mit einer erfolgreichen Resozialisierung. Deshalb ist es aus Sicht der meisten, die Stellung genommen haben, nicht sinnvoll, das in das Gesetz hineinzuschreiben und damit den Auftrag zur Resozialisierung zu relativieren.
Auch der von Ihnen vorgesehene Arrest als Disziplinarmaßnahme wurde von den Sachverständigen, die sich dazu geäußert haben, rundweg abgelehnt. Eine isolierte Einzelunterbringung wie der Arrest verstößt gegen die Regeln der Vereinten Nationen zum Schutze der Jugendlichen in Freiheitsentzug. Wir haben das immer gesagt. Wir sehen in unserem Gesetzentwurf den Arrest nicht als Disziplinarmaßnahme vor.Wir sehen uns hierin durch die Anhörung bestätigt.
Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass der Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln für die Jugendgefangenen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Auch das ist eine Regelung, die von den Sachverständigen erheblich kritisiert wurde. Die Kirchen schlagen z. B. vor, zumindest den Empfang von Paketen zu Weihnachten, zu Ostern und zum Geburtstag zu ermöglichen, wenn an diesen Tagen kein Ausgang gewährt wird.
Andere Sachverständige haben, wie ich finde, zu Recht darauf hingewiesen,dass die Einkaufsmöglichkeiten beim Kiosk der Anstalt nicht den Lieblingskuchen von der Oma, die Lieblingsschokolade oder eine besondere, immer gern gegessene Wurst ersetzen können.Es kann sogar erhebliche resozialisierende Wirkung haben, wenn Angehörige, Freunde oder wer auch immer mit kleinen Aufmerksamkeiten in einem kleinen Paket die Brücke nach außen für hoffentlich bessere Tage aufrechterhalten. Dies kann erheblich zur Stabilisierung der jungen Gefangenen beitragen.
Diese Chance wollen Sie drangeben, nur um einen gewissen Kontrollaufwand einzusparen, der natürlich mit diesen Paketen verbunden ist. Das ist aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Ein Sachverständiger hat dazu gesagt: Das ist gegenüber den jugendlichen Gefangenen geradezu kleinlich.
Das Gleiche gilt auch für die Möglichkeiten, im Vollzug – natürlich unter Aufsicht – Computer zu nutzen, E-Mails zu schreiben oder zu empfangen sowie gegebenenfalls auch Spielkonsolen zu nutzen. Wenn das richtig ist, was wir beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt diskutiert haben, dass nämlich die Nutzung der neuen Medien bei den Jugendlichen heutzutage etwas völlig Selbstverständliches ist, dann werden Sie mit deren vollkommenem Ausschluss im Jugendstrafvollzug eine Scheinwelt schaffen, die mit dem, was die Jugendlichen vorher draußen erlebt haben und hinterher erleben werden, nichts zu tun hat. Mir ist völlig unklar, wie Sie dann wirkungsvoll resozialisieren wollen.
Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Kritikpunkte, die ich wegen der Kürze der Redezeit jetzt nicht erläutern kann.Wir werden die Gelegenheit der dritten Lesung nutzen, Änderungsvorschläge zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung einzubringen.
Wir werden bis zuletzt für ein Hessisches Jugendstrafvollzugsgesetz kämpfen, das von ideologischen Blockaden frei ist, das den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht und mit dem ein wirklich moderner Jugendstrafvollzug gestaltet werden kann. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe von dieser Stelle aus schon mehrfach Bedenken zur Sinnhaftigkeit einer generellen Befristung von Gesetzen geäußert, und das aus mehreren Gründen.
Erstens. Bei den Gesetzen, die aufgrund höherrangigen Rechts, der Verfassung oder Bundesrechts, zwingend notwendig sind, macht eine Befristung wenig Sinn, weil sie suggeriert, die Gesetze könnten auslaufen.
Zweitens.Wenn die in der Regel fünf Jahre lange Laufzeit nicht dazu genutzt wird, eine vernünftige Evaluierung durchzuführen, macht es noch weniger Sinn.
Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf erleben wir drittens, dass offenbar nicht einmal mehr der Anspruch besteht,
durch die Befristung eine tatsächliche Entrümpelung überflüssiger Vorschriften herbeizuführen. Wir erleben, dass auch die Geltung von Gesetzen verlängert wird, die in den letzten fünf Jahren nicht ein einziges Mal zur Anwendung gekommen sind. In einer Stellungnahme in der Regierungsanhörung ist sehr plastisch von einer Vorratsgesetzgebung die Rede gewesen. Vorratshaltung ist aber nach unserem Dafürhalten nicht zuvörderst Aufgabe der Gesetzgebung.
Ein anderes Problem erlebt man hier auch. Bei solchen Sammelgesetzen, mit denen einfach die Geltung von sechs Gesetzen verlängert wird, kann man die einzelnen Gesetze, die durchaus einer Diskussion wert wären, gar nicht mehr so diskutieren, wie es sinnvoll wäre. Frau Hofmann hat hier für die Beibehaltung des Bannmeilengesetzes argumentiert. Die Argumente, die sie genannt hat, sind das eine. In unserer Fraktion gibt es auch andere Erwägungen,ob es Sinn macht,dass sich die Demokratie vor allem wehrhaft nach außen zeigt, oder ob sie sich vielleicht auch für die Beteiligung von außen öffnen sollte. Es wäre sinnvoll,sich hier darüber zu unterhalten.Aber in einem Gesetzgebungsverfahren, in dem das sozusagen nebenbei gemacht wird, ist das sicherlich nicht fundiert möglich.
Auch für meine Fraktion gilt: Es gibt ein paar Punkte in dem Gesetz, die wir für richtig und sinnvoll halten. Deswegen werden wir es nicht ablehnen. Es gibt einige Punkte, die wir für unsinnig halten. Deswegen können wir dem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen. Im Ergebnis werden wir uns ebenfalls der Stimme enthalten. – Danke schön.
Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Meine Fraktion kann der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses zu der Petition Nr. 6157/16 nicht folgen und wird dagegenstimmen. Es geht bei dieser Petition um eine behinderte Schülerin mit Downsyndrom.
Die Siebenjährige ging bisher, wie es in Hessen inzwischen zum Glück üblich ist, zusammen mit nicht behinderten Kindern in den Kindergarten. Sie ist im Sportverein und in der Freizeit mit nicht behinderten Kindern zusammen. Die Eltern wollten, was ich gut nachvollziehen kann, ihr daher auch den Besuch der Regelschule zusammen mit nicht behinderten Kindern ermöglichen.
Nach dem Ergebnis des Förderausschusses wurde dies auch als möglich und sinnvoll erachtet. Ich muss jetzt notwendigerweise den Sachverhalt etwas verkürzen. Gleichwohl wurde sie vom Staatlichen Schulamt auf die Förderschule verwiesen.
Im Verfahren über den einstweiligen Rechtsschutz wurde dann vom Verwaltungsgericht vorgeschlagen,ihr zunächst vergleichsweise bis zu der Entscheidung in der Hauptsache den Besuch der Regelschule zu ermöglichen.Auf Betreiben des Staatlichen Schulamts wurde in diesen Vergleich ausdrücklich aufgenommen, dass während dieser Zeit keine sonderpädagogische Förderung stattfindet.
Das Verfahren hat im Augenblick folgenden Stand. Über den Widerspruch der Eltern gegen die Entscheidung des Staatlichen Schulamts hat dieses noch nicht entschieden. Diese Entscheidung steht also noch aus. Die Entscheidung in der Hauptsache, so hätten wir uns das gewünscht, hätte in dem Petitionsverfahren das Ergebnis haben sollen, dass dem Widerspruch abgeholfen wird.
Die Mehrheit will das aber nicht. Ich komme damit zum Kern der Angelegenheit. Die Kultusministerin sah sich während der Sitzung des Petitionsausschusses nicht in der Lage, die vom Förderausschuss als sinnvoll erachteten zehn Stunden sonderpädagogische Förderung zur Verfügung zu stellen. Dies war so, obwohl ein Sprecher des Kultusministeriums in der Sendung „hessen aktuell“ vom 3. August dieses Jahres mit Blick auf den gemeinsamen Unterricht Folgendes ausgeführt hat: Sollten es noch mehr Schüler werden,was kein Problem wäre,würde auch die Zahl der Stunden bzw. die Zahl der Lehrer entsprechend nach oben angepasst werden.
Nun wissen wir aufgrund der Antwort der Kultusministerin auf eine mündliche Frage aus der letzten Plenarsitzungsrunde, dass in Hessen zum neuen Schuljahr 203 behinderten Kindern der von den Eltern erwünschte Zugang zur Regelschule verwehrt wurde. Es gab keine Anpassung nach oben, nicht um eine Stunde. Ebenso wurde die Zahl der Lehrer auch nicht nach oben angepasst. Das Kultusministerium hat die Öffentlichkeit also getäuscht. Frau Kultusministerin, dafür tragen Sie die Verantwortung.
Frau Kultusministerin, behaupten Sie auch bitte nicht mehr, wie es noch in der Sitzung des Petitionsausschusses geschah, die Zuweisung des Kindes zur Förderschule sei aus pädagogischen Gründen erfolgt. Damit würden Sie uns nämlich die nächste Unwahrheit zumuten.
Sie wollen doch wohl nicht ernsthaft behaupten, das Staatliche Schulamt halte zwar aus pädagogischen Gründen den Besuch einer Förderschule für notwendig und damit den Besuch der Regelschule für nicht ausreichend, stimme dann aber auf der anderen Seite gleichwohl dem Vergleich zu, der den Besuch der Regelschule ohne eine sonderpädagogische Förderung vorsieht. Wenn dem so wäre, dann wäre die Zustimmung des Staatlichen Schulamts ein eklatanter Verstoß gegen seine Pflichten gewesen.
In der Tat ist es aber auch ganz anders. Der Grund für die Entscheidung des Staatlichen Schulamts findet sich in dessen Bescheid schwarz auf weiß wieder.Das ist auch die einzige Begründung, die in dem Bescheid abgegeben wurde. Ich zitiere:
Die für Ihr Kind erforderlichen Maßnahmen der sonderpädagogischen Förderung können aufgrund der personellen Voraussetzungen in der allgemeinen Schule nicht erfolgen.
Das ist der einzige Grund,den das Staatliche Schulamt genannt hat.
Im Übrigen gab in der Sendung „de facto“ vom vergangenen Sonntag die Leiterin des Staatlichen Schulamts in Kassel die gleiche Begründung mit Blick auf einen anderen Fall in Kassel ab. Auch sie hat erklärt, es habe keine pädagogischen Gründe gegeben, ausschließlich das fehlende Personal sei Grund für das Verweisen auf die Sonderschule.
Die Lehrer, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler wissen es längst: Diese Landesregierung ist nicht willens und nicht in der Lage, ausreichend Personal für den gemeinsamen Unterricht zur Verfügung zu stellen.
Sie haben die Zahl der Lehrerstellen von 552 auf 522 gekürzt.
Man sollte die Zahlen berücksichtigen.Noch im Schuljahr 1999/2000 – das ist das erste dieser Kultusministerin – stand eine sonderpädagogische Förderkraft im gemeinsamen Unterricht 4,5 Schülerinnen und Schülern zur Verfügung. Im Schuljahr 2005/2006 sind es rund sechs Schülerinnen und Schüler. Das ist das Ergebnis von sieben Jahren Schulpolitik der Frau Wolff.
Inzwischen ist die Integrationsquote bei den praktisch Bildbaren von 3,3 zu Beginn der Amtszeit von Karin Wolff auf 2,3 abgesunken. Man muss feststellen:Während der Amtszeit von Karin Wolff geht eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Kind mit sogenannter geistiger Behinderung in die Regelschule kommt.
Das ist das Entscheidende: Hinter all diesen Zahlen verbergen sich Einzelschicksale wie das unserer Schülerin. Sie enthalten den Kindern Lebenschancen vor. Unsere Schülerin hatte bisher nicht das Gefühl, benachteiligt zu werden. Jetzt wird ihr das von Ihnen nachdrücklich und nachhaltig vermittelt.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Wir wissen, dass Kinder, die im gemeinsamen Unterricht die Schule besuchen,größere Chancen haben,einen anderen Arbeitsplatz als einen in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu finden.
Sie wollen dem nicht einmal im Einzelfall abhelfen. Deswegen können wir der Beschlussempfehlung nicht zustimmen.
Ich frage die Landesregierung:
Trifft es zu,dass die LUSD an den Schulen für Erwachsene nach der Eingabe der Daten der – durchweg volljährigen – Schüler regelmäßig eine Fehlermeldung erstellt, wenn niemand als „erziehungsberechtigt“ eingetragen ist?
Ist Ihnen bekannt, dass bei erwachsenen Schülerinnen und Schülern, aber auch bei anderen erwachsenen Personen Eltern keine Berechtigung mehr haben, dass es Vormünder gar nicht mehr geben kann und Amtsvormünder auch nicht?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die politische Brisanz des vorliegenden Gesetzentwurfs ist sicherlich überschaubar.Aus meiner Sicht gibt es im Augenblick drei Anmerkungen.
Erstens. Die Wiederholung der bestandenen zweiten juristischen Staatsprüfung zum Zweck der Notenverbesserung zu ermöglichen macht Sinn und wird von uns unterstützt.
Zweitens. Die hierfür vorgesehene Gebühr von 500 c ist auf den ersten Blick plausibel kalkuliert und deswegen wohl auch in Ordnung.Wir sollten allerdings in Erwägung ziehen, dass vielleicht in Einzelfällen zur Vermeidung von Härtefällen – z. B. aus sozialen Gründen – diese Gebühr entfallen oder reduziert werden könnte.
Drittens. Dies ist eine kritische Anmerkung. Ich halte Ihren Vorschlag für mindestens diskussionswürdig, eine Wiederaufnahme in den Vorbereitungsdienst als Referendar auch dann zu verweigern, wenn jemand die Prüfung zweimal nicht bestanden hat und es ihm ausnahmsweise gestattet wird, die Prüfung zum dritten Mal abzulegen.Da war bisher die Möglichkeit gegeben, wieder in den Vorbereitungsdienst zurückzukehren.
Dies soll jetzt abgeschafft werden, und zwar mit der Begründung: Auch die Wiederholer einer bestandenen Prüfung können ja nicht zurück in den Vorbereitungsdienst, was übrigens unstreitig und sinnvoll ist. Es macht keinen Sinn,wenn jemand zur Notenverbesserung – sozusagen zu seinem Privatvergnügen – eine Prüfung wiederholt, ihn dann mit der Ausbildungsvergütung in der Zwischenzeit zu alimentieren. Es ist völlig klar, dass das keinen Sinn macht.
Aber diejenigen,die die Prüfung noch nicht bestanden haben und denen ausnahmsweise gestattet wurde, sie ein drittes Mal abzulegen, haben bereits viel Zeit und Geld investiert, und der Staat hat ebenfalls viel Geld investiert, sodass der Staat auch ein eigenes Interesse daran hat,dass beim dritten Mal die Prüfung klappt, um einen berufsqua
lifizierenden Abschluss zu erreichen. Deswegen sollte es meines Erachtens bei der jetzigen Regelung in diesem Fall verbleiben. Wir werden das sicherlich im Ausschuss beraten. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn die Landesregierung schläft, muss der Landtag eben handeln. Wir legen Ihnen heute einen Gesetzentwurf vor, mit dem die Gleichbehandlungsrichtlinien der Europäischen Union in hessisches Landesrecht umgesetzt werden sollen. Hierzu sind die Bundesländer nämlich ebenso verpflichtet wie der Bund.
Zur Erinnerung: Der Bund hat mit der Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes seine Verpflichtung zumindest dem Grundsatz nach im Wesentlichen erfüllt.
Die Landesregierung allerdings macht bisher keine Anstalten, ihrer Verpflichtung aufgrund des Gemeinschaftsrechts nachzukommen. Deswegen legen wir Ihnen heute unseren Entwurf für ein Hessisches Gleichbehandlungsgesetz vor.
Er ist zugleich auch ein weiterer Baustein im unermüdlichen Einsatz der GRÜNEN-Fraktion für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung.
Eines der wichtigsten Dokumente für die Menschen- und Bürgerrechte ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Sie wurde von der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 1948 verabschiedet. Ich darf die einleitenden Worte der Deklaration verlesen. In Art. 1 heißt es:
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Diese Menschenrechtsdeklaration war zweifelsfrei, international gesehen, ein Meilenstein im Kampf für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Selbstverständlich ist auch uns klar, dass internationale Deklarationen, Vereinbarungen oder nationale Gesetze Benachteiligungen nicht per Dekret abschaffen können. Die Diskriminierung der Menschen findet vor allem auch in den Köpfen statt. Die Einstellungen von Menschen lassen sich durch Dekrete nicht einfach ändern.Zum Glück ist das so. Das ist auch uns bekannt.
Die Gleichberechtigung aber, oder, wie die Deklaration sagt, die Anerkennung, dass alle Menschen frei und gleich geboren sind, muss jeden Tag neu erarbeitet und neu erkämpft werden. Unserer Überzeugung nach haben Menschen, die mehr als andere von Benachteiligung betroffen sind, einen Anspruch darauf, dass sich das Recht auf ihre Seite stellt. Die Repräsentanten des Gemeinwesens müssen angehalten werden, diskriminierungsfreie Entscheidungen zu treffen. Die Unterschiede der Menschen sollen als Bereicherung und nicht als Anlass für Diskriminierungen wahrgenommen werden.
Diese Erkenntnis hat sich auch während der europäischen Einigung in einem langen Prozess zu dem entwickelt, was wir den europäischen Gleichbehandlungsgrundsatz nennen können. Niemand darf wegen seiner Rasse oder ethnischen Herkunft, seines Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz kommt im Entwurf des Verfassungsvertrags und in einer Reihe von Richtlinien der Europäischen Union zum Ausdruck. Nach den Richtlinien gilt er
auch für die Bildung zwingend. Für die Bildung haben nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Länder, und zwar ausschließlich, die Gesetzgebungskompetenz.
Hieraus folgt, dass die Länder nach dem Recht der Europäischen Union zwingend verpflichtet sind,diesen Gleichbehandlungsgrundsatz in ihr Landesrecht zu überführen. Dem soll unser heute eingebrachter Gesetzentwurf dienen.
Wir schlagen Ihnen deshalb vor, im Hessischen Schulgesetz, im Hochschulrecht und im Weiterbildungsrecht dieses Benachteiligungsverbot bzw. diesen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend zu verankern. Zugleich möchten wir, dass die Schulen und die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe verpflichtet werden, den Gleichbehandlungsgrundsatz auch in ihrer täglichen Arbeit umzusetzen und diesen den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen zu vermitteln.
Dazu gehört nach unserer Vorstellung auch die Aufgabe, junge Menschen mit homosexueller Identität dabei zu unterstützen, diese zu bekennen. Wir glauben, dass es für die betroffenen Menschen durchaus sinnvoll ist, dass dieses sogenannte Coming-out nicht erst im fortgeschrittenen Erwachsenenalter erfolgt, wie es bei Frau Ministerin Wolff der Fall war. Vielmehr sollte das durchaus in der Zeit geschehen, in der sich die Betroffenen in der Adoleszenz befinden, oder sogar noch früher.
Wir wollen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz aber auch in anderen Bereichen übernommen wird. Das ist der Gegenstand unseres Vorschlags. Das soll nach unserer Vorstellung z. B. auch für die Auswahl und die Ernennung von Beamten gelten. Unserer Vorstellung nach darf künftig bei der Auswahl und Ernennung von Beamten niemand mehr wegen seines Geschlechts, der Abstammung, der ethnischen Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politischer Anschauung, Herkunft, Beziehung oder sexueller Identität benachteiligt werden.
Das ist ein etwas umfangreicherer Katalog geworden,weil wir da nicht nur die Bestandteile aufgenommen haben wollen, die im europäischen Gleichbehandlungsgrundsatz enthalten sind. Dort sollen auch diejenigen stehen, die bereits heute im Gesetz stehen. Das ergibt dann einen etwas umfangreicheren Katalog an Benachteiligungsverboten, die dort nach unserer Vorstellung berechtigterweise stehen sollten.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für das Personalvertretungsrecht.Bereits heute sind Dienststellen und Personalräte verpflichtet, die Gleichberechtigung beim Personal zu überwachen. Wir wollen die Diskriminierungsmerkmale, die in diesem Zusammenhang Beachtung finden sollen, im Rahmen des europäischen Gleichbehandlungsgrundsatzes erweitern. Außerdem wollen wir, dass die Dienststellen und die Personalvertretungen verpflichtet werden, darauf hinzuwirken, dass dies auch eingehalten wird. Schließlich wollen wir die bereits bestehenden Regelungen im HR-Gesetz über Sendeverbote entsprechend anpassen, damit das hessische Landesrecht insgesamt – jedenfalls nach unserer Vorstellung – in allen Bereichen, in denen dies möglich ist, dem europäischen Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht, nicht nur im Bildungsrecht – das ist zwingend vorgesehen in den EURichtlinien –, sondern auch in anderen Bereichen. Es macht aus unserer Sicht Sinn, dass das hessische Landesrecht in diesen Bereichen homogen gestaltet wird.
Wir sind gespannt, wie sich die anderen Fraktionen zu unserem Gesetzentwurf stellen werden. Nach unserer Überzeugung teilt die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung unser Anliegen, dass Diskriminierungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden müssen. Wir sehen uns darin auch bestärkt durch die Ergebnisse des Eurobarometers 57.0, in dem es um Diskriminierung in Europa ging. Der überwiegende Anteil der Bevölkerung hat hierbei zum Ausdruck gebracht,dass es vernünftig und sinnvoll ist, sich gegen Diskriminierung zu wenden. Wir glauben, dass wir mit diesem Gesetzentwurf insoweit auf dem richtigen Weg sind.
Speziell die Haltung der CDU-Mehrheitsfraktion zu unserem Entwurf wird zeigen, ob Sie diesbezüglich schon in der Gegenwart angekommen sind oder ob Sie immer noch in altem, keineswegs diskriminierungsfreiem Denken verhaftet sind.
Ich habe mit Interesse gelesen, was der Herr Ministerpräsident neulich gegenüber der Yellow Press ausgeführt hat: Ich achte unterschiedliche Lebensformen. Homosexuelle dürfen nicht diskriminiert, Homosexualität darf nicht tabuisiert werden. – Damit hat er recht. Das ist ein Fortschritt, zumal in der CDU-Fraktion noch die Auffassung vertreten wird, Homosexualität sei behandlungsfähig und behandlungsbedürftig. Wir werden an diesem Punkt sehen, ob es sich bei den Äußerungen des Ministerpräsidenten nur um eine Sprechblase handelt oder ob Sie tatsächlich in der Gegenwart angekommen sind.
Wenn Sie in der Gegenwart angekommen sind, dann können Sie unseren Gesetzentwurf nicht einfach ablehnen. Das geht nach unserer Überzeugung ohnehin nicht; denn Hessen ist europarechtlich verpflichtet, sein Landesrecht anzupassen. Wir legen Ihnen hierfür heute ein Konzept vor und erwarten und erhoffen eine breite Zustimmung. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte nur kurz zu zwei Aspekten Stellung nehmen. Herr Beuth, es ist nicht verboten, auf die Logik der Argumente zu achten. Wenn Sie uns vorwerfen, dass wir heute einen Gesetzentwurf einbringen,um ihn – wie Sie sagen – durch die Gremien zu jagen, dann darf ich daran erinnern, dass die Landesregierung in dieser Plenarrunde sechs Gesetzentwürfe und die CDU-Fraktion zwei Gesetzentwürfe in erster Lesung eingebracht haben.
Wenn Sie diese durch die Gremien jagen wollen, wie Sie das so salopp formuliert haben, dann wäre es ein Leichtes, unseren Gesetzentwurf mit zu behandeln. Es wäre einer von neun. So behandeln Sie möglicherweise nur acht. Es ist also nur ein – wie ich finde – intellektuell ziemlich niveauloses Argument, so zu tun, als würden wir etwas missbrauchen. Das ist dummes Zeug.
Wenn Sie nicht Ihre eigenen Gesetzentwürfe zurücknehmen, weil dafür keine Zeit mehr ist, dann müssen Sie sich auch gefälligst Zeit für die Gesetzentwürfe anderer nehmen.
Zweiter Aspekt. Sie haben immerhin eingeräumt, dass mein Argument zutreffend ist, dass die EU-Richtlinie erfordert, dass im Bereich der Bildung nach Europarecht das Diskriminierungsverbot umgesetzt werden muss. Sie haben nämlich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verwiesen, in dem in der Tat in § 2 Abs. 1 das Stichwort Bildung enthalten ist. Sie wissen aber genauso gut wie ich und wie der Rest des Hauses,dass der gesamte Bereich des Schulrechts, des Hochschulrechts ausschließlich in der Gesetzgebungskompetenz der Länder ist, im Hochschulrecht sogar durch die Föderalismusreform verstärkt, weil die Rahmengesetzgebung des Bundes aufgehoben worden ist.
Das heißt, wenn Sie in dem einen Satz einräumen, dass im Bereich der Bildung das Diskriminierungsverbot zwingend nach Europarecht umgesetzt werden muss, können Sie auf der anderen Seite nicht sagen, das Land Hessen brauche nicht zu handeln.Auch das ist ein Widerspruch in sich, den ich so nicht durchgehen lassen kann. Selbstverständlich ist das Land Hessen verpflichtet, sein Schul
recht, sein Hochschulrecht und nach unserer Auffassung auch sein Weiterbildungsrecht anzupassen. – Danke schön.
Ich frage die Landesregierung:
Wie viele Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden zum Beginn des neuen Schuljahres von den Staatlichen Schulämtern einer Förderschule zugewiesen, obwohl die Eltern eine Beschulung im gemeinsamen Unterricht gewünscht hatten?
Frau Staatsministerin, ich bin angesichts der öffentlichen Erklärung des Sprechers des Kultusministeriums in der Sendung des hr „Hessen aktuell“ vom 03.08.2007 über Ihre Antwort einigermaßen erstaunt. Dort erklärte er im Hinblick auf den gemeinsamen Unterricht Folgendes: „Sollten es noch mehr Schüler werden, was kein Problem wäre, würde entsprechend auch die Stundenzahl bzw. die Lehrerzahl nach oben angepasst werden.“ Auf der Grundlage dieser Erklärung dürfte es eigentlich kein Problem gewesen sein, allen Wünschen nachzukommen.
Wir wissen aus der Beantwortung natürlich auch, dass die Zahl der Kinder im gemeinsamen Unterricht für praktisch Bildbare und Lernhilfe deutlich zurückgegangen ist. Aber noch einmal die Frage: Hat Ihr Sprecher die Öffentlichkeit und vor allem die Eltern der betroffenen Kinder falsch unterrichtet, als er erklärt hat: „Wenn es mehr Bedarf gibt, dann wird dieser auch befriedigt“? Wäre das der Fall gewesen, hätte es nicht zu 203 Ablehnungen kommen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet,um eine Frage zu beleuchten,zu der die schriftliche Begründung des Gesetzentwurfes erstaunlicherweise ebenso wenig etwas sagt, wie Herr Beuth heute dazu ausgeführt hat, und zu der Herr Bouffier nur Falsches gesagt hat, nämlich die Frage der Gesetzgebungsbefugnis des Landes.
Wir sind uns wahrscheinlich einig: Wann immer der Landesgesetzgeber handelt, braucht er eine Gesetzgebungskompetenz. Das Entscheidende hierfür ist die Kompetenzordnung des Grundgesetzes. Hier kann jedenfalls ich persönlich keine Gesetzgebungsbefugnis des Landesgesetzgebers für dieses Gesetz erkennen.Wir sind uns wahrscheinlich darüber einig, dass Sie durch diesen Gesetzentwurf in einem Teilbereich den Lohn von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern regeln wollen.Wir sind uns wahrscheinlich auch noch darüber einig, dass es sich hierbei logischerweise um eine Regelung auf dem Gebiet des privatrechtlichen Arbeitsrechts handelt. Wir sind uns ebenfalls noch darüber einig, dass das Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung und des Tarifvertragsrechts nach dem Grundgesetz der konkurrierenden Gesetzgebung zugewiesen ist. Das ist der entscheidende Punkt.
Nach der konkurrierenden Gesetzgebung ist eine Regelung des Landesgesetzgebers ausgeschlossen – ausgeschlossen –, wenn der Bund seinerseits auf dem Gebiet abschließende fundierte Regelungen getroffen hat. Das ist hier der Fall. Es gibt bundesgesetzliche Regelungen, die bestimmen, wie der Lohn eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin zustande kommt: entweder durch arbeitsvertragliche Einzelvereinbarung – geregelt im Bürgerlichen Gesetzbuch – oder durch Betriebsvereinbarungen – geregelt im Betriebsverfassungsgesetz –, oder durch Tarifvertrag – geregelt im Tarifvertragsgesetz.All das sind Regelungen des Bundes.An keiner Stelle gibt es hier eine Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers.
Herr Bouffier, wenn es richtig wäre, was Sie sagen, dass aus dem Haushaltsrecht eine Gesetzgebungsbefugnis folgt,
dann hätten wir in jedem Falle schon eine Änderung des alten BAT gesetzlich absichern müssen. Das haben wir nicht gemacht. Der Haushaltsgesetzgeber muss seinen Haushalt regeln.Aber eine Gesetzgebungskompetenz des Landes, den Lohn von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern festzusetzen, kann ich nicht entnehmen. Das folgt vielleicht aus den Allmachtsfantasien der CDUFraktion, keinesfalls aber aus der Kompetenzordnung des Grundgesetzes.
Ich verstehe: Sie wollen Wahlgeschenke verteilen und handeln dabei schlicht nach dem Motto: „legal, illegal, schnurzegal“.
Wenn Sie dieses Gesetz tatsächlich verabschieden sollten, schwebt über den angeblichen Wohltaten,die Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zukommen lassen wollen, das Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit. Sie versprechen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Brot und geben ihnen Steine mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit. Ich glaube, eine größere Missachtung gegenüber den Beschäftigten kann man kaum zum Ausdruck bringen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schauen wir uns doch einmal an, was eigentlich passiert ist. Ein Anwaltverein beschwert sich beim Justizminister über eine Rechtsreferendarin, die während der mündlichen Verhandlung des Richters, dem sie zur Ausbildung zugewiesen ist, mit einem Kopftuch neben ihm auf der Richterbank sitzt. Das ist zunächst der Ausgangspunkt.
Nun kann man sich überlegen: Was hätte ein verantwortungsbewusster Justizminister in diesem Fall getan? – Er hätte den zuständigen Landgerichtspräsidenten angerufen oder angeschrieben, ihn gebeten, die Referendarin darauf hinzuweisen, dass sie mit dem Kopftuch nicht auf der Richterbank sitzen darf, und die Staatsanwaltschaft darauf hingewiesen, dass sie nicht die Beweisaufnahme durchführen und keine Sitzungsvertretung für die Staatsanwaltschaft mit Kopftuch machen darf. Damit wäre die Situation geregelt gewesen.
So hätte ein verantwortungsbewusster Justizminister reagiert. Aber wir haben Herrn Banzer als Justizminister. Was hat er gemacht?
Mit missionarischem Eifer hat er erst einmal prüfen lassen, ob man die Referendarin ganz aus dem Beamtenverhältnis werfen kann. Nach Auskunft von seinem Hause und von anderen Ländern, die ihm da auf die Sprünge geholfen haben, war dies wegen des Ausbildungsmonopols des Staates für den juristischen Bereich nicht möglich – eine Erkenntnis, auf die im Übrigen ein Justizminister selbst hätte kommen können.
Dann geht er aber weiter.Wenn er sie schon nicht herauswerfen kann, überlegt er sich: Vielleicht kann ich sie wenigstens hinausekeln. – Er weist nämlich nicht nur – wie ich finde, völlig zu Recht – den Landgerichtspräsidenten und den Ausbilder darauf hin, dass die Kopftuch tragende Referendarin mit dem Kopftuch nicht am Richtertisch sitzen darf. Er kündigt gleichzeitig noch an, dass diese nicht erbrachten Leistungen mit „ungenügend“ bewertet werden. Er gibt das Ganze an die Presse, und heute wird dazu noch eine Aktuelle Stunde nachgelegt.
Herr Banzer, Sie haben die Referendarin zur Ausbildung übernommen. Sie haben auch Fürsorgepflichten als Dienstherr.
Wenn Sie eine Referendarin öffentlich in dieser Weise an den Pranger stellen, dann werden Sie dieser Ihrer Verantwortung einfach nicht gerecht.
Es gibt einen Ausbildungsplan für Referendare. Er stellt Regeln über Leistungen auf, die in den einzelnen Stationen erbracht werden müssen und allerdings in den wenigsten Fällen eingehalten werden. Ob Referendare tatsächlich Beweisaufnahmen – zwei sind z. B. in der ersten Station vorgesehen – durchführen oder Sitzungsvertretung für die Staatsanwaltschaft wahrnehmen, richtet sich nach den Besonderheiten des Einzelfalles, ob z. B. einem Ausbilder überhaupt geeignete Akten und Verfahren zur Verfügung stehen.
Es gibt Referendare, die in ihrem Leben keine Beweisaufnahme durchgeführt haben. Dann wird dieser Ausbildungsabschnitt nicht bewertet. Aber Sie sagen: In diesem Fall wird er mit „ungenügend“ bewertet. – Das ist eine gewollte Schikane gegenüber einer missliebigen Referendarin.
Ich teile die Auffassung, solange sie ein Kopftuch trägt, kann sie nicht als Richterin oder Staatsanwältin auftreten. Dem steht die Neutralitätspflicht des Staates entgegen. Aber es gibt eine ganze Reihe von anderen juristischen Tätigkeiten. Sie kann Rechtsanwältin werden.Viele international tätige Wirtschaftsunternehmen suchen im Übrigen gut ausgebildete junge Menschen mit Migrationshintergrund, möglicherweise auch Spracherfahrung, wobei ich gar nicht weiß, ob die Referendarin überhaupt eine andere Sprache spricht.
Es gibt jedenfalls gute Berufschancen,die Sie ihr eher verbauen wollten. Und das ist nicht in Ihrem Verantwortungsbereich.
Herr Beuth, Frau Hofmann hat schon darauf hingewiesen, die Motive für junge muslimische Frauen, ein Kopftuch zu tragen, sind mindestens so vielfältig, wie die Anzahl der Kopftuchträgerinnen groß ist. Es gibt praktisch keine zwei übereinstimmenden Überzeugungen. Sie behaupten, das muslimische Kopftuch – das haben Sie heute wieder gesagt – stehe für ein Frauenbild, wonach die Frau dem Mann untergeordnet ist, für Haus und Kinder zu sorgen hat und sogar dem Züchtigungsrecht des Mannes unterliegt.
Nun kenne ich diese junge Frau,diese Referendarin nicht. Ich weiß nicht, warum sie ein Kopftuch trägt. Ich weiß auch nichts über ihren familiären und kulturellen Hintergrund. Aber eines kann man jedenfalls sagen: Sie hat ein Hochschulstudium absolviert, sie strebt eine qualifizierte Ausbildung an und entspricht damit jedenfalls nicht dem Frauenbild, das nach Ihrer Auffassung durch das Kopftuch symbolisiert wird.
Sie zeigt Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein. Es ist nicht überliefert, dass sie z. B. immer nur in männlicher Begleitung in den Ausbildungsstationen aufgetreten ist – von Vater, Bruder oder Ehemann.