Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist Mittwoch, der 15.12.2004.
Wenn wir uns in den Daten bewegen,sage ich dazu:Vor 26 Jahren begann die parlamentarische Laufbahn der Vizepräsidentin Ruth Wagner – exakt heute vor 26 Jahren.
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Plenarsitzung und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.
Erledigt sind die Punkte 1 bis 3, 5 bis 12, 15 bis 18, 22, 31, 33, 36, 41, 54, 56, 62, 91 und 93.Auf Ihren Plätzen sind zehn Dringliche Anträge der Fraktion der SPD zum Thema „Erhalt von Amtsgerichten“, Drucks. 16/3417 bis 16/3426, verteilt.Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall.
Es fiel mir jetzt nicht bei den Anträgen auf,Herr Kollege Bökel. – Diese Anträge werden die Tagesordnungspunkte 94 bis 103 und könnten, wenn nicht widersprochen wird, mit dem Tagesordnungspunkt 75 aufgerufen werden. – Das ist so akzeptiert.
Wir tagen heute bis 18 Uhr,eine Stunde Mittagspause.Zunächst rufe ich Tagesordnungspunkt 4 auf, erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Kommunalisierung. Nach der Mittagspause kommt Tagesordnungspunkt 64, der FDP-Antrag zu PISA II, mit den anderen Anträgen. Am Ende der Sitzung folgen die Beschlussempfehlungen zu den Petitionen. So wollen wir heute verfahren, weshalb ich jetzt in die Tagesordnung eintrete.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung – Drucks. 16/3314 –
Dazu gibt es eine vereinbarte Redezeit von 15 Minuten. Zur Einbringung hat der Kollege Haselbach für die Fraktion der CDU das Wort.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Volker Bouffier hat gestern sehr eindrucksvoll erklärt,
dass mit Gesetzen zur Veränderung der Struktur der Verwaltung des Landes Hessen kein Schönheitspreis zu gewinnen sei. Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die bisherige Erfahrung gibt ihm leider Recht.
Aber vielleicht gelingt es mit diesem Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung, eine gewisse Trendwende einzuleiten – vielleicht mit keinem Schönheitspreis, aber zumindest mit einem Konsens über die Grenzen der Fraktion der CDU in diesem Hause hinaus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die derzeitige Aufgabenaufteilung auf der Kreisebene in kommunale Kreisverwaltung einerseits und staatliche Verwaltung andererseits ist nicht mehr zeitgemäß.
Der Landrat ist als janusköpfige Figur ausgebildet, nämlich als Landesbehörde mit der staatlichen Hauptabteilung,
gleichzeitig als Vorsitzender des Kreisausschusses Mitglied eines kommunalen Selbstverwaltungsorgans. Selbst für langjährige Kommunalpolitiker – ich zähle mich dazu – ist die Trennungslinie zwischen den beiden Bereichen nicht immer gleich erkennbar. Völlig fremd – ich glaube, darüber sollte Einigkeit bestehen – ist diese Bereichsabgrenzung den Bürgern unseres Landes. Dass ihnen – den Bürgerinnen und Bürgern – im Kreishaus bzw. Landratsamt oftmals im gleichen Gebäude Dienstleister mit unterschiedlichen Dienstherren entgegentreten, ist für sie in keinster Weise nachvollziehbar.
Wir beabsichtigen deshalb mit dem vorliegenden Entwurf eine völlige Neuordnung des staatlichen Bereichs bei den Landräten und Oberbürgermeistern.
Damit verlassen wir auch eine Sonderrolle des Landes Hessen im Konzert der Bundesländer.Derzeit gibt es eine vergleichbare Regelung, wie wir sie im Land Hessen haben, nur noch im Freistaat Bayern. Alle anderen Länder haben vergleichbare Regelungen entweder noch nie gehabt oder aber in den letzten Jahren durch Kommunalisierung der staatlichen Aufgaben verändert. Einen Oberbürgermeister als staatliche Behörde gibt es im Übrigen in keinem anderen Bundesland.
