Protokoll der Sitzung vom 25.01.2005

Sehr geehrte Exzelllenzen, Herr Ministerpräsident, meine Damen und Herren der Landesregierung, verehrte Abgeordnete des Hessischen Landtags, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 26.Dezember letzten Jahres erhielt die Welt die Nachricht von der größten Naturkatastrophe seit Menschengedenken. In diesem Augenblick konnte noch niemand ermessen, welche schreckliche Katastrophe die Küsten des Indischen Ozeans heimgesucht hatte. Nur langsam wurde klar, welches schlimme Schicksal diese Region ereilt hatte. Von Stunde zu Stunde umspann die ganze Welt mehr und mehr Entsetzen und Trauer.

Heute wissen wir, dass 226.000 Menschen vor allem in Indonesien,in Sri Lanka,in Thailand,in Indien und in weiteren Ländern der Region dieser Naturkatastrophe in wenigen Minuten zum Opfer fielen. Zudem löste dieses Ereignis in vielen Ländern der Welt durch die Tatsache, dass unter den Opfern viele Urlauber zu beklagen sind, unmittelbare Betroffenheit aus – so auch in unserem Land. Zahlreiche deutsche Urlauber werden bis heute vermisst, aus Hessen allein 50. In einzelnen Fällen besteht aber schon traurige Gewissheit über ihr Schicksal. So wurden auch bereits zwei hessische Flutopfer identifiziert.

Wir gedenken heute der Opfer, deren Angehörigen der Hessische Landtag seine tief empfundene Anteilnahme bekundet. Unser Mitgefühl gilt den zahlreichen Verletzten und Obdachlosen,die nun dringend auf internationale Hilfe angewiesen sind. Diese Katastrophe hat weltweit eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben mit ihrer großzügigen Spendenbereitschaft ihrer Betroffenheit Ausdruck gegeben, und der Hessische Landtag zollt dieser großartigen Hilfsbereitschaft seinen Respekt. Allein bei der Aktion „Hessen hilft den Flutopfern“, die von der Hessischen Landesregierung gemeinsam mit dem Verband der hessischen Zeitungsverleger ins Leben gerufen wurde, gingen bisher fast 600.000 c ein. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslandes haben aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und ihrer Tätigkeit in verschiedenen Hilfsorganisationen vor Ort im Katastrophengebiet bereits Hilfe leisten können, spontan und selbstlos. Der Hessische Landtag dankt allen Beteiligten für diese vorbildliche Hilfsbereitschaft.

Im Angesicht dieses Schreckens werden wir nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen können, auch wenn wir unseren Tagespflichten nachkommen müssen. Wir sind mit der Gewalt der Natur konfrontiert worden, die wir nicht beeinflussen können, gegenüber der wir bestenfalls zusätzliche und neue Schutzmechanismen aufbauen können. Uns ist aber auch klar, dass es Naturkatastrophen gibt, deren Ursachen von der Menschheit beeinflusst sind und gegenüber denen wir eine Chance haben, sie einzudämmen und im Rahmen der menschlichen Möglichkeiten zu kontrollieren. Wir werden in diesen Tagen auch daran erinnert, dass es auf unserer Erde Regionen gibt, in denen sich tagtäglich – schleichend wie auch konkret sichtbar – menschliche Tragödien abspielen, ausgelöst durch Armut, Hunger und Krankheiten.

Der berechtigte Hinweis darauf darf nicht dazu führen, die Katastrophe in Südostasien zu relativieren. Hier muss die zugesagte Hilfe kurz- und mittelfristig eingehalten werden. Sicher aber ist, dass uns deutlich wird, dass wir

weltweite Hilfe zukünftig stärker und nachhaltiger zu gestalten aufgerufen sind. Insofern ist es richtig, im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe, der jetzt unsere Aufmerksamkeit gelten muss, an die Katastrophen in vielen Teilen dieser Welt zu erinnern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Gedenken gilt den Opfern in den betroffenen Ländern Südostasiens. Wir sprechen auch den Regierungen und über die Regierungen den Menschen dort unsere Anteilnahme aus. Ich danke dem Generalkonsul der Republik Indonesien, Herrn Dalimunthe, dem Honorarkonsul der Republik Malediven, Herrn Mücke, sowie dem Konsul des Königreichs Thailand, Herrn Jivasakapimas, für ihre Teilnahme an der Andacht in der Marktkirche und zu Beginn der heutigen Sitzung. Ich bitte Sie, unsere Anteilnahme und unsere Zeichen der Solidarität Ihren Regierungen und Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu übermitteln. Dem Generalkonsul der Republik Indien, Herrn Kumar, werde ich das mitteilen. Er hatte leider keine Gelegenheit, heute hier teilzunehmen.

Mein Dank gilt auch und besonders Herrn Dekan Hans Martin Heinemann von der evangelischen Kirche, Herrn Stadtdekan Ernst Ewald Roth von der katholischen Kirche und dem Kantor Hans Uwe Hielscher für die Gestaltung der Andacht, die wir eben gemeinsam erlebt haben.

Meine Damen und Herren,ich bitte Sie nun,sich zu einem Gedenken der Stille von Ihren Plätzen zu erheben.

(Schweigeminute)

Ich danke Ihnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie zur ersten Sitzung des Hessischen Landtags im Jahr 2005. Ich möchte zunächst, und das aus tiefer Überzeugung und von ganzem Herzen, Ihnen allen, den Abgeordneten, aber auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und der Landesregierung, allen, die uns in der Öffentlichkeit begleiten, der Presse, den Bürgerinnen und Bürgern, wie auch den hier Anwesenden, für dieses Jahr alles Gute wünschen, gute Gesundheit und eine zufriedene berufliche Tätigkeit. Uns gemeinsam wünsche ich, dass wir erfolgreich sind, jeder auf seinem Platz, auf den er berufen ist, und jeder in dem Sinne, wie er seine Ziele gesteckt hat.

Ich begrüße Sie gleichzeitig zum ersten Mal hier im Stadtverordnetensitzungssaal der Landeshauptstadt Wiesbaden. Es ist nun so weit:Wir sind hier.Wir haben lange darüber gesprochen, nun endlich sind wir hier.

(Heiterkeit)

Aber ich will natürlich auch jetzt zu Beginn den Verantwortlichen unserer Landeshauptstadt, Frau Stadtverordnetenvorsteherin Thiels und Herrn Oberbürgermeister Hildebrand Diehl, und den Körperschaften dieser Stadt ganz herzlich danken, dass wir hier zwei Jahre lang zu Gast sein dürfen. Ich bedanke mich jetzt schon – das werde ich morgen noch einmal tun –, dass Frau Stadtverordnetenvorsteherin Thiels uns morgen in der Mittagspause zu einem Begrüßungsumtrunk einladen wird. Dies verstehen wir als ein Zeichen der besonderen Freude,dass wir hier sein können.

Meine Damen und Herren, zur Vorbereitung dessen, dass wir hier die Übergangsphase gestalten können, bedurfte es vieler Menschen, die mit Kopf und Muskeln an dieser Stelle tätig waren. Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowohl der Landtagsverwaltung

wie auch der städtischen Verwaltung bedanken, dass dies so möglich geworden ist – bei allen Schwierigkeiten, die wir hatten.

(Allgemeiner Beifall)

In den letzten Wochen bin ich dankenswerterweise in Vertretung von Ihnen allen von vielen Kolleginnen und Kollegen der schreibenden,filmenden und tonaufnehmenden Zunft gefragt worden, wie sich das nun gestalten werde, wenn wir so eng zusammensitzen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fragen wir uns auch!)

Offensichtlich ist die Fragestellung daraus entstanden, dass man eine Erfahrung aus dem Hessischen Landtag hat, wo man es als günstig empfunden hat, dass wir etwas weiter auseinander sitzen, hinsichtlich der Reibungsflächen. Meine Antwort war: Je enger wir zusammensitzen, desto mehr empfinden wir etwas Gemeinsames für dieses Land.Das ist der Auftrag,den wir alle haben,egal auf welcher Seite.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Deswegen: Wir werden enger zusammensitzen. Wir werden uns im Interesse des Landes kräftigst über die Ziele streiten.Wir werden kontrovers sein und friedlich vereint jeden Abend diesen Saal verlassen.

Meine Damen und Herren, es sind einige Anpassungen notwendig, die wir üben müssen. Aber wir sind erwachsene Menschen – ich bitte das zu Protokoll zu nehmen.

(Heiterkeit)

Deswegen werden wir es mit Sicherheit leisten können. Zwei Jahre sind eine lange und trotzdem kurze Zeit. Ich hoffe, dass das gelingt.

Wir haben eine Sitzordnung hinbekommen. Ein paar Plätze sind vielleicht nicht so ausgestattet, wie man es sich vorstellt – wobei die Erinnerung an das Vergangene schon so weit weg ist,dass wir gar nicht mehr wissen,wie der alte Tisch aussah.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Kaputt!)

Wir haben weniger Mikrofone. Wir werden im Laufe der Zeit üben, wie das läuft. Manche Zwischenfrage wird man im Stehen stellen müssen, was ich gar nicht für schlecht halte. Im Bundestag ist das üblich. All dies gehört zum Prozedere.

Wir haben den Journalistenkolleginnen und -kollegen die Möglichkeiten, die wir haben, eingeräumt. Mehr haben wir nicht.Auch hier bitte ich um Verständnis für ein wenig mehr Enge und für etwas weniger Möglichkeiten,sich hier unten in diesem Bereich des Plenarsaals zu bewegen.

Wir haben hier eine Lobby, aber wir haben ein Stück geteilte Lobby, was die Räumlichkeiten betrifft. Selbstverständlich steht der Musiksaal zur Verfügung, auch dann, wenn man Gespräche im Rahmen der Tätigkeit hat, die wir hier leisten.

Wir haben hier viele Besucher, tagtäglich. Das sind ja keine Kaffeestündchen, was wir hier leisten.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vorsicht, ich sage das nicht umsonst.

Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern und denen, die Verantwortung tragen, Gelegenheit gegeben, wenn wir

hier zusammen sind, uns oft zu besuchen, um mit uns Probleme des Landes zu bereden,und zwar hier wie auch drüben im Hause. Die Besucherabläufe sind etwas anders, weil das Erlebnis, hier drinnen zu sein, nicht gegeben ist. Deswegen werden wir die Möglichkeit bieten, zumindest einige Minuten oder auch 30 Minuten, wenn Debatten inhaltlich verfolgt werden sollen, dies übers Fernsehen zu tun.Ansonsten haben wir außer unserem alten Plenarsaal das ganze Haus zur Verfügung; denn, wie gesagt, das Schloss bleibt Schloss und bleibt bestehen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Das ist immer überraschend: Je weiter man von Wiesbaden wegkommt, desto mehr Menschen meinen, wir wollten das Schloss abreißen. Das ist halt etwas schwierig.

Meine Damen und Herren, dies nur als Vorwort zu dem, was sich im Laufe der Stunden und Tage zeigen wird.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident, der Löwe fehlt!)

Gehen Sie davon aus, ich sei es.Wenn es Ihnen nicht genügt, dass ich der Löwe bin, müssen Sie einen anderen dahin setzen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Zwei Jahre hält das Ganze.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Unter den Schwingen des preußischen Adlers!)

Liebe Frau Kollegin, ich kann nicht beides sein, nicht Löwe und gleichzeitig preußischer Adler. Das ist schwierig.

Ich möchte Sie bitten: Wenn Probleme auftauchen, wenden Sie sich an die Landtagsverwaltung oder an mich, und dann versuchen wir,die Dinge,die zu lösen sind,ohne größere Debatte zu lösen. Anders als beim Fußballspiel schlage ich vor, dass wir die Bälle in den nächsten zwei Jahren in der Frage immer flach halten.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir warten auf die Eigentore!)

Meine Damen und Herren,ich eröffne hiermit also die 58. Plenarsitzung des Hessischen Landtags. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich von den Plätzen.)

Am 29. Dezember 2004 verstarb im Alter von 86 Jahren die ehemalige Landtagsabgeordnete Lotte Philippi. Frau Philippi wurde am 17. September 1918 in Innsbruck geboren. 1938 zog die Familie nach Fritzlar. Ein Jahr später wurde Frau Philippi am örtlichen Fliegerhorst kriegsdienstverpflichtet.

Nach dem Krieg absolvierte sie eine landwirtschaftliche Lehre und übernahm 1946 einen Bauernhof in Obbornhofen. Seit 1952 wohnte Frau Philippi in Laubach. Dort heiratete sie auch 1964 Herrn Erich Philippi.