Wenn wir von vollständiger Neuordnung sprechen,wollen wir nicht nur das Landespersonal auf die Kommunen überleiten, sondern auch eine weitgehende Aufgabenverlagerung auf die Kommunen bewerkstelligen. Bei der Aufgabenverlagerung muss man allerdings erkennen, dass ein – wenn auch nicht großer, aber wichtiger – Teil
bereich in staatlicher Verwaltung bei den Landräten als Behörden der Landesverwaltung bleiben soll, und zwar die drei wesentlichen Bereiche: Kommunalaufsicht, kommunale Finanzaufsicht und Aufsicht über die Zweckverbände. Das soll nach wie vor von den staatlichen Behörden des Landrats bewerkstelligt werden.
Die zentralen Ausländerbehörden sollen nicht kommunalisiert werden.Vielmehr soll diese Aufgabe von den wenigen Kreisen, auf die diese Arbeit bisher konzentriert war, auf die Regierungspräsidien verlagert werden.Alle anderen staatlichen Aufgaben, also die Kraftfahrzeugzulassung, das Gewerberecht, der Katastrophenschutz, das Veterinärwesen, die Lebensmittelüberwachung, der Verbraucherschutz, die Landwirtschaftsverwaltung sowie die Dorf- und Regionalentwicklung, sollen entweder den Landräten bzw. den Oberbürgermeistern als Auftragsangelegenheit oder den Kreisausschüssen zur Aufgabenerfüllung nach Weisung übertragen werden.
Das entsprechende Landespersonal wird insgesamt kommunalisiert werden. Deren Überleitung wird per Gesetz erfolgen. Man höre und staune: Immerhin 1.700 Mitarbeiter des Landes Hessen werden in die kommunale Aufsicht überführt werden. Es sind 1.700 Bedienstete.
Das vorhandene Personal einschließlich der gegebenenfalls anfallenden Versorgungsleistungen wird weiterhin vom Land bezahlt werden. Die Tarifsteigerungen werden die Kommunen zu übernehmen haben. Neu einzustellendes Personal wird vom Land bezahlt werden, jedoch nicht die dann gegebenenfalls anfallenden Versorgungslasten. Die werden zulasten der Kommunen gehen. Allerdings werden eventuell anfallende so genannte Effizienzdividenden bei den Kommunen verbleiben. Das heißt, das, was die kommunale Ebene durch Rationalisierung einsparen kann, wird ihr „Verdienst“ bei dieser Angelegenheit sein.
Landeseigene Liegenschaften werden auf die Kommunen übergehen. Dies erfolgt jedoch unter dem Vorbehalt der Rückgabe, falls die Absicht bestehen sollte, ein Objekt davon zu veräußern.
Hinsichtlich der Frage der Aufgabenübertragung besteht weitgehend Konsens mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Wir können natürlich heute, zum Zeitpunkt der ersten Lesung, nicht ausschließen, dass es hinsichtlich der Frage der Verteilung der Kosten noch Begehrlichkeiten geben könnte. Allerdings gehen wir davon aus, dass der gefundene Kompromiss einen fairen Ausgleich zwischen dem Land und den Kommunen darstellt. Er ist kommunalfreundlich gestaltet. Insofern sind wir sehr optimistisch, dass die Anhörung und die weitere Beratung des Gesetzentwurfs gut verlaufen werden.
Wir gehen davon aus,dass alle Beteiligten von dieser Neuverteilung profitieren. Insbesondere werden natürlich auch die Bürger unseres Landes davon profitieren.
Auch wenn es am Ende für dieses Gesetzeswerk keinen Schönheitspreis geben wird, denke ich, dass wir uns trotzdem alle darum bemühen sollten, insbesondere im Interesse der kommunalen Familie des Landes Hessen, hier an einem Strang zu ziehen und dafür Sorge zu tragen, dass es zu einer guten und geordneten Übergabe dieser Landesaufgaben an die Kommunen kommt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Zuruf – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Das habe ich gehört! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Haben wir schon einen Termin für die PKV?)
Heute Morgen behandeln wir einen Gesetzentwurf, der angeblich von der Fraktion der CDU stammt. Es ist der Entwurf für ein Gesetz zur Kommunalisierung des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesvertretung.